Ausländische Fondsanbieter drohen der Bundesregierung mit Klagen
"Mehrere 100 Millionen Euro Schaden" / Besitzer von Garantiefonds gleichfalls steuerlich benachteiligt
hbe. FRANKFURT, 14. Januar. Der Bundesregierung droht aufgrund ihrer Steuerpläne weiterer Ärger. Sollte sie ihre Pläne zur Besteuerung von Investmentfonds in der jetzigen Form umsetzen, wollen ausländische Fondsanbieter klagen. "Unsere Mitglieder denken ernsthaft darüber nach, die Bundesregierung im Falle einer Umsetzung ihrer Steuerpläne auf Umsatzeinbußen und entgangene Gewinne zu verklagen", sagte Sheila Nicoll, Geschäftsführerin des britischen Fondsverbands IMA, am Dienstag in Frankfurt. Sollte das Gesetz Wirklichkeit werden, könne sich der Schaden rasch auf mehrere 100 Millionen Euro summieren.
Hintergrund der Beschwerden der ausländischen Fondsanbieter ist die Ungleichbehandlung ausländischer Aktienfonds bei der geplanten Besteuerung der Wertzuwächse. Während Gewinne beim Verkauf von Fondsanteilen bei inländischen Fonds dem Halbeinkünfteverfahren unterworfen werden, gilt diese Regelung nicht für die Kursgewinne bei ausländischen Fonds. Im Klartext bedeutet das: Die Wertzuwächse beim Verkauf inländischer Fondsanteile werden mit einem Steuersatz von 7,5 Prozent belegt, weil der Wertzuwachs der Fondsanteile auf Aktienverkäufen des Fondsmanagements beruht, während die Kursgewinne bei ausländischen Fonds einem pauschalen Steuersatz von 15 Prozent unterworfen werden sollen. Zudem sollen bereits versteuerte und thesaurierte Erträge inländischer Fondsanteile steuerlich angerechnet werden - diese Regelung soll für ausländische Fondsanteile nicht gelten.
Die vorgesehene volle Besteuerung von Dividenden und Kursgewinnen sei eine Diskriminierung und stelle eine offenkundige Verletzung der EU-Verträge dar, sagte Wolfgang Mansfeld, Präsident des europäischen Fondsverbandes Fefsi und Vorstand der Union Asset Management Holding. Auch die EU-Kommission hat die deutschen Pläne kritisiert und wegen diskriminierender Besteuerung ausländischer Investmentfonds ein EU-Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingeleitet.
Schon jetzt werden ausländische Fondsanteile steuerlich benachteiligt, weil Dividendeneinkünfte ausländischer Fonds nicht dem Halbeinkünfteverfahren unterliegen. Diese Regelung war bisher für die ausländischen Fondsanbieter aber nicht so gravierend, da Fonds einen Großteil ihrer Rendite über Kursgewinne erzielen. Eine steuerliche Benachteiligung dieser Ertragsquelle hätte dagegen schmerzhafte Konsequenzen für die Gesellschaften.
Für deutsche Anleger könnte das Thema brisanter sein, als man es auf den ersten Blick vermutet. Sie haben unter Umständen viel mehr ausländische Fonds in ihrem Portfolio, als sie vielleicht ahnen. Die meisten deutschen Fondsgesellschaften haben ebenfalls Produkte im Ausland aufgelegt, die regulär in Deutschland vertrieben werden. Nach Angaben des Finanzdienstleisters Feri Trust haben deutsche Kapitalanlagegesellschaften mehr als 800 Fonds allein in Luxemburg aufgelegt - zum einen, weil ein Fonds im Ausland rascher aufgelegt ist als in Deutschland, zum anderen, weil bestimmte Produkte nicht im Inland aufgelegt werden dürfen. Letzteres gilt auch für die in jüngster Zeit sehr beliebten Garantiefonds, die mittlerweile viele Anleger in ihrem Portfolio haben.
Zahlen zu den Absatzerfolgen ausländischer Gesellschaften in Deutschland sind kaum erhältlich. Experten schätzen, daß deutsche Kapitalanlagegesellschaften mehr ausländische Produkte in Deutschland vertreiben als ihre ausländischen Konkurrenten. Nach Einschätzung von Alan Ainsworth, Vorstand der britischen Fondsgesellschaft Threadneedle, verwalten die ausländischen Fondsgesellschaften 14 Prozent des Publikumsfondsvolumens in Deutschland. Rund 32 Prozent der im vergangenen Jahr verkauften Aktienfonds seien ausländischer Provenienz gewesen. Die britischen Fondsgesellschaften, die durch IMA repräsentiert werden, verwalten den Angaben von Frau Nicoll zufolge rund 30 Milliarden Euro deutsches Anlegergeld.
Möglicherweise sind die Steuerpläne der Bundesregierung ohnehin nur von kurzer Dauer. Bereits 2004 muß die Bundesregierung ein neues deutsche Investmentrecht einführen, um die europäische Investment-Richtlinie in deutsches Recht umzusetzen. Dann könnten die Steuerkarten wieder neu gemischt werden.
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 15.01.2003, Nr. 12 / Seite 21
"Mehrere 100 Millionen Euro Schaden" / Besitzer von Garantiefonds gleichfalls steuerlich benachteiligt
hbe. FRANKFURT, 14. Januar. Der Bundesregierung droht aufgrund ihrer Steuerpläne weiterer Ärger. Sollte sie ihre Pläne zur Besteuerung von Investmentfonds in der jetzigen Form umsetzen, wollen ausländische Fondsanbieter klagen. "Unsere Mitglieder denken ernsthaft darüber nach, die Bundesregierung im Falle einer Umsetzung ihrer Steuerpläne auf Umsatzeinbußen und entgangene Gewinne zu verklagen", sagte Sheila Nicoll, Geschäftsführerin des britischen Fondsverbands IMA, am Dienstag in Frankfurt. Sollte das Gesetz Wirklichkeit werden, könne sich der Schaden rasch auf mehrere 100 Millionen Euro summieren.
Hintergrund der Beschwerden der ausländischen Fondsanbieter ist die Ungleichbehandlung ausländischer Aktienfonds bei der geplanten Besteuerung der Wertzuwächse. Während Gewinne beim Verkauf von Fondsanteilen bei inländischen Fonds dem Halbeinkünfteverfahren unterworfen werden, gilt diese Regelung nicht für die Kursgewinne bei ausländischen Fonds. Im Klartext bedeutet das: Die Wertzuwächse beim Verkauf inländischer Fondsanteile werden mit einem Steuersatz von 7,5 Prozent belegt, weil der Wertzuwachs der Fondsanteile auf Aktienverkäufen des Fondsmanagements beruht, während die Kursgewinne bei ausländischen Fonds einem pauschalen Steuersatz von 15 Prozent unterworfen werden sollen. Zudem sollen bereits versteuerte und thesaurierte Erträge inländischer Fondsanteile steuerlich angerechnet werden - diese Regelung soll für ausländische Fondsanteile nicht gelten.
Die vorgesehene volle Besteuerung von Dividenden und Kursgewinnen sei eine Diskriminierung und stelle eine offenkundige Verletzung der EU-Verträge dar, sagte Wolfgang Mansfeld, Präsident des europäischen Fondsverbandes Fefsi und Vorstand der Union Asset Management Holding. Auch die EU-Kommission hat die deutschen Pläne kritisiert und wegen diskriminierender Besteuerung ausländischer Investmentfonds ein EU-Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingeleitet.
Schon jetzt werden ausländische Fondsanteile steuerlich benachteiligt, weil Dividendeneinkünfte ausländischer Fonds nicht dem Halbeinkünfteverfahren unterliegen. Diese Regelung war bisher für die ausländischen Fondsanbieter aber nicht so gravierend, da Fonds einen Großteil ihrer Rendite über Kursgewinne erzielen. Eine steuerliche Benachteiligung dieser Ertragsquelle hätte dagegen schmerzhafte Konsequenzen für die Gesellschaften.
Für deutsche Anleger könnte das Thema brisanter sein, als man es auf den ersten Blick vermutet. Sie haben unter Umständen viel mehr ausländische Fonds in ihrem Portfolio, als sie vielleicht ahnen. Die meisten deutschen Fondsgesellschaften haben ebenfalls Produkte im Ausland aufgelegt, die regulär in Deutschland vertrieben werden. Nach Angaben des Finanzdienstleisters Feri Trust haben deutsche Kapitalanlagegesellschaften mehr als 800 Fonds allein in Luxemburg aufgelegt - zum einen, weil ein Fonds im Ausland rascher aufgelegt ist als in Deutschland, zum anderen, weil bestimmte Produkte nicht im Inland aufgelegt werden dürfen. Letzteres gilt auch für die in jüngster Zeit sehr beliebten Garantiefonds, die mittlerweile viele Anleger in ihrem Portfolio haben.
Zahlen zu den Absatzerfolgen ausländischer Gesellschaften in Deutschland sind kaum erhältlich. Experten schätzen, daß deutsche Kapitalanlagegesellschaften mehr ausländische Produkte in Deutschland vertreiben als ihre ausländischen Konkurrenten. Nach Einschätzung von Alan Ainsworth, Vorstand der britischen Fondsgesellschaft Threadneedle, verwalten die ausländischen Fondsgesellschaften 14 Prozent des Publikumsfondsvolumens in Deutschland. Rund 32 Prozent der im vergangenen Jahr verkauften Aktienfonds seien ausländischer Provenienz gewesen. Die britischen Fondsgesellschaften, die durch IMA repräsentiert werden, verwalten den Angaben von Frau Nicoll zufolge rund 30 Milliarden Euro deutsches Anlegergeld.
Möglicherweise sind die Steuerpläne der Bundesregierung ohnehin nur von kurzer Dauer. Bereits 2004 muß die Bundesregierung ein neues deutsche Investmentrecht einführen, um die europäische Investment-Richtlinie in deutsches Recht umzusetzen. Dann könnten die Steuerkarten wieder neu gemischt werden.
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 15.01.2003, Nr. 12 / Seite 21