Aus für "Made in Germany"?

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Aus für "Made in Germany"?

 
12.01.04 08:19
Aus der FTD vom 12.1.2004  
EU kratzt an ´Made in Germany´
Von Birgit Jennen und Tobias Buck, Brüssel

Die Europäische Kommission plant einen radikalen Eingriff in die Herkunftsbezeichnungen von Produkten. Das könnte für Gütesiegel wie "Made in Germany" das Aus bedeuten.


Nach Plänen der Kommission sollen Unternehmen ihre in der EU hergestellten Produkte unter dem Markenzeichen "Made in the European Union" verkaufen. Gleichzeitig stellt Handelskommissar Pascal Lamy in einem internen Arbeitspapier, das der FTD vorliegt, die nationalen Kennzeichnungen auf den Prüfstand. Mehrere EU-Mitgliedsländer, Branchenverbände und Markenexperten kritisieren den Brüsseler Vorstoß. Sie befürchten neue Kosten und Marketingprobleme.

Die Kommission will das EU-Zeichen als Qualitätssiegel etablieren und die Integration des europäischen Binnenmarkts vorantreiben. Zudem versucht Lamy, "den betrügerischen Einsatz von Herkunftsbezeichnungen zu bekämpfen". Viele Firmen würden ihre Produkte falsch kennzeichnen, heißt es in Lamys Papier. So würden Textilien, die in Indien oder Thailand produziert wurden, nicht selten unter dem Markenzeichen "Made in Germany" oder "Made in Italy" verkauft. Eine Täuschung der Kunden müsse durch genaue Kennzeichnung der Herkunftsländer außerhalb der EU verhindert werden.



Protest der Industrie


Lamy schlägt drei Szenarien vor, die von einer freiwilligen Kennzeichnung bis zur harten Verpflichtung reichen. In dieser strengen Option müssen in der EU gefertigte Waren das Zeichen "Made in the EU" tragen; auch Produkte aus Drittländern müssen entsprechend gekennzeichnet werden. In einer gemäßigten Option orientiert sich Lamy am Modell der USA: Dabei können Firmen frei wählen, ob sie heimische Produkte kennzeichnen; eine Pflicht besteht nur für importierte Waren. "Unabhängig davon, welche der Optionen bevorzugt wird, ist die Kommission der Ansicht, dass der Gebrauch nationaler Herkunftsbezeichnungen geprüft werden muss", heißt es in dem Papier.


Das will die Industrie verhindern. "Wir lehnen jeden Vorschlag ab, der eine EU-Kennzeichnung verpflichtend einführt", sagte die Rechtsexpertin des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) Henrike Vieregge. "Selbst in einer freiwilligen Regelung sehen wir mehr Nachteile als Vorteile."


"Unsere Mitglieder sind skeptisch, dass die Pläne den Firmen einen nennenswerten Vorteil bringen", sagte Ilia Kontes vom Europäischen Industrieverband Unice. "Eine Kennzeichnungspflicht würde nur höhere Kosten für die Firmen bedeuten."



Verheerender Effekt auf Firmen


Ein Wegfall der nationalen europäischen Bezeichnungen hätte "einen verheerenden Effekt auf Firmen, die ihr Marketing auf ländertypische Eigenschaften stützen", warnte Terry Tyrrell, Chef des Markenberaters Enterprise IG. "Man stelle sich nur vor, französisches Parfüm müsse künftig mit ,Made in the EU‘ gekennzeichnet werden."


"Mit einem Land sind viele Emotionen verbunden. Das ist für Produkte mit hohem emotionalen Gehalt wie Autos, Parfüm, Speisen, Getränke und Kleidung wichtig", sagt Markenexperte Wally Olins, Chef von Saffron Brand Consultants. Das Siegel "Made in the EU" sei kein Ersatz: "EU steht nur für ,Das ist alles der gleiche Mist‘."


Bei einer ersten Brüsseler Beratung im Dezember äußerte auch die Mehrzahl der EU-Regierungen Kritik an Lamys Vorgehen. Vor allem für multinationale Konzerne ist eine EU-Kennzeichnung nach Ansicht von Regierungsvertretern nicht sinnvoll. Die Pläne sind derzeit noch in der Anfangsphase. Die Kommission will darüber in den kommenden Wochen mit Wirtschaftsvertretern beraten und eine Studie erarbeiten. Auf der Basis wird die Kommission entscheiden, ob eine Gesetzesinitiative folgt. Sollte Lamy an seinen Plänen festhalten, müssen die EU-Regierungen entscheiden.

Happy End:

Rettet den deutschen Mist!

 
13.01.04 12:28
Brüssel schmiedet Pläne, das "Made in Germany" durch "Made in the EU" zu ersetzen

Kommentar von Christian Bommarius

So wie der deutsche Mensch lange Zeit nur deutsch war durch das deutsche Blut, das durch seine Adern rollte, ward deutsches Produkt seit mehr als hundert Jahren deutsch erst durch das ihm eingekerbte, wahrhaft deutsche Wort: "Made in Germany". Kein von deutscher Hand geschöpftes Gut verlässt die heimischen Gestade, ohne dass ihm der Ruhm des deutschen Kaufmannsstandes und der Lobpreis deutscher Industrie an-oder eingestempelt würde. Gewiss, schon die Sprache verrät, dass es das viktorianische England (dt: perfides Albion) gewesen ist, das 1887 im Merchandise Marks Act die Herkunftsbezeichnung - nicht nur - bei Import deutscher Produkte befahl; eine protektionistische Geste, die vor allem die deutsche Wirtschaft und deren Produkte diskriminieren sollte. Doch lange schon gilt "Made in Germany" weltweit als Synonym für deutsche Wert- und Maßarbeit, vom deutschen Infanteriegewehr bis hin zur deutschen Maut.
Ausgerechnet die deutsche Schwester der britischen "Financial Times" (FTD) berichtet nun, der französische (!) EU-Handelskommissar Lamy erwäge die Beseitigung, mehr noch, die Ersetzung des deutschen Gütesiegels durch "Made in the EU". Anders als ursprünglich "Made in Germany" sei das von Anfang an als absatzförderndes Markenzeichen zu verstehen, unter dem alle Produzenten aller EU-Mitgliedsstaaten hinfort an alle Welt verkaufen sollten.

Man versteht den Protest, der sich allenthalben gegen diese Umsturzpläne rührt. Die Mehrzahl der EU-Regierungen soll den Plänen Lamys harsch widersprochen haben. Offenbar scheint - was für einen Deutschen nur schwer zu verstehen ist - zum Beispiel auch die österreichische Wirtschaft den Hinweis "Made in Austria" für ein Qualitätsmerkmal und damit für verteidigenswert zu halten.

Doch ist unverkennbar, dass das zentrale Ziel der Brüsseler Attacke nicht die luxemburgische Autoindustrie (die es nicht gibt) und nicht das österreichische Maut-System ist (das es bedauerlicherweise gibt), sondern die deutsche Wirtschaft mit ihren nationalen Spitzenprodukten DaimlerChrysler und Toll Collect. Was dem britischen Protektionismus seinerzeit nicht gelang, holt nun der französische Kommissar in Brüssel nach. Ein Markenexperte wurde in der FTD mit dem Satz zitiert: "EU steht nur für Das ist alles der gleiche Mist ". Aber der deutsche Mist ist nicht gleich.

www.berlinonline.de/berliner-zeitung/politik/307717.html
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