Superstars von gestern
Von Kerstin Friemel, New York
08.08.2001
„Der Bonus war alles, was uns interessierte“Peter
Troob,Ex-Investmentbanker
Bis vor kurzem machtenChase Manhattan,Merrill LynchundMorgan Stanley
Dean Witterglänzende Geschäfte. Jetzt entlassen sie reihenweise Personal
– darunter viele Investmentbanker
„Viele Banker haben Probleme, ihre Rechnungen zu zahlen“John Rolfe,
Buchautor
Viele Investmentbanker an der Wall Street fürchten, dass es ihnen bald
ähnlich ergeht wie wie Tom Hanks (l.) als Börsenhändler Sherman McCoy im
Film : Kein Job, kein Geld, keine AnerkennungCinetext, A. Bauer (3)
Superstars von gesternVon Kerstin Friemel, New York
Sie führten ein Leben auf der Überholspur: Nach der Arbeit ließen sich die
Herren von New York ins rund 200 Kilometer entfernte Spielerparadies
Atlantic City fahren und zockten auf Kosten der Firma. Der Chauffeur
wartete derweil stundenlang vor dem Casino. Sie stiegen im Hotel Four
Seasons ab, wo sie den Zimmerservice so häufig benutzen durften, wie sie
wollten. Abwerbeversuche fanden zumeist in Stripclubs und teuren
Restaurants statt.
„So hatte ich mir Investmentbanking immer vorgestellt. Steaks, Wein,
Zigarren, nackte Frauen und reiche Typen“, schreibt Peter Troob in dem
Buch „Monkey Business – swinging through the Wall Street Jungle“ über
seine ersten Erfahrungen als Börsenexperte bei Donaldson, Lufkin &
Jenrette (DLJ). Er habe sich genauso gefühlt, „wie sich Investmentbanker
fühlen sollten, wie Superstars“.
Zwischendurch arbeiteten er und seine Kollegen wie die Besessenen – für
den Bonus, den sie am Jahresende, abhängig von ihrer Leistung,erhielten.
„Der Bonus war alles,worüber wir nachdachten, sprachen und was uns
interessierte.“
Das ist inzwischen anders. Seit an der Börse die Kurse purzeln, regiert an
der Wall Street nicht mehr die Sucht nach Geld, sondern die blanke Angst.
„Dort macht sich heute keiner mehr Gedanken darüber, wie hoch sein
Bonus ausfallen wird“, sagt Morgan Stanley’s Wall-Street-Analyst Henry
McVey. Sie seien froh, wenn sie an einem Deal arbeiten könnten, der ihren
Job sichert.
In der Tat werden die viel umworbenen Superstars der vergangenen Jahre
seit Wochen scharenweise gefeuert. Merrill Lynch hat weltweit 3800 Stellen
gestrichen, 150 Investmentbanker mussten gehen. Weitere Entlassungen
sollen folgen, kündigte das renommierte Geldhaus Mitte Juli an.
Auch anderswo wird kräftig geholzt: Bei Morgan Stanley müssen sich 1500
Mitarbeiter, rund vier Prozent der Belegschaft, einen neuen Job suchen.
UBS Warburg hat seine 1100 Köpfe starke Investmentbanker-Truppe um
sechs Prozent eingedampft. Die Deutsche Bank spart in New York eine
bislang nicht spezifizierte Anzahl an Stellen ein.
An der Wall Street brennt es an allen Ecken und Enden: Das Geschäft mit
Wertpapieren ist drastisch zurückgegangen, kaum jemand hat noch Lust
auf Aktien, das Handelsvolumen an den Börsen dümpelt, die Ausgabe
neuer Papiere ist fast zum Erliegen gekommen. So brachen die Einnahmen,
die den Investmentbanken durch Börsengänge zufließen, im ersten
Halbjahr nach Angaben der Marktforschungsagentur Thomson Financial
Securities Data gegenüber dem Vorjahr um 42 Prozent ein.
Zudem leiden die Hätschelkinder der Finanzwelt unter den enttäuschenden
Einkünften aus Übernahmen und Fusionen. Die Liste lukrativer Geschäfte
hat sich gefährlich ausgedünnt, vor allem seit die europäischen
Wettbewerbshüter die 42Mrd.$ schwere Übernahme des Mischkonzerns
Honeywell durch General Electric platzen ließen.
Die Kündigungswelle kommt zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt. Im
Zuge des Fusionsreigen vom vergangenen Jahr muss die Wall Street
ohnehin gerade Massenentlassungen verdauen. Chase Manhattan hatte
den Branchenkollegen JP Morgan geschluckt, Credit Suisse First Boston
(CSFB) den Rivalen DLJ gekauft. „Diese Fusionen haben viele Banker auf
den Arbeitsmarkt gebracht, als die Nachfrage gerade drastisch zurückging“,
sagt Cynthia Remec, Präsidentin der Headhunter-Agentur Cynthia Remec
Associates.
Mindestens 1500 Investmenbanker wurden dieses Jahr bereits gefeuert.
Die erfolgsverwöhnten Finanzhäuser versuchen die Misere zu vertuschen,
indem sie die Jobkürzungen kleckerweise bekannt geben.
Branchenkenner prophezeien, dass sich die Lage weiter zuspitzen wird:
„Da wird noch einiges folgen“, sagt Alan Johnson, Managing Director der
Personalberatung Alan JohnsonAssociates.
Guy Moszkowski, Wall-Street-Analyst bei Salomon Smith Barney, rechnet
nach der Sommerpause branchenweit mit weiteren Entlassungen. „Einige
Firmen werden bis dahin warten, um zu sehen, ob sich die Situation an den
Finanzmärkten verbessert hat.“ Doch selbst ranghohe Investmentbanker
geben hinter vorgehaltener Hand zu, mit einer Erholung sei frühestens
2002 zu rechnen.
An eine Wiederkehr der goldenen 90er Jahre glaubt allerdings niemand.
Das Hightech-Fieber der vergangenen Jahre hatte einen einzigartigen
Boom bei der Suche nach Aktienexperten ausgelöst: Seit 1992 explodierte
die Zahl der Arbeitsplätze in der Finanzbranche um 72 Prozent auf den
Rekordstand von 772000.
Durch dem Absturz der New Economy sind viele der jüngst noch
überbelasteten Banker plötzlich unterbeschäftigt. Konnten sie sich früher
vor Jobangeboten kaum retten, bleiben viele der heute Entlassenen erst
einmal arbeitslos. Diejenigen, die eine neue Stelle finden, müssen sich auf
kräftige finanzielle Abstriche einstellen. Millionen-Gehälter sind mittlerweile
die Ausnahme.
Der Absturz trifft viele unvorbereitet. Die meisten Investmentbanker sind
seit weniger als zehn Jahren im Geschäft und kennen nur den Glamour
eines Bullen-Marktes. Nicht wenige haben ihr hart verdientes Geld durch
einen protzigen Lebensstil gleich wieder aus dem Fenster geblasen. „Viele
haben sich eine Dreizimmerwohnung an der 5th Avenue für ein paar
Millionen Dollar gekauft, besitzen ein Sommerdomizil am Strand und müssen
die Privatschule für ihre Kinder zahlen“, sagt John Rolfe, Co-Autor von
„Monkey Business“, der heute als Partner eines Hedge Funds arbeitet. „Die
haben jetzt tatsächlich Probleme, das Geld für ihre laufenden Rechnungen
zu berappen.“
In diesem Sommer blieben einige der sonst heiß umkämpften Ferienhäuser
in den feinen Hamptons, Wochenend-Badeziel der Banker, unvermietet.
Exklusive Restaurants wie das Wall Street 14 klagen über ein schleppendes
Geschäft.
Alle Investmenthäuser sparen. Dabei knausern die Banken nicht nur bei
den Personalausgaben. Insider berichten von Plänen bei JP Morgan Chase
& Co., die Unternehmenszentrale zu verkaufen. So wolle die
Investmentbank ihrem Ziel näher kommen, bis zum kommenden Jahr 2 Mrd.
$ einzusparen. Es wäre der Rückzug der letzten Investmentbank von ihrer
prestigeträchtigen, aber teuren Adresse an der Wall Street.
In den Eingangskörben der Mitarbeiter stapeln sich die Aufforderungen der
Konzernspitze, Kosten zureduzieren. So wurden die Investmentbanker bei
Schroder Salomon Smith Barney angeblich angewiesen, für die
Vorbereitung ihrer Präsentations-Folien keine Agenturen mehr anzuheuern
– der Service kostete das Geldhaus im vergangenen Jahr rund 2,7 Mio. $.
Morgan Stanley strich die Geburtstagstorte für seine verwöhnten New
Yorker Banker und spart auf diese Weise 38000 $. Bei Goldman Sachs
wurden die Früchtekörbe abgeschafft, aus denen sich die Mitarbeiter
umsonst bedienen konnten. Das drückt die Ausgaben um 2,4 Mio. $.
„Solche Kürzungen haben einen rein symbolischen Charakter“, sagt Daniel
Levine, bis vor kurzem Chef der Kult-Webseite Disgruntled.com, „sie sollen
signalisieren, dass jeder nervös sein muss.“
Das scheinen auch die großen Fische der Branche zu merken. Insider
berichten, dass einigen Topleuten bei Goldman Sachs per E-Mail
angekündigt worden sei, sie würden in diesem Jahr keinen Bonus erhalten.
Selbst Frank Quattrone, der bestbezahlte Investmentbanker an der Wall
Street, soll vom neuen CSFB-Chef John Mack zu einer Nachverhandlung
seines Vertrags geladen worden sein. Nach Schätzungen ehemaliger
Kollegen hat Quattrone, der die Hightech-Gruppe leitet, bis zu 100 Mio. $ im
Jahr kassiert.
Die Bereitschaft, ihrem ehemaligen Vorzeigebanker weiterhin ein derart
fürstliches Gehalt zu zahlen, dürfte bei CSFB gesunken sein. Die
US-Aufsichtsbehörden ermitteln seit Monaten gegen mehrere Mitarbeiter
der Quattrone-Truppe. Ihnen wird vorgeworfen, bei der Organisation von
Börsengängen kräftig in die eigene Tasche gewirtschaftet zu haben:
Danach sollen sie Fondsmanagern gegen Provision größere Mengen neuer
Aktien zugeschanzt haben.
Derartige Skandale können sich Investmentbanken momentan kaum
leisten. Der Wettbewerb hat sich verschärft. Dabei greifen die Rivalen zu
Methoden, die in der Vergangenheit tabu waren. So galt es bislang als
Gentlemen’s Agreement, sich das lukrative Geschäft nicht durch
gegenseitiges Unterbieten bei den Gebühren zu ruinieren.
Mittlerweile ist es durchaus üblich, sich die Gunst des Kunden zu erkaufen.
Beispiel Kraft Foods: CSFB bekam den Zuschlag, als Konsortialführer den
Börsengang der Philip Morris-Tochter zu begleiten – und stach damit
Goldman Sachs und Merrill Lynch aus. Zuvor hatte die CSFB für Philip Morris
einen günstigen Kredit über 9 Mrd. $ arrangiert.
Die Zeiten, in denen Investmentbanker solche Deals ablehnen konnten,
sind vorbei. Wer im Geschäft bleiben will, muss sich den neuen Zeiten
anpassen.
www.ftd.de/investmentbanker
Gruß Dr. Broemme
A
Von Kerstin Friemel, New York
08.08.2001
„Der Bonus war alles, was uns interessierte“Peter
Troob,Ex-Investmentbanker
Bis vor kurzem machtenChase Manhattan,Merrill LynchundMorgan Stanley
Dean Witterglänzende Geschäfte. Jetzt entlassen sie reihenweise Personal
– darunter viele Investmentbanker
„Viele Banker haben Probleme, ihre Rechnungen zu zahlen“John Rolfe,
Buchautor
Viele Investmentbanker an der Wall Street fürchten, dass es ihnen bald
ähnlich ergeht wie wie Tom Hanks (l.) als Börsenhändler Sherman McCoy im
Film : Kein Job, kein Geld, keine AnerkennungCinetext, A. Bauer (3)
Superstars von gesternVon Kerstin Friemel, New York
Sie führten ein Leben auf der Überholspur: Nach der Arbeit ließen sich die
Herren von New York ins rund 200 Kilometer entfernte Spielerparadies
Atlantic City fahren und zockten auf Kosten der Firma. Der Chauffeur
wartete derweil stundenlang vor dem Casino. Sie stiegen im Hotel Four
Seasons ab, wo sie den Zimmerservice so häufig benutzen durften, wie sie
wollten. Abwerbeversuche fanden zumeist in Stripclubs und teuren
Restaurants statt.
„So hatte ich mir Investmentbanking immer vorgestellt. Steaks, Wein,
Zigarren, nackte Frauen und reiche Typen“, schreibt Peter Troob in dem
Buch „Monkey Business – swinging through the Wall Street Jungle“ über
seine ersten Erfahrungen als Börsenexperte bei Donaldson, Lufkin &
Jenrette (DLJ). Er habe sich genauso gefühlt, „wie sich Investmentbanker
fühlen sollten, wie Superstars“.
Zwischendurch arbeiteten er und seine Kollegen wie die Besessenen – für
den Bonus, den sie am Jahresende, abhängig von ihrer Leistung,erhielten.
„Der Bonus war alles,worüber wir nachdachten, sprachen und was uns
interessierte.“
Das ist inzwischen anders. Seit an der Börse die Kurse purzeln, regiert an
der Wall Street nicht mehr die Sucht nach Geld, sondern die blanke Angst.
„Dort macht sich heute keiner mehr Gedanken darüber, wie hoch sein
Bonus ausfallen wird“, sagt Morgan Stanley’s Wall-Street-Analyst Henry
McVey. Sie seien froh, wenn sie an einem Deal arbeiten könnten, der ihren
Job sichert.
In der Tat werden die viel umworbenen Superstars der vergangenen Jahre
seit Wochen scharenweise gefeuert. Merrill Lynch hat weltweit 3800 Stellen
gestrichen, 150 Investmentbanker mussten gehen. Weitere Entlassungen
sollen folgen, kündigte das renommierte Geldhaus Mitte Juli an.
Auch anderswo wird kräftig geholzt: Bei Morgan Stanley müssen sich 1500
Mitarbeiter, rund vier Prozent der Belegschaft, einen neuen Job suchen.
UBS Warburg hat seine 1100 Köpfe starke Investmentbanker-Truppe um
sechs Prozent eingedampft. Die Deutsche Bank spart in New York eine
bislang nicht spezifizierte Anzahl an Stellen ein.
An der Wall Street brennt es an allen Ecken und Enden: Das Geschäft mit
Wertpapieren ist drastisch zurückgegangen, kaum jemand hat noch Lust
auf Aktien, das Handelsvolumen an den Börsen dümpelt, die Ausgabe
neuer Papiere ist fast zum Erliegen gekommen. So brachen die Einnahmen,
die den Investmentbanken durch Börsengänge zufließen, im ersten
Halbjahr nach Angaben der Marktforschungsagentur Thomson Financial
Securities Data gegenüber dem Vorjahr um 42 Prozent ein.
Zudem leiden die Hätschelkinder der Finanzwelt unter den enttäuschenden
Einkünften aus Übernahmen und Fusionen. Die Liste lukrativer Geschäfte
hat sich gefährlich ausgedünnt, vor allem seit die europäischen
Wettbewerbshüter die 42Mrd.$ schwere Übernahme des Mischkonzerns
Honeywell durch General Electric platzen ließen.
Die Kündigungswelle kommt zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt. Im
Zuge des Fusionsreigen vom vergangenen Jahr muss die Wall Street
ohnehin gerade Massenentlassungen verdauen. Chase Manhattan hatte
den Branchenkollegen JP Morgan geschluckt, Credit Suisse First Boston
(CSFB) den Rivalen DLJ gekauft. „Diese Fusionen haben viele Banker auf
den Arbeitsmarkt gebracht, als die Nachfrage gerade drastisch zurückging“,
sagt Cynthia Remec, Präsidentin der Headhunter-Agentur Cynthia Remec
Associates.
Mindestens 1500 Investmenbanker wurden dieses Jahr bereits gefeuert.
Die erfolgsverwöhnten Finanzhäuser versuchen die Misere zu vertuschen,
indem sie die Jobkürzungen kleckerweise bekannt geben.
Branchenkenner prophezeien, dass sich die Lage weiter zuspitzen wird:
„Da wird noch einiges folgen“, sagt Alan Johnson, Managing Director der
Personalberatung Alan JohnsonAssociates.
Guy Moszkowski, Wall-Street-Analyst bei Salomon Smith Barney, rechnet
nach der Sommerpause branchenweit mit weiteren Entlassungen. „Einige
Firmen werden bis dahin warten, um zu sehen, ob sich die Situation an den
Finanzmärkten verbessert hat.“ Doch selbst ranghohe Investmentbanker
geben hinter vorgehaltener Hand zu, mit einer Erholung sei frühestens
2002 zu rechnen.
An eine Wiederkehr der goldenen 90er Jahre glaubt allerdings niemand.
Das Hightech-Fieber der vergangenen Jahre hatte einen einzigartigen
Boom bei der Suche nach Aktienexperten ausgelöst: Seit 1992 explodierte
die Zahl der Arbeitsplätze in der Finanzbranche um 72 Prozent auf den
Rekordstand von 772000.
Durch dem Absturz der New Economy sind viele der jüngst noch
überbelasteten Banker plötzlich unterbeschäftigt. Konnten sie sich früher
vor Jobangeboten kaum retten, bleiben viele der heute Entlassenen erst
einmal arbeitslos. Diejenigen, die eine neue Stelle finden, müssen sich auf
kräftige finanzielle Abstriche einstellen. Millionen-Gehälter sind mittlerweile
die Ausnahme.
Der Absturz trifft viele unvorbereitet. Die meisten Investmentbanker sind
seit weniger als zehn Jahren im Geschäft und kennen nur den Glamour
eines Bullen-Marktes. Nicht wenige haben ihr hart verdientes Geld durch
einen protzigen Lebensstil gleich wieder aus dem Fenster geblasen. „Viele
haben sich eine Dreizimmerwohnung an der 5th Avenue für ein paar
Millionen Dollar gekauft, besitzen ein Sommerdomizil am Strand und müssen
die Privatschule für ihre Kinder zahlen“, sagt John Rolfe, Co-Autor von
„Monkey Business“, der heute als Partner eines Hedge Funds arbeitet. „Die
haben jetzt tatsächlich Probleme, das Geld für ihre laufenden Rechnungen
zu berappen.“
In diesem Sommer blieben einige der sonst heiß umkämpften Ferienhäuser
in den feinen Hamptons, Wochenend-Badeziel der Banker, unvermietet.
Exklusive Restaurants wie das Wall Street 14 klagen über ein schleppendes
Geschäft.
Alle Investmenthäuser sparen. Dabei knausern die Banken nicht nur bei
den Personalausgaben. Insider berichten von Plänen bei JP Morgan Chase
& Co., die Unternehmenszentrale zu verkaufen. So wolle die
Investmentbank ihrem Ziel näher kommen, bis zum kommenden Jahr 2 Mrd.
$ einzusparen. Es wäre der Rückzug der letzten Investmentbank von ihrer
prestigeträchtigen, aber teuren Adresse an der Wall Street.
In den Eingangskörben der Mitarbeiter stapeln sich die Aufforderungen der
Konzernspitze, Kosten zureduzieren. So wurden die Investmentbanker bei
Schroder Salomon Smith Barney angeblich angewiesen, für die
Vorbereitung ihrer Präsentations-Folien keine Agenturen mehr anzuheuern
– der Service kostete das Geldhaus im vergangenen Jahr rund 2,7 Mio. $.
Morgan Stanley strich die Geburtstagstorte für seine verwöhnten New
Yorker Banker und spart auf diese Weise 38000 $. Bei Goldman Sachs
wurden die Früchtekörbe abgeschafft, aus denen sich die Mitarbeiter
umsonst bedienen konnten. Das drückt die Ausgaben um 2,4 Mio. $.
„Solche Kürzungen haben einen rein symbolischen Charakter“, sagt Daniel
Levine, bis vor kurzem Chef der Kult-Webseite Disgruntled.com, „sie sollen
signalisieren, dass jeder nervös sein muss.“
Das scheinen auch die großen Fische der Branche zu merken. Insider
berichten, dass einigen Topleuten bei Goldman Sachs per E-Mail
angekündigt worden sei, sie würden in diesem Jahr keinen Bonus erhalten.
Selbst Frank Quattrone, der bestbezahlte Investmentbanker an der Wall
Street, soll vom neuen CSFB-Chef John Mack zu einer Nachverhandlung
seines Vertrags geladen worden sein. Nach Schätzungen ehemaliger
Kollegen hat Quattrone, der die Hightech-Gruppe leitet, bis zu 100 Mio. $ im
Jahr kassiert.
Die Bereitschaft, ihrem ehemaligen Vorzeigebanker weiterhin ein derart
fürstliches Gehalt zu zahlen, dürfte bei CSFB gesunken sein. Die
US-Aufsichtsbehörden ermitteln seit Monaten gegen mehrere Mitarbeiter
der Quattrone-Truppe. Ihnen wird vorgeworfen, bei der Organisation von
Börsengängen kräftig in die eigene Tasche gewirtschaftet zu haben:
Danach sollen sie Fondsmanagern gegen Provision größere Mengen neuer
Aktien zugeschanzt haben.
Derartige Skandale können sich Investmentbanken momentan kaum
leisten. Der Wettbewerb hat sich verschärft. Dabei greifen die Rivalen zu
Methoden, die in der Vergangenheit tabu waren. So galt es bislang als
Gentlemen’s Agreement, sich das lukrative Geschäft nicht durch
gegenseitiges Unterbieten bei den Gebühren zu ruinieren.
Mittlerweile ist es durchaus üblich, sich die Gunst des Kunden zu erkaufen.
Beispiel Kraft Foods: CSFB bekam den Zuschlag, als Konsortialführer den
Börsengang der Philip Morris-Tochter zu begleiten – und stach damit
Goldman Sachs und Merrill Lynch aus. Zuvor hatte die CSFB für Philip Morris
einen günstigen Kredit über 9 Mrd. $ arrangiert.
Die Zeiten, in denen Investmentbanker solche Deals ablehnen konnten,
sind vorbei. Wer im Geschäft bleiben will, muss sich den neuen Zeiten
anpassen.
www.ftd.de/investmentbanker
Gruß Dr. Broemme
A