Aufschwung braucht Zuwanderung

Dass dies trotz eines hohen Bestands an Arbeitslosen kein Randphänomen ist, zeigen die Daten. Die Anzahl der gemeldeten offenen Stellen hat schon 2006 das höchste Niveau seit 1991 erreicht. Zwar kommen derzeit noch immer 6,4 registrierte Arbeitslose auf eine gemeldete offene Stelle. Allerdings liegt die Quote, bezogen auf alle offenen Stellen, bei 2,4 – ein historisch niedriger Wert. Für eine Reihe von gewerblichen Berufen wie Werkzeugmacher, Elektriker und Schlosser gibt es mitunter bereits Engpässe.

Besonders deutlich ist die Mangelerscheinung in einer traditionellen Domäne deutscher Ausbildung, bei Ingenieuren. Immer noch gilt Deutschland hier weltweit als führend. Zugleich erweist sich diese Kompetenz als Schlüsselqualifikation in vielen zukunftsweisenden Branchen.

Nach einer Untersuchung des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln konnten im vergangenen Jahr rund 48 000 vakante Stellen nicht mit Ingenieuren besetzt werden. Dabei hat sich die Anzahl arbeitsloser Ingenieure seit 1999 halbiert. Mit anderen Worten: Es fehlt ein ganzer Studienjahrgang. Der Engpass betrifft nicht nur die traditionellen Einsatzbereiche wie die Elektroindustrie und den Maschinenbau, sondern ebenso unternehmensnahe Dienstleister.

Der Mangel an Fachkräften wirkt aus mehreren Gründen belastend. Vielen Unternehmen wird es dadurch nicht möglich, ihre Leistungsfähigkeit so auszuweiten, wie es die Marktdynamik ermöglichen würde. Nach der IW-Studie entgeht der deutschen Wirtschaft Wertschöpfung in Höhe von mindestens 3,5 Mrd. Euro. Nicht berechnet werden können die aber ebenso bedeutsamen Belastungen der Innovationskraft unserer Unternehmen und damit letztlich der Wettbewerbsfähigkeit der ganzen Volkswirtschaft.

Vergessen darf man auch nicht, dass der Aufbau qualifizierter Arbeitsplätze – für das laufende Jahr sind im Ingenieurbereich Neueinstellungen von 8,4 Prozent des vorhandenen Personals geplant – die Basis für neue Beschäftigungsmöglichkeiten gering Qualifizierter verbessert. Die Komplementarität ist in vielen Branchen zu beobachten. Somit wird klar, dass angesichts der immer noch beachtlichen Höhe der gesamtwirtschaftlichen Arbeitslosigkeit eine Doppelstrategie geboten ist: einerseits das Fordern und Fördern der Langzeitarbeitslosen effektiver zu gestalten, andererseits, und das ist nicht minder wichtig, die Bildung von Schlüsselqualifikationen zu verbessern.

Eine zielgenaue Therapie muss die Ursachen ernst nehmen, die teilweise tief verankert sind in Einstellungen und Vorlieben. Das beginnt mit dem anhaltend geringen Interesse an naturwissenschaftlichen Fächern in den Gymnasien, was auch den Trend der letzten Jahre zu den Rechts-, Sozial- und Kulturwissenschaften bei der Studienwahl erklärt. Außerdem beobachten wir in Deutschland eine recht geringe Neigung von Frauen, sich technisch-naturwissenschaftlichen Fächern zu verschreiben.

Dabei gibt es eine Vielzahl von Projekten, die jungen Menschen die so genannten MINT-Fächer – Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik – nahe bringen sollen. Die Mobilisierung der Fachlehrer wäre ein wichtiger weiterer Schritt. Gerade Kooperationen von Unternehmen mit Bildungseinrichtungen sind ein wichtiger Hebel an dieser Stelle, aber hier benötigt man einen langen Atem.

Auf politischer Ebene muss Vorsorge dafür getroffen werden, dass über eine breitere Basis an Hochschulabsolventen auch die Anzahl von Ingenieurstudenten zunehmen kann. Alles, was wir derzeit bildungspolitisch diskutieren, wird dabei relevant, von den Reformen im schulischen Bereich bis zu den Veränderungen an den Hochschulen. Vieles läuft zu zögerlich, vor allem zu wenig bundesweit koordiniert.

Notwendig ist ohne Zweifel eine Weiterentwicklung des Zuwanderungsrechts. Die deutliche Absenkung der Verdienstschwelle wäre ein wichtiger, wenngleich nicht ausreichender Schritt, ebenso die Lockerung der Vorprüfung, ob kein inländischer Bewerber verfügbar ist. Es gibt kein anderes Instrument, das auf kurze Sicht vergleichbar wirksam Abhilfe verspricht. Der Verweis auf den weitgehend geräumten Arbeitsmarkt für Ingenieure ist einschlägig. Deswegen sollten wir den Mut für eine wirklich ökonomisch gesteuerte Zuwanderung aufbringen. <!-- <rdf:RDF xmlns:rdf="http://www.w3.org/1999/02/22-rdf-syntax-ns#" xmlns:trackback="http://madskills.com/public/xml/rss/module/trackback/" xmlns:dc="http://purl.org/dc/elements/1.1/"> -->

mhuether um #17:04 in

Kommentieren | TrackBack (0) | Artikel versenden

<!-- artikelinfo --><!-- artikel --><!-- tagesblock -->

Kommentare und Trackbacks

Es wurden bisher keine Kommentare abgegeben. Kommentieren?

schon unglaublich wie sich in 2 Jahren die Angebot/und Nachfragesituation
im IT Bereich verändert hat. Über gulp und xing hab ich in den letzten Monaten
6 Festanstellungen angeboten bekommen und diverse einzelne Projekte.
Wer hätte das gedacht das es so schnell wieder aufwärts geht.
2002 bis 2004/05 ging fast nix und es sah richtig düster aus.

Scheiss auf Zuwanderung denn das bedeutet höhere Löhne für uns!:-)

Höhere Löhne werden sich wohl sicher durchsetzen lassen dennoch kommen wir nicht ohne Zuwanderung aus. Die Demographie schlägt böse zu. Wir haben einfach zu wenig junge Menschen die in den Arbeitsmarkt drängen. Dazu kommt die fehlende Ausbildung bei denen die den Aufschwung nur von außen ansehen dürfen.

Deine Situation hört sich gut an.

Gruß

Permanent

sind durch Zuwanderung nicht lösbar - sie verschlimmern sich eher. In einer guten Qualifizierung der Jugendlichen und Arbeitslosen liegt ein Lösungsansatz. Wenn wir es dann noch erreichen immer mehr Frauen in qualifizierte Jobs zu kriegen (Kinderkrippen) arbeiten wir mit einem doppelten Hebel an unserem Wohlstand. Wir brauchen nicht mehr Bevölkerung sondern einen wesentlich höheren Anteil der arbeitet.  

ein gewisses Mass an Zuwanderungen halte ich auch für gut. Nur man muss es nicht
übertreiben. Ich hab 2001 noch gut in Erinnerung. Da dachte man auch das geht ewig
so weiter und der eigene Job wäre bombensicher.
Das hat sich dann aber ganz schnell geändert.... Von daher bin ich noch etwas vorsichtig. Das Problem ist das die meisten freien Jobs im hochqualifizierten
Bereich liegen. Da kann es schwierig werden die zeitnah zu besetzen.

Aber sollten wir wirklich einen langfristigen Arbeitskräftemangel haben(was ich momentan noch nicht glaube) dann kommen goldene Zeit auf uns zu.*g*

@malko mit den frauen bin ich ganz bei dir.  Aber (Nach(Schulungen alleine
werden nicht reichen.  

von Zuwanderung lese, dann kommt mir die Galle hoch. Was hier in Deutschland abgeht, das ist größtenteils hausgemachter Mist.
Ein Beispiel: In einem Kreis südlich von Hannover gibt es bei 160.000 Einwohnern an die 20.000 Arbeitslose.
Ich fass es nicht, dass da 20.000 faule Arbeitslose sein sollen.

Die Unternehmen die momentan am lautesten über Fachkräftemangel jammern, sind genau diejenigen, die in den letzten Jahren viel zuwenig in den Nachwuchs investiert haben.
Wenn die Ausbildungsplätze gestrichen werden oder überhaupt nicht mehr ausgebildet wird und die Schulabgänger in die Arbeitslosigkeit entlassen werden, brauchen diese kurzsichtigen Unternehmer sich nicht über einen Mangel an Fachkräften beklagen sondern sind selbst schuld. Natürlich kostet so ein Azubi am Anfang mehr als er an Ertrag bringt, aber für später hat das Unternehmen einen motivierten Mitarbeiter, der die Unter-nehmenskultur und den Arbeitsablauf kennt gewonnen. Aber Nein, keine Kosten (Shareholder-Value) und das ganze mit Leiharbeitern (die sind billiger als ein nach Tarif gezahlter ausgelernter Facharbeiter) auffüllen. Wenns eng wird, gehts jammern los, wir finden keine qualifizierten Nachwuchs, was uns das Arbeitsamt vermittelt sind nur unqualifizierte, weil keine Ausbildung (wie auch) und schon importiert man sich wieder die Intelligenz aus dem Ausland. Damit werden 2 Dinge erreicht, junge Menschen erhalten weiter keine Ausbildungsplätze und werden in die Arbeitslosigkeit geschickt (egal zahlt die Gesellschaft) und in den Entwicklungsländern wird der qualifizierte Teil der Bevölkerung geklaut und damit einer wirtschaftlichen Entwicklung dieser Länder entzogen, die übrigens eine Menge an Kapital in diese Personen zum Aufbau des eigenen Landes investiert haben.