Aufbruchstimmung statt ruhige Hand

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rosch:

Aufbruchstimmung statt ruhige Hand

 
08.09.01 23:05
Aufbruchstimmung statt ruhige Hand

Der CSU-Chef im Interview mit Peter Limbourg (N24) und Astrid Frohloff (SAT.1)

Der bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber ist mit Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) hart ins Gericht gegangen. Die "ruhige Hand" des Kanzlers klinge für ihn sehr nach dem Wunsch, Rentner zu sein, sagte Stoiber in einem Interview der Fernsehsender N24 und SAT.1.

Steuerreform vorziehen

Schröder hoffe darauf, dass sich die Konjunktur durch eine Steuerreform in Amerika erhole, so Stoiber: "Er soll sie im eigenen Lande machen, dann bräuchte er nicht nur auf Bush und die Amerikaner hoffen." Die Steuerreform in Deutschland müsse vorgezogen werden, um vor allem für mittelständische Unternehmen eine bessere Kapitalversorgung zu gewährleisten. Die erste Priorität sei es, Arbeitslosigkeit abzubauen. "Und ich brauche ein höheres Wachstum", betonte der CSU-Chef. Deutschland sei der "kranke Mann" Europas. Schröder handele "im Grunde genommen gegen die Interessen Deutschlands".

Stoiber vermisst unter der rot-grünen Bundesregierung ein unternehmerisches Klima im Lande. Die Aufbruchstimmung werde von der "ruhigen Hand" gehemmt. Die Krise an den Finanzmärkten aber will Stoiber nicht der Schröder-Regierung anlasten: "Das wäre nun wirklich zu billig."

Nationale Identität und Zuwanderung

Dass die nationale Identität ein Wahlkampfthema für die Union wird, ist für Stoiber selbstverständlich. "Ich wundere mich, dass es über eine solche Feststellung überhaupt eine Diskussion gibt." Wer glaube, dass nationale Identität etwas Schlimmes sei, der habe nicht begriffen, wie Europa zusammengefügt werden müsse.

Der Gesetzentwurf von Innenminister Otto Schily (SPD) ermöglicht nach Stoibers Ansicht eine unkalkulierbare zusätzliche Zuwanderung nach Deutschland. "Es geht uns um eine Begrenzung der stattfindenden Zuwanderung", unterstrich Stoiber. Deutschland sei ein sehr ausländerfreundliches Land. "Aber ich sage auch, wir können nicht mehr integrieren - aus einer Reihe von Gründen - als wir gegenwärtig leisten."

Kandidaten-Entscheidung erst 2002

Auf Fragen nach einer möglichen Kanzlerkandidatur antwortete Stoiber bei dem Interview am Tegernsee zunächst: "Sie kennen meine persönliche Einstellung. Dies ist meine Lebensaufgabe hier, dieses Land entscheidend voranzubringen, Bayern." Stoiber fügte jedoch hinzu, dass eine Entscheidung erst Anfang 2002 fallen werde. Dafür gebe es gute Gründe - "alles, was ich dazu jetzt sagen würde, würde wiederum der Opposition helfen, sich auf den einen oder anderen einzustellen oder einzuschießen." Der CDU-Vorsitzenden Angela Merkel jedenfalls zollte Stoiber Respekt: "Die CDU in dieser schwierigen Zeit zusammenzubringen, das ist eine großartige Leistung."

Kritik an Scharping und Müntefering

Zum Thema Scharping sagte Stoiber, Deutschland brauche in dieser Zeit einen kompetenten, anerkannten, beachteten Verteidigungsminister - "und das ist Rudolf Scharping nicht mehr." Gegenwärtig stünden siebentausend Soldaten auf dem Balkan, und Deutschland verlange von diesen Soldaten außerordentlich viel. Das Verhalten des Verteidigungsministers aber konterkariere die großen Anstrengungen, die die Soldatinnen und Soldaten dort erbringen müssten. Kritik übte Stoiber zudem am Umgang der SPD mit jenen Abgeordneten, die nicht für den Mazedonien-Einsatz stimmten: "So wie Herr Müntefering jetzt mit den eigenen Abweichlern umgeht, schadet er im Grunde genommen der Reputation, der Glaubwürdigkeit der parlamentarischen Demokratie."

N24 zeigt das Interview mit Edmund Stoiber am Freitagabend um 22.15 Uhr in "Berlin Intern". Wiederholungen am Samstag um 21.15 Uhr, am Sonntag um 11.15 Uhr und 18.15 Uhr.
08.09.2001 14:33:37

rosch:

Staatschef besorgt über steigende Arbeitslosigkeit

 
08.09.01 23:10
US-Präsident Bush wirbt für Wachstumsprogramm

Staatschef besorgt über steigende Arbeitslosigkeit
 
Angesichts der wachsenden Arbeitslosigkeit in den Vereinigten Staaten hat US-Präsident George W. Bush bei den Abgeordneten des Kongresses für sein Wachstumsprogramm zur Ankurbelung der Wirtschaft geworben. "Es ist absolut wesentlich, dass wir jetzt zusammen arbeiten, um einen Wachstumsplan für die Schaffung von Arbeitsplätzen für hart arbeitende Amerikaner umzusetzen", sagte Bush am Freitag in Washington nach einem Gespräch mit führenden republikanischen Politikern aus Senat und Abgeordnetenhaus sowie seinem Stellvertreter Dick Cheney. Der Präsident warnte den Kongress, seine auf elf Jahre angelegte Pläne zu umfassenden Steuersenkungen zu blockieren. Zugleich forderte er ihn auf, seine umstrittenen Energiepläne zu billigen.

Bush sagte weiter, seine Regierung sei "tief besorgt" über die jüngsten Arbeitslosenzahlen und wolle etwas dagegen unternehmen.

"Jeder arbeitsloser Amerikaner ist ein arbeitsloser Amerikaner zu viel." Nach Angaben des Arbeitsministeriums steig die Erwerbslosenquote in den USA auf 4,9 Prozent und erreichte damit den höchsten Stand seit vier Jahren.
08.09.2001 15:30:18


rosch:

Deutschland verfehlt auch 2002 Wachstums-Prognose

 
08.09.01 23:13
Deutschland verfehlt auch 2002 Wachstums-Prognose
APA/dpa/Ric
08.09.2001, 16:11:52

Berlin - Zweifel angemeldet. Das Wirtschaftswachstum in Deutschland wird nach Ansicht von Wirtschaftsforschern auch im kommenden Jahr hinter den Erwartungen der Bundesregierung zurückbleiben. Experten zweifeln die Prognose von gut drei Prozent Wachstum im ersten Halbjahr 2002 von Wirtschaftsminister Werner Müller an.

Arbeitsmarkt reagiert mit Verzögerungen

Auch das Ziel von Bundeskanzler Gerhard Schröder, in dieser Legislaturperiode die Zahl der Arbeitslosen auf 3,5 Millionen zu drücken, bezeichneten die Experten angesichts der Konjunktur-Schwäche als unrealistisch. "Der Arbeitsmarkt reagiert mit rund einem halben Jahr Verzögerung auf die konjunkturelle Entwicklung", sagte Ludwig. Deshalb sei im Jahresdurchschnitt mit 3,7 bis 3,8 Millionen Arbeitslosen zu rechnen.

Ausblick

Am Samstag dämpfte der Chef des Internationalen Währungsfonds (IWF) Horst Köhler auch die Erwartungen für die gesamte Weltwirtschaft. Er erwarte für dieses Jahr ein globales Wirtschaftswachstum von nur noch 2,7 Prozent nach einer Prognose von 3,2 Prozent im Mai. Im kommenden Jahr werde die Weltwirtschaft nach Ansicht des IWF wieder um 3,6 Prozent wachsen.

www.trend.at/pages/html/anwendung/...c_id=2812947&content=main
rosch:

Schröder ohne Alternative

 
08.09.01 23:16
Zwischenruf: Schröder ohne Alternative

Von Klemens Kindermann

Natürlich kann sich Bundeskanzler Schröder eigentlich keinen weiteren Ministerverlust ein Jahr vor der Bundestagswahl leisten. Doch selten hat sich der Rückzug eines Kabinettsmitglieds geradezu so aufgedrängt wie im Fall Scharping. Der Verteidigungsminister hat bei den eigenen Parteifreunden - bisher seine stärkste Basis auch Schröder gegenüber - so sehr an Rückhalt verloren, dass kaum vorstellbar ist, wie er sich auf Dauer auch für eine mögliche zweite Amtszeit behaupten könnte.

Schröders Problem ist, dass er eigentlich auch gleich weitere Auswechslungen vornehmen müsste, etwa im Gesundheitsressort. Doch das würde vor den wichtigen Landtagswahlen in Hamburg und Berlin wie ein Rückfall in die Chaos-Zeiten des Beginns von Rot-Grün aussehen. Also wird es wohl nur eine kleine Lösung geben - gut für die Lösung der Wirtschaftsprobleme im Jahr vor der Bundestagswahl ist das nicht.


HANDELSBLATT, Freitag, 07. September 2001

Levke:

vergiss bitte die Japan-Problematik nicht

 
08.09.01 23:18
hier gibt es bestimmt auch noch ein paar Artikel
rosch:

Zeitung/Institute: Wachstumsaussichten bleiben auc

 
08.09.01 23:22
Zeitung/Institute: Wachstumsaussichten bleiben auch 2002 gedämpft
Berlin (vwd) - Der wirtschaftliche Aufschwung in Deutschland wird im kommenden Jahr nicht so stark ausfallen wie von der Bundesregierung erwartet. Zu diesem Schluss kommen die beiden Wirtschaftsforschungsinstitute HWWA (Hamburgisches Welt-Wirtschafts-Archiv) und IWH (Institut für Wirtschaftsforschung Halle) im Gespräch mit der "Berliner Zeitung" (Samstagausgabe). Anfang der Woche hatte Bundeswirtschaftsminister Werner Müller für das erste Halbjahr 2002 noch ein Wirtschaftswachstum von "gut drei Prozent" in Aussicht gestellt.

"Müllers Äußerungen decken sich nicht mit unserer Prognose", wird der Leiter der Konjunkturabteilung des IWH, Udo Ludwig zitiert. Der Minister unterstelle eine schnelle Überwindung der Wachstumsschwäche in den USA. "Diese Erwartung haben wir nicht", sagte Ludwig. Auch Eckhardt Wohlers vom HWWA äußerte sich skeptisch: "Müllers Prognose scheint mir sehr optimistisch". Ludwig sagte, der Wirtschaftsminister gehe bei seiner Prognose davon aus, dass es zu einer ähnlichen Erholung wie nach der Asien-Krise 1997/98 kommen werde. "Heute liegen die Dinge aber anders", sagte er. Deutschland hänge bei der Konjunktur am Tropf der USA. Solange es dort nicht aufwärts gehe, werde sich auch die Konjunktur hierzulande nicht erholen.



"Wenn es der Supermacht USA schlecht geht, beeinflusst das auch die Investitionsentscheidungen der deutschen Unternehmen", sagte Ludwig der Zeitung. Zwar sei damit zu rechnen, dass die Investitionstätigkeit wieder zunehme, wenn die Exporte wieder anziehen, doch das werde sich länger hinziehen. "Deshalb wird es unserer Ansicht nach erst im zweiten Halbjahr 2002 wieder aufwärts gehen", schätzt Ludwig. Anfang der Woche hatte das IWH seine Konjunkturprognose für Deutschland für dieses Jahr weiter von 1,5 auf ein Prozent gesenkt. "Ein Prozent kann aber auch unter 1,0 Prozent bedeuten", stellte Ludwig klar.



Das HWWA sieht das Wirtschaftswachstum in diesem Jahr zwischen 1,0 und 1,5 Prozent - "mit Tendenz eher Richtung 1,0 Prozent", so Wohlers. Für 2002 gehen beide Institute von einem Wachstum von gut zwei Prozent aus.


vwd/12/7.9.2001/nas

8. September 2001, 06:00



rosch:

8.9. 23:23: In Japan blüht wieder die Hoffnung

 
08.09.01 23:25
Samstag, 08. September 2001     Berlin, 23:23 Uhr

In Japan blüht wieder die Hoffnung

Trotz der Talfahrt ist an der Tokioter Börse nicht alles schlecht. Zwölf Werte aus dem Nikkei 225 legten seit Jahresbeginn sogar um mehr als 50 Prozent zu - Börsenbrief aus Tokio

Von Håkan Hedström

Keine Woche vergeht, ohne dass der Leitindex Nikkei 225 ein neues 17-Jahrestief markiert. Diese Woche wurde das Tagestief bei 10.326 erreicht, 74 Prozent unter seinem Hoch zum Jahreswechsel 1989/1990 und 25 Prozent weniger als zu Jahresbeginn. Durch die unglückliche Revision in der Indexzusammensetzung vom April 2000 wird das Bild allerdings verzerrt. Der nun sehr technologielastige Index wurde vom Platzen der "IT-Bubble" übermäßig stark in Mitleidenschaft gezogen. Zum Vergleich: Der marktbreite Topix ist noch rund elf Prozent von seinem Bärenmarkttief entfernt. Dies soll allerdings die Brisanz der Entwicklung nicht beschönigen. Japan ist schwer angeschlagen. Wie die Zahlen zum Wirtschaftswachstum im zweiten Quartal bestätigten, befindet sich Japan de facto in der Rezession. Dabei ist das Wort Wachstum irreführend. Tatsächlich schrumpfte das Bruttoinlandsprodukt im Vergleich zum Vorquartal um 0,8 Prozent und lag damit um 0,9 Prozent unter Vorjahr.

Die Arbeitslosenquote erreichte rekordverdächtige fünf Prozent, wobei diese Zahl die tatsächliche Situation am Arbeitsmarkt sogar noch beschönigt. Noch nie wurden etwa Hochschulabgängern so wenig Jobs angeboten wie in diesem Jahr, so dass vor allem die Jugendarbeitslosigkeit rapide zunimmt. Derweil machen neue Restrukturierungsprogramme bekannter Firmen Schlagzeilen. Hitachi, der größte japanische Elektrokonzern, kündigte ganz nach amerikanischem Stil 15.000 Entlassungen und einen erwarteten Reinverlust von umgerechnet 2,6 Milliarden DM für das laufende Fiskaljahr an. Die Gewinnwarnungen explodieren förmlich. Manche Unternehmen - vor allem im Technologiebereich - sahen sich veranlasst, sechs Wochen nach ihrer letzten massiven Gewinnrevision diese Zahlen nochmals drastisch nach unten zu revidieren. Aus historischer Perspektive scheint der Markt mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 30 attraktiv, im internationalen Vergleich und unter Berücksichtigung der Tatsache, dass mit weiteren Gewinnwarnungen zu rechnen ist, gilt dies jedoch nicht. Im zweiten Quartal lagen alleine die Gewinne des verarbeitenden Gewerbes um gut 21 Prozent unter Vorjahr, die der Elektrounternehmen sogar um 88 Prozent. Betroffen sind dabei neben den bekannten Firmen vor allem auch die kleinen Unternehmen, die das Rückgrat der japanischen Wirtschaft bilden. Das stetige Sinken des Vertrauensindex dieser Unternehmen kann mithin nicht verwundern.

Mittlerweile ist der japanische Aktienmarkt in eine technisch stark "überverkaufte" Situation geraten, die eine Zwischenrally nahe legt. Der Pessimismus der Anleger ist dabei so groß, dass viele Abgabewillige inzwischen schon verkauft haben dürften. Vor allem diejenigen der bisweilen halbprofessionellen Privatanleger, die ihre Aktien auf Kredit gekauft haben, sind so weit in die Verlustzone geraten, dass sie zu Notverkäufen gezwungen wurden. Auch der Abgabedruck der Banken, die vor dem Halbjahreswechsel bei dann neuen Bilanzregeln wegen vermehrter Aufgabe Überkreuzbeteiligungen umstrukturierten, dürfte nunmehr langsam nachlassen. Bemerkenswert ist, dass trotz aller Unkenrufe die Ausländer in den letzten acht Wochen netto zu den größten Käufern zählten.

Aber nicht alles ist traurig am japanischen Aktienmarkt. So konnten seit Jahresbeginn Ölwerte um 36 Prozent, Versorger um 18 Prozent, Immobilienwerte um 14 Prozent, Versicherer um 13 Prozent und Eisenbahntitel um 10 Prozent zulegen. Im Nikkei 225 gibt es 84 Aktien, die in diesem Jahr bislang mit einem Plus abgeschnitten haben, darunter zwölf Werte, die sogar um mehr als 50 Prozent zulegen konnten. Japan Steel Works verdoppelte sich.

In letzter Zeit sind vor allem so genannte "asset-backed"-Aktien en vogue. Dabei handelt es sich vor allem um solche Werte, die auf großen Immobilienbesitz verweisen können. Immobilien- und Eisenbahnwerte gehören dazu. Wem das bekannt vorkommt, der muss sich schon vor 15 Jahren mit dem japanischen Aktienmarkt auseinander gesetzt haben. Diese Bereiche legten den Grundstein zur "Bubble". Die Aussichten auf eine potenzielle Reflationierungspolitik der Notenbank sowie das Suchen nach Alternativen zu Technologiewerten ließen diese Aktien in letzter Zeit verstärkt ins Blickfeld der Anleger rücken. Nicht alles am japanischen Aktienmarkt ist also depressiv.

Der Autor ist Leiter des Investment Management der Commerzbank in Japan

www.welt.de/daten/2001/09/09/0909fi280914.htx
rosch:

Japan steht sich selbst im Weg

 
08.09.01 23:27
Japan steht sich selbst im Weg

- von vwd Redakteur Christian Vits -

Herzlich Willkommen im Land der untergehenden Hoffnungen. Japan steckt mitten in der Rezession, das haben die Daten vom Freitagmorgen klargemacht. Obwohl die technische Voraussetzung von zwei aufeinander folgenden Quartalen mit negativer Wachstumsrate nicht erfüllt ist, bleibt der Befund kaum diskutabel. Schon das Vorquartalswachstum von 0,1 Prozent gehörte eher in den Bereich der statistischen Rundungen, Wachstumsfantasien wurden arg enttäuscht. Aber auch für das Drittquartal besteht kaum Hoffnung, dass das Land einer weiteren Kontraktion seiner Wirtschaft entgehen wird.



Die pessimistische Prognose hat viele Väter: Da ist der globale konjunkturelle Abschwung, der Japans Exporte hat einbrechen lassen, da ist eine seit Monaten dahin dümpelnde Inlandsnachfrage, die der Wirtschaft keine Impulse zu verleihen mag. Da sind einbrechende Investitionsausgaben, Rekordarbeitslosigkeit und nicht zuletzt der Deflationsdruck, dessen wahre Dramatik sich erst mit Blick auf das nominale Minus des Bruttoinlandsprodukts erschließt. Ein nominaler Rückgang von mehr als zehn Prozent auf Jahressicht ließe in Europa die Börsen beben - löst aber in Japan nur Achselzucken aus.



Dass Japan Reformbedarf an Haupt und Gliedern seiner Wirtschaft hat, muss nicht wiederholt werden. Auch die vielen Rezepturen, die zur Gesundung der japanischen Volkswirtschaft führen sollen, sind bekannt. Dem Betrachter ebenso vertraut, aber weitaus zaghafter als Problem benannt, ist dagegen die herrschende Politkaste, die Japan in den vergangenen zehn Jahren mit ihrer wirtschaftspolitischen Augenwischerei an den Rand des Abgrunds geführt hat. Erinnert sei hier nur an die zahl- wie sinnlosen öffentlichen Bauaufträge, die vor allem eines bewirkten: dass der Schuldenberg auf nun fast 130 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung gewachsen ist.



So sehr der gesellschaftliche Konsens zu bestehen scheint, dem Land und seinen Bürgern auch schmerzhafte Reformen zuzumuten, so sehr fehlen Japan politische Kultur, Reformfreude und kritische Öffentlichkeit, die ein strukturell im Innersten verrottetes politisches System zum Einsturz bringen könnten. Wirtschaftspolitik bezieht ihre Wirkungskraft nicht zuletzt daraus, dass sie einem konsistenten Konzept folgt und für die Akteure auf den Finanzmärkten wie in den Unternehmen berechenbar ist. Nichts davon in Japan. Statt dessen ein babylonisches Gewirr von Vorschlägen und Absichten bis hinein in die Regierung.


Für Reformen braucht es Kraft und Einigkeit. Dem Ministerpräsidenten aber fehlt die innerparteiliche Hausmacht, seinen Gegnern die breite öffentliche Unterstützung und den Wählern die oppositionelle Alternative. Dieser wirtschaftspolitische Rahmen birgt für Japan die Gefahr, sich weiter zu verzetteln oder einen allenfalls schlingernden Reformkurs einzuschlagen. Die zweitgrößte Volkswirtschaft der Erde hat aber nicht nur eine Verpflichtung gegenüber sich selbst, sondern trägt auch Verantwortung gegenüber Nachbarn und Handelspartnern. Daher sollte die Agonie Japans und das mit ihr aufziehende Risiko einer Depression auch hier zu Lande keinen mehr ungerührt lassen. Japan braucht auch den Druck von außen.


vwd/7.9.2001/cv/ptr

7. September 2001, 15:45



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