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US-Dollar weiter unter Druck: Devisenhandel an der Chicago Mercantile Exchange. Foto: ap |
HB FRANKFURT. Der Dollar ist damit für Deutsche so günstig wie zuletzt vor mehr als elf Jahren. Analysten machen vor allem die unterschiedlichen Konjunkturentwicklung in den USA und in Europa für den Kursanstieg verantwortlich: Während in Europa die Konjunktur brummt, schwächt sie sich in den USA seit Monaten ab.
Gedrückt wird der US-Dollar vor allem durch die Erwartung, dass sich die US-Konjunktur abschwächen und die Notenbank noch in diesem Jahr auf Zinssenkungskurs einschwenken wird. Außerdem haben die Vereinigten Staaten ein riesiges Defizit im Außenhandel, das weithin als auf Dauer nicht tragfähig eingeschätzt wird. Aus diesen Gründen rechnen auch die meisten Experten mit einer weiteren Dollar-Abwertung und Euro-Aufwertung. „Für die Märkte ist es eine klare Sache, dass der Euro weiter aufwertet“, sagte Thomas Mayer, Europa-Chefvolkswirt der Deutschen Bank.
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<!--/nodist-->Zudem seien die USA an einem schwachen Dollar interessiert. Auch Thomas Stolper von Goldman Sachs gehört zu denen, die einen weiter steigenden Euro erwarten. „Die Anzeichen dass sich Europas Wirtschaft von den USA abkoppelt, sind sehr stark“, meint Stolper.
Während vor zwei Jahren in Europa Katastrophenstimmung herrschte hatte, lässt die derzeitige Eurostärke Finanzmärkte, Politik und Wirtschaft weitgehend kalt. "Zu Alarmismus besteht auf Grund des hohen Euro in Deutschland noch kein Anlass", sagt BDI-Konjunkturexperte Matthias Krämer. Ausschlaggebend dafür sei neben der guten wirtschaftlichen Entwicklung, dass sich viele Unternehmen gegen Währungsrisiken abgesichert hätten. Als "wenig überraschend" schätzt der Präsident des Bundesverbandes des Deutschen Groß- und Außenhandels (BGA), Anton Börner, den starken Anstieg des Euro ein. "Von daher war jeder Profi gut beraten, sich frühzeitig abzusichern und muss diese Entwicklung nicht scheuen", sagte er dem Handelsblatt. Gelassen stimme ihn zudem, dass sich die Weltwirtschaft "robuster als erwartet entwickelt und die deutschen Unternehmen dank ihrer Restrukturierungen in den Vorjahren davon erheblich profitieren".
Die Euro-Finanzminister haben ebenfalls betont gelassen auf den erneuten Höhenflug des Euro reagiert und sehen offenbar keinen Grund einzuschreiten. Ihr luxemburgischer Vorsitzender Jean-Claude Juncker warnte vor einem Treffen mit seinen zwölf Kollegen aus der Währungsunion am Freitag in Berlin vor Panikmache. „Der Euro-Außenkurs hat sich nicht brutal nach oben bewegt, er ist graduell angewachsen.“ Erfügte hinzu: „Deshalb gibt es keinen Grund, in Panik auszubrechen.“
EZB-Präsident Jean-Claude Trichet mahnte die Devisenmärkte zuletzt in Anbetracht der Euro-Stärke zur Vorsicht. „Die Devisenmärkte müssen sich der Tatsache bewusst sein, dass es bei jeder Wette Risiken in beide Richtungen gibt“, sagte Trichet am Freitag in Berlin nach einem Treffen mit den Finanzministern der Euro-Zone. Übertriebene Kursausschläge seien nicht wünschenswert für das Wachstum, bekräftige er die jüngste Erklärung der sieben wichtigsten Industrieländer (G7) zu den Wechselkursen. Nach Trichets Äußerungen gab der Euro zum Dollar leichtnach. Er hielt sich aber über der Marke von 1,36 Dollar So haben jüngst die führenden deutschen Forschungsinstitute ihre Wachstumsprognose für Deutschland für dieses Jahr von 1,4 auf 2,4 Prozent angehoben.
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<!--/nodist-->Wenn der Kurs des Euro steigt, werden deutsche und europäische Exporte im Dollarraum für die Abnehmer teurer. gleichzeitig können ausländische Konkurrenten ihre Waren im Euroraum in Euro gerechnet billiger anbieten. Auch die Investoren glauben an die Abkopplung. Aktien deutscher Großunternehmen haben seit Jahresanfang gemessen am Deutschen Aktienindex (Dax) allein seit Jahresanfang um elf Prozent zugelegt, während die wichtigsten US-indizes maximal 3,8 Prozent gewannen.
Dass der Euro-Anstieg die Europäische Zentralbank von ihrem Zinserhöhungskurs abringen könnte, gilt an den Finanzmärkten als unwahrscheinlich. Der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), Jean-Claude Trichet, hat bereits signalisiert, dass die EZB wegen der aus ihrer Sicht sehr guten Konjunkturentwicklung mindestens eine weitere Zinserhöhung beabsichtigt. An den Finanzmärkten wird mit einer EZB-Zinserhöhung auf vier Prozent im Juni und auf 4,25 Prozent im Herbst gerechnet.
Nicht alle Experten glauben allerdings an daran, dass sich Europas Wirtschaft von der Tendenz in der wichtigsten Volkswirtschaft der Welt abkoppeln kann. Die Erfahrung habe anderes gelehrt, sagte Thomas Mayer, von der Deutschen Bank. Er erwartet deshalb, dass die EZB nach der wahrscheinlichen Zinserhöhung im Juni Ende dieses oder Anfang kommenden Jahres ebenfalls auf Zinssenkungskurs einschwenken müsse, um die Wirtschaft zu stützen und den Gegenwind vom starken Euro zu kompensieren. Auch der starke Euro werde die EZB zu Zinssenkungen veranlassen.
Spätestens in der zweiten Jahreshälfte werde es vorbei sein mit der demonstrativen Gelassenheit deutscher und europäsicher Politiker. Mayer befürchtet Spannungen zwischen den Euro-Ländern. „Die deutsche Industrie steckt den festern Euro gut weg, weil sie die Kostenkontrolle gut im Griff hat. Bei anderen Ländern ist das nicht so.“ Insbesondere aus Frankreich erwartet Meyer politisches Sperrfeuer gegen einen zu starken Euro.
„Vielfach sind die Produkte deutscher Maschinenbauer und Elektrotechnikspezialisten fast konkurrenzlos und können im Dollarraum kaum in gleicher Qualität produziert werden“ erklärt Lothar Hessler von HSBC Trinkaus, warum die deutsche Industrie den Dollar-Anstieg so gut wegsteckt.
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