Prof. Dr. Rüdiger von Rosen:
Auch private Anleger müssen einen Beitrag zur Stabilisierung des Börsenumfeldes leisten
Das zurückliegende Börsenjahr brachte für die
meisten Aktienmärkte tiefrote Zahlen, von denen der
deutsche Markt besonders betroffen war. Mit einem
Rückgang von 36 Prozent innerhalb der letzten zwölf
Monate verzeichnete der DAX Rekordeinbußen. Der
Neue Markt erlitt mit einem Minus von 78 Prozent
einen regelrechten Zusammenbruch.
Verantwortlich für die Misere, die seit dem
Börsencrash von 1987 unübertroffen ist, ist das
Zusammentreffen eines ganzen Bündels von
Faktoren. Vier ungewöhnlich erfolgreiche
Börsenjahre in Folge hatten aus dem steigenden
Aktieninteresse der Deutschen eine Aktieneuphorie
und schließlich eine spekulative Blase werden lassen,
die im Frühjahr 2000 platzte. Der anschließende
Kursverfall wurde bis heute immer nur kurzzeitig
unterbrochen. Betrafen die Kurseinbrüche in
Deutschland zunächst vorwiegend die Werte des
Neuen Marktes, so erfasste der Rückgang Anfang
2001 auch die Standardwerte. Der
Auszehrungsprozess der Aktienmärkte beschleunigte
sich durch die Unerfahrenheit vieler Anleger und die
Unsicherheit der Kapitalmarktakteure, die von
Fehlverhaltensweisen einzelner Emittenten und
Kapitalmarktkommunikatoren ausgelöst wurden und
auf die Aufsichtsbehörden und Gesetzgeber nur
zögerlich reagierten. Die weltweite Verschlechterung
der konjunkturellen Lage im zweiten und dritten
Quartal 2001, deren Ausmaß immer noch nicht in
vollem Umfang absehbar ist, verschärfte die Lage
weiter. Die Terrorakte in den USA am 11. September
2001, die nachfolgende Angst vor Anschlägen mit
biologischen Waffen und die Ungewissheit über den
Fortgang der gegenwärtigen militärischen
Auseinandersetzungen taten ein Übriges, um die
Märkte nach unten zu ziehen.
Trotz des insgesamt sehr schwierigen
wirtschaftlichen und politischen Umfeldes gibt es
jedoch bislang keinen Grund für die Annahme, dass
die noch junge Aktienkultur in Deutschland einen
dauerhaften Schaden erlitten hat. Vorrangige
Aufgabe des nächsten Börsenjahres wird es sein,
Rahmenbedingungen zu schaffen, in denen Anleger
wieder Vertrauen in die Kapitalmärkte haben können.
Zu den Gruppen, die in den letzten anderthalb Jahren
einen Vertrauensverlust bei den privaten Anlegern
erfahren haben, gehören vor allem Analysten,
Journalisten und die so genannten "Börsengurus".
Die Empfehlungen und Berichterstattungen, die dem
Kursverfall insbesondere am Neuen Markt
vorangingen bzw. ihn begleiteten, stellten die
Objektivität und Seriosität dieser
Kapitalmarktkommunikatoren in den Augen vieler in
Frage.
Für die europäische Gesetzgebung bleibt es das
vorrangige Ziel, die Harmonisierung der
kapitalmarkt- und gesellschaftsrechtlichen
Rahmenbedingungen für den integrierten
Finanzmarkt zügig voranzutreiben. Die auf
nationaler Gesetzgebungsebene wohl umfassendsten
und bedeutendsten Reformen wird das o. a. Vierte
Finanzmarktförderungsgesetz bringen, mit dessen
Inkrafttreten im Laufe des Jahres 2002 zu rechnen
ist.
Last but not least müssen zur Stabilisierung des
Börsenumfeldes allerdings auch die privaten Anleger
einen Beitrag leisten. Selbst eine vollständige
Umsetzung der angesprochenen Reformansätze
entbindet sie nicht von der Pflicht,
eigenverantwortlich zu handeln und ihre
Anlageentscheidungen sorgfältig und überlegt zu
treffen. Wichtige Voraussetzungen hierfür sind eine
fundierte Anlegerbildung, die Aufklärung über den
Charakter der Aktie als Risikopapier sowie die
Vermittlung der Grundregeln einer erfolgreichen
Aktienanlage, wie die langfristige Orientierung des
Investments und die Diversifikation des Depots.
Prof. Dr. Rüdiger von Rosen
Prof. Dr. Rüdiger von Rosen ist geschäftsführendes
Vorstandsmitglied des Deutschen Aktieninstituts
e.V. in Frankfurt a.M.
07.12.2001 10:06
Auch private Anleger müssen einen Beitrag zur Stabilisierung des Börsenumfeldes leisten
Das zurückliegende Börsenjahr brachte für die
meisten Aktienmärkte tiefrote Zahlen, von denen der
deutsche Markt besonders betroffen war. Mit einem
Rückgang von 36 Prozent innerhalb der letzten zwölf
Monate verzeichnete der DAX Rekordeinbußen. Der
Neue Markt erlitt mit einem Minus von 78 Prozent
einen regelrechten Zusammenbruch.
Verantwortlich für die Misere, die seit dem
Börsencrash von 1987 unübertroffen ist, ist das
Zusammentreffen eines ganzen Bündels von
Faktoren. Vier ungewöhnlich erfolgreiche
Börsenjahre in Folge hatten aus dem steigenden
Aktieninteresse der Deutschen eine Aktieneuphorie
und schließlich eine spekulative Blase werden lassen,
die im Frühjahr 2000 platzte. Der anschließende
Kursverfall wurde bis heute immer nur kurzzeitig
unterbrochen. Betrafen die Kurseinbrüche in
Deutschland zunächst vorwiegend die Werte des
Neuen Marktes, so erfasste der Rückgang Anfang
2001 auch die Standardwerte. Der
Auszehrungsprozess der Aktienmärkte beschleunigte
sich durch die Unerfahrenheit vieler Anleger und die
Unsicherheit der Kapitalmarktakteure, die von
Fehlverhaltensweisen einzelner Emittenten und
Kapitalmarktkommunikatoren ausgelöst wurden und
auf die Aufsichtsbehörden und Gesetzgeber nur
zögerlich reagierten. Die weltweite Verschlechterung
der konjunkturellen Lage im zweiten und dritten
Quartal 2001, deren Ausmaß immer noch nicht in
vollem Umfang absehbar ist, verschärfte die Lage
weiter. Die Terrorakte in den USA am 11. September
2001, die nachfolgende Angst vor Anschlägen mit
biologischen Waffen und die Ungewissheit über den
Fortgang der gegenwärtigen militärischen
Auseinandersetzungen taten ein Übriges, um die
Märkte nach unten zu ziehen.
Trotz des insgesamt sehr schwierigen
wirtschaftlichen und politischen Umfeldes gibt es
jedoch bislang keinen Grund für die Annahme, dass
die noch junge Aktienkultur in Deutschland einen
dauerhaften Schaden erlitten hat. Vorrangige
Aufgabe des nächsten Börsenjahres wird es sein,
Rahmenbedingungen zu schaffen, in denen Anleger
wieder Vertrauen in die Kapitalmärkte haben können.
Zu den Gruppen, die in den letzten anderthalb Jahren
einen Vertrauensverlust bei den privaten Anlegern
erfahren haben, gehören vor allem Analysten,
Journalisten und die so genannten "Börsengurus".
Die Empfehlungen und Berichterstattungen, die dem
Kursverfall insbesondere am Neuen Markt
vorangingen bzw. ihn begleiteten, stellten die
Objektivität und Seriosität dieser
Kapitalmarktkommunikatoren in den Augen vieler in
Frage.
Für die europäische Gesetzgebung bleibt es das
vorrangige Ziel, die Harmonisierung der
kapitalmarkt- und gesellschaftsrechtlichen
Rahmenbedingungen für den integrierten
Finanzmarkt zügig voranzutreiben. Die auf
nationaler Gesetzgebungsebene wohl umfassendsten
und bedeutendsten Reformen wird das o. a. Vierte
Finanzmarktförderungsgesetz bringen, mit dessen
Inkrafttreten im Laufe des Jahres 2002 zu rechnen
ist.
Last but not least müssen zur Stabilisierung des
Börsenumfeldes allerdings auch die privaten Anleger
einen Beitrag leisten. Selbst eine vollständige
Umsetzung der angesprochenen Reformansätze
entbindet sie nicht von der Pflicht,
eigenverantwortlich zu handeln und ihre
Anlageentscheidungen sorgfältig und überlegt zu
treffen. Wichtige Voraussetzungen hierfür sind eine
fundierte Anlegerbildung, die Aufklärung über den
Charakter der Aktie als Risikopapier sowie die
Vermittlung der Grundregeln einer erfolgreichen
Aktienanlage, wie die langfristige Orientierung des
Investments und die Diversifikation des Depots.
Prof. Dr. Rüdiger von Rosen
Prof. Dr. Rüdiger von Rosen ist geschäftsführendes
Vorstandsmitglied des Deutschen Aktieninstituts
e.V. in Frankfurt a.M.
07.12.2001 10:06