Von den Aktienmärkten in Schwellenländern hat Asien das größte Kurspotential
Schwellenländer als Anlageregion / Vorsicht ist in Lateinamerika geboten / Sonderfall Rußland
rac. FRANKFURT, 17. Januar. Die Aktienmärkte in den Schwellenländern locken auch in diesem Jahr wieder Anleger mit kräftigen Kursgewinnen an. Experten warnen aber auch vor erheblichen Risiken und raten daher, die Länder und Regionen sorgfältig auszuwählen. Im vergangenen Jahr haben Schwellenländer-Börsen zum Teil spektakuläre Gewinne verzeichnet, während die Aktienkurse in den hochentwickelten Volkswirtschaften der Welt teilweise drastisch fielen. Spitzenreiter war der Index der Pakistan Stock Exchange, der 2002 sage und schreibe 118 Prozent zulegte, gefolgt von den Börsen Moskau, Prag und Budapest, die zwischen 35 und 40 Prozent gewannen.
Die Kursgewinne in Pakistan sehen Experten allerdings darin begründet, daß Anleger auf die geostrategische Bedeutung des Landes im Afghanistan-Konflikt spekulierten. Ansonsten hat der dortige Aktienmarkt keinerlei internationale Bedeutung. "Ich hatte in den vergangenen acht Jahren nur einmal eine pakistanische Aktie im Portfolio", sagt Thomas Gerhardt, Fondsmanager bei der Deutsche-Bank-Tochtergesellschaft DWS.
Das größte Potential sehen die Fachleute mit Blick auf die aufstrebende Wirtschaftsmacht China in Asien. Allerdings werden die Aktien der chinesischen Börsen Schanghai und Shenzen allgemein immer noch als zu teuer bezeichnet. Die inländische Nachfrage nach Aktien habe die Kurs-Gewinn-Verhältnisse (KGV) enorm in die Höhe getrieben, meint Gerd Kirsten, Aktienstratege bei der Sparkassen-Fondsgesellschaft Deka Investment. Obwohl sie in letzter Zeit wieder etwas gesunken seien, lägen sie auf der Grundlage der erwarteten Gewinne im laufenden Jahr im Durchschnitt noch bei 40. Zum Vergleich: Die Börse Hongkong kommt auf einen Wert von 12.
Es sei daher ratsam, von China indirekt - über andere Länder - zu profitieren. Neben Hongkong oder Taiwan wird dabei immer wieder Südkorea genannt, wo viele Unternehmen von der steigenden Nachfrage aus China profitieren. Als Beispiele für attraktive südkoreanische Aktien nennt DWS-Fondsmanager Gerhardt Samsung und den Stahlkonzern Posco. Deka-Stratege Kirsten weist außerdem darauf hin, daß Südkorea bald seinen Status als Schwellenland verlieren und in den MSCI World-Index aufgenommen werden könnte. Der südkoreanische Aktienmarkt dürfte dann von Portfolioumschichtungen in größerem Umfang profitieren.
Auch die EU-Beitrittskandidaten in Mittel- und Osteuropa stehen bei den Anlageexperten weiter hoch im Kurs. Das Wirtschaftswachstum werde dort im Durchschnitt zwei- bis dreimal so hoch ausfallen wie in Westeuropa, schätzt Kirsten. Im Gegensatz zu den Anleihemärkten stehe an den Aktienmärkten die Konvergenz der Preise zum Teil noch aus. Denn an den Anleihemärkten ist schon kräftig auf die "EU-Beitrittsstory" spekuliert worden, und die Renditeaufschläge etwa gegenüber Bundesanleihen sind schon deutlich zurückgegangen. Am Aktienmarkt dagegen lägen die Kurs-Gewinn-Verhältnisse noch weit auseinander. Auf der Basis der erwarteten Gewinne für 2003 rechnet Kirsten mit einem durchschnittlichen KGV in den Konvergenzländern von knapp 10 - verglichen mit einem Wert von 15 für den Euro-Stoxx-50-Index der größten Werte des Euroraums.
Der russische Aktienmarkt ist dagegen ein Sonderfall, weil er sehr stark vom Ölpreis abhängt. Zudem haben die russischen Ölkonzerne von der verstärkten Nachfrage aus den Vereinigten Staaten profitiert, die sich im Zuge des Konflikts im Mittleren Osten nach alternativen Öllieferanten umgesehen haben. Dieser Effekt sei aber inzwischen in den Kursen enthalten, sagt Gerhardt.
"Die Börse Moskau wird nicht wieder so eine rasante Entwicklung hinlegen." Kirsten weist unterdessen auf die relativ geringen Produktionskosten der russischen Ölkonzerne hin. "Die machen auch bei einem Ölpreis von 20 Dollar noch gute Gewinne", erwartet er. Zur Zeit pendelt der Preis für ein Barrel Brent-Öl um 30 Dollar.
Als interessante Portfoliobeimischung sieht Kirsten auch den türkischen Aktienmarkt an, der wesentlich weiter entwickelt sei als etwa der polnische oder der tschechische. Die junge, dynamische Bevölkerung des Landes ermögliche eine große Wachstumsdynamik. Voraussetzung sei allerdings, daß die neue gemäßigt islamistische Regierung die nötigen Reformen tatsächlich anpacke. Deshalb empfiehlt der Deka-Stratege, erst einmal abzuwarten und frühestens ab Mitte des Jahres in den türkischen Aktienmarkt einzusteigen.
Zurückhaltend betrachten die Fachleute derzeit die lateinamerikanischen Aktienmärkte. Gerade die größte Volkswirtschaft der Region, Brasilien, wird noch immer als unsicherer Kantonist angesehen. Zwar ist es dem neugewählten linksgerichteten Präsidenten Lula da Silva gelungen, die skeptischen Akteure an den internationalen Finanzmärkten zu besänftigen. Aber es sei ungeheuer wichtig, daß er seinen Worten nun auch Taten folgen lasse, sagt Rainer Vermehren von der DWS. Er verweist aber gleichzeitig auf das niedrige Kursniveau, das der Bovespa-Index nach Verlusten von 46 Prozent im vergangenen Jahr erreicht hat. "Im vergangenen Jahr ist Brasilien viel zu stark herunterverkauft worden", meint Vermehren. Die ersten Handelstage dieses Jahres hätten dagegen gezeigt, in welche Richtung die Reise gehen könne, wenn Präsident Lula weiter positive Signale setze. Der Bovespa-Index hat seit Jahresbeginn rund 15 Prozent zugelegt und liegt jetzt bei 12 110 Punkten. Positive Reformansätze seitens der Regierung vorausgesetzt, hält Vermehren einen Stand von 14 500 Punkten zum Jahresende für möglich.
Als solidere Anlagen in der Region Lateinamerika nennt Vermehren Chile. Der Andenstaat habe seinen Haushalt und die Inflation gut im Griff und könne von steigenden Kupferpreisen profitieren. Auch Mexiko sei interessant. Allerdings habe die Inflation in Mexiko im vergangenen Jahr deutlich höher gelegen als von der Zentralbank angepeilt. Zudem werde die Politik des schwachen Dollar, die die amerikanische Regierung verfolge, Mexiko schaden, weil der mexikanische Export dadurch an Konkurrenzfähigkeit verliere.
Schwellenländer als Anlageregion / Vorsicht ist in Lateinamerika geboten / Sonderfall Rußland
rac. FRANKFURT, 17. Januar. Die Aktienmärkte in den Schwellenländern locken auch in diesem Jahr wieder Anleger mit kräftigen Kursgewinnen an. Experten warnen aber auch vor erheblichen Risiken und raten daher, die Länder und Regionen sorgfältig auszuwählen. Im vergangenen Jahr haben Schwellenländer-Börsen zum Teil spektakuläre Gewinne verzeichnet, während die Aktienkurse in den hochentwickelten Volkswirtschaften der Welt teilweise drastisch fielen. Spitzenreiter war der Index der Pakistan Stock Exchange, der 2002 sage und schreibe 118 Prozent zulegte, gefolgt von den Börsen Moskau, Prag und Budapest, die zwischen 35 und 40 Prozent gewannen.
Die Kursgewinne in Pakistan sehen Experten allerdings darin begründet, daß Anleger auf die geostrategische Bedeutung des Landes im Afghanistan-Konflikt spekulierten. Ansonsten hat der dortige Aktienmarkt keinerlei internationale Bedeutung. "Ich hatte in den vergangenen acht Jahren nur einmal eine pakistanische Aktie im Portfolio", sagt Thomas Gerhardt, Fondsmanager bei der Deutsche-Bank-Tochtergesellschaft DWS.
Das größte Potential sehen die Fachleute mit Blick auf die aufstrebende Wirtschaftsmacht China in Asien. Allerdings werden die Aktien der chinesischen Börsen Schanghai und Shenzen allgemein immer noch als zu teuer bezeichnet. Die inländische Nachfrage nach Aktien habe die Kurs-Gewinn-Verhältnisse (KGV) enorm in die Höhe getrieben, meint Gerd Kirsten, Aktienstratege bei der Sparkassen-Fondsgesellschaft Deka Investment. Obwohl sie in letzter Zeit wieder etwas gesunken seien, lägen sie auf der Grundlage der erwarteten Gewinne im laufenden Jahr im Durchschnitt noch bei 40. Zum Vergleich: Die Börse Hongkong kommt auf einen Wert von 12.
Es sei daher ratsam, von China indirekt - über andere Länder - zu profitieren. Neben Hongkong oder Taiwan wird dabei immer wieder Südkorea genannt, wo viele Unternehmen von der steigenden Nachfrage aus China profitieren. Als Beispiele für attraktive südkoreanische Aktien nennt DWS-Fondsmanager Gerhardt Samsung und den Stahlkonzern Posco. Deka-Stratege Kirsten weist außerdem darauf hin, daß Südkorea bald seinen Status als Schwellenland verlieren und in den MSCI World-Index aufgenommen werden könnte. Der südkoreanische Aktienmarkt dürfte dann von Portfolioumschichtungen in größerem Umfang profitieren.
Auch die EU-Beitrittskandidaten in Mittel- und Osteuropa stehen bei den Anlageexperten weiter hoch im Kurs. Das Wirtschaftswachstum werde dort im Durchschnitt zwei- bis dreimal so hoch ausfallen wie in Westeuropa, schätzt Kirsten. Im Gegensatz zu den Anleihemärkten stehe an den Aktienmärkten die Konvergenz der Preise zum Teil noch aus. Denn an den Anleihemärkten ist schon kräftig auf die "EU-Beitrittsstory" spekuliert worden, und die Renditeaufschläge etwa gegenüber Bundesanleihen sind schon deutlich zurückgegangen. Am Aktienmarkt dagegen lägen die Kurs-Gewinn-Verhältnisse noch weit auseinander. Auf der Basis der erwarteten Gewinne für 2003 rechnet Kirsten mit einem durchschnittlichen KGV in den Konvergenzländern von knapp 10 - verglichen mit einem Wert von 15 für den Euro-Stoxx-50-Index der größten Werte des Euroraums.
Der russische Aktienmarkt ist dagegen ein Sonderfall, weil er sehr stark vom Ölpreis abhängt. Zudem haben die russischen Ölkonzerne von der verstärkten Nachfrage aus den Vereinigten Staaten profitiert, die sich im Zuge des Konflikts im Mittleren Osten nach alternativen Öllieferanten umgesehen haben. Dieser Effekt sei aber inzwischen in den Kursen enthalten, sagt Gerhardt.
"Die Börse Moskau wird nicht wieder so eine rasante Entwicklung hinlegen." Kirsten weist unterdessen auf die relativ geringen Produktionskosten der russischen Ölkonzerne hin. "Die machen auch bei einem Ölpreis von 20 Dollar noch gute Gewinne", erwartet er. Zur Zeit pendelt der Preis für ein Barrel Brent-Öl um 30 Dollar.
Als interessante Portfoliobeimischung sieht Kirsten auch den türkischen Aktienmarkt an, der wesentlich weiter entwickelt sei als etwa der polnische oder der tschechische. Die junge, dynamische Bevölkerung des Landes ermögliche eine große Wachstumsdynamik. Voraussetzung sei allerdings, daß die neue gemäßigt islamistische Regierung die nötigen Reformen tatsächlich anpacke. Deshalb empfiehlt der Deka-Stratege, erst einmal abzuwarten und frühestens ab Mitte des Jahres in den türkischen Aktienmarkt einzusteigen.
Zurückhaltend betrachten die Fachleute derzeit die lateinamerikanischen Aktienmärkte. Gerade die größte Volkswirtschaft der Region, Brasilien, wird noch immer als unsicherer Kantonist angesehen. Zwar ist es dem neugewählten linksgerichteten Präsidenten Lula da Silva gelungen, die skeptischen Akteure an den internationalen Finanzmärkten zu besänftigen. Aber es sei ungeheuer wichtig, daß er seinen Worten nun auch Taten folgen lasse, sagt Rainer Vermehren von der DWS. Er verweist aber gleichzeitig auf das niedrige Kursniveau, das der Bovespa-Index nach Verlusten von 46 Prozent im vergangenen Jahr erreicht hat. "Im vergangenen Jahr ist Brasilien viel zu stark herunterverkauft worden", meint Vermehren. Die ersten Handelstage dieses Jahres hätten dagegen gezeigt, in welche Richtung die Reise gehen könne, wenn Präsident Lula weiter positive Signale setze. Der Bovespa-Index hat seit Jahresbeginn rund 15 Prozent zugelegt und liegt jetzt bei 12 110 Punkten. Positive Reformansätze seitens der Regierung vorausgesetzt, hält Vermehren einen Stand von 14 500 Punkten zum Jahresende für möglich.
Als solidere Anlagen in der Region Lateinamerika nennt Vermehren Chile. Der Andenstaat habe seinen Haushalt und die Inflation gut im Griff und könne von steigenden Kupferpreisen profitieren. Auch Mexiko sei interessant. Allerdings habe die Inflation in Mexiko im vergangenen Jahr deutlich höher gelegen als von der Zentralbank angepeilt. Zudem werde die Politik des schwachen Dollar, die die amerikanische Regierung verfolge, Mexiko schaden, weil der mexikanische Export dadurch an Konkurrenzfähigkeit verliere.