Anbei ein Artikel über Fantastic für
alle, die es noch nicht gelesen haben (Finanz & Wirtschaft)
Man stelle sich vor: Ein Verkäufer steht auf dem Marktplatz
- und keiner geht hin. Das auf die Breitbandkommunikation
spezialisierte Software-Unternehmen Fantas-tic befindet
sich just in dieser Lage. Im Frühjahr hatte die
Geschäftsleitung für das Jahr 2000 mit einem Umsatz von
50 Mio. \$ gerechnet. Vor der Veröffentlichung der
Halbjahreszahlen reduzierte Geschäftsführer Reto Braun
die Prognose auf 35 Mio. \$. Die am Neuen Markt in Fr~
gehandelten Titel brachen darauf um 30% ein.
«Die Fantastic-Papiere liegen immer noch über dem
Emissionspreis», pflegte Jürg Bollag,
Leiter Aktionärsbeziehungen des Zuger Unternehmens,
den Kurszerfall zu kommentieren. Seit Anfang November
stimmt das nicht mehr: Eine Studie der Deutschen Bank
drückte die Titel unter die 4-Euro-Marke. Ohne die Studie
wäre der Kurssturz diesen Donnerstag erfolgt, als Fantastic
die neusten Neun-Monate-Zahlen veröffentlichte.
Miserables Zwischenergebnis
Im Vergleich zum Vorjahr gelang dem Soffivarehersteller
Fantastic lediglich ein Umsatzwachstum um 13%` auf 15 Mio.\$. Der Verlust vervierfachte sich auf über 38 Mio. \$. Ein Viertel des Fehlbetrags beruht auf vorwiegend unrealisierten Währungsverlusten. Die Fantastic-Aktien markierten am Freitag mit 2.11 € ein Tiefst. Die Börsenkapitalisierung beträgt noch 372 Mio. Fr gegenüber fast 10 Mrd Fr. im Februar.
«Wenn ich meine Prognose korrigieren müsste, hätte ich das
bereits getan», meinte Braun vor zwei Wochen gegenüber
«Finanz und Wirtschaft» (vgl. FuW Nr 88 vom 4. Nov.). Obwohl
zur Erreichung des Umsatzziels 20 Mio. \$ fehlen, hält man
in Zug an dieser Aussage fest. Wenn Braun damit rechnete,
dass das Ziel nicht erreicht wird, häffe er die Prognose
reduziert, doppelte Bollag am Donnerstag nach.
Woher der Umsatzsegen plötzlich kommen soll ist ungewiss,
zumal das vierte Quartal bereits zur Hälfte vorbei ist.
Wenigstens ist die Kasse des Unternehmens immer noch gut
gefüllt. Falls Fantastic mit der gleichen «Verbrennungsrate»
(,,burn rate) wie bisher wirtschaftet, ist das Kapital in
zwei Jahren aufgebraucht. Falsche Sicherheit ist aber fehl
am Platz: Das Software-Unternehmen Miracle verfügte
Ende März 2000 noch über 26 Mio. Fr Barmittel.
Sechs Monate später war es zahlungsunfähig. So gesehen war
der Zeitpunkt des Börsengangs der Fantastic richtig gewählt
Wäre die Aktienemission in einer weniger euphorischen
Börsenphase erfolgt, existierte Fantastic heute vielleicht
nicht mehr.
Die Geschäftsleitung hat den Markt falsch eingeschätzt.
Die «Multicast-Funktionalität» der Fantastic-Software
zur Optimierung der Breitbandkommunikation ist immer noch
weit davon entfernt, in einen Massenmarkt vorzustossen.
Etliche der konventionellen Kommunikationsnetze besitzen
noch keine Multicast-Fähigkeit. Die Netze werden zwar
irgendwann aufgerüstet, aber die Betreiber zeigen keine
grosse Eile. Andere Fragen, wie die UMTS-Auktionen,
geniessen weit höhere Priorität.
Ein Karpfen im Hechtteich
Fantastic hat erkannt, dass das Unternehmen für die grosse
Kundschaft zu klein ist. Deshalb ist es zur Zeit auf
Partnersuche. Bollag verrät, dass Fantastic mit mehreren
Kandidaten in Verhandlung für Wiederver-kaufsverträge steht.
Beispiele dafür bestehen bereits in Hong Kong mit
Hewlett Packard und in Japan mit Hitachi. Wie diese soll der
neue Partner, ,mit dem man offenbar kurz vor
Vertragsabschluss steht, in erster Linie Hardware-Anbieter
sein. Fantastic würde nach eigener Meinung die Rolle des
Software-Junior-Partners spielen. Es ist gut möglich,
dass es sich dabei eben um HP oder Hitachi handelt.
Auch IBM käme in Frage.
Fantastic befindet sich in einer delikaten Lage:
Das als konkurrenzlos angepriesene Produkt findet noch kaum
einen Markt. Zeit, Geld und Aktienktus rinnen dahin.
Der «Karpfen» wäre für 370 Mio. Fr zuhaben, rund die Hälfte
dieses Betrages liegt bar in der Kasse. Auch an Hechten
dürfte es nicht fehlen: Neben den erwähnten
Kooperationspartnern bietet sich auch ein Unternehmen wie
Microsoft an. Beispiele wie Netscape haben gezeigt,
wie Microsoft vorgeht, wenn ein Konkurrent in einem
zukunftsträchtigen Markt einen Quasi-Standard gesetzt hat.
Es ist, denkbar, dass Fantastic noch eine Weile zappeln
gelassen wird. Das Unternehmen wird immer billiger.
Investoren, die das Hochrisiko lieben, könnten auf eine
Übernahme spekulieren. Die Aktien verkommen allmählich zu
einer Wette:
Kommt der Markt oder der Bräutigam, bevor das Geld ausgeht?
Die Aktien haben damit den Charakter von Optionen mit einer
Laufzeit von rund zwei Jahren. Die Hebelwirkung dürfte gross
sein.
alle, die es noch nicht gelesen haben (Finanz & Wirtschaft)
Man stelle sich vor: Ein Verkäufer steht auf dem Marktplatz
- und keiner geht hin. Das auf die Breitbandkommunikation
spezialisierte Software-Unternehmen Fantas-tic befindet
sich just in dieser Lage. Im Frühjahr hatte die
Geschäftsleitung für das Jahr 2000 mit einem Umsatz von
50 Mio. \$ gerechnet. Vor der Veröffentlichung der
Halbjahreszahlen reduzierte Geschäftsführer Reto Braun
die Prognose auf 35 Mio. \$. Die am Neuen Markt in Fr~
gehandelten Titel brachen darauf um 30% ein.
«Die Fantastic-Papiere liegen immer noch über dem
Emissionspreis», pflegte Jürg Bollag,
Leiter Aktionärsbeziehungen des Zuger Unternehmens,
den Kurszerfall zu kommentieren. Seit Anfang November
stimmt das nicht mehr: Eine Studie der Deutschen Bank
drückte die Titel unter die 4-Euro-Marke. Ohne die Studie
wäre der Kurssturz diesen Donnerstag erfolgt, als Fantastic
die neusten Neun-Monate-Zahlen veröffentlichte.
Miserables Zwischenergebnis
Im Vergleich zum Vorjahr gelang dem Soffivarehersteller
Fantastic lediglich ein Umsatzwachstum um 13%` auf 15 Mio.\$. Der Verlust vervierfachte sich auf über 38 Mio. \$. Ein Viertel des Fehlbetrags beruht auf vorwiegend unrealisierten Währungsverlusten. Die Fantastic-Aktien markierten am Freitag mit 2.11 € ein Tiefst. Die Börsenkapitalisierung beträgt noch 372 Mio. Fr gegenüber fast 10 Mrd Fr. im Februar.
«Wenn ich meine Prognose korrigieren müsste, hätte ich das
bereits getan», meinte Braun vor zwei Wochen gegenüber
«Finanz und Wirtschaft» (vgl. FuW Nr 88 vom 4. Nov.). Obwohl
zur Erreichung des Umsatzziels 20 Mio. \$ fehlen, hält man
in Zug an dieser Aussage fest. Wenn Braun damit rechnete,
dass das Ziel nicht erreicht wird, häffe er die Prognose
reduziert, doppelte Bollag am Donnerstag nach.
Woher der Umsatzsegen plötzlich kommen soll ist ungewiss,
zumal das vierte Quartal bereits zur Hälfte vorbei ist.
Wenigstens ist die Kasse des Unternehmens immer noch gut
gefüllt. Falls Fantastic mit der gleichen «Verbrennungsrate»
(,,burn rate) wie bisher wirtschaftet, ist das Kapital in
zwei Jahren aufgebraucht. Falsche Sicherheit ist aber fehl
am Platz: Das Software-Unternehmen Miracle verfügte
Ende März 2000 noch über 26 Mio. Fr Barmittel.
Sechs Monate später war es zahlungsunfähig. So gesehen war
der Zeitpunkt des Börsengangs der Fantastic richtig gewählt
Wäre die Aktienemission in einer weniger euphorischen
Börsenphase erfolgt, existierte Fantastic heute vielleicht
nicht mehr.
Die Geschäftsleitung hat den Markt falsch eingeschätzt.
Die «Multicast-Funktionalität» der Fantastic-Software
zur Optimierung der Breitbandkommunikation ist immer noch
weit davon entfernt, in einen Massenmarkt vorzustossen.
Etliche der konventionellen Kommunikationsnetze besitzen
noch keine Multicast-Fähigkeit. Die Netze werden zwar
irgendwann aufgerüstet, aber die Betreiber zeigen keine
grosse Eile. Andere Fragen, wie die UMTS-Auktionen,
geniessen weit höhere Priorität.
Ein Karpfen im Hechtteich
Fantastic hat erkannt, dass das Unternehmen für die grosse
Kundschaft zu klein ist. Deshalb ist es zur Zeit auf
Partnersuche. Bollag verrät, dass Fantastic mit mehreren
Kandidaten in Verhandlung für Wiederver-kaufsverträge steht.
Beispiele dafür bestehen bereits in Hong Kong mit
Hewlett Packard und in Japan mit Hitachi. Wie diese soll der
neue Partner, ,mit dem man offenbar kurz vor
Vertragsabschluss steht, in erster Linie Hardware-Anbieter
sein. Fantastic würde nach eigener Meinung die Rolle des
Software-Junior-Partners spielen. Es ist gut möglich,
dass es sich dabei eben um HP oder Hitachi handelt.
Auch IBM käme in Frage.
Fantastic befindet sich in einer delikaten Lage:
Das als konkurrenzlos angepriesene Produkt findet noch kaum
einen Markt. Zeit, Geld und Aktienktus rinnen dahin.
Der «Karpfen» wäre für 370 Mio. Fr zuhaben, rund die Hälfte
dieses Betrages liegt bar in der Kasse. Auch an Hechten
dürfte es nicht fehlen: Neben den erwähnten
Kooperationspartnern bietet sich auch ein Unternehmen wie
Microsoft an. Beispiele wie Netscape haben gezeigt,
wie Microsoft vorgeht, wenn ein Konkurrent in einem
zukunftsträchtigen Markt einen Quasi-Standard gesetzt hat.
Es ist, denkbar, dass Fantastic noch eine Weile zappeln
gelassen wird. Das Unternehmen wird immer billiger.
Investoren, die das Hochrisiko lieben, könnten auf eine
Übernahme spekulieren. Die Aktien verkommen allmählich zu
einer Wette:
Kommt der Markt oder der Bräutigam, bevor das Geld ausgeht?
Die Aktien haben damit den Charakter von Optionen mit einer
Laufzeit von rund zwei Jahren. Die Hebelwirkung dürfte gross
sein.