Hamburg kämpft mit den Pleiten der New Economy
Hamburg sieht sich selbst gern als Hauptstadt der digitalen Wirtschaft in Deutschland. Doch nicht erst seitdem die Kabel New Media AG ihre Rechnungen nicht mehr bezahlen kann, ist Ernüchterung eingekehrt. Die New Economy, jenes schwer greifbare Gemisch aus Medien- und Software-Unternehmen, Internet-Dienstleistern und Musikverlagen, Biotechnologie-Firmen und Hightech-Schmieden, ist in der Hansestadt ins Trudeln geraten.
Dazu haben die Beinahe-Pleiten aus den vergangenen Monaten kräftig beigetragen. Zuerst ging im Winter die Software-Firma Micrologica aus dem schleswig-holsteinischen Bargteheide durch ein Insolvenzverfahren. Von dem Unternehmen blieb nur ein karger Rest, der Hauptteil wurde verkauft.
Die Emprise-Gruppe musste im Frühjahr den Verlust ihres Grundkapitals melden, ist aber vorläufig gerettet. Dagegen strich der ehemalige St.-Pauli-Sponsor "World of Internet" gleich ganz die Segel. Peter Kabel ist ein weiteres Beispiel für einen einstigen Branchenstar, dessen Weg nach steilem Aufstieg stetig nach unten führte – am Montag bis zum Insolvenzrichter.
"Wir mussten Rückschläge einkalkulieren; dazu war die Euphorie einfach zu groß", sagt Andreas Köpke von der Hamburgischen Gesellschaft für Wirtschaftsförderung (HWF). Für ihn bleibt jedoch die Digitalisierung der Hamburger Wirtschaft eine Erfolgsgeschichte: "Viele der alten Unternehmen haben einen Wettbewerbsvorteil, weil sie die digitale Technologie und das Internet nutzen, zum Beispiel die Rolltreppenfertigung von ThyssenKrupp oder der Otto-Versand", meint der Wirtschaftsförderer. "Die Großen haben abgewartet und die Technologie in ihr Unternehmen integriert." Die Gründung neuer Internet-Agenturen und Software-Häuser sei stets nur ein "Zweitnutzen" gewesen.
Ähnlich sieht es Jens Uwe Neumann von der Initiative "New Media at Work": "Das Internet war völlig überbewertet", sagt er. "Das ist eine zusätzliche technische Möglichkeit für ein bereits vorhandenes Geschäft." Wer sich darauf konzentriert habe, stehe auch heute noch gut da. Die Hansestadt könne sich jedoch nicht von weltweiten Trends abkoppeln: "Wenn im Silicon Valley 25 Prozent der Firmen Schwierigkeiten haben, dann spüren wir das hier auch. Bislang ist Hamburg relativ verschont geblieben."
Ein weiterer Grund für das nachlassende Interesse an der New Economy ist die Renaissance der alten Industrien: Die Airbus-Werke in Finkenwerder und die Lufthansa-Werft am Flughafen, die noch in den neunziger Jahren ihre Beschäftigten zu tausenden entlassen haben, suchen wieder händeringend nach Fachkräften. Der Schiffbau ist soweit geschrumpft, dass er kaum mehr kleiner werden kann und den Betrieben geht es trotz eines schwierigen Umfelds nicht schlecht. Die Wertschätzung für die "Old Economy" drückt sich auch in der Politik des rot-grünen Senats aus, der sich die Ansiedlung des Großraum-Airbus A 380 deutlich mehr als eine Milliarde Mark kosten lässt. "Dagegen spielen die paar Millionen für die New Economy kaum eine Rolle", sagt Köpke. Mit einer neuen Initiative für den Luftfahrt-Standort Hamburg wollen Unternehmen, Kammer, Verbände und Senat die Position der Hansestadt weiter stärken.
Auch bei den Aktionären der Hamburger Internet-Stars, die sich oft über die Vervielfachung der Kurse freuen konnten, sind die modischen Technologie-Werte nicht mehr so recht angesagt. "Das Schlimmste war eigentlich Emprise", sagt RTL-Moderatorin Birgit Schrowange. "Vor dem Boom gekauft, 1000 Prozent im Plus gewesen, nicht verkauft und jetzt 80 Prozent im Minus." Auch hier haben sich die angeblich langweiligen Aktien der etablierten Unternehmen als sicherer Hafen erwiesen. Unter den Hamburger Papieren konnten die Anleger in den vergangenen Jahren und Monaten mit Werten wie HEW, Norddeutsche Affinerie, Beiersdorf oder Bijou Brigitte ihr Geld vermehren – und alle Highflyer des Neuen Marktes sind abgestürzt. (Eckart Gienke, dpa) / (mti/c't)
Viele Grüße
aus dem Ruhrpott
Hamburg sieht sich selbst gern als Hauptstadt der digitalen Wirtschaft in Deutschland. Doch nicht erst seitdem die Kabel New Media AG ihre Rechnungen nicht mehr bezahlen kann, ist Ernüchterung eingekehrt. Die New Economy, jenes schwer greifbare Gemisch aus Medien- und Software-Unternehmen, Internet-Dienstleistern und Musikverlagen, Biotechnologie-Firmen und Hightech-Schmieden, ist in der Hansestadt ins Trudeln geraten.
Dazu haben die Beinahe-Pleiten aus den vergangenen Monaten kräftig beigetragen. Zuerst ging im Winter die Software-Firma Micrologica aus dem schleswig-holsteinischen Bargteheide durch ein Insolvenzverfahren. Von dem Unternehmen blieb nur ein karger Rest, der Hauptteil wurde verkauft.
Die Emprise-Gruppe musste im Frühjahr den Verlust ihres Grundkapitals melden, ist aber vorläufig gerettet. Dagegen strich der ehemalige St.-Pauli-Sponsor "World of Internet" gleich ganz die Segel. Peter Kabel ist ein weiteres Beispiel für einen einstigen Branchenstar, dessen Weg nach steilem Aufstieg stetig nach unten führte – am Montag bis zum Insolvenzrichter.
"Wir mussten Rückschläge einkalkulieren; dazu war die Euphorie einfach zu groß", sagt Andreas Köpke von der Hamburgischen Gesellschaft für Wirtschaftsförderung (HWF). Für ihn bleibt jedoch die Digitalisierung der Hamburger Wirtschaft eine Erfolgsgeschichte: "Viele der alten Unternehmen haben einen Wettbewerbsvorteil, weil sie die digitale Technologie und das Internet nutzen, zum Beispiel die Rolltreppenfertigung von ThyssenKrupp oder der Otto-Versand", meint der Wirtschaftsförderer. "Die Großen haben abgewartet und die Technologie in ihr Unternehmen integriert." Die Gründung neuer Internet-Agenturen und Software-Häuser sei stets nur ein "Zweitnutzen" gewesen.
Ähnlich sieht es Jens Uwe Neumann von der Initiative "New Media at Work": "Das Internet war völlig überbewertet", sagt er. "Das ist eine zusätzliche technische Möglichkeit für ein bereits vorhandenes Geschäft." Wer sich darauf konzentriert habe, stehe auch heute noch gut da. Die Hansestadt könne sich jedoch nicht von weltweiten Trends abkoppeln: "Wenn im Silicon Valley 25 Prozent der Firmen Schwierigkeiten haben, dann spüren wir das hier auch. Bislang ist Hamburg relativ verschont geblieben."
Ein weiterer Grund für das nachlassende Interesse an der New Economy ist die Renaissance der alten Industrien: Die Airbus-Werke in Finkenwerder und die Lufthansa-Werft am Flughafen, die noch in den neunziger Jahren ihre Beschäftigten zu tausenden entlassen haben, suchen wieder händeringend nach Fachkräften. Der Schiffbau ist soweit geschrumpft, dass er kaum mehr kleiner werden kann und den Betrieben geht es trotz eines schwierigen Umfelds nicht schlecht. Die Wertschätzung für die "Old Economy" drückt sich auch in der Politik des rot-grünen Senats aus, der sich die Ansiedlung des Großraum-Airbus A 380 deutlich mehr als eine Milliarde Mark kosten lässt. "Dagegen spielen die paar Millionen für die New Economy kaum eine Rolle", sagt Köpke. Mit einer neuen Initiative für den Luftfahrt-Standort Hamburg wollen Unternehmen, Kammer, Verbände und Senat die Position der Hansestadt weiter stärken.
Auch bei den Aktionären der Hamburger Internet-Stars, die sich oft über die Vervielfachung der Kurse freuen konnten, sind die modischen Technologie-Werte nicht mehr so recht angesagt. "Das Schlimmste war eigentlich Emprise", sagt RTL-Moderatorin Birgit Schrowange. "Vor dem Boom gekauft, 1000 Prozent im Plus gewesen, nicht verkauft und jetzt 80 Prozent im Minus." Auch hier haben sich die angeblich langweiligen Aktien der etablierten Unternehmen als sicherer Hafen erwiesen. Unter den Hamburger Papieren konnten die Anleger in den vergangenen Jahren und Monaten mit Werten wie HEW, Norddeutsche Affinerie, Beiersdorf oder Bijou Brigitte ihr Geld vermehren – und alle Highflyer des Neuen Marktes sind abgestürzt. (Eckart Gienke, dpa) / (mti/c't)
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aus dem Ruhrpott