Bei den unzähligen Diskussionsbeiträgen hier über den weltweiten Terror, wird die Innenpolitik ein wenig vernachlässigt. Mir ist es ein Anliegen, die vorliegenden Informationen zu tiefgreifenden Änderungen der Gesetze (Stichwort: Rasterfahndung) in Deutschland euch in diesem Thread näher zubringen.
Im ersten Teil ein Porträt über den Hartliner in Schröders Kabinett
Otto Schily, oder: Der Staat bin ich
Der Bundesminister des Innern – ein Mann, der die Macht liebt, der gerne
Es gibt nur wenige Deutsche, die schon zu Lebzeiten im Museum stehen. Der Kanzler, immerhin, ist in London im Wachsfigurenkabinett der Madame Tussaud zu sehen. Für Otto Schily wäre das der falsche Ort und Wachs das falsche Material. Der Bundesminister des Innern mag es härter, würdiger und mit Sockel. Man findet Schilys steingemeißelte Abbilder in der Münchner Glyptothek und den Antikensammlungen vieler anderer großer Städte: Dort stehen die Senatoren mit Toga, die Caesaren mit Brustpanzer, die Augustusse mit Herrschergebärde. Sie stehen da wie Otto Schily vor der Bundespressekonferenz und verkörpern die Macht und die Würde des Amtes. Wenn seine früheren politischen Weggefährten aus grünen Tagen ihn so sehen, gewichtig, statuarisch, gravitätisch, staatstragend, dann sagen sie, Schily sei konservativ geworden; aber das ist falsch. Der 69-Jährige ist mit dem Amt nur massiger geworden, als müsse er, der vor etlichen Jahren noch ein schmales Ströbele-Gesicht hatte, das Amt auch körperlich ausfüllen. Konservativ geworden ist er nicht – er war es, auf seine Weise, schon immer, selbst als RAF-Anwalt.
Um dies zu verstehen, muss man „konservativ“ ins Römische übersetzen: Im antiken Rom nannten sich die konservativen Senatoren „Optimaten“, um schon mit diesem bloßen Wort den Führungsanspruch ihres Standes zu beschreiben – also „die Besten“. Zu den Besten hat sich Schily, der Fabrikdirektorssohn und Anthroposoph, der cholerische Schöngeist und brillante Anwalt, immer gezählt, zu denen nämlich, die höhere Fähigkeiten in sich selbst entwickeln. Er hat sich nicht gemein gemacht mit seiner jeweiligen Umgebung – darum blieb er fremd, wo immer er gerade war: fremd bei seinen Mandanten, den Terroristen; fremd bei seinen Parteifreunden, den Grünen; fremd bei seinen Genossen, den Sozialdemokraten.
Stets aber hat er seine Zugehörigkeit zu einer optimatischen Nobilität zelebriert; und es fügt sich, dass sein herrschaftliches Refugium, das er sich erworben hat, in der Toskana liegt, wo er nicht Urlaub macht, sondern sich der Muße hingibt. Und niemandem käme es in den Sinn, ihm das vorzuwerfen, auch wenn das, wie heuer im Sommer, sechs Wochen dauert. Seine Abwesenheit bemerkt gar niemand, weil Schily präsent zu sein scheint, auch wenn er nicht da ist. So ist das mit Leuten, die es geschafft haben, auf dem Sockel zu stehen. Der Groß-Verleger Axel Cäsar Springer war einer der wenigen, der schon 1973 merkte, dass da, damals auf der Gegenseite, eigentlich einer Seinesgleichen saß.
Mit Weste und Uhrkette
Vom Linksanwalt zum Rechtsanwalt? Schily selbst sah und sieht sich als Verteidiger des Rechtsstaates an wechselnden Fronten: als Advokat des damaligen Linksextremisten Horst Mahler im Jahr 1973, als Anwalt der Terroristin Gudrun Ensslin von 1975 bis 1977, als grünes Mitglied des Flick- Untersuchungsausschusses im ersten großen Parteispendenskandal der Republik von 1983 bis 1986, als SPD-Innenminister der Bundesrepublik Deutschland seit 1998. Immer solitär, mit Weste und goldener Uhrkette als äußerem Zeichen, immer hochfahrend, immer unerbittlich, immer stolz auf seine Intellektualität, die er wie ein Schwert führen konnte – das waren seine Mittel, an den jeweiligen Fronten seine Macht zu erproben und diese Macht selbst genussvoll zu spüren.
Als RAF-Anwalt spürte er sie, wenn er das Gericht bloßstellte und den Staat als Unrechtsstaat entlarvte; als Grüner im Untersuchungsausschuss spürte er sie, wenn er die herrschende politische Klasse in Bedrängnis brachte. Manchmal dachte man, so schreibt der Schily-Biograf Reinhold Michels über Schilys Auftritte im Flick-Untersuchungsausschuss, „dem Mann komme sogleich ein Messer zum Mund heraus“. Franz Josef Strauß brachte er so zur Weißglut, den Zeugen Bundeskanzler Kohl an den Rand eines öffentlichen Wutausbruchs – und an den Rand einer Anklage wegen uneidlicher Falschaussage.
Heute hat es Otto Schily vergleichsweise einfach: Er muss sich nicht mehr anstrengen, Macht zu haben. Heute hat er sie, er hat ihren Apparat zu Verfügung. Er muss die Macht nur noch darstellen, sie verkörpern – und dabei tut er sich leicht. Er muss nur so sein wie immer: immer solitär, immer hochfahrend, immer stolz auf seine Intellektualität.
Mit Robespierre, der auch Anwalt und Politiker war, haben ihn die bedrängten Machthaber der Bonner Republik verglichen, lagen damit aber völlig falsch: Schily hat seine außergewöhnlichen Gaben klüger genutzt als der geifernde Revolutionär. Wenn man in der großen Geschichte ernsthaft nach einem Juristen sucht, der sich als Gerichtsredner und Strafverteidiger seinen Weg in die hohe Politik gebahnt hat, und der dann die überlieferte Ordnung geradezu mit Inbrunst angebetet hat, dann kommt man schnell auf einen, welcher der Eitelkeit des Otto Schily schmeicheln dürfte: auf einen Mann von weitestem Bildungshorizont, auf einen, der geschliffen argumentieren konnte, ausgesprochen schlagfertig war und mit politischen Prozessen berühmt wurde – einer der besten Köpfe seiner Zeit: „Er war von seiner Bedeutung nicht nur durchdrungen, was sein gutes Recht war, sondern gab es auch bei jeder möglichen und unmöglichen Gelegenheit, im persönlichen und öffentlichen Verkehr, laut und vernehmbar zu verstehen“. So beschreibt Alfred Heuss in seiner Römischen Geschichte den Politiker und Advokaten Marcus Tullius Cicero, den Verteidiger der römischen Republik: „Grenzenlos selbstgefällig“.
Auftritt von Otto Cicero, dem Verteidiger der Bundesrepublik, in der Innenministerkonferenz (IMK): An einem Tischgeviert, dem Alphabet nach aufgereiht, sitzen die Minister der deutschen Bundesländer samt Entourage, an der Stirnseite Schily und sein Staatssekretär Claus Henning Schapper, daneben der amtierende IMK-Vorsitzende, der die Sitzung leitet. Kein Mensch im Saal hört demjenigen zu, der gerade redet, alle warten auf das bekannte Schauspiel: Schily klappt den Aktenordner mit den Vorlagen auf, die ihm sein Haus zu den einzelnen Punkten der Tagesordnung geschrieben hat, er blättert, er liest, er wird unruhig, unzufrieden, ungehalten, empört, fast so wie damals im Stammheim- Prozess über ein dummes und voreingenommenes Gericht. Und dann beginnt halblaut und coram publico die verbale Exekution seines Staatssekretärs, der dem Rang nach einem Landesinnenminister gleichgestellt ist, sich aber binnen kurzem in ein Häuflein Elend verwandelt.
Schily kennt keine Gnade, jeder wird rasiert. Er lässt dem Berserker in sich freien Lauf, um dann in der großen Öffentlichkeit wieder den Mann mit der bissigen Contenance zu geben. So macht er es mit seinen Staatssekretären und Referenten, nicht selten auch mit den Verhandlungspartnern von den Grünen, manchmal wirft er auch Akten an die Wand. Er tut das aus einem für ihn einleuchtenden Grund: „Er hält uns für Würstchen“, sagt ein Mitarbeiter, „und Würstchen kann man nicht demütigen.“
Gedemütigt werden kann nur einer wie er, und das ist ihm widerfahren, als er nach seinem Wechsel von den Grünen zur SPD um einen Listenplatz betteln und in oberbayerischen Bierzelten auftreten musste, wo er den Maßkrug fasst, als handelte es sich um einen Schierlingsbecher. Jede Einladung zu einem Schafkopfrennen in seinem Wahlkreis München-Land muss er als Verhöhnung empfunden haben. Das sitzt tief. Er liest Zeitungs-Kommentare über sich neugierig-misstrauisch wie Horoskope, er brütet darüber wie ein römischer Haruspex, ein Eingeweidebeschauer, und es spielt keine Rolle, ob die Kommentare in der FAZ oder in den Lübecker Nachrichten stehen: entsprechen sie ihm nicht, dann ist es besser, wenn keines seiner Würstchen in der Nähe ist. Schily war und ist sich offenbar immer sicher, dass er Recht hat; das ist seine große Stärke. Einst in den juristischen Staatsexamen war er zwar „am unteren Rand der Möglichkeiten geblieben“, wie sich sein alter Freund, der Berliner Professor Uwe Wesel, erinnert. Ein Starjurist ist er trotzdem geworden: Weil Schily immer beweisen kann, dass er einen Anspruch hat auf das, was er verlangt.
Heute hat er Anspruch auf Respekt, und er fordert ihn auch ein, nicht nur für sich, sondern für das Amt: Er ist der Minister, er ist der Staat, er hat das Recht auf den roten Teppich und den Salut, das Recht auf ehrerbietige Distanz, das Recht darauf, von fünf Terminen vier abzusagen, und er hat das Recht auf das Faktotum Ludwig Stiegler aus der Oberpfalz. Stiegler, stellvertretender SPD-Fraktionsvorsitzender, stets jovial und im roten Pullover, ist ein Gegentyp zu Schily, ein in der Wolle gefärbter Genosse, der Schily früher, in den Zeiten, als das Recht auf Unverletzlichkeit der Wohnung mit Schilys und der SPD Hilfe geändert wurde, allerlei Schwierigkeiten gemacht hat, der aber heute in der SPD-Fraktion schon vorauseilend das macht, was Schily will – vielleicht deshalb, weil Stiegler ihn eines Tages, nach der Hälfte der nächsten Legislaturperiode, zu beerben hofft.
Kultische Handlung
Otto Schily hat lange warten müssen auf dieses Amt, von dem er glaubt, dass es ihm kraft Lebensleistung zustehe. Er ist der Senior des Kabinetts, der Doyen, wie er selbst sagt. Eine fast ehrfürchtige Auffassung hat er vom Staatsamt: Die Menschen, die Herrschaftsfunktionen ausüben, repräsentieren etwas, das über sie als Privatmenschen hinausweist – sie handeln im Namen des Staates. Und deshalb behandelt Schily sie mit Respekt, auch wenn es sich nur um den Innenminister Albaniens handelt.
Der Staat ist im Weltbild des Otto Schily ein höheres Wesen, das die Träger hoher Würden mit seinem Ritterschlag adelt. Schily genießt das Brimborium der Staatsbesuche, das für ihn kein Brimborium ist, sondern kultische Handlung: Die Challenger der Luftwaffe, die bis zum roten Teppich rollt, der Ministerpräsident, der ihn erwartet, die Nationalgarde mit schimmerndem Helm, die salutierend den Weg bis hin zum VIP-Empfangsraum säumt. Dankbar freilich ist Schily dafür nicht, weil er, wie er meint, auf all das einen Anspruch hat. Und dieser Anspruch leitet sich vermutlich so her: Mit dem Glanz des Amtes begleicht der Staat, der ihm einst, als RAF-Anwalt, so viele Schwierigkeiten bereitet hatte, auch die Schulden, die er bei Schily hat.
Es ist daher ein Jammer für Schily, dass er in und mit einem Haus repräsentieren muss, mit dem kein Staat zu machen ist. Das Bundesministerium des Innern in der Hauptstadt Berlin sitzt in einem Zweckbau in Alt-Moabit, den ein CDU-Günstling errichtet hat und in dem Stockwerke und Zimmerfluchten gemietet worden sind. Manfred Kanther hat Schily das eingebrockt, und das ist die Tat, die dieser seinem Vorgänger am allermeisten verübelt: Den Innenminister packt der Zorn, wenn er Joschka Fischer, den Außenminister, residieren sieht. Und es packt ihn wohl Wehmut, wenn er an den Palazzo del Viminale auf dem Viminalshügel in Rom denkt, an das L’hotel de Beauvau in Paris, an das Palais Modena in Wien, an das Stadtpalais in der Abenida Castellana in Madrid, an all die europäischen Residenzen, die dem Amt des Innenministers das Gepränge geben.
Genossen und Grüne, die sich Schily fügen, dürfen „der Otto“ sagen, wenn sie über ihn reden – und auf diese Weise die kühle Distanz kaschieren, die er zu ihnen hält. Sogar der politische Gegner darf ihn, respektvoll, „der Otto“ titulieren, der bayerische CSU-Innenminister Günter Beckstein zum Beispiel, der sich rühmt, dass „der Otto“ bei ihm in die Lehre gegangen sei. Das ist ungefähr so, als würde der Soldat Schwejk behaupten, er habe seinem Herrn das Duellieren beibringen müssen. Mit diesem oft ein wenig täppischen und ungelenk-wuseligen, daher unterschätzten Beckstein kann es aber Schily viel besser als mit seinem plebejischen Kanzler – eben deswegen, weil dieser nicht so täppisch und ungelenk-wuselig ist, sondern mindestens ebenso souverän wie Schily. Beckstein hingegen lässt Schily das Gefühl der Überlegenheit. Und das Verhältnis der beiden würde dann viel schwieriger, wenn Beckstein nicht ein Schwejk, sondern die Stimme der Union wäre – was noch werden kann, wenn es so weitergeht, dass die Leute im Bierzelt vor Angstlust und Begeisterung trampeln, wenn Beckstein kommt, wie sie das in den vergangenen Wochen getan haben. Das heiße Glücksgefühl, das man Beckstein bei solchen Zustimmungsorgien ansieht, genießt Schily auch; er verbirgt es nur besser.
In der Welt, in der Otto Schily „der Schily“ geworden ist, wird nicht vor Begeisterung getrampelt, da wird nicht geklatscht, da springen die Leute nicht auf, wenn man einen großen Auftritt hat: Die Triumphe vor Gericht sind stille Triumphe, die Niederlagen sind eiskalte Niederlagen. Als Strafverteidiger vor Gericht ist man allein, elendig allein manchmal, ein Einzelkämpfer, von dem die Existenz des Mandanten abhängt. Und kaum anderswo spürt man den Staat mehr als im Schwurgerichtssaal – wenn dieser Staat, und seien die Richter noch so schlecht und das Mobiliar noch so erbärmlich, aufsteht und das Urteil spricht. Nicht dass Otto Schily sich die Welt als vergrößerten Gerichtssaal vorstellen würde; als Innenminister ist ihm die Prävention wichtiger als die Repression, er verlässt sich lieber auf die Polizei als auf die Justiz. Aber die forensische Situation hat Otto Schily tief geprägt: Die Einsamkeit des Advokaten und die Feindseligkeit, die ihm bei politischen Verfahren entgegenschlug. In dieser Zeit hat Schily verlernt, dass es auch einen Verhandlungsstil gibt, der beide Parteien als Gewinner vom Spielfeld gehen lässt. Das müssen, seitdem Schily Minister ist, die Grünen spüren. Erfolg genügt Schily nicht; andere müssen scheitern.
Und wo bleiben die Überzeugungen des Otto Schily? Was ist mit den scharfen Attacken gegen Kronzeugenregelung und Kontaktsperre, die Schily einst vor dem Gericht in Stammheim geritten hat – so haben seine früheren grünen Parteifreunde im Herbst 1998 bei den rot-grünen Koalitionsverhandlungen gefragt, als Schily verhandelte, als sei er der Geist Manfred Kanthers. Warum hat er die Gesetze, die er damals als Anwalt gegeißelt hat, als Minister nicht wenigstens auf den Prüfstand stellen lassen? Sie interessieren Schily nicht mehr: Das damals war für ihn eine andere Front, in einer anderen Zeit. Otto Schily braucht deshalb einen Advokaten gegen den Vorwurf, seine Toga stets in den Wind zu hängen. Ordnen wir ihm zur Abwehr allfälliger Vorwürfe den Marcus Tullius Cicero als Pflichtverteidiger bei. Zitat aus dessen Rede Pro Cluentio Habito: „Doch der irrt sich gewaltig, der da meint, er besitze in unseren Reden, wie wir sie vor Gericht gehalten haben, unsere verbrieften Überzeugungen. Alle diese Reden sind nämlich durch die Parteinteressen und die Umstände bedingt.“ Anders gesagt: Schily ist nicht so hart, wie er tut. Er lässt sich vom Zeitgeist modellieren.
Momente der Rührung
Was bei diesem Otto Schily nicht durch Parteiinteressen und nicht durch die Umstände bedingt ist, zeigt sich in den seltenen Momenten, in denen er in aller Öffentlichkeit seine Fassung verliert. Ein solcher Moment ist im Protokoll des Deutschen Bundestages vom 13. März 1997 festgehalten – Debatte zur Wehrmachtsausstellung. Mehrfach ist vermerkt: „Der Redner hält inne.“ Schily erzählte mit stockender Stimme von seinem Onkel Fritz, einem „Mann von lauterem Charakter“, Oberst der Luftwaffe, der in Verzweiflung über die Verbrechen des Hitler-Regimes bei einem Tieffliegerbeschuss den Tod gesucht hatte. Er erzählte von seinem ältesten Bruder und seinem Vater, die unter dem Nazi-Regime gelitten hatten. Und dann berichtete er vom Vater seiner Frau, Jindrich Chajmovic, der als jüdischer Partisan in Russland gegen die deutsche Wehrmacht gekämpft hatte: „Der einzige von allen vier genannten Personen – der einzige! –, der für eine gerechte Sache sein Leben eingesetzt hat, war Jindrich Chajmovic. Denn er kämpfte gegen eine Armee, in deren Rücken sich die Gaskammern befanden, in denen seine Eltern und seine gesamte Familie ermordet wurden...Er kämpfte, damit nicht weiter Tausende von Frauen und Greisen auf grausamste Weise umgebracht wurden.“
Nach der ergreifenden Rede geschah ein kleines Wunder. Der alte Haudegen Alfred Dregger von der CDU, der zuvor in einer ziemlich furchtbaren Rede über den Versuch der Wehrmachtsausstellung geklagt hatte, „Deutschland ins Mark" zu treffen, bekundete unter dem Beifall des ganzen Hauses, „dass die Kritik, die an mir geübt worden ist, von mir geprüft werden wird.“
Otto Schily kann also auch Menschen anrühren – wenn er einmal von seinem hohen Sockel heruntersteigt.
Quelle: Süddeutsche Zeitung
Im ersten Teil ein Porträt über den Hartliner in Schröders Kabinett
Otto Schily, oder: Der Staat bin ich
Der Bundesminister des Innern – ein Mann, der die Macht liebt, der gerne
Es gibt nur wenige Deutsche, die schon zu Lebzeiten im Museum stehen. Der Kanzler, immerhin, ist in London im Wachsfigurenkabinett der Madame Tussaud zu sehen. Für Otto Schily wäre das der falsche Ort und Wachs das falsche Material. Der Bundesminister des Innern mag es härter, würdiger und mit Sockel. Man findet Schilys steingemeißelte Abbilder in der Münchner Glyptothek und den Antikensammlungen vieler anderer großer Städte: Dort stehen die Senatoren mit Toga, die Caesaren mit Brustpanzer, die Augustusse mit Herrschergebärde. Sie stehen da wie Otto Schily vor der Bundespressekonferenz und verkörpern die Macht und die Würde des Amtes. Wenn seine früheren politischen Weggefährten aus grünen Tagen ihn so sehen, gewichtig, statuarisch, gravitätisch, staatstragend, dann sagen sie, Schily sei konservativ geworden; aber das ist falsch. Der 69-Jährige ist mit dem Amt nur massiger geworden, als müsse er, der vor etlichen Jahren noch ein schmales Ströbele-Gesicht hatte, das Amt auch körperlich ausfüllen. Konservativ geworden ist er nicht – er war es, auf seine Weise, schon immer, selbst als RAF-Anwalt.
Um dies zu verstehen, muss man „konservativ“ ins Römische übersetzen: Im antiken Rom nannten sich die konservativen Senatoren „Optimaten“, um schon mit diesem bloßen Wort den Führungsanspruch ihres Standes zu beschreiben – also „die Besten“. Zu den Besten hat sich Schily, der Fabrikdirektorssohn und Anthroposoph, der cholerische Schöngeist und brillante Anwalt, immer gezählt, zu denen nämlich, die höhere Fähigkeiten in sich selbst entwickeln. Er hat sich nicht gemein gemacht mit seiner jeweiligen Umgebung – darum blieb er fremd, wo immer er gerade war: fremd bei seinen Mandanten, den Terroristen; fremd bei seinen Parteifreunden, den Grünen; fremd bei seinen Genossen, den Sozialdemokraten.
Stets aber hat er seine Zugehörigkeit zu einer optimatischen Nobilität zelebriert; und es fügt sich, dass sein herrschaftliches Refugium, das er sich erworben hat, in der Toskana liegt, wo er nicht Urlaub macht, sondern sich der Muße hingibt. Und niemandem käme es in den Sinn, ihm das vorzuwerfen, auch wenn das, wie heuer im Sommer, sechs Wochen dauert. Seine Abwesenheit bemerkt gar niemand, weil Schily präsent zu sein scheint, auch wenn er nicht da ist. So ist das mit Leuten, die es geschafft haben, auf dem Sockel zu stehen. Der Groß-Verleger Axel Cäsar Springer war einer der wenigen, der schon 1973 merkte, dass da, damals auf der Gegenseite, eigentlich einer Seinesgleichen saß.
Mit Weste und Uhrkette
Vom Linksanwalt zum Rechtsanwalt? Schily selbst sah und sieht sich als Verteidiger des Rechtsstaates an wechselnden Fronten: als Advokat des damaligen Linksextremisten Horst Mahler im Jahr 1973, als Anwalt der Terroristin Gudrun Ensslin von 1975 bis 1977, als grünes Mitglied des Flick- Untersuchungsausschusses im ersten großen Parteispendenskandal der Republik von 1983 bis 1986, als SPD-Innenminister der Bundesrepublik Deutschland seit 1998. Immer solitär, mit Weste und goldener Uhrkette als äußerem Zeichen, immer hochfahrend, immer unerbittlich, immer stolz auf seine Intellektualität, die er wie ein Schwert führen konnte – das waren seine Mittel, an den jeweiligen Fronten seine Macht zu erproben und diese Macht selbst genussvoll zu spüren.
Als RAF-Anwalt spürte er sie, wenn er das Gericht bloßstellte und den Staat als Unrechtsstaat entlarvte; als Grüner im Untersuchungsausschuss spürte er sie, wenn er die herrschende politische Klasse in Bedrängnis brachte. Manchmal dachte man, so schreibt der Schily-Biograf Reinhold Michels über Schilys Auftritte im Flick-Untersuchungsausschuss, „dem Mann komme sogleich ein Messer zum Mund heraus“. Franz Josef Strauß brachte er so zur Weißglut, den Zeugen Bundeskanzler Kohl an den Rand eines öffentlichen Wutausbruchs – und an den Rand einer Anklage wegen uneidlicher Falschaussage.
Heute hat es Otto Schily vergleichsweise einfach: Er muss sich nicht mehr anstrengen, Macht zu haben. Heute hat er sie, er hat ihren Apparat zu Verfügung. Er muss die Macht nur noch darstellen, sie verkörpern – und dabei tut er sich leicht. Er muss nur so sein wie immer: immer solitär, immer hochfahrend, immer stolz auf seine Intellektualität.
Mit Robespierre, der auch Anwalt und Politiker war, haben ihn die bedrängten Machthaber der Bonner Republik verglichen, lagen damit aber völlig falsch: Schily hat seine außergewöhnlichen Gaben klüger genutzt als der geifernde Revolutionär. Wenn man in der großen Geschichte ernsthaft nach einem Juristen sucht, der sich als Gerichtsredner und Strafverteidiger seinen Weg in die hohe Politik gebahnt hat, und der dann die überlieferte Ordnung geradezu mit Inbrunst angebetet hat, dann kommt man schnell auf einen, welcher der Eitelkeit des Otto Schily schmeicheln dürfte: auf einen Mann von weitestem Bildungshorizont, auf einen, der geschliffen argumentieren konnte, ausgesprochen schlagfertig war und mit politischen Prozessen berühmt wurde – einer der besten Köpfe seiner Zeit: „Er war von seiner Bedeutung nicht nur durchdrungen, was sein gutes Recht war, sondern gab es auch bei jeder möglichen und unmöglichen Gelegenheit, im persönlichen und öffentlichen Verkehr, laut und vernehmbar zu verstehen“. So beschreibt Alfred Heuss in seiner Römischen Geschichte den Politiker und Advokaten Marcus Tullius Cicero, den Verteidiger der römischen Republik: „Grenzenlos selbstgefällig“.
Auftritt von Otto Cicero, dem Verteidiger der Bundesrepublik, in der Innenministerkonferenz (IMK): An einem Tischgeviert, dem Alphabet nach aufgereiht, sitzen die Minister der deutschen Bundesländer samt Entourage, an der Stirnseite Schily und sein Staatssekretär Claus Henning Schapper, daneben der amtierende IMK-Vorsitzende, der die Sitzung leitet. Kein Mensch im Saal hört demjenigen zu, der gerade redet, alle warten auf das bekannte Schauspiel: Schily klappt den Aktenordner mit den Vorlagen auf, die ihm sein Haus zu den einzelnen Punkten der Tagesordnung geschrieben hat, er blättert, er liest, er wird unruhig, unzufrieden, ungehalten, empört, fast so wie damals im Stammheim- Prozess über ein dummes und voreingenommenes Gericht. Und dann beginnt halblaut und coram publico die verbale Exekution seines Staatssekretärs, der dem Rang nach einem Landesinnenminister gleichgestellt ist, sich aber binnen kurzem in ein Häuflein Elend verwandelt.
Schily kennt keine Gnade, jeder wird rasiert. Er lässt dem Berserker in sich freien Lauf, um dann in der großen Öffentlichkeit wieder den Mann mit der bissigen Contenance zu geben. So macht er es mit seinen Staatssekretären und Referenten, nicht selten auch mit den Verhandlungspartnern von den Grünen, manchmal wirft er auch Akten an die Wand. Er tut das aus einem für ihn einleuchtenden Grund: „Er hält uns für Würstchen“, sagt ein Mitarbeiter, „und Würstchen kann man nicht demütigen.“
Gedemütigt werden kann nur einer wie er, und das ist ihm widerfahren, als er nach seinem Wechsel von den Grünen zur SPD um einen Listenplatz betteln und in oberbayerischen Bierzelten auftreten musste, wo er den Maßkrug fasst, als handelte es sich um einen Schierlingsbecher. Jede Einladung zu einem Schafkopfrennen in seinem Wahlkreis München-Land muss er als Verhöhnung empfunden haben. Das sitzt tief. Er liest Zeitungs-Kommentare über sich neugierig-misstrauisch wie Horoskope, er brütet darüber wie ein römischer Haruspex, ein Eingeweidebeschauer, und es spielt keine Rolle, ob die Kommentare in der FAZ oder in den Lübecker Nachrichten stehen: entsprechen sie ihm nicht, dann ist es besser, wenn keines seiner Würstchen in der Nähe ist. Schily war und ist sich offenbar immer sicher, dass er Recht hat; das ist seine große Stärke. Einst in den juristischen Staatsexamen war er zwar „am unteren Rand der Möglichkeiten geblieben“, wie sich sein alter Freund, der Berliner Professor Uwe Wesel, erinnert. Ein Starjurist ist er trotzdem geworden: Weil Schily immer beweisen kann, dass er einen Anspruch hat auf das, was er verlangt.
Heute hat er Anspruch auf Respekt, und er fordert ihn auch ein, nicht nur für sich, sondern für das Amt: Er ist der Minister, er ist der Staat, er hat das Recht auf den roten Teppich und den Salut, das Recht auf ehrerbietige Distanz, das Recht darauf, von fünf Terminen vier abzusagen, und er hat das Recht auf das Faktotum Ludwig Stiegler aus der Oberpfalz. Stiegler, stellvertretender SPD-Fraktionsvorsitzender, stets jovial und im roten Pullover, ist ein Gegentyp zu Schily, ein in der Wolle gefärbter Genosse, der Schily früher, in den Zeiten, als das Recht auf Unverletzlichkeit der Wohnung mit Schilys und der SPD Hilfe geändert wurde, allerlei Schwierigkeiten gemacht hat, der aber heute in der SPD-Fraktion schon vorauseilend das macht, was Schily will – vielleicht deshalb, weil Stiegler ihn eines Tages, nach der Hälfte der nächsten Legislaturperiode, zu beerben hofft.
Kultische Handlung
Otto Schily hat lange warten müssen auf dieses Amt, von dem er glaubt, dass es ihm kraft Lebensleistung zustehe. Er ist der Senior des Kabinetts, der Doyen, wie er selbst sagt. Eine fast ehrfürchtige Auffassung hat er vom Staatsamt: Die Menschen, die Herrschaftsfunktionen ausüben, repräsentieren etwas, das über sie als Privatmenschen hinausweist – sie handeln im Namen des Staates. Und deshalb behandelt Schily sie mit Respekt, auch wenn es sich nur um den Innenminister Albaniens handelt.
Der Staat ist im Weltbild des Otto Schily ein höheres Wesen, das die Träger hoher Würden mit seinem Ritterschlag adelt. Schily genießt das Brimborium der Staatsbesuche, das für ihn kein Brimborium ist, sondern kultische Handlung: Die Challenger der Luftwaffe, die bis zum roten Teppich rollt, der Ministerpräsident, der ihn erwartet, die Nationalgarde mit schimmerndem Helm, die salutierend den Weg bis hin zum VIP-Empfangsraum säumt. Dankbar freilich ist Schily dafür nicht, weil er, wie er meint, auf all das einen Anspruch hat. Und dieser Anspruch leitet sich vermutlich so her: Mit dem Glanz des Amtes begleicht der Staat, der ihm einst, als RAF-Anwalt, so viele Schwierigkeiten bereitet hatte, auch die Schulden, die er bei Schily hat.
Es ist daher ein Jammer für Schily, dass er in und mit einem Haus repräsentieren muss, mit dem kein Staat zu machen ist. Das Bundesministerium des Innern in der Hauptstadt Berlin sitzt in einem Zweckbau in Alt-Moabit, den ein CDU-Günstling errichtet hat und in dem Stockwerke und Zimmerfluchten gemietet worden sind. Manfred Kanther hat Schily das eingebrockt, und das ist die Tat, die dieser seinem Vorgänger am allermeisten verübelt: Den Innenminister packt der Zorn, wenn er Joschka Fischer, den Außenminister, residieren sieht. Und es packt ihn wohl Wehmut, wenn er an den Palazzo del Viminale auf dem Viminalshügel in Rom denkt, an das L’hotel de Beauvau in Paris, an das Palais Modena in Wien, an das Stadtpalais in der Abenida Castellana in Madrid, an all die europäischen Residenzen, die dem Amt des Innenministers das Gepränge geben.
Genossen und Grüne, die sich Schily fügen, dürfen „der Otto“ sagen, wenn sie über ihn reden – und auf diese Weise die kühle Distanz kaschieren, die er zu ihnen hält. Sogar der politische Gegner darf ihn, respektvoll, „der Otto“ titulieren, der bayerische CSU-Innenminister Günter Beckstein zum Beispiel, der sich rühmt, dass „der Otto“ bei ihm in die Lehre gegangen sei. Das ist ungefähr so, als würde der Soldat Schwejk behaupten, er habe seinem Herrn das Duellieren beibringen müssen. Mit diesem oft ein wenig täppischen und ungelenk-wuseligen, daher unterschätzten Beckstein kann es aber Schily viel besser als mit seinem plebejischen Kanzler – eben deswegen, weil dieser nicht so täppisch und ungelenk-wuselig ist, sondern mindestens ebenso souverän wie Schily. Beckstein hingegen lässt Schily das Gefühl der Überlegenheit. Und das Verhältnis der beiden würde dann viel schwieriger, wenn Beckstein nicht ein Schwejk, sondern die Stimme der Union wäre – was noch werden kann, wenn es so weitergeht, dass die Leute im Bierzelt vor Angstlust und Begeisterung trampeln, wenn Beckstein kommt, wie sie das in den vergangenen Wochen getan haben. Das heiße Glücksgefühl, das man Beckstein bei solchen Zustimmungsorgien ansieht, genießt Schily auch; er verbirgt es nur besser.
In der Welt, in der Otto Schily „der Schily“ geworden ist, wird nicht vor Begeisterung getrampelt, da wird nicht geklatscht, da springen die Leute nicht auf, wenn man einen großen Auftritt hat: Die Triumphe vor Gericht sind stille Triumphe, die Niederlagen sind eiskalte Niederlagen. Als Strafverteidiger vor Gericht ist man allein, elendig allein manchmal, ein Einzelkämpfer, von dem die Existenz des Mandanten abhängt. Und kaum anderswo spürt man den Staat mehr als im Schwurgerichtssaal – wenn dieser Staat, und seien die Richter noch so schlecht und das Mobiliar noch so erbärmlich, aufsteht und das Urteil spricht. Nicht dass Otto Schily sich die Welt als vergrößerten Gerichtssaal vorstellen würde; als Innenminister ist ihm die Prävention wichtiger als die Repression, er verlässt sich lieber auf die Polizei als auf die Justiz. Aber die forensische Situation hat Otto Schily tief geprägt: Die Einsamkeit des Advokaten und die Feindseligkeit, die ihm bei politischen Verfahren entgegenschlug. In dieser Zeit hat Schily verlernt, dass es auch einen Verhandlungsstil gibt, der beide Parteien als Gewinner vom Spielfeld gehen lässt. Das müssen, seitdem Schily Minister ist, die Grünen spüren. Erfolg genügt Schily nicht; andere müssen scheitern.
Und wo bleiben die Überzeugungen des Otto Schily? Was ist mit den scharfen Attacken gegen Kronzeugenregelung und Kontaktsperre, die Schily einst vor dem Gericht in Stammheim geritten hat – so haben seine früheren grünen Parteifreunde im Herbst 1998 bei den rot-grünen Koalitionsverhandlungen gefragt, als Schily verhandelte, als sei er der Geist Manfred Kanthers. Warum hat er die Gesetze, die er damals als Anwalt gegeißelt hat, als Minister nicht wenigstens auf den Prüfstand stellen lassen? Sie interessieren Schily nicht mehr: Das damals war für ihn eine andere Front, in einer anderen Zeit. Otto Schily braucht deshalb einen Advokaten gegen den Vorwurf, seine Toga stets in den Wind zu hängen. Ordnen wir ihm zur Abwehr allfälliger Vorwürfe den Marcus Tullius Cicero als Pflichtverteidiger bei. Zitat aus dessen Rede Pro Cluentio Habito: „Doch der irrt sich gewaltig, der da meint, er besitze in unseren Reden, wie wir sie vor Gericht gehalten haben, unsere verbrieften Überzeugungen. Alle diese Reden sind nämlich durch die Parteinteressen und die Umstände bedingt.“ Anders gesagt: Schily ist nicht so hart, wie er tut. Er lässt sich vom Zeitgeist modellieren.
Momente der Rührung
Was bei diesem Otto Schily nicht durch Parteiinteressen und nicht durch die Umstände bedingt ist, zeigt sich in den seltenen Momenten, in denen er in aller Öffentlichkeit seine Fassung verliert. Ein solcher Moment ist im Protokoll des Deutschen Bundestages vom 13. März 1997 festgehalten – Debatte zur Wehrmachtsausstellung. Mehrfach ist vermerkt: „Der Redner hält inne.“ Schily erzählte mit stockender Stimme von seinem Onkel Fritz, einem „Mann von lauterem Charakter“, Oberst der Luftwaffe, der in Verzweiflung über die Verbrechen des Hitler-Regimes bei einem Tieffliegerbeschuss den Tod gesucht hatte. Er erzählte von seinem ältesten Bruder und seinem Vater, die unter dem Nazi-Regime gelitten hatten. Und dann berichtete er vom Vater seiner Frau, Jindrich Chajmovic, der als jüdischer Partisan in Russland gegen die deutsche Wehrmacht gekämpft hatte: „Der einzige von allen vier genannten Personen – der einzige! –, der für eine gerechte Sache sein Leben eingesetzt hat, war Jindrich Chajmovic. Denn er kämpfte gegen eine Armee, in deren Rücken sich die Gaskammern befanden, in denen seine Eltern und seine gesamte Familie ermordet wurden...Er kämpfte, damit nicht weiter Tausende von Frauen und Greisen auf grausamste Weise umgebracht wurden.“
Nach der ergreifenden Rede geschah ein kleines Wunder. Der alte Haudegen Alfred Dregger von der CDU, der zuvor in einer ziemlich furchtbaren Rede über den Versuch der Wehrmachtsausstellung geklagt hatte, „Deutschland ins Mark" zu treffen, bekundete unter dem Beifall des ganzen Hauses, „dass die Kritik, die an mir geübt worden ist, von mir geprüft werden wird.“
Otto Schily kann also auch Menschen anrühren – wenn er einmal von seinem hohen Sockel heruntersteigt.
Quelle: Süddeutsche Zeitung