ANLEGERMAGAZINE
Nieten aus der Druckerpresse
Mit Aktientipps und Gewinnprognosen schürten Anlegermagazine die Hoffnung auf den großen Gewinn an der Börse. Eine Studie hat jetzt ermittelt, wie die Anlegerzeitschriften das Vermögen ihrer Leserschaft vernichteten.
Die Erwartungen waren nicht hoch, trotzdem führte die Studie zu einer herben Enttäuschung. Statistiker der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Essen wollten wissen, ob man Geld verdient, wenn man sich auf die Empfehlungen der Finanz-Fachzeitschriften verlässt. Klares Fazit: Man kann nicht. Im günstigsten Fall hätte die Testperson sich auf die Empfehlungen der "Telebörse" verlassen und damit rund 30 Prozent ihres eingesetzten Geldes verloren. Die Leser von "DM EURO" hätten sogar 45 Prozent eingebüßt.
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Peter von der Lippe, Leiter des Lehrstuhls Statistik an der Universität Essen, gab den Anstoß zu der Studie, weil ihm aufgefallen war, dass viele Empfehlungen in den Zeitschriften nur einmal erwähnt wurden und danach in der Versenkung verschwanden. Auffällig war auch der hohe Anteil der Kaufempfehlungen, obwohl die Kurse an den Börsen stetig nach unten gingen.
Als besonders problematisch fielen von der Lippe und seinen Kollegen die so genannten Chart-Analysen auf. Mit deren Hilfe werde dem Leser suggeriert, dass Prognosen mit größerer Treffsicherheit abzugeben wären, kritisierten die Wissenschaftler - in Wahrheit entpuppten sich die Aussagen vielfach als hohle Phrasen, die "die den Leser wegen ihres mehrdeutigen und nichtssagenden Inhalts völlig allein lassen."
Grundsätzlich spiele die Chart-Analyse für kurz- bis mittelfristige Kaufentscheidungen zwar in Fachkreisen eine Rolle, weil sie die Einflüsse der Marktteilnehmer untereinander mit einbezögen, doch ohne die entsprechende Fachkenntnis könne man sie nicht zu seinem Vorteil nutzen. Die Erfolgsquote der untersuchten Zeitschriften lasse aber den Schluss zu, dass die Chart-Analyse hier nicht mit der gebotenen Sorgfalt vorgenommen worden sei.
In einem Kontrollversuch mussten die Wissenschaftler allerdings feststellen, dass ein Portfolio mit 200 zufällig ausgewählten Aktien nicht besser abschnitt. Mit einem Minus von rund 46 Prozent lag es noch hinter dem Schlusslicht "DM EURO" (Minus 45 Prozent).
Trotzdem möchte Andreas Kladroba, Mitautor der Studie, dies nicht als Freispruch für die Finanzblätter verstanden wissen: "Immerhin haben die vielfachen Empfehlungen dazu beigetragen, dass Kleinanleger überhaupt erst Risiken eingegangen sind, die sie zuvor nie in Erwägung gezogen hatten". Sein Fazit: "Kleinanleger sollten ihr Geld lieber in sichere, wenn auch weniger renditeträchtige Anlagen stecken."
Quelle: Der Spiegel