Analysten sprechen mit gespaltener Zunge
Von Olaf Storbeck
Analysten schönen bewusst ihre Urteile über Unternehmen, die wichtige Kunden ihres Arbeitgebers sind – aber nur gegenüber Privatanlegern, wie eine neue Studie der Universitäten Berkeley und Harvard zeigt. Research, der für professionelle Investoren bestimmt ist, ist deutlich objektiver. Die Studie nennt Details.
Wie objektiv sind Analysten? Eine heikle Frage, die Anleger, Börsenaufseher und Finanzmarktforscher seit den Exzessen der Internet-Blase Ende der neunziger Jahre beschäftigt. Und die Antwort der Wissenschaft ist so klar wie ernüchternd: Die rosa-rote Brille ist ein wichtiges Arbeitsinstrument des Berufsstands. Analysten-Urteile sind systematisch ins Positive verzerrt, zeigt eine ganze Reihe von Studien.
Aber was ist der Grund für dieses Phänomen? Überschätzen Analysten unbewusst die Perspektiven von Unternehmen? Oder geben sie aufgrund von Interessenskonflikten absichtlich zu optimistische Einschätzungen heraus? Schließlich verdienen die Arbeitgeber der Marktbeobachter viel Geld mit den Aktiengesellschaften – bei Börsengängen, Kapitalerhöhungen und der Emission von Anleihen.
Eine neue Studie liefert jetzt erstmals wissenschaftliche Belege dafür, dass zahlreiche Analysten systematisch und absichtlich voll ihre Empfehlungen schönen, um sich bei den beobachteten Unternehmen beliebt zu machen. Die Autoren der Untersuchung, Ulrike Malmendier (Berkeley) und Devin Shanthikumar (Harvard), nutzen für ihre Arbeit den Umstand aus, dass dem Hochjubeln von Aktien durch Analysten natürliche Grenzen gesetzt sind. Denn zumindest bei institutionellen Anlegern wie Versicherern und Fondsgesellschaften haben die Aktien-Beobachter durchaus den Anreiz, objektive Urteile abzugeben.
Diese Profi-Investoren sind für die Handelshäuser, bei denen die Analysten beschäftigt sind, wichtige Kunden, bewegen sie doch an der Börse weit größere Volumina als Privatleute. Zugleich besitzen institutionelle Anleger größeren Durchblick an den Finanzmärkten und lassen sich nicht so leicht ein X für ein U vormachen. Wenn sich bei Finanzmarkt-Profis herumspricht, dass ein Handelshaus seine Urteile schönt, riskiert diese, dass Großkunden ihre Börsengeschäfte künftig über Konkurrenten abwickeln.
Malmendier und Shanthikumar stellen fest, dass Analysten bei ihrer Kommunikation mit Anlegern zwei verschiedene Kanäle verwenden. In einer separaten Studie, die demnächst im „ Journal of Financial Economics“ erscheint, zeigen sie: Einfache Aktien-Empfehlungen wie „Kaufen“, „Halten“ oder „Verkaufen“ richten sich vor allem an Privatleute und werden von diesen auch stark beachtet. Institutionelle Investoren dagegen lassen solche Aussagen weitgehend links liegen. Sie konzentrieren sich auf komplexere Prognosen, zum Beispiel zur Entwicklung des Gewinns pro Aktie.
Von Olaf Storbeck
Analysten schönen bewusst ihre Urteile über Unternehmen, die wichtige Kunden ihres Arbeitgebers sind – aber nur gegenüber Privatanlegern, wie eine neue Studie der Universitäten Berkeley und Harvard zeigt. Research, der für professionelle Investoren bestimmt ist, ist deutlich objektiver. Die Studie nennt Details.
Wie objektiv sind Analysten? Eine heikle Frage, die Anleger, Börsenaufseher und Finanzmarktforscher seit den Exzessen der Internet-Blase Ende der neunziger Jahre beschäftigt. Und die Antwort der Wissenschaft ist so klar wie ernüchternd: Die rosa-rote Brille ist ein wichtiges Arbeitsinstrument des Berufsstands. Analysten-Urteile sind systematisch ins Positive verzerrt, zeigt eine ganze Reihe von Studien.
Aber was ist der Grund für dieses Phänomen? Überschätzen Analysten unbewusst die Perspektiven von Unternehmen? Oder geben sie aufgrund von Interessenskonflikten absichtlich zu optimistische Einschätzungen heraus? Schließlich verdienen die Arbeitgeber der Marktbeobachter viel Geld mit den Aktiengesellschaften – bei Börsengängen, Kapitalerhöhungen und der Emission von Anleihen.
Eine neue Studie liefert jetzt erstmals wissenschaftliche Belege dafür, dass zahlreiche Analysten systematisch und absichtlich voll ihre Empfehlungen schönen, um sich bei den beobachteten Unternehmen beliebt zu machen. Die Autoren der Untersuchung, Ulrike Malmendier (Berkeley) und Devin Shanthikumar (Harvard), nutzen für ihre Arbeit den Umstand aus, dass dem Hochjubeln von Aktien durch Analysten natürliche Grenzen gesetzt sind. Denn zumindest bei institutionellen Anlegern wie Versicherern und Fondsgesellschaften haben die Aktien-Beobachter durchaus den Anreiz, objektive Urteile abzugeben.
Diese Profi-Investoren sind für die Handelshäuser, bei denen die Analysten beschäftigt sind, wichtige Kunden, bewegen sie doch an der Börse weit größere Volumina als Privatleute. Zugleich besitzen institutionelle Anleger größeren Durchblick an den Finanzmärkten und lassen sich nicht so leicht ein X für ein U vormachen. Wenn sich bei Finanzmarkt-Profis herumspricht, dass ein Handelshaus seine Urteile schönt, riskiert diese, dass Großkunden ihre Börsengeschäfte künftig über Konkurrenten abwickeln.
Malmendier und Shanthikumar stellen fest, dass Analysten bei ihrer Kommunikation mit Anlegern zwei verschiedene Kanäle verwenden. In einer separaten Studie, die demnächst im „ Journal of Financial Economics“ erscheint, zeigen sie: Einfache Aktien-Empfehlungen wie „Kaufen“, „Halten“ oder „Verkaufen“ richten sich vor allem an Privatleute und werden von diesen auch stark beachtet. Institutionelle Investoren dagegen lassen solche Aussagen weitgehend links liegen. Sie konzentrieren sich auf komplexere Prognosen, zum Beispiel zur Entwicklung des Gewinns pro Aktie.