Analysten im Kreuzfeuer

Beiträge: 2
Zugriffe: 552 / Heute: 1
Technology All S. 3.856,68 -0,40% Perf. seit Threadbeginn:   +35,71%
 
Dixie:

Analysten im Kreuzfeuer

 
30.01.01 13:49
Die GoingPublic-Kolumne: Analysten im Kreuzfeuer

WOLFRATSHAUSEN (GoingPublic) - Analysten geraten bei ihrer Arbeit leicht in Interessenkonflikte. Eine geplante Richtlinie des Bundeswirtschaftsministers gibt der Diskussion neue Nahrung.

Der Schutz der Anleger vor unseriösen Aktienempfehlungen steht im Mittelpunkt. Sogenannte Compliance-Richtlinien regeln, ob und wie Analysten mit von ihnen bewerteten Aktien privat handeln dürfen. Nun will das Bundeswirtschaftsministerium für eine einheitliche Regelung auf freiwilliger Basis sorgen. Das Ziel: Ein Eigeninteresse bei den Unternehmensstudien soll ausgeschlossen sein. Denn die Unabhängigkeit der Analysten und damit ihre Glaubwürdigkeit stehen auf dem Spiel. Denkbar ist aber zum Beispiel auch, daß Analysten unter Druck geraten, sich bei der Tendenz ihrer Empfehlungen von Interessen ihres Arbeitgebers leiten zu lassen. Daneben besteht die Gefahr des "Frontrunnings". Hier kauft der Analyst auf eigene Rechnung Aktien, die er später zum Kauf empfiehlt.

An dieser Stelle setzt auch die Deutsche Vereinigung für Finanzanalyse und Assetmanagement, kurz DVFA, mit ihren Standesrichtlinien an, die sie sich selbst gegeben hat. Dem Verband sind bundesweit bereits über 1000 Analysten angeschlossen. Wie die Geschäftsführerin Ulrike Diehl betont, verpflichten sich die Mitglieder zur Unabhängigkeit bei ihrer Arbeit, zum Verzicht auf die Weitergabe von Insiderinformationen und zum Verzicht auf Frontrunning.

Der Analystenberuf hat viele Facetten. Grundsätzlich zu unterscheiden sind Buy Side- und Sell Side-Analysten. Auf der "Sell Side" stehen dabei solche, die Privatanleger und kleinere Kunden der Bank als Adressaten ihrer Studien haben. Da diese Studien auch unterstützend für den Handel der Bank wirken, also das Dienstleistungsgeschäft im Wertpapierbereich ankurbeln sollen, könnten Sell Side-Analysten unter Druck geraten, Kaufstudien zu schreiben. Denn nur Kaufstudien generieren bedeutenden Umsatz und entsprechende Provisionen. Nicht ohne Grund enden weit über 90 % aller Studien mit einer Kaufempfehlung.

Daß daneben auch Buy Side-Analysten ihrer Arbeit nachgehen, ist vielen Anlegern nicht bekannt, denn deren Studien dringen selten nach außen. Diese Gruppe berät Fondsgesellschaften und andere Großanleger. Ihre Aufgabenstellung ist es, die beste Aktie zum Kauf zu finden oder zu überprüfen, ob eine Aktie im Depot verkauft werden soll. Diese Studien sind individueller Art und direkt auf den Kunden zugeschnitten. Die Frage nach einer Gefährdung der Unabhängigkeit stellt sich folglich nicht.

Jede Compliance-Richtlinie bliebe unvollständig, ließe sie Journalisten außen vor. Die Forderung, ein Journalist dürfe keine "Synergien" zwischen reißerischer Berichterstattung und privatem Handel nutzen, greift zu kurz. Der Verzicht auf Frontrunnig versteht sich von selbst. Doch fachkundiger und objektiver Börsenjournalismus könnte unter dem Aspekt finanzieller Abhängigkeit einseitig ausfallen. Wie der Analyst von Privat- und Unternehmenskunden kann der Journalist vom Blick auf Abonnenten und Werbekunden beeinflußt werden. Letztendlich wollen - besser gesagt müssen - alle diese Berufsgruppen von der Börse leben. Deshalb wird man von einem Analysten auch keine Emissionsstudie erhalten, die dazu geeignet ist, vor einem IPO-Kandidaten zu warnen und das eigene Haus von neuen lukrativen Mandaten auszuschließen. Auch könnte es vorkommen, daß eine Bank eine Aktie zum Kauf empfiehlt, während im Eigenhandel der Bank die entsprechende Aktie bereits verkauft wird - zu erhöhten Kursen versteht sich.

Um Manipulationen zu unterbinden, haben die Banken sogenannte "Chinese Walls" zwischen sensiblen Abteilungen gezogen. Sie sollen die Kommunikation zwischen einzelnen Abteilungen einschränken, um Interessenkonflikte zu vermeiden und so Vertrauen beim Anleger zu wecken. Doch wie dicht die Chinesischen Mauern wirklich sind oder ob sich nicht doch ein paar Löcher darin finden, muß sich jeder Anleger, der auf Bankinformationen zurückgreift, selbst fragen. Wenn beispielsweise die Deutsche Bank gleichzeitig Großaktionär und Konsortialführer bei der Deutschen Börse ist, sind Interessenkonflikte vorprogrammiert. Wenn Goldman Sachs mit einer Kaufempfehlung im Januar 2000 die Ixos-Aktie  in die Höhe treibt, dann den eigenen Aktienbestand verkauft, kurz bevor eine Gewinnwarnung eine Kurszehntelung einleitet, kann die Schuld nicht beim "kleinen" Analysten gesucht werden.

Das Problem der durch Interessenkonflikte beeinflußten Analysen bleibt. Die ebenso banale wie richtige Feststellung, jeder Anleger sei für seine Entscheidungen selbst verantwortlich, wird aber der Problematik nicht gerecht. Die Probleme zu erkennen und sich darüber bewußt zu werden, ist der erste Schritt. Eine adäquate, allgemein verbindliche Compliance-Regelung für Analysten und Journalisten zu finden, muß das Ziel sein. Doch schwarze Schafe wird es immer geben. Wer allerdings auf verschiedene Meinungen und Argumente zurückgreift, verringert das Risiko, einem solchen aufzusitzen. Nicht nur die Analystenmeinung zählt: Auch Informationen über ein Unternehmen von Mitarbeitern, Kunden oder Konkurrenten sind wertvoll. Es kommt wie so oft im Leben auf die Meinungsvielfalt an, wenn es darum geht, sich dem wahren Wert einer Aktie zu nähern.

Die GoingPublic-Kolumne ist ein Service des GoingPublic Magazins, Deutschlands führendem Börsenmagazin zu Neuemissionen und Neuer Markt. Bezogen werden kann das Magazin unter www.goingpublic-online.de. GoingPublic ist allein für die Inhalte der Kolumne verantwortlich. Informationen zu einzelnen Unternehmen stellen keine Aufforderung zum Kauf bzw. Verkauf von Aktien dar. Die Kolumne erscheint in Zusammenarbeit mit dpa-AFX.

NEU!!! GoingPublic-TV auf www.goingpublic-online.de


Dixie:

Buy Side und Sell Side Analysten?

 
30.01.01 16:05
Habt Ihr das alle schon gewußt? Ich nicht. Hat keiner eine Meinung dazu?
Es gibt keine neuen Beiträge.


Börsen-Forum - Gesamtforum - Antwort einfügen - zum ersten Beitrag springen

Neueste Beiträge aus dem Technology All Share (Performance) Forum

Wertung Antworten Thema Verfasser letzter Verfasser letzter Beitrag
11 1.118 USU Software --- Cashwert fast auf ATL -- Lalapo MrTrillion3 01.12.24 18:01
11 523 Elmos Semiconductor Jorgos Highländer49 08.11.24 18:23
  19 Bitte an Ariva Spitfire33 taos 28.09.24 11:26
  68 Comroad Kursziel 5 Euro in 3 Monaten! BWLer KevinRoberts 19.09.24 12:03
  14 Hallo Agilent-Aktionäre Anke Mankanke cfgi 21.08.24 22:29

--button_text--