von Anne Lacker
Ab kommenden Montag gibt es in Großbritannien einen neuen börsennotierten Telekom-Titel: mmO2. Hinter dem exotischen Namen verbirgt sich Altbekanntes. Es ist die Mobilfunksparte von British Telecom (BT). Auf Grund der hohen Schuldenlast sah sich der Ex-Staatsmonopolist in diesem Frühjahr gezwungen, diese abzuspalten. Im September dann bekam die Mobilfunksparte den an eine Chemieformel erinnernden Unternehmensnamen mmO2, wobei "O2" als Markenname dient.
Am Montag nun wagt das Unternehmen den Schritt aufs Börsenparkett und buhlt damit neben Vodafone, Orange, TIM oder Telefonica Moviles um das Investoren-Kapital. Eigentlich gehören Aktien von Mobilfunkunternehmen derzeit ja nun nicht gerade zu den Favoriten der Börse. Doch die Kurs-Erwartungen für mmO2 sind in den vergangenen zwei Monaten derart gefallen, dass einige Analysten mittlerweile wieder Potential nach oben sehen.
Europa entscheidend für mmo2s Überleben
Dabei sind sich Bullen und Bären bei diesem Wert in zwei Dingen einig: Zum einen wird der neue Titel in den ersten Handelstagen wohl an Wert verlieren. Man erwartet, dass BT-Aktionäre, die im Zuge des Demergers mmO2-Anteilsscheine erhielten, diese zum großen Teil verkaufen werden. So werden sich wohl unter anderem Fondsmanager, deren Fonds Indizes abbilden, von der Aktie trennen. Zwar wird der Wert den Weg in den britischen Leitindex FTSE-100 finden, doch wohl nicht in ein MSCI-Börsenbarometer. Zum anderen wird die Entwicklung der mmO2-Geschäftszweige in Deutschland (Viag Interkom) und den Niederlanden (Telfort) entscheidend für das Überleben der Briten sein.
Insgesamt ist mmO2 in vier Ländern tätig. In Großbritannien (Cellnet), Irland (Digifone) und eben in Deutschland und den Niederlanden. Zudem gehört auch Manx Telecom auf der Isle of Man zum Geschäft. Daneben betreibt mmO2 das mobile Internet-Portal Genie. Damit hatte das Unternehmen Ende März 2001insgesamt 16,5 Mio. Kunden und mehr als 15 000 Angestellte.
Doch fundamental gibt es Probleme. In keinem der Länder belegen die Briten den ersten oder zweiten Rang im Markt. Zudem hinkt das Unternehmen in der geographischen Aufstellung hinter der Konkurrenz hinterher. So verfügt Vodafone allein in 28 Staaten über insgesamt 96 Mio. Kunden.
Optimistische Geschäftsführung
Und auch operativ hat mmO2 mit Problemen zu kämpfen, vor allem die Verlustbringer Viag Interkom und Telfort bereiten Kopfzerbrechen. Doch das Unternehmen gibt sich optimistisch. Man sehe gerade bei Viag Interkom erste ermutigende Zeichen. Peter Erskine, CEO von mmO2, machte vor dem Börsengang klar, dass man Deutschland nicht einfach verlassen werde. Gerüchte, das mmO2 plane, die Zelte in Deutschland abzubrechen, seien "extrem irreführend".
Man glaube daran, dass man die richtige Strategie habe, um die Verluste zu reduzieren. Diese werde jedes Quartal neu auf ihre Tragbarkeit überprüft. Dabei habe mmO2 keinen festen Zeitplan, wann Viag Interkom die Gewinnzone erreicht haben muss. Und: mmO2 selbst schreibt noch Verluste. Im ersten Halbjahr des laufenden Geschäftsjahres (bis Ende September) setzte das Unternehmen £ 2,1 Mrd. um. Dies bedeutet ein Plus von gut 33% im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Der operative Verlust vor Goodwill und Sonderposten fiel auf £ 189 Mio..
Interessiertes Publikum - uneinige Analysten
Dennoch, das Interesse der Investoren vor dem offiziellen Listing der Aktie ist groß. Am ersten Tag des sogenannten "conditional trading" stieg der Wert des Titels auf £ 0,74. Damit hat das Unternehmen eine Börsenkapitalisierung von £ 6,5 Mrd. Im Sommer noch hatten Analysten hier mit £ 10 Mrd. gerechnet, doch diese Erwartungen gehörten schon seit längerem der Vergangenheit an. Inzwischen war die Stimmung für mmO2 so gedämpft, daß der Kurs von £ 0,74 die Börsianer überraschte und einige Analysten zu Kaufempfehlungen verleiten ließ.
Zu den Bullen gehört vor allem der Broker Investec Henderson Crosthwaite, der den Wert als "Strong Buy" empfiehlt. Zunächst rechne man zwar mit einer Kursschwäche, doch dann sollte die Aktie für einige Wochen um die £ 0,75 notieren. Auf 12-Monats-Sicht erwartet der Broker einen Kurs von £ 0,95. "mmO2 ist ein Turnaround-Kandidat", begründeten die Analysten ihr Rating. Das neue und verbesserte Management-Team gehe gewissenhaft durch die notwendigen, massiven Restrukturierungen.
Auch die Deutsche Bank setzt auf den möglichen Turnaround. Zunächst sehen sie ein Kursziel von £ 0,81. Wenn die Probleme in Deutschland und den Niederlanden geklärt seien, sei ein Kurs von £ 1,50 erreichbar, sie die Prognose der Deutschen Bank. Lehman Brothers und Goldman Sachs sind dagegen verhaltender. Für die Investmentbanken ist die mmO2 ein "Market Performer". Die Analysten von Lehman Brothers glauben, dass mmO2 relativ schwach positioniert ist, da die Geschäftszweige in keinem Land eine markführende Position einnehmen. Zudem sei noch nicht absehbar, ob die Briten tatsächlich einen Turnaround einleiten können. Dieser Meinung schließt sich Goldman Sachs an. Hier halten die Analysten vor allem Cellnet in Großbritannien nicht für wertvoll genug, ob einen Kurssprung zu rechtfertigen.
Schneller Schritt vom Börsendebut zur Übernahme-Kandidatur?
Sollte mmO2 den Turnaround nicht schaffen und in Ungnade der Anleger fallen, dann, da sind sich die Analysten einig, wird das Unternehmen ein Übernahme-Kandidat. Erste Spekulationen halten vor allem Telefonica Moviles für einen Interessenten. Das spanische Unternehmen hat zwar in Deutschland eine 3G-Lizenz, betreibt dort jedoch kein Netzwerk. Für sie könnten das Netzwerk und die Kunden von Viag Interkom daher interessanter sein als für mmO2.
HEADING
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