SPD setzt alles auf den Kanzler
Wahlprogramm stellt die Auseinandersetzung zwischen Schröder und Herausforderer Stoiber in den Vordergrund
Berlin – Die SPD will nach der schweren Wahlniederlage in Sachsen-Anhalt in die Offensive gehen und den Wahlkampf ganz auf Bundeskanzler Gerhard Schröder zuschneiden. Schröder sagte, die rot-grüne Koalition werde bis zur heißen Wahlkampfphase „solide durchregieren“. Anschließend werde es eine Zuspitzung auf das Duell Schröder gegen den Unionskandidaten Edmund Stoiber geben. Auch das für Mittwoch angekündigte Wahlprogramm, das der „Süddeutschen Zeitung“ vorliegt, ist stark auf Schröder zugeschnitten. CDU und CSU werteten den Wahlausgang als „ gutes Signal“ für die Bundestagswahl.
Schröder räumte eine „bittere Niederlage“ in Sachsen-Anhalt ein. Die Gründe dafür seien aber in der Landespolitik und beim landespolitischen Personal zu suchen. Als Konsequenz aus der Wahlschlappe kündigte Schröder an, dass die Koalition nun noch enger zusammenrücken werde. Die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth sagte, sie rechne mit einem Lagerwahlkampf. Am 22. September werde darüber entschieden, ob Rot-Grün die Reformpolitik fortsetzen könne, oder „schwarzer Rückschritt mit gelber Rücksichtslosigkeit“ einkehren werde. SPD-Bundesgeschäftsführer Matthias Machnig sagte nach der Niederlage, die SPD müsse „über den Kampf wieder zum Spiel finden“. Er gestand der Union mit Blick auf die Bundestagswahl ein „Mini- Break“ zu. „Die Big Points in diesem Fünf-Satz-Match werden aber erst noch vergeben.“
Die Union fühlt sich nach ihrem Wahlsieg im Aufwind. Ihr Kanzlerkandidat Stoiber sagte, zwar sei Sachsen-Anhalt keine Testwahl für den Bund gewesen; dennoch habe jede Landtagswahl auch eine bundespolitische Bedeutung. Scharf griff Stoiber den Bundeskanzler an: Schröder wolle mit persönlichen Attacken von seiner verfehlten Politik ablenken. Er werde sich aber mit Schröder bei den Themen Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik messen. Es gehe dabei nicht um Personen, sondern um die Politik, für die die jeweilige Person stehe. Der CDU-Wahlsieger in Sachsen-Anhalt, Wolfgang Böhmer, kündigte an, er wolle mit der FDP so bald wie möglich Koalitionsgespräche aufnehmen.
Der Bundesvorsitzende der Liberalen, Guido Westerwelle, wertete das Ergebnis als „hervorragende Ausgangslage“ für die Bundestagswahl und erwägt nun offenbar doch, als Kanzlerkandidat seiner Partei anzutreten. Bisher hatte er dies stets abgelehnt. Westerwelle sagte, er denke „über die K-Frage sehr ernsthaft nach“. Die PDS betonte, sie halte nach ihrem Wahlerfolg an dem Ziel fest, im Osten stärkste Partei zu werden.
Unterdessen versucht die SPD, mit der Vorlage eines Wahlprogrammes in der aufziehenden Auseinandersetzung mit der Union wieder in die Offensive zu kommen. Das Papier, dessen Entwurf der Süddeutschen Zeitung vorliegt, trägt den Titel „Erneuerung und Zusammenhalt – Wir in Deutschland“. Darin nimmt die SPD für sich in Anspruch, Deutschland „wirtschaftlich robuster, moderner, gerechter und weltoffener“ gemacht zu haben: „Der Stillstand ist überwunden.“ Entsprechend der erklärten Absicht, Schröder als Person in den Mittelpunkt der Wahlkampagne zu stellen, kommt der Entwurf sehr schnell auf den Kanzler zu sprechen. Schröder habe Deutschland mit einem neuen politischen Stil erfolgreich ins neue Jahrhundert geführt. Er sei „mit Leidenschaft in der Sache und mit Augenmaß seiner Verantwortung gerecht geworden“. Schröder mache Mut und habe „Zuversicht in die Gestaltbarkeit der Zukunft. Er zeigt, dass er das Leben mag.“ Am heutigen Dienstag wird sich der Parteivorstand abschließend mit dem Entwurf beschäftigen, den Schröder am Mittwoch vorstellt.
Inhaltlich bleibt das Programm vage, obgleich Kritiker aus verschiedenen Lagern zuletzt eine klarere Ausgestaltung des Programms gefordert hatten. Als eine der wenigen konkreten Ankündigungen tauchen die vier Milliarden Euro für 10000 zusätzliche Ganztagesschulen auf, von denen Schröder schon sprach. Außerdem wird versprochen, das Kindergeld von derzeit 154 auf 200 Euro anzuheben. Bei Steuern, Rente und Gesundheit werden keine konkreten Ziele gesetzt. Deshalb wird im Vorstand mit einer intensiven und strittigen Debatte über den Entwurf gerechnet. (Seite 2)
Dem vorläufigen amtlichen Endergebnis zufolge legte die CDU in Sachsen-Anhalt um 15,3 Prozentpunkte auf 37,3 Prozent zu. Die FDP verbesserte sich von 4,2 auf 13,3 Prozent und kehrt nach acht Jahren wieder in den Landtag zurück. Die SPD sackte um 15,9 auf 20 Prozent ab. Die PDS, die die SPD- Minderheitsregierung toleriert hatte, erhielt 20,4 Prozent. Die Schill-Partei ( 4,5 Prozent) verfehlte ebenso wie die Grünen (2,0 Prozent) den Einzug in den Landtag. Die Wahlbeteiligung lag bei 56,5 Prozent.
Quelle:SZ