................frühestens im Winter - auch der Kanzler schaut weg
???Hannover (dpa) - Trotz katastrophaler Einschaltquoten, Boykott-
Aufrufen und Kritik der wirtschaftlich einflussreichen Media-
Agenturen soll «ran» bis auf weiteres um 20.15 Uhr beginnen. Eine
Verlegung der Fußball-Sendung vom Kirch-Sender Sat.1 scheint
frühestens nach der Winerpause möglich. Während Manager und Sprecher
der Kirch-Gruppe den späten 20.15 Uhr-Termin verteidigen und
Moderator Jörg Wontorra um eine 100-Tage-Frist bittet, hat sich zu
den «ran»-Boykotteuren mit Bundeskanzler Gerhard Schröder ein
prominenter «Nicht-Zuschauer» gesellt. Früher habe er immer «ran» um
18.30 Uhr geguckt, sagte der Kanzler der Zeitschrift «Stern»: «Aber
ich käme nie auf die Idee, meiner Familie um 20.15 Fußballzuzumuten.»
????Um diese Zeit schaue seine Familie lieber Sendungen wie «Wetten,
dass...?». «Meine Frau und unsere Tochter sind ja nicht gerade an
Fußball interessiert, und daher habe ich meine Wünsche
zurückzustellen», sagte Schröder zur späten Sendezeit. Der Kanzler
will allerdings auch nicht den ebenfalls zur Kirch-Gruppe gehörenden
Pay-TV-Sender Premiere abonnieren: «Man muss ja nicht alles tun, was
Leo Kirch will.» Als «überzeugter Marktwirtschaftler» gehe er davon
aus, dass über die Uhrzeit der «ran»-Sendung der Markt entscheiden
werde.
???Auch dort wächst die Kritik an der späten Sendezeit und den
schwachen Quoten. Zahlreiche Sponsoren von Bundesligavereinen haben
geringer dotierte Verträge angekündigt, wenn die Quoten so niedrig
bleiben. Aber auch Sat.1 würde ein anhaltendes Quoten-Minus Geld
kosten, denn die einflussreichen Media-Agenturen, die für Unternehmen
die Werbezeit buchen, beobachten den Zuschauerschwund äußerst
kritisch. OMD-Geschäftsführer Klaus-Peter Schulz sagte, die Agenturen
müssten in den kommenden Wochen entscheiden, ob sie trotz einer
Halbierung der Einschaltquote auf dem neuen Sendeplatz um 20.15 Uhr
weiterhin TV-Spots bei «ran» buchten. Er erwarte klare Aussagen bei
der Telemesse am 22./23. August, wie es bei «ran» weitergehe.
???Nach Ansicht von Schulz hat sich der Kirch-Konzern, der mit der
Verlegung von «ran» seinen Pay-TV-Sender Premiere World stützen will,
verkalkuliert. Ausweichmöglichkeiten der Werbekunden seien Champions
League und Formel eins. OMD betreut Kunden wie Beiersdorf, die
Holsten-Gruppe, Kraft Foods oder Henkel.
«Der Sender muss jetzt handeln», sagte David Linn, Chef des TV-
Einkaufs bei der Mediaagentur HMS-Carat, in der «Financial Times
Deutschland». Seine Agentur ist einer der größten Einkäufer von
Werbeplätzen. «Es wird dem Image von Sat.1 bei den Kunden nicht gut
tun, wenn es so bleibt», sagte Werbeeinkäufer Linn. Auf Grund der
niedrigen Einschalt-Quote sollen die Kunden jetzt Frei-Spots
erhalten. Bleiben die Quoten und Marktanteile aber niedrig, werden
Unternehmen nicht mehr die derzeit verlangten 30?818 Euro (60?274,77
Mark) für 30 Sekunden Werbung zahlen.
???Auch wenn die Kirch-Gruppe dementiert, dass es eine Frist für
«ran» gebe, spricht bei gleich bleibend schwachen Quoten vieles für
eine Verlegung nach der Winterpause. Urs Rohner,
Vorstandsvorsitzender der Pro Sieben-Sat 1-Media AG, sagte in der
«Süddeutschen Zeitung»: «Wir schauen uns das Ganze bis zum Jahresende
sehr genau und selbstkritisch an. Sollten wir uns getäuscht haben,
was ich nicht glaube, werden wir handeln.» Ohne eine Zustimmung der
Kirch-Gruppe, die auch Mehrheitsaktionär bei der Pro Sieben-Sat 1-
Media AG ist, kann Rohner den umstrittenen Sendetermin aber nicht
ändern.
«ran»-Moderator Wontorra sagte beim Internet-Anbieter
«Spiegel.de»: «Sollte man allerdings über einen längeren Zeitraum
feststellen, dass dieses Modell nicht greift, müsste man reagieren.»
Gleichzeiig bat er um eine Schonfrist von hundert Tagen, «wie das
auch in der Politik Usus ist».