Aktienmarkt macht das Rennen

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Nassie:

Aktienmarkt macht das Rennen

 
14.06.03 14:34
Berlin - Die wohl spannendsten Wettrennen des Jahres finden nicht in Monte Carlo oder auf dem Nürburgring statt, sondern in den Handelssälen rund um den Globus: Beinahe täglich übertrumpfen sich Aktienmärkte und Anleihebörsen mit immer neuen Rekorden. Während am Donnerstag der Dax mit über 3250 Punkten auf ein neues Jahreshoch stieg, erreichte am Freitag der europäische Rentenmarkt das niedrigste Renditeniveau seit 1973.

Die Zukunftsvisionen, auf die beide Seiten spekulieren, sind allerdings grundverschieden: Während die Rentenanleger damit rechnen, dass alles noch viel schlimmer kommen könnte und sich Rezessions- oder sogar Deflationsszenarien ausmalen, glauben die Investoren am Aktienmarkt daran, dass alles wieder gut wird.

Unternehmen wie Verbraucher könnten demnach ihre tiefe Vertrauenskrise überwinden, und die lange erhoffte Konjunkturerholung könnte endlich einsetzen. Doch wer hat Recht? Und wie tragfähig ist die Kursrallye, die der Aktienmarkt erstmals seit längerem wieder erlebt?

In die Analyseabteilungen der meisten Banken fällt die Antwort darauf eindeutig aus: "Der Aktienmarkt wird in diesem Jahr das Rennen machen", sagt Stratege Peter Dombeck von der Berenberg Bank. Wie die meisten seiner Kollegen rechnet er bis zum Jahresende mit einem Dax-Stand von 3500 Punkten - das wären über 20 Prozent mehr als im Vorjahr und immer noch fast 300 Punkte mehr als jetzt. Es spricht tatsächlich einiges dafür, dass die Aktienmärkte trotz ihres rasanten Anstiegs noch weiter steigen.

Denn noch immer halten die Anleger viel Liquidität in ihren Portfolios - Geld, das im Zuge der Vertrauenskrise vor allem in kurzfristige Geldmarktanlagen geschichtet wurde. Nach Berechnungen von Thomson ISI ist allein in den USA das Volumen der Geldmarktanlagen von 3,9 Billionen Dollar Ende 2000 auf 4,6 Billionen Dollar Ende 2002 gestiegen. "Es steht also genügend Liquidität zur Verfügung, um die Aktienmärkte zu stimulieren", sagt Ron Klotter von Invesco.

Besonders institutionelle Investoren wie Fondsgesellschaften und Versicherer, die nach den Enttäuschungen der vergangenen Monate ihre Aktienquote stark zurückgefahren haben, stehen nach der bisherigen Kursrallye unter Druck, in Aktien zu investieren, um den Aufschwung nicht zu verpassen. Hinzu kommt, dass die Verzinsung von Geldmarkt- und Anleiheprodukten mit 1,5 Prozent in den USA und rund zwei Prozent in Europa extrem niedrig ist. Beim Wettrennen um die Anlegergelder sind sie also "keine besonders gefährliche Konkurrenz für den Aktienmarkt", meint Klotter.

Unterstützend wirken auch die guten Nachrichten, die der Unternehmenssektor nach langer Durststrecke zuletzt wieder melden konnte: In einigen Branchen sind die Gewinnaussichten wieder gestiegen. Das nährt die Hoffnung, dass die Firmen ihre bisherige Investitionszurückhaltung langsam aufgeben könnten. Für Fantasie sorgen auch die historisch niedrigen Notenbankzinsen in den USA und Europa.

Doch es gibt auch Risiken. So ist nach wie vor nicht klar, ob sich die Konjunktur weltweit tatsächlich in dem Maße wie erwartet erholt. Und auf dem Unternehmenssektor könnten bei der nächsten anstehenden Berichtssaison im Juli enttäuschende Ergebnisse auftauchen. Das gilt besonders für den Euroraum, wo die steigende Gemeinschaftswährung die Exporteure zunehmend belastet.

"Zudem sind die Aktienkurse vor allem in den USA, aber auch in Europa, in den vergangenen Wochen so rasant gestiegen, dass mittlerweile ein faires Bewertungsniveau fast erreicht ist", warnt Stratege Rolf Elgeti von der Commerzbank.
   


hjw2:

Zweifel am Sinn von Geldanlagen in Aktien

 
14.06.03 15:49
Neuer Markt sieht ganz alt aus
Zweifel am Sinn von Geldanlagen in Aktien

Von Hermannus Pfeiffer

Eine Ära ist zu Ende. Klammheimlich schloss die Deutsche Börse jetzt ihren Neuen Markt. Von einst mehr als 350 Aktiengesellschaften (AG), die am Neuen Markt gelistet waren, blieb zuletzt nur noch eine einzige übrig.
Den Medien war das unrühmliche Finale des einstigen Popstars der bundesdeutschen Aktienwelt kaum noch eine Fußnote wert. Inzwischen zweifeln Finanzexperten sogar am heiligsten Lehrsatz der Spekulanten: »Langfristig schlagen Aktien jede andere Geldanlage.« Nach seinem Startschuss im März 1997 lebte der Neue Markt lange Zeit von geradezu traumhaften Geschichten, denn zunächst erfüllten sich (fast) alle Anlegerträume. Jungunternehmer aus der Telekommunikationsbranche, mit High-tech-Produkten oder Biotechnologie sollten die Finanzwelt im Sturm erobern.
Und es schien zu gelingen, so legte die neue Ökonomie in den ersten zwölf Monaten ein durchschnittliches Plus von über 350Prozent hin. Den Vogel schoss damals das längst krisengeschüttelte Medienunternehmen EM.TV ab, dem zeitweilig sogar die Fernsehrechte der »Formel 1« gehörten. Dessen Aktienkurs schoss in nur einem Jahr um mehr als 3000 Prozent nach oben. Der DAX mit seiner »alten Ökonomie« legte im selben Zeitraum »nur« 19 Prozent zu.

Aber schon damals warnten Beobachter, dass solche Jungstars »nur Rendite-Chancen für Schwindelfreie bieten«, wie es die Deutsche Bank einmal im kleinen Kreis formulierte. Tatsächlich platzte auch die Neue-Markt-Spekulationsblase in der allgemeinen Börsenflaute, die seit dem Frühling des Jahres 2000 an den großen Börsenplätzen herrschte. Nach und nach sackte der Index des Neuen Marktes von weit über 9000 Punkten auf unter 1000 Punkte ab und fiel damit sogar unter (!) den früheren Startkurs. Rein rechnerisch wurde am Neuen Markt ein Kapital von über 250Milliarden Euro vernichtet.
Mitschuld an dem Desaster trägt die Deutsche Börse AG, die Hausherrin des Neuen Marktes in Frankfurt (Main). In kürzester Zeit konnten sich Hunderte kleine und kleinste AG listen lassen, weil der Neue Markt überaus laxe Zulassungsbedingungen mit einer relativ großen Transparenz der Neulinge verknüpfen wollte. So wurden relativ ausführliche Marktinformationen erstmals ins Internet gestellt. »Nur informierte Investoren können fundierte Anlageentscheidungen treffen«, hatte Börsenvorstand Reto Francioni während der Frankfurter Auftaktveranstaltung im März 1997 großspurig verkündet. In Wirklichkeit war es mit der Einsicht in junge Firmen meist nicht weit her: Bilanzmanipulationen, geschönte Nachrichten, Insiderhandel oder schlichte Unfähigkeit der Vorstände waren an der Tagesordnung. Erst nach dem Crash reagierte die Deutsche Börse langsam und erst im Oktober 2001 trat endlich ein modernisiertes Regelwerk in Kraft.
Retten konnte es den Neuen Markt nicht mehr. Seit dem 5.Juni ist er Geschichte. Mehr als 50 Werte wurde in den vergangenen zwei Jahren »delistet« und verschwanden ganz vom Börsenzettel. Andere Ex-Neue-Markt-Unternehmen können sich nun in anderen Börsensegmenten oder im »TecDAX« wiederfinden, ein bescheidener Nachfolger des Neuen Marktes. Immerhin haben die großen Aktien im DAX seit dem Tiefpunkt im März 1000 Punkte zugelegt. Trotzdem zweifeln inzwischen immer mehr Analysten an der langfristigen Rendite von Aktien. Wer in den vergangenen zehn Jahren monatlich 50Euro in deutsche Aktien investiert hatte, hat nach Berechnungen des Investmentverbandes BVI jährlich 7Prozent an Wert verloren. Über 20 Jahre ist die Rendite wenigstens im Plus, erreicht aber mit 2,4Prozent gerade Sparbuchniveau.

(ND 14.06.03)
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