Wenn der Anleger durch falsche Angaben in Börsenprospekten oder Ad-hoc-Mitteilungen getäuscht wird, stellt sich der Fehler meist erst heraus, wenn der Kurs der Aktie bereits in den Keller gerutscht ist. Oder wenn Banken eine Order nicht rechtzeitig ausführen und der Kurs schon wieder gestiegen ist, hat der Anleger das Nachsehen. Es sei denn, er wehrt sich.
Erste Hilfe: Was Sie auch ohne Anwalt tun können
Dafür muss nicht gleich ein teurer Anwalt her. Die Verjährungsfrist dauert in den meisten Fällen drei Jahre, d.h. man kann erst einmal selbst sein Glück versuchen. Falls es doch hart auf hart kommt, bleibt immer noch genug Zeit, sich einen Rechtsbeistand zu suchen. In der Wirtschaftswoche heute-Aktiengesetzdatenbank können Sie sich über Ihr Recht informieren
Erste Hilfe: Was Sie auch ohne Anwalt tun können
Wenn es richtig zur Sache gehen muss, ist in der Regel natürlich ein Rechtsbeistand unabdingbar. Dennoch können Sie sich in einigen Fällen erst einmal ohne Anwalt wehren. Hier einige Tipps.
Aktienrecht
Aktiengesetz: Wehren Sie sich erfolgreich
Fall 1: Order nicht korrekt ausgeführt
Wenn die Bank Ihre Order nicht ordnungsgemäß ausführt. Beispiel: Verspricht Ihr Discountbroker Handel in Sekundenschnelle, führt den Auftrag aber erst Stunden später aus, wenn der Kurs schon wieder erheblich gestiegen sind, muss die Bank für den Schaden aufkommen. Das zumindest entschieden Richter in einigen Fällen.
Das sollten Sie tun: Schreiben Sie Ihrer Bank und beschreiben Sie den Sachverhalt möglichst gründlich. Nennen Sie Ihren Schaden und fordern Sie Ersatz. Falls Sie dafür Kauf- und Verkaufskurse rekonstruieren müssen, können Sie bei der Deutschen Börse unter der Nummer 069/21010 nachfragen. Es empfiehlt sich, eine Frist von drei Wochen zu setzen.
Falls die Bank nicht reagiert, schicken Sie ein weiteres Schreiben hinterher, setzen darin einen weiteren Termin und weisen darauf hin, dass Sie nach Ablauf der Frist das Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen einschalten werden.
Noch immer keine Reaktion? Dann ist es Zeit, die Bundesaufsichtsämter über den Vorgang zu informieren und um eine Überprüfung zu bitten. Eine Kopie des Schreibens schicken Sie an den Vorstand der Bank zur Kenntnisnahme. Wenn die Bank sich auch dann nicht rührt, ist es Zeit, sich einen Rechtsanwalt zu suchen.
Die Adressen:
Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen, Gardeschützenweg 71, 12203 Berlin
Bundesaufsichtsamt für den Wertpapierhandel, Lurgiallee 12, 60439 Frankfurt a.M.
Fall 2: Fehlerhafte Beratung
Banken und Finanzdienstleister haften auch, wenn Sie nicht richtig beraten. Empfiehlt der Experte dem Anleger eine risikoreiche Anlage mit dem Hinweis, es bestehe kein Kursrisiko, dann muss das Institut dafür gerade stehen. Gleiches gilt, wenn eine komplizierte Geldanlage nicht verständlich vermittelt wurde. Entscheidend ist dabei, ob eine Beratungssituation bestand und ein Beratungsvertrag zustande gekommen ist. Für letzteres ist keine schriftliche Form notwendig, es reicht schon die telefonische Bitte um ein Beratungsgespräch. Wenn Sie Ihrer Bank nur einen Auftrag zu einem konkreten Geschäft geben, gilt das allerdings nicht. Übrigens: Selbst wenn Sie die Geschäfte, zu die Ihnen eine Bank geraten hat, bei einer anderen ausführen lassen, können Sie Ihre Ansprüche bei der beratenden Bank geltend machen.
Aber auch der Anleger hat Pflichten: Er muss die Bank, bzw. den Finanzdienstleister richtig über seine finanziellen Verhältnisse, über Kenntnisse und Erfahrungen informieren. Wer so tut, als ob er alles weiß, schadet sich. Tipp: Lieber dümmer stellen.
Bereiten Sie sich gut auf das Beratungsgespräch vor, notieren Sie Inhalt, Datum, Uhrzeit und Namen des Wertpapierberaters. Bewahren Sie sämtliche Schriftstücke sorgfältig auf. Lassen Sie sich die Empfehlung des Beraters schriftlich bestätigen. Und: Lassen Sie sich begleiten, dann haben Sie später einen Zeugen.
Fall 3: Falsche Angaben im Börsenprospekt
Das Börsengesetz verlangt, dass Prospekte und Unternehmensberichte zum Börsengang keine fehlerhaften Angaben enthalten dürfen. Sind Angaben falsch oder schöngefärbt haftet der Emittent und die emissionsbegleitende Bank. Letzteres ist vor allem bei einem Konkurs des Unternehmens von entscheidender Bedeutung.
Geschädigte Anleger haben eine Recht auf Erstattung des Erwerbspreises bis zur maximalen Höhe des Erstausgabepreises einschließlich der Transaktionskosten. Dafür muss er natürlich die Wertpapiere zurückgeben.
Prospekthaftungsansprüche kann man nur dann geltend machen, wenn man spätestens zu sechs Monate nach der Emission gekauft hat. Und man hat nur weitere sechs Monate Zeit, seine Ansprüche geltend zu machen. In einem solchen Fall ist es vielleicht sinnvoll, einen auf solche Fälle spezialisierten Anwalt einzuschalten.
Fall 3: Falsche Ad-hoc-Meldungen
Infomatec, Metabox, Biodata, Comroad, Phenomedia - alle Unternehmen haben eines gemeinsam: Sie alle gerieten in die Schlagzeilen, weil sie übertrieben optimistische Gewinnerwartungen veröffentlichten. Nach Paragraph 88 des Börsengesetztes ist es strafbar, falsche kursrelevante Angaben zu machen. Pech für den Anleger: Bisher wurden daraus keine Schadenersatzansprüche zu seinen Gunsten abgeleitet.
Das soll sich jetzt zwar ändern, aber ob mit der Änderung des Gesetzes - die Zustimmung des Bundesrates steht noch aus – Anleger wirklich einen besseren Stand haben, ist fraglich. Wer in den gesetzlich vorgeschriebenen Ad-hoc-Mitteilungen lügt oder wichtige Tatsachen, die den Aktienkurs beeinflussen könnten, nicht unverzüglich meldet, müssten nach der Neuerung gegenüber den Aktionären in Zukunft für den Schaden haften. Nicht haften müssen Unternehmen jedoch, wenn Vorstände sich dumm stellen und behaupten, es nicht besser gewusst zu haben. Nur wenn das Gericht den Eindruck hat, die Manager hätten grob fahrlässig gehandelt, haftet die Firma. Zweite Bedingung für Schadensersatz: Der geschädigte Anleger muss nachweisen, dass er "im Vertrauen auf die Richtigkeit" der Ad-hoc-Meldung gekauft hat.
Gruss