Aktienempfehlungen
Fragwürdige Geheimtipps
Gewinne mit vermeintlichen Geheimtipps? Das Geschäft mit Aktienempfehlungen in Werbe-Mails und obskuren Börsenbriefen macht nur die Verfasser reich.
Von 8 Cent auf 4,60 Euro: knapp 6 000 Prozent Plus in nur sechs Monaten stellte der Börsenexperte Marc Herold den Anlegern in Aussicht. Sie sollten fleißig die Aktien von K & M Möbel kaufen, dann sei der Traumgewinn kein Problem. Obwohl, ein Problem besteht schon: Marc Herold gibt es nicht. Der vermeintlich tolle Tipp stammt von anonymen Betrügern. Deren Masche ist immer gleich: Sie kaufen billig die Aktien insolventer Unternehmen, die noch aus vergangenen, besseren Zeiten irgendwo an der Börse notiert sind, preisen die fast wertlosen Aktien in Tausenden Mails blumig an und verkaufen die Papiere dann mit Gewinn an unbedarfte Kleinanleger. Dabei erfüllen sich ihre Versprechen für die Käufer so gut wie nie: Der Kurs von K&M Möbel, die schon 2003 einen Insolvenzantrag einreichten, verharrt bei etwa 8 Cent.
"Die Initiatoren dieser E-Mails machen trotzdem immer ihren Schnitt", sagt Volker Pietsch, Geschäftsführender Vorstand des Deutschen Instituts für Anlegerschutz. "Ihnen reicht schon, wenn manche Empfänger nur ein bisschen investieren." Seit Anfang des Jahres bekommen immer mehr Anleger solche Spam-Mails. CBB Holding, Kabel New Media, 3U Telecom, Ahag oder EECH Group: Die Absender sind einfallsreich und finden immer wieder neue Aktien. Hauptsache, der Kurs ist niedrig und die Börsenumsätze sind gering, weil nur dann schon kleine Kaufaufträge die Kurse nach oben ziehen.
Etwa 100 Werbesendungen jede Woche müllen die Computer jedes Deutschen zu, so eine Studie der Verbraucherzentralen. Jede vierte Spam-E-Mail trommelt für Aktien – und von denen wiederum kommt nach Angaben des Computersicherheitsunternehmens Sophos ein Viertel aus den USA. Von chinesischen Rechnern stammen etwa 16, aus Südkorea rund 7 Prozent. Was längst nicht heißt, dass die oft kriminellen Marktschreier dahinter auch wirklich in diesen Ländern sitzen. Sie nutzen längst entsprechende Software, um sich mit Trojanern oder Viren die Computer ahnungsloser Unbeteiligter gefügig zu machen, um darüber rund 90 Prozent aller Spam-Mails zu versenden. Die Mail-Adressen der Empfänger generieren die Absender automatisch oder sie lassen Suchprogramme das Internet abgrasen. Früher oder später kriegen sie fast jede Adresse. Spammern, die in Deutschland sitzen und ertappt werden, droht ein Bußgeld von bis zu 50 000 Euro. Wobei die Halunken allerdings mit einer erfolgreich losgetretenen Spekulationsblase leicht das Vielfache verdienen können.
Ihre Masche ist simpel: Noch vor dem Verschicken der Werbemails decken sie sich mit der ausgewählten Aktie ein und treiben den Kurs hoch. So wie bei K & M: Vor der ersten Spam-Mail stieg der Kurs plötzlich und kurz von rund vier auf mehr als zehn Cent an. Dann verschicken die Betrüger ihre Mails und hoffen, dass leichtsinnige Empfänger angesichts des vermeintlichen Kursfeuerwerks einsteigen. Bei einer Aktie wie K & M Möbel ist die Kurstreiberei besonders einfach: Der Börsenwert aller verfügbaren Aktien des Unternehmens beträgt weniger als eine Million Euro. Schon wenige Käufe ziehen den Kurs nach oben.
"In Spams beworbene Aktien sollten vom Handel ausgesetzt werden, so wie in Amerika längst üblich", fordert Marc Tüngler, Geschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz. Da sei die hiesige Börsenaufsicht BaFin gefordert. Doch die schiebt sich mit der Deutschen Börse AG in Frankfurt den schwarzen Peter hin und her. Die BaFin hat zwar seit Januar mehr als 60 Beschwerden zum Aktien-Spam erhalten und ermittelt derzeit zu den Aktien von 20 Unternehmen. Aber sie analysiert nur, ob verbotener Insiderhandel vorliegt. Die Aktien vom Handel aussetzen, das kann nur die Deutsche Börse. "Wenn ein Verdacht vorliegt, dann meldet unsere Handelsüberwachung dies an die BaFin", sagt Heiner Seidel von der Deutschen Börse. Letztlich sei das jedoch kein neues Thema: "Nur das Medium ist neu, das Phänomen nicht."
In der Tat. Ganz offiziell und legal werden täglich Aktien-Newsletter und Börsenbriefe verschickt. Manche, oft aus bekannten Fachverlagen, bieten solide Recherchen und fundierte Analysen. Andere Börsenbriefe unterscheiden sich in den Inhalten kaum vom Aktien-Spam. Gerade kostenlose Börsenbriefe sind mit Vorsicht zu genießen, auch wenn ein hoher Preis allein noch keine Qualität der Information gewährleistet. Der Schweizer Newsletter-Versender Small Cap Media Publishing Ltd. macht beispielsweise einen seriösen Eindruck. Das Unternehmen verschickt seine Aktientipps nicht nur kostenlos per E-Mail, sondern auch über "News aktuell", eine Tochter der deutschen Presseagentur dpa. So landen die Kaufempfehlungen von Small Cap Media etwa auf der Web-Site der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung".
Die Grenzen zwischen reiner Kurstreiberei und unabhängigen Informationen sind bisweilen fließend. So heißt es in den Nutzungsbedingungen des Newsletters von Small Cap Media: "Die Betreiber des Börsenbriefes und ihnen nahestehende Dritte behalten sich vor, eigene Positionen in den beschriebenen Wertpapieren...zu halten." Da bleibt das ungute Gefühl, in machen Fällen könnten Eigeninteressen hinter den Empfehlungen stecken. Teilweise können auch externe Anbieter von Börseninformationen die Newsletter nutzen. Wie bei dem von "Börse Inside". Eine mit "Sonderausgabe" überschriebene E-Mail enthält erst im letzten Absatz den Hinweis, dass die Analyse von einem externen Anbieter stammt. "Das ist natürlich immer eine Gratwanderung", sagt Walter Ruesch, Geschäftsführer von "Börse Inside". Ausschließen lassen sich gezielte Kurstreibereien so wohl nicht.
Manche Börsenbriefe geben ganz offen zu, käuflich zu sein. Im Impressum des "Deutschen Investment Report", herausgegeben von der Schweizer Equity Research AG, heißt es etwa: "Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass in Einzelfällen die auf den Web-Seiten von ,Deutscher Investment Report‘ veröffentlichten Interviews von den jeweiligen Unternehmen in Auftrag gegeben und bezahlt worden sind." In den Analysen wird der "sofortige Einstieg" ans Herz gelegt, im Impressum heißt es beschwichtigend, die veröffentlichten Analysen seien keine Aufforderung zum Kauf.
Solche Klauseln in Börsenbriefen könnten gegen das Wertpapierhandelsgesetz verstoßen. Dort heißt es, Finanzanalyse-Unternehmen müssten so organisiert sein, "dass Interessenkonflikte möglichst gering sind". Doch nach Ansicht der BaFin sind alle Börsenbriefe journalistische Publikationen und fallen damit unter eine Ausnahmeregelung. Beim "Deutschen Investment Report" würde ein rechtliches Vorgehen sowieso schwierig: Hinter dem Börsenbrief steckt das Unternehmen Equity Markets Corp. mit Sitz auf den Marshall-Inseln, einer Inselgruppe im westlichen Indischen Ozean. Ähnliche Klauseln finden sich aber auch bei deutschen Unternehmen. Etwa bei Capital Spiegel mit Firmensitz in Dortmund oder Schmider Investments aus Brühl. Carsten Schmider, der diesen Börsenbrief verlegt, steht zur Abhängigkeit: "Es gibt kein Verbot von bezahlten Analysen."
Quelle: Wirtschaftswoche
¡hasta pronto!
Einsamer Samariter
Fragwürdige Geheimtipps
Gewinne mit vermeintlichen Geheimtipps? Das Geschäft mit Aktienempfehlungen in Werbe-Mails und obskuren Börsenbriefen macht nur die Verfasser reich.
Von 8 Cent auf 4,60 Euro: knapp 6 000 Prozent Plus in nur sechs Monaten stellte der Börsenexperte Marc Herold den Anlegern in Aussicht. Sie sollten fleißig die Aktien von K & M Möbel kaufen, dann sei der Traumgewinn kein Problem. Obwohl, ein Problem besteht schon: Marc Herold gibt es nicht. Der vermeintlich tolle Tipp stammt von anonymen Betrügern. Deren Masche ist immer gleich: Sie kaufen billig die Aktien insolventer Unternehmen, die noch aus vergangenen, besseren Zeiten irgendwo an der Börse notiert sind, preisen die fast wertlosen Aktien in Tausenden Mails blumig an und verkaufen die Papiere dann mit Gewinn an unbedarfte Kleinanleger. Dabei erfüllen sich ihre Versprechen für die Käufer so gut wie nie: Der Kurs von K&M Möbel, die schon 2003 einen Insolvenzantrag einreichten, verharrt bei etwa 8 Cent.
"Die Initiatoren dieser E-Mails machen trotzdem immer ihren Schnitt", sagt Volker Pietsch, Geschäftsführender Vorstand des Deutschen Instituts für Anlegerschutz. "Ihnen reicht schon, wenn manche Empfänger nur ein bisschen investieren." Seit Anfang des Jahres bekommen immer mehr Anleger solche Spam-Mails. CBB Holding, Kabel New Media, 3U Telecom, Ahag oder EECH Group: Die Absender sind einfallsreich und finden immer wieder neue Aktien. Hauptsache, der Kurs ist niedrig und die Börsenumsätze sind gering, weil nur dann schon kleine Kaufaufträge die Kurse nach oben ziehen.
Etwa 100 Werbesendungen jede Woche müllen die Computer jedes Deutschen zu, so eine Studie der Verbraucherzentralen. Jede vierte Spam-E-Mail trommelt für Aktien – und von denen wiederum kommt nach Angaben des Computersicherheitsunternehmens Sophos ein Viertel aus den USA. Von chinesischen Rechnern stammen etwa 16, aus Südkorea rund 7 Prozent. Was längst nicht heißt, dass die oft kriminellen Marktschreier dahinter auch wirklich in diesen Ländern sitzen. Sie nutzen längst entsprechende Software, um sich mit Trojanern oder Viren die Computer ahnungsloser Unbeteiligter gefügig zu machen, um darüber rund 90 Prozent aller Spam-Mails zu versenden. Die Mail-Adressen der Empfänger generieren die Absender automatisch oder sie lassen Suchprogramme das Internet abgrasen. Früher oder später kriegen sie fast jede Adresse. Spammern, die in Deutschland sitzen und ertappt werden, droht ein Bußgeld von bis zu 50 000 Euro. Wobei die Halunken allerdings mit einer erfolgreich losgetretenen Spekulationsblase leicht das Vielfache verdienen können.
Ihre Masche ist simpel: Noch vor dem Verschicken der Werbemails decken sie sich mit der ausgewählten Aktie ein und treiben den Kurs hoch. So wie bei K & M: Vor der ersten Spam-Mail stieg der Kurs plötzlich und kurz von rund vier auf mehr als zehn Cent an. Dann verschicken die Betrüger ihre Mails und hoffen, dass leichtsinnige Empfänger angesichts des vermeintlichen Kursfeuerwerks einsteigen. Bei einer Aktie wie K & M Möbel ist die Kurstreiberei besonders einfach: Der Börsenwert aller verfügbaren Aktien des Unternehmens beträgt weniger als eine Million Euro. Schon wenige Käufe ziehen den Kurs nach oben.
"In Spams beworbene Aktien sollten vom Handel ausgesetzt werden, so wie in Amerika längst üblich", fordert Marc Tüngler, Geschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz. Da sei die hiesige Börsenaufsicht BaFin gefordert. Doch die schiebt sich mit der Deutschen Börse AG in Frankfurt den schwarzen Peter hin und her. Die BaFin hat zwar seit Januar mehr als 60 Beschwerden zum Aktien-Spam erhalten und ermittelt derzeit zu den Aktien von 20 Unternehmen. Aber sie analysiert nur, ob verbotener Insiderhandel vorliegt. Die Aktien vom Handel aussetzen, das kann nur die Deutsche Börse. "Wenn ein Verdacht vorliegt, dann meldet unsere Handelsüberwachung dies an die BaFin", sagt Heiner Seidel von der Deutschen Börse. Letztlich sei das jedoch kein neues Thema: "Nur das Medium ist neu, das Phänomen nicht."
In der Tat. Ganz offiziell und legal werden täglich Aktien-Newsletter und Börsenbriefe verschickt. Manche, oft aus bekannten Fachverlagen, bieten solide Recherchen und fundierte Analysen. Andere Börsenbriefe unterscheiden sich in den Inhalten kaum vom Aktien-Spam. Gerade kostenlose Börsenbriefe sind mit Vorsicht zu genießen, auch wenn ein hoher Preis allein noch keine Qualität der Information gewährleistet. Der Schweizer Newsletter-Versender Small Cap Media Publishing Ltd. macht beispielsweise einen seriösen Eindruck. Das Unternehmen verschickt seine Aktientipps nicht nur kostenlos per E-Mail, sondern auch über "News aktuell", eine Tochter der deutschen Presseagentur dpa. So landen die Kaufempfehlungen von Small Cap Media etwa auf der Web-Site der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung".
Die Grenzen zwischen reiner Kurstreiberei und unabhängigen Informationen sind bisweilen fließend. So heißt es in den Nutzungsbedingungen des Newsletters von Small Cap Media: "Die Betreiber des Börsenbriefes und ihnen nahestehende Dritte behalten sich vor, eigene Positionen in den beschriebenen Wertpapieren...zu halten." Da bleibt das ungute Gefühl, in machen Fällen könnten Eigeninteressen hinter den Empfehlungen stecken. Teilweise können auch externe Anbieter von Börseninformationen die Newsletter nutzen. Wie bei dem von "Börse Inside". Eine mit "Sonderausgabe" überschriebene E-Mail enthält erst im letzten Absatz den Hinweis, dass die Analyse von einem externen Anbieter stammt. "Das ist natürlich immer eine Gratwanderung", sagt Walter Ruesch, Geschäftsführer von "Börse Inside". Ausschließen lassen sich gezielte Kurstreibereien so wohl nicht.
Manche Börsenbriefe geben ganz offen zu, käuflich zu sein. Im Impressum des "Deutschen Investment Report", herausgegeben von der Schweizer Equity Research AG, heißt es etwa: "Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass in Einzelfällen die auf den Web-Seiten von ,Deutscher Investment Report‘ veröffentlichten Interviews von den jeweiligen Unternehmen in Auftrag gegeben und bezahlt worden sind." In den Analysen wird der "sofortige Einstieg" ans Herz gelegt, im Impressum heißt es beschwichtigend, die veröffentlichten Analysen seien keine Aufforderung zum Kauf.
Solche Klauseln in Börsenbriefen könnten gegen das Wertpapierhandelsgesetz verstoßen. Dort heißt es, Finanzanalyse-Unternehmen müssten so organisiert sein, "dass Interessenkonflikte möglichst gering sind". Doch nach Ansicht der BaFin sind alle Börsenbriefe journalistische Publikationen und fallen damit unter eine Ausnahmeregelung. Beim "Deutschen Investment Report" würde ein rechtliches Vorgehen sowieso schwierig: Hinter dem Börsenbrief steckt das Unternehmen Equity Markets Corp. mit Sitz auf den Marshall-Inseln, einer Inselgruppe im westlichen Indischen Ozean. Ähnliche Klauseln finden sich aber auch bei deutschen Unternehmen. Etwa bei Capital Spiegel mit Firmensitz in Dortmund oder Schmider Investments aus Brühl. Carsten Schmider, der diesen Börsenbrief verlegt, steht zur Abhängigkeit: "Es gibt kein Verbot von bezahlten Analysen."
Quelle: Wirtschaftswoche
¡hasta pronto!
Einsamer Samariter