Aktien im Tal - die Chancen
Warum die Kurse so schnell fallen. Und warum sie schon bald wieder steigen. Abendblatt-Interview mit Matthias Radden.
ABENDBLATT: Die Börse ist seit März wieder auf Talfahrt, der Deutsche Aktienindex hat zuletzt innerhalb weniger Tage mehr als 300 Punkte verloren. Wie weit geht es noch abwärts?
RADDEN: Ich denke, wir sind ganz in der Nähe eines guten Markttiefs. Vielleicht haben wir die Talsohle sogar schon erreicht. Es gibt aber auch das Risiko, dass der DAX in den kommenden Wochen noch einmal bis auf rund 4400 Zähler fällt.
ABENDBLATT: Woran lag es, dass die Börse trotz grundsätzlich positiver Konjunkturprognosen in diesem Jahr so stark nachgab?
RADDEN: Der Anstieg von 3800 Punkten im September auf 5500 Punkte im März ging einfach zu schnell. Aber unser größtes Problem ist derzeit der amerikanische Aktienmarkt, der etwa 60 Prozent des weltweiten Börsenwerts ausmacht. Die Bilanzierungsskandale in den USA haben zu einem Vertrauensverlust bei den Anlegern geführt. In den US-Unternehmen wird massiv manipuliert, hinzu kommt eine Raffmentalität bei den Managern. Katastrophal ist aber auch dies: US-Verbraucher sind schon mit einem ganzen Jahresgehalt verschuldet. Und wegen der hohen Ausgaben für die Terrorismusbekämpfung gibt auch die Regierung ihre solide Haushaltspolitik allmählich auf. Daher ist der Dollar extrem gefährdet.
ABENDBLATT: Wie sollten sich deutsche Anleger jetzt verhalten?
RADDEN: Am Markt sind schon Kaufsignale erkennbar. Europäische Aktien sind derzeit um zehn bis zwölf Prozent unterbewertet. Aber man sollte nicht einfach glauben, alles wird gut. Ich glaube nicht an Prognosen wie: "Mehr als zwei Verlustjahre hintereinander gibt es an der Börse nicht." So simpel ist das nicht mehr. Heute muss man stark auf Einzeltitel achten. Auch die alten Empfehlungen, wonach man Aktien unter allen Umständen langfristig liegen lassen sollte, gelten nicht mehr. Bei maximal 20 Prozent Verlust muss man aussteigen. Wer dies beachtet, der ist auf eine Sommerrallye gut vorbereitet.
ABENDBLATT: Wie weit geht es an der Börse dann nach oben?
RADDEN: Im August oder September könnte der DAX bis in den Bereich zwischen 5300 und 5800 Punkten klettern. 200 Zähler Risiko, 1000 Punkte Chance - das ist doch ein gutes Verhältnis. Aber: Bei 5300 bis 5600 Punkten sollte man schon wieder verkaufen. Denn es wird nur ein kurzfristiges Zwischenhoch sein. Der große Trend läuft noch abwärts.
ABENDBLATT: Welche Branchen oder Einzeltitel empfehlen Sie?
RADDEN: Aussichtsreiche Branchen sind Pharma, Nahrungsmittel und Rohstoffe. Die Siemens-Aktie würde ich unter 60 Euro kaufen, Bayer-Titel unter 30 Euro. Dieses Papier ist nach dem Lipobay-Skandal zu stark verprügelt worden. Die RWE-Aktie ist unter 40 Euro kaufenswert - Strom, Gas und Wasser sind klare Wachstumsmärkte. Unter den Öltiteln bevorzuge ich TotalFinaElf, Royal Dutch/Shell und BP. Linde könnte davon profitieren, dass der neue Chef Wolfgang Reitzle die Entwicklung von Brennstoffzellen vorantreiben dürfte. Im Automobilsektor bin ich ein Fan von BMW und Porsche. Auch die Vorzugsaktie von VW ist wegen der Diskussionen um einen Wegfall der Stimmrechtsbeschränkung interessant. Erwähnen sollte man auch noch Schering, Nestlé und im MDAX Kali + Salz.
ABENDBLATT: Und die T-Aktie?
RADDEN: Prinzipiell denke ich immer noch, dass die so genannte TMT-Branche (Technologie, Medien und Telekommunikation) TNT (Sprengstoff) für das Depot ist. Aber bei der Telekom kann es nun wirklich keine schlechteren Nachrichten mehr geben. Darum meine ich erstmals, man könnte auch den Kauf der T-Aktie erwägen - vielleicht bei zehn Euro.
ABENDBLATT: Würden Sie auch nichteuropäische Werte hinzunehmen?
RADDEN: Aktien aus Amerika sollte man weglassen. Asien ist aber schon interessant. Gute Chancen sehe ich etwa bei den japanischen Titeln Canon, Honda und dem Kosmetikwert Shiseido. Allerdings sollte man in asiatische Aktien wohl eher über einen Fonds einsteigen.
ABENDBLATT: Noch ein Wort zum Neuen Markt?
RADDEN: Das war eher so etwas wie eine Kettenbriefaktion. Mit Geldanlage hatte das nicht viel zu tun.
Interview: VOLKER MESTER
Warum die Kurse so schnell fallen. Und warum sie schon bald wieder steigen. Abendblatt-Interview mit Matthias Radden.
ABENDBLATT: Die Börse ist seit März wieder auf Talfahrt, der Deutsche Aktienindex hat zuletzt innerhalb weniger Tage mehr als 300 Punkte verloren. Wie weit geht es noch abwärts?
RADDEN: Ich denke, wir sind ganz in der Nähe eines guten Markttiefs. Vielleicht haben wir die Talsohle sogar schon erreicht. Es gibt aber auch das Risiko, dass der DAX in den kommenden Wochen noch einmal bis auf rund 4400 Zähler fällt.
ABENDBLATT: Woran lag es, dass die Börse trotz grundsätzlich positiver Konjunkturprognosen in diesem Jahr so stark nachgab?
RADDEN: Der Anstieg von 3800 Punkten im September auf 5500 Punkte im März ging einfach zu schnell. Aber unser größtes Problem ist derzeit der amerikanische Aktienmarkt, der etwa 60 Prozent des weltweiten Börsenwerts ausmacht. Die Bilanzierungsskandale in den USA haben zu einem Vertrauensverlust bei den Anlegern geführt. In den US-Unternehmen wird massiv manipuliert, hinzu kommt eine Raffmentalität bei den Managern. Katastrophal ist aber auch dies: US-Verbraucher sind schon mit einem ganzen Jahresgehalt verschuldet. Und wegen der hohen Ausgaben für die Terrorismusbekämpfung gibt auch die Regierung ihre solide Haushaltspolitik allmählich auf. Daher ist der Dollar extrem gefährdet.
ABENDBLATT: Wie sollten sich deutsche Anleger jetzt verhalten?
RADDEN: Am Markt sind schon Kaufsignale erkennbar. Europäische Aktien sind derzeit um zehn bis zwölf Prozent unterbewertet. Aber man sollte nicht einfach glauben, alles wird gut. Ich glaube nicht an Prognosen wie: "Mehr als zwei Verlustjahre hintereinander gibt es an der Börse nicht." So simpel ist das nicht mehr. Heute muss man stark auf Einzeltitel achten. Auch die alten Empfehlungen, wonach man Aktien unter allen Umständen langfristig liegen lassen sollte, gelten nicht mehr. Bei maximal 20 Prozent Verlust muss man aussteigen. Wer dies beachtet, der ist auf eine Sommerrallye gut vorbereitet.
ABENDBLATT: Wie weit geht es an der Börse dann nach oben?
RADDEN: Im August oder September könnte der DAX bis in den Bereich zwischen 5300 und 5800 Punkten klettern. 200 Zähler Risiko, 1000 Punkte Chance - das ist doch ein gutes Verhältnis. Aber: Bei 5300 bis 5600 Punkten sollte man schon wieder verkaufen. Denn es wird nur ein kurzfristiges Zwischenhoch sein. Der große Trend läuft noch abwärts.
ABENDBLATT: Welche Branchen oder Einzeltitel empfehlen Sie?
RADDEN: Aussichtsreiche Branchen sind Pharma, Nahrungsmittel und Rohstoffe. Die Siemens-Aktie würde ich unter 60 Euro kaufen, Bayer-Titel unter 30 Euro. Dieses Papier ist nach dem Lipobay-Skandal zu stark verprügelt worden. Die RWE-Aktie ist unter 40 Euro kaufenswert - Strom, Gas und Wasser sind klare Wachstumsmärkte. Unter den Öltiteln bevorzuge ich TotalFinaElf, Royal Dutch/Shell und BP. Linde könnte davon profitieren, dass der neue Chef Wolfgang Reitzle die Entwicklung von Brennstoffzellen vorantreiben dürfte. Im Automobilsektor bin ich ein Fan von BMW und Porsche. Auch die Vorzugsaktie von VW ist wegen der Diskussionen um einen Wegfall der Stimmrechtsbeschränkung interessant. Erwähnen sollte man auch noch Schering, Nestlé und im MDAX Kali + Salz.
ABENDBLATT: Und die T-Aktie?
RADDEN: Prinzipiell denke ich immer noch, dass die so genannte TMT-Branche (Technologie, Medien und Telekommunikation) TNT (Sprengstoff) für das Depot ist. Aber bei der Telekom kann es nun wirklich keine schlechteren Nachrichten mehr geben. Darum meine ich erstmals, man könnte auch den Kauf der T-Aktie erwägen - vielleicht bei zehn Euro.
ABENDBLATT: Würden Sie auch nichteuropäische Werte hinzunehmen?
RADDEN: Aktien aus Amerika sollte man weglassen. Asien ist aber schon interessant. Gute Chancen sehe ich etwa bei den japanischen Titeln Canon, Honda und dem Kosmetikwert Shiseido. Allerdings sollte man in asiatische Aktien wohl eher über einen Fonds einsteigen.
ABENDBLATT: Noch ein Wort zum Neuen Markt?
RADDEN: Das war eher so etwas wie eine Kettenbriefaktion. Mit Geldanlage hatte das nicht viel zu tun.
Interview: VOLKER MESTER