Von Holger Nacken, Handelsblatt
Vielleicht hat sich die WestLB von der Aachener Ordensverleihung „Wider den tierischen Ernst“ inspirieren lassen, als das Institut wenige Tage vor dem 11.11.2000 ein „Aachener-High-Tech Basket-Zertifikat“ mit einem saftigen Ausgabeaufschlag von 3,5 Prozent auf den Markt brachte. Wer jedenfalls mit dem Papier in den Modembauer Elsa, den IT-Dienstleister Arxes, den Softwareexperten Parsytec, den Datenspezialisten Cycos und den Anlagenbauer Aixtron investierte, hat rund 95 Prozent seines Kapitals verloren. Von den fünf Unternehmen gilt mittlerweile nur noch das frisch gekürte Tec-Dax-Mitglied Aixtron als ernst zu nehmende Investitionsmöglichkeit – und auch daran gibt es zumindest momentan einige Zweifel.
Eigentlich hat Aixtron all das, was bei Investoren einen Kaufreiz auslöst: Als Maschinenbauer steht das Unternehmen in der besten deutschen Industrietradition. Gleichzeitig hat das Aachener Unternehmen HighTech-Charme: Mit den Anlagen von Aixtron stellen die namhaften Chipproduzenten spezielle Verbindungshalbleiter her. Als besonders aussichtsreich gilt die Leuchtdioden-Technik. Die zu High-Tech-Lichtkörpern verbauten Verbindungshalbleiter ersetzen in immer mehr Bereichen unseres Lebens die Arbeit konventioneller Glühbirnen und Displays. Immerhin gilt Aixtron bei den Produktionsanlagen als Weltmarktführer mit einem Anteil von deutlich über 50 Prozent, den die Gesellschaft selbst in der Krise weiter ausbaut.
Dennoch ist das Ansehen des ehemaligen Vorzeigeunternehmens am Neuen Markt schon lange befleckt. Im März 2002 legten die beiden Vorstände Kim Schindelhauer und Holger Jürgensen ihre Ämter nieder und wechselten in den Aufsichtsrat. Zufall oder nicht – einige Wochen danach nahm das neue Management erstmals seit dem Börsengang im November ’97 die Prognosen zurück. Die schlechten Nachrichten reißen seitdem nicht ab: Umsatzrückgänge, Ergebniseinbrüche und Personalabbau ließen die Aktie immer weiter einbrechen.
Vergangenen Freitag traf Aixtron zwar mit seinen überraschend früh vorgelegten Jahreszahlen (Umsatz 150 Mill. Euro, Nettoergebnis 15,3 Mill. Euro) ungefähr die Erwartungen der Analysten, legte jedoch ein höchst verhaltenen Ausblick vor: Demnach plant das Management nur noch mit einem Umsatz von 110 Mill. Euro. Noch gravierender ist die Rücknahme der Ergebnisplanung: Hier sollen nur noch 0,8 Mill. Euro übrig bleiben – von 15 auf fast null in einem Jahr, selbst für hartgesottene Aixtron-Freunde ist das starker Tobak. Beobachter halten es gar für möglich, dass die Gesellschaft im ersten Halbjahr rote Zahlen schreibt. Und ob die Erholung im weiteren Verlauf tatsächlich eintritt und die Miesen der ersten Monate ausgleicht, steht noch in den Sternen.
Auf der anderen Seite deutet die eher vorsichtige Einschätzung darauf hin, dass die Konzernleitung aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt hat. Motto: Eine zu niedrige Prognose ist besser als eine verfehlte. Doch allein aus diesem Grund wieder in die Aktie zu investieren – dazu sei wohl keinem Investor geraten.
Zu schlecht sind die Rahmenbedingungen: Die Chipbranche signalisiert noch nicht einmal Anzeichen einer Aufhellung. Solange sich aber die Kunden nicht erholen, gehen auch die Zulieferer nicht auf Wachstumskurs. Wer kauft schon neue Aixtron-Maschinen, wenn die alten kaum ausgelastet sind?
Außerdem leidet Aixtron unter dem schwachen Dollar, der die Exporterlöse drückt, sich aber nur schwach auf der Kostenseite bemerkbar macht. Der Grund: Zwischen 70 und 75 Prozent des Umsatzes macht Aixtron in Dollar, gleichzeitig werden aber nur zehn Prozent der Kosten auf dieser Basis fakturiert. Bei den Prognosen für 2003 sind die Aachener mit einem durchschnittlichen Dollarkurs von 1,15 recht konservativ. Angesichts der eher unsoliden US-Budgetpolitik scheint es jedoch nur eine Frage der Zeit, bis der Euro auch diese Marke überschreitet. Doch auch wenn der Dollar wider Erwarten zulegen sollte: Insgesamt erscheint es selbst bei einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von knapp zehn für das Geschäftsjahr 2003 noch zu früh, in Aixtron-Papiere einzusteigen. Das Management muss erst das Vertrauen der Investoren zurückgewinnen und die Chipbranche Zeichen einer Erholung zeigen.
HANDELSBLATT, Dienstag, 11. März 2003, 07:42 Uhr
Vielleicht hat sich die WestLB von der Aachener Ordensverleihung „Wider den tierischen Ernst“ inspirieren lassen, als das Institut wenige Tage vor dem 11.11.2000 ein „Aachener-High-Tech Basket-Zertifikat“ mit einem saftigen Ausgabeaufschlag von 3,5 Prozent auf den Markt brachte. Wer jedenfalls mit dem Papier in den Modembauer Elsa, den IT-Dienstleister Arxes, den Softwareexperten Parsytec, den Datenspezialisten Cycos und den Anlagenbauer Aixtron investierte, hat rund 95 Prozent seines Kapitals verloren. Von den fünf Unternehmen gilt mittlerweile nur noch das frisch gekürte Tec-Dax-Mitglied Aixtron als ernst zu nehmende Investitionsmöglichkeit – und auch daran gibt es zumindest momentan einige Zweifel.
Eigentlich hat Aixtron all das, was bei Investoren einen Kaufreiz auslöst: Als Maschinenbauer steht das Unternehmen in der besten deutschen Industrietradition. Gleichzeitig hat das Aachener Unternehmen HighTech-Charme: Mit den Anlagen von Aixtron stellen die namhaften Chipproduzenten spezielle Verbindungshalbleiter her. Als besonders aussichtsreich gilt die Leuchtdioden-Technik. Die zu High-Tech-Lichtkörpern verbauten Verbindungshalbleiter ersetzen in immer mehr Bereichen unseres Lebens die Arbeit konventioneller Glühbirnen und Displays. Immerhin gilt Aixtron bei den Produktionsanlagen als Weltmarktführer mit einem Anteil von deutlich über 50 Prozent, den die Gesellschaft selbst in der Krise weiter ausbaut.
Dennoch ist das Ansehen des ehemaligen Vorzeigeunternehmens am Neuen Markt schon lange befleckt. Im März 2002 legten die beiden Vorstände Kim Schindelhauer und Holger Jürgensen ihre Ämter nieder und wechselten in den Aufsichtsrat. Zufall oder nicht – einige Wochen danach nahm das neue Management erstmals seit dem Börsengang im November ’97 die Prognosen zurück. Die schlechten Nachrichten reißen seitdem nicht ab: Umsatzrückgänge, Ergebniseinbrüche und Personalabbau ließen die Aktie immer weiter einbrechen.
Vergangenen Freitag traf Aixtron zwar mit seinen überraschend früh vorgelegten Jahreszahlen (Umsatz 150 Mill. Euro, Nettoergebnis 15,3 Mill. Euro) ungefähr die Erwartungen der Analysten, legte jedoch ein höchst verhaltenen Ausblick vor: Demnach plant das Management nur noch mit einem Umsatz von 110 Mill. Euro. Noch gravierender ist die Rücknahme der Ergebnisplanung: Hier sollen nur noch 0,8 Mill. Euro übrig bleiben – von 15 auf fast null in einem Jahr, selbst für hartgesottene Aixtron-Freunde ist das starker Tobak. Beobachter halten es gar für möglich, dass die Gesellschaft im ersten Halbjahr rote Zahlen schreibt. Und ob die Erholung im weiteren Verlauf tatsächlich eintritt und die Miesen der ersten Monate ausgleicht, steht noch in den Sternen.
Auf der anderen Seite deutet die eher vorsichtige Einschätzung darauf hin, dass die Konzernleitung aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt hat. Motto: Eine zu niedrige Prognose ist besser als eine verfehlte. Doch allein aus diesem Grund wieder in die Aktie zu investieren – dazu sei wohl keinem Investor geraten.
Zu schlecht sind die Rahmenbedingungen: Die Chipbranche signalisiert noch nicht einmal Anzeichen einer Aufhellung. Solange sich aber die Kunden nicht erholen, gehen auch die Zulieferer nicht auf Wachstumskurs. Wer kauft schon neue Aixtron-Maschinen, wenn die alten kaum ausgelastet sind?
Außerdem leidet Aixtron unter dem schwachen Dollar, der die Exporterlöse drückt, sich aber nur schwach auf der Kostenseite bemerkbar macht. Der Grund: Zwischen 70 und 75 Prozent des Umsatzes macht Aixtron in Dollar, gleichzeitig werden aber nur zehn Prozent der Kosten auf dieser Basis fakturiert. Bei den Prognosen für 2003 sind die Aachener mit einem durchschnittlichen Dollarkurs von 1,15 recht konservativ. Angesichts der eher unsoliden US-Budgetpolitik scheint es jedoch nur eine Frage der Zeit, bis der Euro auch diese Marke überschreitet. Doch auch wenn der Dollar wider Erwarten zulegen sollte: Insgesamt erscheint es selbst bei einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von knapp zehn für das Geschäftsjahr 2003 noch zu früh, in Aixtron-Papiere einzusteigen. Das Management muss erst das Vertrauen der Investoren zurückgewinnen und die Chipbranche Zeichen einer Erholung zeigen.
HANDELSBLATT, Dienstag, 11. März 2003, 07:42 Uhr