td.de, Di, 4.9.2001, 17:03
Dokumentation: Peter Kabels Abschiedsbrief
In einer E-Mail an die Mitarbeiter hat Peter Kabel nach Gründen für die Insolvenz seines Unternehmens gesucht. Nachfolgend
dokumentieren wir den Wortlaut dieser E-Mail.
Liebe Mitarbeiter, Kollegen, liebe Mitstreiter und Freunde,
heute wurde die Eröffnung des Insolvenzverfahrens für wesentliche Teile der Kabel New Media AG und ihrer Tochtergesellschaften durch
Herrn Büttner bei Gericht angeregt. Mit einer Entscheidung und Eröffnung der Verfahren wird in den nächsten Stunden gerechnet. Damit
endet eine Phase der Gesellschaft, die ich vor einigen Jahren begründet habe und für die Ihr gearbeitet habt. Damit enden leider auch
meine praktischen Einflussmöglichkeiten für eine positive und konstruktive Entwicklung. Daher bin ich heute von meinem Amt als
Vorstandsvorsitzender der Kabel New Media AG zurückgetreten.
Dies ist Anlass für einige persönliche Worte an Euch, die Mitstreiter der letzten Monate und Jahre. Das wichtigste Wort heißt: Danke! Dank
dafür, dass und wie Ihr Euch eingesetzt habt, Dank für das Vertrauen, das Ihr in mich und die Organisation Kabel New Media gesetzt habt!
Ich weiß um die Enttäuschung. Ich weiß, wie anfänglich schockiert, später unglücklich und verzweifelt Ihr in den letzten Wochen wart. Die
sicher geglaubte Zukunft war plötzlich unsicher, in der Vergangenheit Geleistetes wurde scheinbar wertlos und bedeutungslos. Dies gilt in
unterschiedlichem Maße für Euch aber auch für mich. Es tut mir leid.
Auch wenn es vermessen klingen mag, glaube ich auch heute noch, dass diese Organisation, Eure Organisation und die Organisation, die
ich gegründet habe, außergewöhnlich war. Ich glaube, dass Kabel New Media außergewöhnlich leistungsfähig war. Ich glaube, dass Kabel
New Media außergewöhnlich vielen talentierten Menschen eine Heimat gab und außergewöhnlich im sozialen Bewusstsein und
Zusammenhalt war. Ich weiß, dass viele von Euch ähnlich empfinden. Dies gilt, auch wenn die Medien und Eure externen Kontakte heute
vielleicht Gegenteiliges vermitteln. In der Öffentlichkeit verdampfen derzeit viele Jahre voller Einsatz und Impact in ein diffuses Bild von
Versagen - zu unrecht, wie ich meine.
Ihr könnt Euch vermutlich auch vorstellen, wie einschneidend und schmerzhaft die vergangenen Wochen und Monate für mich waren. Ich
möchte Euch versichern, dass ich als Person alles mir jeweils mögliche getan habe um das Unternehmen professionell und positiv zu
entwickeln. Dies galt in der Vergangenheit und gilt bis zum heutigen Tage. Ich kann Euch versichern, dass mir keine Umstände und
Vorgänge bekannt sind, die unrecht oder gar kriminell waren. Ich glaube, hoffe und weiß, dass dies auch juristisch irgendwann zweifelsfrei
feststehen wird. Vermutlich wird dieser Umstand dann nicht die gleiche Medienaufmerksamkeit haben, wie die Vorwürfe heute.
Es stellt sich die Frage nach den Gründen und Ursachen für unser Scheitern. Auf diese Frage wird es vermutlich erst mit der Zeit eindeutige
Antworten geben. Bis dahin werden Medien, Gremien und vielleicht auch Gerichte sich damit beschäftigen. Die Gründe sind aus meiner
Sicht vielgestaltig. Selbstverständlich haben Fehleinschätzungen zu Fehlentscheidungen auf unterschiedlichen Management-Levels und
Management-Gebieten geführt. Natürlich haben sich auch die Marktbedingungen gravierend verändert. Vermutlich waren wir alle auch zu
selbstgewiss. Zu berücksichtigen ist aber auch die Tatsache, dass der frühe Börsengang uns nur ein Bruchteil der Mittel eingebracht hat,
die teilweise deutlich kleinere Mitbewerber später aufgenommen (und ebenfalls unterdessen aufgezehrt) haben. Wichtig ist die Tatsache
der Anfechtungsklagen von erpresserisch agierenden Kleinaktionären zu einer außerordentlichen Hauptversammlung im Frühjahr 2000,
die uns als Gesellschaft bis in den Januar 2001 massiv behindert haben. Entscheidend ist die Pleite unseres größten (old-economy)
Kunden ISL und der damit verbundene Verlust von vielen Millionen im Frühjahr diesen Jahres. Erwähnen muss man die indifferente Haltung
unserer Großaktionäre beim Versuch der Rettung und der Unwillen unserer Hausbank zur Hilfe. Viele Details mehr, die uns in die jetzige
Situation gebracht haben.
Was bleibt zu sagen? Farewell! Wie geht es weiter? Ich freue mich zu sehen, dass für viele von Euch in Deutschland und darüber hinaus
eine Zukunft im Zusammenhalt in unterschiedlichen Zusammenhängen und Größen möglich ist. Das ist gut. Gut auch für die Kunden und
Projekte, für die wir Bedeutsames aufgebaut haben.
Arbeitet weiter daran und dafür, denn es lohnt sich! Ich weiß, dass für viele von Euch individuell ein schmerzhafter Bruch entsteht. Ich
glaube, dass die Vergangenheit bei Kabel New Media nicht nachteilig sein wird in der weiteren Entwicklung. Auch das ist gut. Ich selbst
werde vermutlich zunächst einige Wochen der Besinnung benötigen. Diese Pause ist notwendig nach den vielen Jahren. Ich werde
anschließend wieder professionell aktiv sein müssen und natürlich auch wollen und würde mich freuen wenn wir uns einmal wieder
begegnen. www.exkabel.de ist eine Initiative, die ich auch aus diesem Grunde unterstütze.
Ich glaube, jeder nimmt eine Menge Erfahrung mit in sein weiteres Leben. Ich wünsche Euch Glück und Erfolg.
Peter Kabel
P.S. An dieser Stelle sei noch der Dank an Herrn Büttner und sein Team ausgesprochen. Ich habe Herrn Büttner als einen fairen,
konstruktiven Partner in einer unschönen Phase kennen gelernt. Ich würde mir wünschen und Euch empfehlen, mit Ihm in diesem Sinne
auch zukünftig zusammen zu arbeiten.
© 2001 Financial Times Deutschland
Dokumentation: Peter Kabels Abschiedsbrief
In einer E-Mail an die Mitarbeiter hat Peter Kabel nach Gründen für die Insolvenz seines Unternehmens gesucht. Nachfolgend
dokumentieren wir den Wortlaut dieser E-Mail.
Liebe Mitarbeiter, Kollegen, liebe Mitstreiter und Freunde,
heute wurde die Eröffnung des Insolvenzverfahrens für wesentliche Teile der Kabel New Media AG und ihrer Tochtergesellschaften durch
Herrn Büttner bei Gericht angeregt. Mit einer Entscheidung und Eröffnung der Verfahren wird in den nächsten Stunden gerechnet. Damit
endet eine Phase der Gesellschaft, die ich vor einigen Jahren begründet habe und für die Ihr gearbeitet habt. Damit enden leider auch
meine praktischen Einflussmöglichkeiten für eine positive und konstruktive Entwicklung. Daher bin ich heute von meinem Amt als
Vorstandsvorsitzender der Kabel New Media AG zurückgetreten.
Dies ist Anlass für einige persönliche Worte an Euch, die Mitstreiter der letzten Monate und Jahre. Das wichtigste Wort heißt: Danke! Dank
dafür, dass und wie Ihr Euch eingesetzt habt, Dank für das Vertrauen, das Ihr in mich und die Organisation Kabel New Media gesetzt habt!
Ich weiß um die Enttäuschung. Ich weiß, wie anfänglich schockiert, später unglücklich und verzweifelt Ihr in den letzten Wochen wart. Die
sicher geglaubte Zukunft war plötzlich unsicher, in der Vergangenheit Geleistetes wurde scheinbar wertlos und bedeutungslos. Dies gilt in
unterschiedlichem Maße für Euch aber auch für mich. Es tut mir leid.
Auch wenn es vermessen klingen mag, glaube ich auch heute noch, dass diese Organisation, Eure Organisation und die Organisation, die
ich gegründet habe, außergewöhnlich war. Ich glaube, dass Kabel New Media außergewöhnlich leistungsfähig war. Ich glaube, dass Kabel
New Media außergewöhnlich vielen talentierten Menschen eine Heimat gab und außergewöhnlich im sozialen Bewusstsein und
Zusammenhalt war. Ich weiß, dass viele von Euch ähnlich empfinden. Dies gilt, auch wenn die Medien und Eure externen Kontakte heute
vielleicht Gegenteiliges vermitteln. In der Öffentlichkeit verdampfen derzeit viele Jahre voller Einsatz und Impact in ein diffuses Bild von
Versagen - zu unrecht, wie ich meine.
Ihr könnt Euch vermutlich auch vorstellen, wie einschneidend und schmerzhaft die vergangenen Wochen und Monate für mich waren. Ich
möchte Euch versichern, dass ich als Person alles mir jeweils mögliche getan habe um das Unternehmen professionell und positiv zu
entwickeln. Dies galt in der Vergangenheit und gilt bis zum heutigen Tage. Ich kann Euch versichern, dass mir keine Umstände und
Vorgänge bekannt sind, die unrecht oder gar kriminell waren. Ich glaube, hoffe und weiß, dass dies auch juristisch irgendwann zweifelsfrei
feststehen wird. Vermutlich wird dieser Umstand dann nicht die gleiche Medienaufmerksamkeit haben, wie die Vorwürfe heute.
Es stellt sich die Frage nach den Gründen und Ursachen für unser Scheitern. Auf diese Frage wird es vermutlich erst mit der Zeit eindeutige
Antworten geben. Bis dahin werden Medien, Gremien und vielleicht auch Gerichte sich damit beschäftigen. Die Gründe sind aus meiner
Sicht vielgestaltig. Selbstverständlich haben Fehleinschätzungen zu Fehlentscheidungen auf unterschiedlichen Management-Levels und
Management-Gebieten geführt. Natürlich haben sich auch die Marktbedingungen gravierend verändert. Vermutlich waren wir alle auch zu
selbstgewiss. Zu berücksichtigen ist aber auch die Tatsache, dass der frühe Börsengang uns nur ein Bruchteil der Mittel eingebracht hat,
die teilweise deutlich kleinere Mitbewerber später aufgenommen (und ebenfalls unterdessen aufgezehrt) haben. Wichtig ist die Tatsache
der Anfechtungsklagen von erpresserisch agierenden Kleinaktionären zu einer außerordentlichen Hauptversammlung im Frühjahr 2000,
die uns als Gesellschaft bis in den Januar 2001 massiv behindert haben. Entscheidend ist die Pleite unseres größten (old-economy)
Kunden ISL und der damit verbundene Verlust von vielen Millionen im Frühjahr diesen Jahres. Erwähnen muss man die indifferente Haltung
unserer Großaktionäre beim Versuch der Rettung und der Unwillen unserer Hausbank zur Hilfe. Viele Details mehr, die uns in die jetzige
Situation gebracht haben.
Was bleibt zu sagen? Farewell! Wie geht es weiter? Ich freue mich zu sehen, dass für viele von Euch in Deutschland und darüber hinaus
eine Zukunft im Zusammenhalt in unterschiedlichen Zusammenhängen und Größen möglich ist. Das ist gut. Gut auch für die Kunden und
Projekte, für die wir Bedeutsames aufgebaut haben.
Arbeitet weiter daran und dafür, denn es lohnt sich! Ich weiß, dass für viele von Euch individuell ein schmerzhafter Bruch entsteht. Ich
glaube, dass die Vergangenheit bei Kabel New Media nicht nachteilig sein wird in der weiteren Entwicklung. Auch das ist gut. Ich selbst
werde vermutlich zunächst einige Wochen der Besinnung benötigen. Diese Pause ist notwendig nach den vielen Jahren. Ich werde
anschließend wieder professionell aktiv sein müssen und natürlich auch wollen und würde mich freuen wenn wir uns einmal wieder
begegnen. www.exkabel.de ist eine Initiative, die ich auch aus diesem Grunde unterstütze.
Ich glaube, jeder nimmt eine Menge Erfahrung mit in sein weiteres Leben. Ich wünsche Euch Glück und Erfolg.
Peter Kabel
P.S. An dieser Stelle sei noch der Dank an Herrn Büttner und sein Team ausgesprochen. Ich habe Herrn Büttner als einen fairen,
konstruktiven Partner in einer unschönen Phase kennen gelernt. Ich würde mir wünschen und Euch empfehlen, mit Ihm in diesem Sinne
auch zukünftig zusammen zu arbeiten.
© 2001 Financial Times Deutschland