Abschied vom Bank-Schalter

Beiträge: 2
Zugriffe: 1.459 / Heute: 1
tom68:

Abschied vom Bank-Schalter

 
20.01.09 23:10
Dossier
Abschied vom Bank-Schalter
von Bernd Mikosch (Frankfurt)

Lange haben die Banken mit Zertifikaten gute Gewinne gemacht. Jetzt schrumpft der Markt so schnell, wie er einst gewachsen ist. Die Anbieter kämpfen erbittert um die letzten Kunden - und um ihr Geschäftsmodell.

An manchen Wintertagen ist selbst aus dem 60. Stock des Messeturms nicht viel von Frankfurt zu sehen. Nur die höchsten Bankentürme ragen dann aus der dichten Wolkendecke: Deutsche Bank, Commerzbank, Helaba. "Willkommen im Himmel", sagt die Empfangsdame der Frankfurter Filiale von Goldman Sachs zur Begrüßung.

Doch lange dauert der Höhenflug nicht an. Jörg Kukies holt Besucher schnell wieder auf den Boden zurück. "Gerüchte, wir würden uns vom Markt zurückziehen, entbehren jeder Grundlage", sagt der Leiter des Goldman-Derivategeschäfts. Dabei hat ihn niemand danach gefragt.

Die Szene zeigt, wie verunsichert die Zertifikatebranche in diesen Tagen ist. Nach goldenen Jahren schrumpft der Markt seit dem Ausbruch der Finanzkrise so schnell, wie er einst gewachsen ist. Hektisch suchen die Anbieter nach neuen Geschäftsmodellen, um die wenigen verbliebenen Interessenten für sich zu gewinnen. Die Konkurrenz auszubooten. Und selbst zu überleben.

Es wimmelt nur so von Gerüchten, Anfeindungen und Vorwürfen. So prophezeit ein Branchenmitglied dem Derivatechef eines großen Anbieters den baldigen Rauswurf, ein anderer bezeichnet die Arbeit des Deutschen Derivate Verbands (DDV) als "Kasperletheater". Und ein Dritter will beobachtet haben: "Merrill Lynch hat schon aufgegeben, und Sal. Oppenheim zieht sich eindeutig zurück."

Die Dementis lassen nicht lange auf sich warten. "Wir verabschieden uns bestimmt nicht vom Markt, auch wenn das der eine oder andere in einer solchen Marktphase von uns erwartet hätte", sagt Felix Pachernegg, Mitglied des Zertifikateteams von Merill Lynch in London. Ein Sal.-Oppenheim-Sprecher will das Gerücht öffentlich erst gar nicht kommentieren. Hinter vorgehaltener Hand heißt es aus der Kölner Privatbank: "Wir drehen ein kleineres Rad als früher, ziehen uns aber nicht zurück."

So schnell will keiner aufgeben. "Die Eitelkeiten und Egos sind durch den jahrelangen Erfolg enorm groß bei den Protagonisten der Branche", sagt ein Personalberater. Zwar wächst der Markt längst nicht mehr so rasant wie einst. Im Jahr 2007 waren es 23 Prozent, zwei Jahre früher noch dreimal so viel. Doch noch immer sind Zertifikate ein bedeutendes Marktsegment: 90 Mrd. Euro haben Anleger in diese Papiere investiert.

Teil 2: Wem geht die Luft zuerst aus?
www.ftd.de/boersen_maerkte/derivate/...chalter/463516.html?p=2
Wir leben alle unter dem gleichen Himmel, aber wir haben nicht alle den gleichen Horizont.  Konrad Adenauer
tom68:

Derivate auf Derivate

 
21.01.09 17:19
Derivate auf Derivate
Schachtelkredite machen Banken mürbe
von Anousha Sakoui (London)

Der Fluch komplexer Finanzprodukte lässt die Branche nicht los: Wegen der Rezession passen Ratingagenturen ihre Bewertungen bestimmter Investmentpools an. Grund ist das höhere Ausfallrisiko bei Unternehmenskrediten.

Banken und anderen Investoren drohen neue Milliardenverluste aus strukturierten Produkten. Hintergrund ist, dass die Ratingagenturen bei ihren Bewertungen dieser Produkte das gestiegene Ausfallrisiko von Unternehmen berücksichtigen.

Moody's etwa wird die Bonitätsnoten von über 900 sogenannten synthetischen Collateralised Debt Obligations (CDO) im Wert von rund 150 Mrd. $ überprüfen. Sinken die Ratings der Produkte, zwingt das die Banken, die solche Produkte halten, zu neuen Abschreibungen.

CDOs sind Investmentpools, die in Kreditportfolios investieren. Synthetischen CDOs liegen keine Kredite zugrunde, sondern Derivate auf diese Darlehen, wie etwa Unternehmens-Kreditausfallderivate (Credit Default Swaps, CDS).

Strukturierte Produkte sind von der Krise besonders stark getroffen worden - der Markt ist weitgehend ausgetrocknet. Bislang standen aber jene Pools im Zentrum des Interesses, die in US-Eigenheimkredite investiert waren. Mit dem wirtschaftlichen Abschwung rücken Darlehen an Unternehmen in den Vordergrund.

Ausfallrisiko von Firmen steigt

Moody's sieht eine um 30 Prozent höhere Ausfall-Wahrscheinlichkeit bei Unternehmenskrediten, die mit synthetischen CDO zusammenhängen. Das Gros der Bonitätsnoten der synthetischen CDO, die auf Derivate von Unternehmenskrediten zurückgehen, könnten gesenkt werden - einige um bis zu sieben Stufen. JP Morgan schätzt das Volumen der ausstehenden synthetischen CDO-Tranchen, die ausschließlich auf Unternehmenskredit-Derivaten basieren, auf 757 Mrd. $.

Im Dezember hatte bereits der Konkurrent Standard & Poor's (S&P) angekündigt, 197 Tranchen ähnlicher Produkte, sogenannter Credit Loan Obligations (CLO), von 127 Pools im Wert von 3,89 Mrd. $ zu überprüfen. Annahmen und Methodologien sollten überdacht werden, so S&P damals.

Den Ratingagenturen wird seit längerem vorgeworfen, die Risiken der komplexen Anlageprodukte in ihren Bonitätsbewertungen nicht ausreichend berücksichtigt und zu lange mit Herabstufungen gewartet zu haben.

Teil 2: Warum das Risiko so groß ist >>
www.ftd.de/boersen_maerkte/derivate/...m%FCrbe/463789.html?p=2


The Financial Times, 12:35 Uhr
© 2009 The Financial Times
Wir leben alle unter dem gleichen Himmel, aber wir haben nicht alle den gleichen Horizont.  Konrad Adenauer
Es gibt keine neuen Beiträge.


Börsen-Forum - Gesamtforum - Antwort einfügen - zum ersten Beitrag springen
--button_text--