Experten - 1000-Punkte-Marke im Nemax wird wohl nicht halten
Frankfurt, 20. Aug (Reuters) - Die seit Jahresbeginn anhaltende Abwärtsbewegung des Neuen Marktes wird nach Einschätzung von Marktstrategen und Fondsmanagern auch vor der zumindest psychologisch wichtigen Marke von 1000 Punkten nicht Halt machen. Übereinstimmend halten von der Nachrichtenagentur Reuters am Montag befragte Experten einen deutlichen Fall des Nemax-All-Share unter die 1000-Punkte-Marke in nächster Zeit für wahrscheinlich. Nicht ganz einig sind sich die Experten jedoch, wie lange es dauern wird, bis sich der Markt wieder erholt. Am Montagnachmittag notierte der Index des deutschen Wachstumssegments bei 1086 Punkten und damit mehr als 60 Prozent unter seinem Ende Januar markierten Jahreshoch von 2923 Punkten. "Wir sehen den Neuen Markt in den nächsten sechs Wochen weiterhin schwächer und glauben, dass dabei auch die psychologisch wichtige Marke von 1000 Punkten deutlich unterschritten wird", sagte Volker Borghoff, Aktienstratege bei HSBC Trinkaus & Burkhardt. Borghoff zufolge ist ein Ende des Konsolidierungsprozess des Neuen Marktes noch nicht in Sicht und weitere negative Überraschungen nicht ausgeschlossen. "Wir sind in einer Phase lang anhaltender Gewinnrevisionen und unserer Einschätzung nach sind auch die Gewinnschätzungen der Unternehmen für 2002 noch viel zu hoch und beruhen vielfach auf Hoffnungen." Während aus diesem Grund in den nächsten zwölf Monaten zahlreiche Unternehmen vom Neuen Markt verschwinden würden, seien die Firmen, die noch Substanz hätten, nicht stark genug, um den Markt nach oben zu ziehen, sagte Borghoff. Auch Marius Hoerner, Analyst bei Lang & Schwarz, sieht noch keine Grund für eine Entwarnung am Neuen Markt und erwartet das Abrutschen des Index unter die 1000-Punkte-Marke bereits für die nächsten Tage. "Das psychologisch-negative Moment spricht einfach dafür, dass wir noch in dieser Woche den Fall unter die 1000 Punkte sehen", sagte Hoerner und verwies darauf, dass es es für den Neuen Markt keine technischen Unterstützungslinien mehr gebe. Die derzeit stattfindende Konsolidierung des Gesamtmarktes werde Jahre dauern, betonte Hoerner. "Wir sollten froh sein, wenn wir Ende nächstes Jahres an der 2000-er Region kratzen können." Obwohl auch er die Ansicht teilt, dass der Neue Markt aus technischer Sicht in nächster Zeit unter 1000 Punkte fallen kann, beurteilt West LB Panmure-Marktstratege Andreas Hürkamp die Zukunftsperspektiven des Segments optimistischer. Die derzeitige Entwicklung sei eine Übertreibung nach unten, die bei langfristiger Betrachtung ein sehr günstiges Einstiegsniveau darstelle, sagte Hürkamp. "Wir glauben, dass der Nemax-All-Share in zwölf Monaten bei 2400 Punkten stehen kann", ergänzte der Analyst. Auftrieb werde dem Neuen Markt das Anziehen der Konjunktur in den USA verleihen, womit für das vierte Quartal zu rechnen sei, sagte Hürkamp. Vor einer Erholung am Neuen Markt muss nach Ansicht von Andre Köttner, Fondsmanager bei Union Invest, erst einmal das verlorene Vertrauen der Anleger zurückgewonnen werden, was noch bis Jahresende dauern könne. Zudem hänge eine Erholungsphase auch von den gesamtwirtschaftlichen Bedingungen wie der Entwicklung der Zinsen und der IT-Budgets ab. Ein Kursrutsch unter die 1000-Punkte-Marke ist Köttner zufolge in nächster Zeit durchaus möglich. Dies sei aber nur aus psychologischen Gründen und für kurzfristige Anleger wichtig. Trotz des andauerenden Kursverfalls sieht der Fondsmanager die Wachstumsbörse durchaus positiv: "Der Neue Markt hat auf jeden Fall Zukunft, hier gibt es gute, aber auch schlechte Unternehmen wie an anderen Börsen auch", sagte Köttner. mik/ben