Zu viel Pessimismus läßt die Kurse steigen

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Zu viel Pessimismus läßt die Kurse steigen

 
08.10.01 10:40
An der Börse rechnen die Anleger mit einer weltweiten Rezession


Zu viel Pessimismus lässt die Kurse steigen


Von ULF SOMMER


Der Konjunkturhimmel verdüstert sich weiter. Das zeigen täglich neue Daten – zuletzt die US-Arbeitsmarktzahlen im September mit dem höchsten Stellenverlust seit mehr als zehn Jahren. Gleichzeitig warnen immer mehr Unternehmen vor geringeren Erträgen. Doch obwohl die Ausgangslage kaum schlechter sein kann, erholten sich die Börsen: 20 Prozent legten der Deutsche Aktienindex (Dax) und 25 Prozent der Neue Markt in den vergangenen zwei Wochen zu. Selbst die Ungewissheit, wann und wie die Anti-Terror-Koalition auf die Anschläge vom 11. September reagieren wird, ignorieren Anleger weit gehend. Und es gibt Hoffnung, dass der Kursaufschwung noch ein wenig andauert. Zumindest so lange, wie mehr Pessimismus in den Kursen enthalten ist, als der Alltag tatsächlich hergibt. Denn in so einem Umfeld saugen die Börsen jede positive Nachricht begierig auf und ignorieren die schlechten – weil sie als Abschlag bereits berücksichtigt sind.
Das hohe Maß an Pessimismus – Händler, Analysten und Printmedien signalisieren eine so schlechte Stimmung wie seit 1987 nicht mehr – erklärt, warum beispielsweise eine vom Netzwerkgiganten Cisco sehr vage formulierte Bestätigung der Ertragsziele ein Kursfeuerwerk auslöst. Das vermögen auch Konjunkturdaten, die nicht eindeutig eine Rezession befürchten lassen, wie die Umfrage bei Unternehmenslenkern in Form des US-Einkaufsmanager-Indexes. Auf der anderen Seite lösen weder Gewinnwarnungen von Sun, Corning, Nortel, Sony und Fiat noch die düsteren Oktober-Prognosen des US-Arbeitsministeriums einen Kursverfall aus.

Spätestens seit den Börseneinbrüchen nach den Terrorangriffen rechnet die Mehrheit der Investoren mit einer Rezession in den USA, Europa und Japan. Entsprechend haben vor allem Fondsmanager ihr Aktien-Engagement zurückgefahren. Sie sitzen auf einer historisch hohen Liquidität. Tatsächlich aber vermitteln die Zahlen außerhalb der Börse ein differenzierteres und weniger düsteres Bild: In den USA mehren sich zwar die Signale für ein Schrumpfen des Bruttoinlandsprodukts in diesem und im nächsten Quartal, womit gemäß US-Definition eine Rezession gegeben ist. Doch sicher ist das nicht. Und in Euro-Land geht es zwar abwärts, doch die meisten Daten verheißen keine Rezession.

Wenn aber in diesem Umfeld die Börse eine weltweite Rezession bereits „eingepreist“ hat, überrascht es nicht, dass jede auch nur einigermaßen positive Zahl, die Firmenchefs oder Konjunkturstatistiker verbreiten, euphorisch gefeiert – oder gefürchtet wird. Denn die Schar der Baissiers, die auf fallende Kurse setzen, wächst kontinuierlich.

Doch das Ende des nun schon neunzehnmonatigen goldenen Bärenzeitalters naht. Denn viel Negativeres als Angst vor einer bewaffneten Auseinandersetzung und einer Rezession der Weltwirtschaft kann in den Kursen kaum noch eingepreist werden. Dennoch ist eine stabile Hausse noch nicht zu erwarten. Selbst wenn die erwartete Flut an Gewinnwarnungen für das vierte Quartal kaum noch jemanden überraschen wird, so ist eine Gefahr für die Börsen nicht genügend in den Kursen enthalten: Es ist fraglich, dass im nächsten Jahr Umsätze und Gewinne prozentual zweistellig zulegen. Doch das erwartet die Mehrheit der Analysten- und Börsengemeinde noch immer.


HANDELSBLATT, Montag, 08. Oktober 2001

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