Willkommen in der Deutschland AG!

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Willkommen in der Deutschland AG!

 
08.02.02 20:17
Es ist schon abenteuerlich, wie viele Menschen in den vergangenen Tagen glaubten, ihre Meinung zu den Finanznöten des Leo Kirch kund tun zu müssen.
Von Nina Bovensiepen

SZ vom 09.02.02) - Der Vorstandssprecher der Deutschen Bank, Rolf-Ernst Breuer, erklärt in einem Fernseh-Interview mit einem Wirtschaftssender, der Finanzsektor sei nicht bereit, der angeschlagenen KirchGruppe weitere Kredite zu gewähren.

Auf der anderen Seite springt der ARD-Vorsitzende Fritz Pleitgen dem Münchner Konzern bei, indem er verkündet, wie wichtig dieser für das Gleichgewicht der deutschen Medienbranche sei.

Erstaunlich nette Worte

Breuers Äußerung erstaunt, weil es in der diskreten Finanzbranche als unziemlich gilt, über die Kreditwürdigkeit eines Kunden öffentlich zu reden. Die von Pleitgen ist ebenfalls verwunderlich. Solch nette Worte hatte die Konkurrenz bisher noch nie für Leo Kirch übrig.

Willkommen in der Deutschland AG, möchte rufen, wer das Ringen der hiesigen Wirtschafts- und Polit-Elite im Entscheidungskrimi um das Überleben der KirchGruppe verfolgt.

Gerade erst verkündete man vollmundig, die Zeit sei gekommen, das hier zu Lande gewachsene Geflecht aus wechselseitiger Beteiligung und Kontrolle von Unternehmen aufzulösen und den Markt für ausländische Investoren zu öffnen. Und jetzt? Verdrängt und vergessen. Dieser Tage macht sich
in Deutschland wieder Protektionismus breit: Die Suche nach einer „nationalen Lösung“ für das Kirch-Imperium läuft auf vollen Touren.

Von Thomas Middelhoff, dem Chef des Kirch-Konkurrenten Bertelsmann, bis zum Kanzler ziehen alle ihre Strippen, um Leo Kirch zu retten – einen Unternehmer übrigens, der sich stets heftigst gegen die Einmischung in seine Geschäfte gewehrt hat.

Lieber Kirch als Murdoch

Die Motive sind bekannt. Viele treibt die Angst um, dass der „Hai“ Rupert Murdoch den deutschen Medienmarkt erobern und ihn gehörig umkrempeln könnte. Es sei zu befürchten, wird suggeriert, dass der aggressive Medien-Tycoon eigenen Zeitungen oder TV-Sendern die politische Marschrichtung vorgibt – wie er das bereits in Großbritannien praktiziert.

Das darf nicht sein: Wahlen würden beeinflusst, die Meinungsfreiheit von Journalisten wäre dahin, das Recht der Bevölkerung auf unabhängige Information in Gefahr. Bevor ein Murdoch über Deutschland kommt, retten wir lieber Leo Kirch, ist die Devise. Daneben spielen persönliche Rivalitäten und handfeste wirtschaftliche Interessen eine Rolle: Es geht um Formel 1– sowie Bundesliga-Rechte, einen dicken Springer-Anteil und viele große Kredite.

Sensibles Geschäft

Die Ängste vor dem Australo-Amerikaner mögen begründet sein, die Mittel, die gegen ihn zum Einsatz kommen, sind jedoch die falschen. Natürlich darf man nicht gering schätzen, um welch besondere Materie es sich hier handelt. Der Medienmarkt ist, ähnlich wie die Wehrindustrie eines Landes, ein sensibles Geschäft. Die politische Meinungsbildung und Aufklärung der Bürger stehen auf dem Spiel.

Um bei dem Vergleich mit der Rüstungsbranche zu bleiben: Dort geht es um die äußere Verteidigung eines Landes, die Medien aber sind entscheidend für die innere Wehrhaftigkeit einer Demokratie. Im Rüstungsgeschäft gelten besondere Regeln für Beteiligungen und Fusionen, um den Zugriff von Ausländern auf strategisch wichtige Industrien zu verhindern. Ähnlich ist es in der Medienbranche: Damit keine – in- oder ausländische – Firma die Meinungsmacht beherrscht, sind die Wettbewerbsgesetze strenger als auf anderen Märkten.

Niemand darf zu mächtig werden

Im Kartellrecht gilt die so genannte Presserechenklausel. Sie schreibt Fusionsvorhaben von Zeitungsverlagen und Rundfunksendern bereits dann zur Kontrolle vor, wenn der weltweite Jahresumsatz der beteiligten Unternehmen 25 Millionen Euro übersteigt. Für andere Industrien liegt die Schwelle erst bei 500 Millionen Euro.

Außerdem wacht die Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich darüber, dass kein Konzern auf dem TV-Markt zu große Macht erlangt. So darf laut Rundfunkstaatsvertrag keine Gesellschaft mit ihren Programmen einen Zuschauermarktanteil von mehr als 30 Prozent erreichen.

In letzter Zeit gab es von Seiten der deutschen Medienunternehmen Vorstöße, diese Regeln aufzuweichen. So trug der Vorstandsvorsitzende des Axel Springer Verlags, Mathias Döpfner, erst im vergangenen Jahr dem Bundeskanzler das Anliegen vor, eine Lockerung der Presserechenklausel zu prüfen. Auch der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger legte dem Kartellamt nahe, über die im Jahr 1976 aufgrund der damals herrschenden Tendenz zur Konzentration im Verlagsgeschäft eingeführten Vorschrift nachzudenken. Die Wettbewerbswächter haben sich aus gutem Grund gegen die Aufweichungsversuche verwahrt.

Auch für Murdoch gelten die hiesigen Regeln

Auch für einen Rupert Murdoch gelten auf dem deutschen Markt die strengen Regeln des hiesigen Wettbewerbsrechts. Das Verhalten von Wirtschaftsführern und Politikern der Bundesrepublik ist vor diesem Hintergrund gelinde gesagt erstaunlich.

Wenn es um die weltweite Expansion deutscher Konzerne geht, können die Grenzen nicht offen genug sein. Wenn aber eigene wirtschaftliche und politische Interessen auf dem Spiel stehen, kungelt hinter den Kulissen die Deutschland AG – und verrät die öffentlich hoch gehaltenen Prinzipien des freien Wettbewerbs.  
Schnorrer:

Gott sei Dank. Woher sollten sonst die

 
08.02.02 20:21
hochbezahlten Jobs für 'Unsinn von sich geben' kommen?

Die Medienbranche ist der Nachfolger der kirchlichen Pfründewirtschaft im Mittelalter: jedem werden Lügen erzählt, alle halten zusammen und wer sich auf die hehren Prinzipien (1 Gebote, Journalistenehrenkodex) versteift, den trifft der Bannfluch (Einweisung ins Irrenhaus).

Toll.
Schnorrer:

Gott sei Dank. Woher sollten sonst die

 
08.02.02 20:22
hochbezahlten Jobs für 'Unsinn von sich geben' kommen?

Die Medienbranche ist der Nachfolger der kirchlichen Pfründewirtschaft im Mittelalter: jedem werden Lügen erzählt, alle halten zusammen und wer sich auf die hehren Prinzipien (10 Gebote, Journalistenehrenkodex) versteift, den trifft der Bannfluch (Einweisung ins Irrenhaus).

Toll.
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