Die Rückkehr der Raute
Von Guido Walter
Borgward war zusammen mit Volkswagen die Automarke des Wirtschaftswunders. 1961 ging die Firma pleite. Jetzt will der Enkel des Gründers die Marke neu beleben.
FRANKFURT. Er war ein knorriger, alter Dickkopf. Carl F.W. Borgward ließ sich beim Bau seiner Autos von niemanden reinreden. Beim „Borgward Isabella“, jenem elegant geschwungenen Sportcoupé, schon gar nicht. Die Isabella war ein Traum, mit Weißwandreifen, einem elfenbeinfarbenen Lenkrad und kunstlederbezogenen Sitzen, die so breit wie bei einem Straßenkreuzer waren.
Und doch war die Isabella eine Fehlkonstruktion: Die Kleineren versanken in den Polstern und kamen nicht ans Lenkrad. Die Großen mussten mit angewinkeltem Arm steuern. Richtig hinein passte nur einer: Carl F.W. Borgward. Der nur 1,66 Meter hohe, aber als Sitzriese geltende Borgward-Chef hatte sich seine Isabella auf den Leib geschneidert.
Auf derlei Eskapaden wird sein Enkel Christian verzichten müssen. Der 39-jährige Kaufmann ist angetreten, das Erbe seines Großvaters anzutreten. Kein leichtes Unterfangen, denn Borgward ist seit dem Juli 1961 endgültig pleite.
Es ist über 40 Jahre her, als der letzte Borgward in Bremen vom Fließband lief. „Borgward war aus Sicht der Kunden und in der Bewertung von Automobilkennern eine der attraktivsten und innovativsten Automobilmarken Deutschlands. Für mich persönlich ist das vor allem eine sehr emotionale Angelegenheit. Meinen Großvater kenne ich nur aus den Erzählungen meines Vaters, der selbst ein Automensch war“, sagte Christian Borgward im Gespräch mit der „Welt“.
Wiederbelebung eines Mythos
Die Chancen, dass der Enkel in die Fußstapfen des Großvaters treten kann, stehen nicht mal schlecht. Borgward, die Marke mit dem Rauten-Logo, ist Kult. Und immerhin haben auch Volkswagen, Chrysler und BMW mit Erfolg mythenumrankte Fahrzeuge wie den Käfer oder den Mini wiederbelebt.
Aus einem ähnlichen Mythenschatz könnte auch Borgward schöpfen, dessen elegante Fahrzeuge in den 50er und 60er Jahren von Stars wie Marcello Mastroianni, Paul Newman, Heinz Rühmann oder Paul Hörbiger gefahren wurden. Ein bekennender Borgward-Fan ist bis heute der Moderator Dieter Thomas Heck. Bevor er ins Showgeschäft einstieg, war Heck Autohändler. Und verkaufte Borgward.
Ein neuer „Borgward 2006“ müsste ganz anders aussehen als die Modelle, die Heck damals verkauft hat. „Eher klein und fein“ schätzt Christian Borgward, dem natürlich klar ist, dass man allein auf einem Mythos keine Marke aufbauen kann und erst recht keine profitable Marke.
Noch bewegt sich der Gründerenkel auf der Ebene der Träumerei. Damit ist er nicht allein, denn einige Automobildesigner sind von den alten Borgward-Modellen so fasziniert, dass sie Studien im Internet veröffentlicht haben. Bis auf die Raute haben diese Entwürfe kaum noch etwas mit den alten Borgwards zu tun.
Aber in Kürze gibt es für die selbst ernannten Entwickler anregenden Stoff. Zur Zeit schreibt Christian Borgward am „ersten Automobilroman der Welt“. Er soll die Frage beantworten, wo das Unternehmen heute stünde, wenn Borgward überlebt hätte.
Das Ziel der Markenneugründung steht aber im Vordergrund: In Genf hat Borgward um Interessenten geworben. Konkrete Ergebnisse liegen noch nicht vor. Es bleibt zu hoffen, dass Borgward seine Wiederbelebungsversuche weiter verfolgt und nicht auf halber Strecke liegen bleibt. Sein Opa hätte das Ding jedenfalls bis zum Ende durchgezogen.
Borgward: Zu gut für seine Zeit
Es muss ein herzzerreissender Anblick gewesen sein: Carl F. W. Borgward, Gründer von Inhaber von Borgward, stand noch Jahre nach Zusammenbruch regelmäßig am Zaun seines Bremer Werkes, den Airedaleterrier an der Leine, und richtete starr den Blick auf die leeren Hallen, in denen einst die Isabella vom Band gelaufen war.
Die Krise hatte 1960 begonnen, als nur 6000 der ursprünglich 15 000 bestellten Isabellas in den USA abgesetzt werden konnten. Der Exportanteil von 63 Prozent wurde für Borgward zum Bumerang. Die neuen Modelle hatten überdies mit Kinderkrankheiten zu kämpfen.
Borgward war chronisch unterkapitalisiert. Mit 200 Millionen Mark stand das Unternehmen 1961 bei 2200 Gläubigern in der Kreide.
Am 4. Februar 1961 dann das Aus: Borgward kämpft um einen letzten Überbrückungskredit, doch der Bremer Senat dreht ihm den Geldhahn zu. Seine Firmen übereignet Borgward dem Senat, der sie in die Pleite reitet.
Quelle: NEWS Frankfurt
Von Guido Walter
Borgward war zusammen mit Volkswagen die Automarke des Wirtschaftswunders. 1961 ging die Firma pleite. Jetzt will der Enkel des Gründers die Marke neu beleben.
FRANKFURT. Er war ein knorriger, alter Dickkopf. Carl F.W. Borgward ließ sich beim Bau seiner Autos von niemanden reinreden. Beim „Borgward Isabella“, jenem elegant geschwungenen Sportcoupé, schon gar nicht. Die Isabella war ein Traum, mit Weißwandreifen, einem elfenbeinfarbenen Lenkrad und kunstlederbezogenen Sitzen, die so breit wie bei einem Straßenkreuzer waren.
Und doch war die Isabella eine Fehlkonstruktion: Die Kleineren versanken in den Polstern und kamen nicht ans Lenkrad. Die Großen mussten mit angewinkeltem Arm steuern. Richtig hinein passte nur einer: Carl F.W. Borgward. Der nur 1,66 Meter hohe, aber als Sitzriese geltende Borgward-Chef hatte sich seine Isabella auf den Leib geschneidert.
Auf derlei Eskapaden wird sein Enkel Christian verzichten müssen. Der 39-jährige Kaufmann ist angetreten, das Erbe seines Großvaters anzutreten. Kein leichtes Unterfangen, denn Borgward ist seit dem Juli 1961 endgültig pleite.
Es ist über 40 Jahre her, als der letzte Borgward in Bremen vom Fließband lief. „Borgward war aus Sicht der Kunden und in der Bewertung von Automobilkennern eine der attraktivsten und innovativsten Automobilmarken Deutschlands. Für mich persönlich ist das vor allem eine sehr emotionale Angelegenheit. Meinen Großvater kenne ich nur aus den Erzählungen meines Vaters, der selbst ein Automensch war“, sagte Christian Borgward im Gespräch mit der „Welt“.
Wiederbelebung eines Mythos
Die Chancen, dass der Enkel in die Fußstapfen des Großvaters treten kann, stehen nicht mal schlecht. Borgward, die Marke mit dem Rauten-Logo, ist Kult. Und immerhin haben auch Volkswagen, Chrysler und BMW mit Erfolg mythenumrankte Fahrzeuge wie den Käfer oder den Mini wiederbelebt.
Aus einem ähnlichen Mythenschatz könnte auch Borgward schöpfen, dessen elegante Fahrzeuge in den 50er und 60er Jahren von Stars wie Marcello Mastroianni, Paul Newman, Heinz Rühmann oder Paul Hörbiger gefahren wurden. Ein bekennender Borgward-Fan ist bis heute der Moderator Dieter Thomas Heck. Bevor er ins Showgeschäft einstieg, war Heck Autohändler. Und verkaufte Borgward.
Ein neuer „Borgward 2006“ müsste ganz anders aussehen als die Modelle, die Heck damals verkauft hat. „Eher klein und fein“ schätzt Christian Borgward, dem natürlich klar ist, dass man allein auf einem Mythos keine Marke aufbauen kann und erst recht keine profitable Marke.
Noch bewegt sich der Gründerenkel auf der Ebene der Träumerei. Damit ist er nicht allein, denn einige Automobildesigner sind von den alten Borgward-Modellen so fasziniert, dass sie Studien im Internet veröffentlicht haben. Bis auf die Raute haben diese Entwürfe kaum noch etwas mit den alten Borgwards zu tun.
Aber in Kürze gibt es für die selbst ernannten Entwickler anregenden Stoff. Zur Zeit schreibt Christian Borgward am „ersten Automobilroman der Welt“. Er soll die Frage beantworten, wo das Unternehmen heute stünde, wenn Borgward überlebt hätte.
Das Ziel der Markenneugründung steht aber im Vordergrund: In Genf hat Borgward um Interessenten geworben. Konkrete Ergebnisse liegen noch nicht vor. Es bleibt zu hoffen, dass Borgward seine Wiederbelebungsversuche weiter verfolgt und nicht auf halber Strecke liegen bleibt. Sein Opa hätte das Ding jedenfalls bis zum Ende durchgezogen.
Borgward: Zu gut für seine Zeit
Es muss ein herzzerreissender Anblick gewesen sein: Carl F. W. Borgward, Gründer von Inhaber von Borgward, stand noch Jahre nach Zusammenbruch regelmäßig am Zaun seines Bremer Werkes, den Airedaleterrier an der Leine, und richtete starr den Blick auf die leeren Hallen, in denen einst die Isabella vom Band gelaufen war.
Die Krise hatte 1960 begonnen, als nur 6000 der ursprünglich 15 000 bestellten Isabellas in den USA abgesetzt werden konnten. Der Exportanteil von 63 Prozent wurde für Borgward zum Bumerang. Die neuen Modelle hatten überdies mit Kinderkrankheiten zu kämpfen.
Borgward war chronisch unterkapitalisiert. Mit 200 Millionen Mark stand das Unternehmen 1961 bei 2200 Gläubigern in der Kreide.
Am 4. Februar 1961 dann das Aus: Borgward kämpft um einen letzten Überbrückungskredit, doch der Bremer Senat dreht ihm den Geldhahn zu. Seine Firmen übereignet Borgward dem Senat, der sie in die Pleite reitet.
Quelle: NEWS Frankfurt