Wechselkurse - Das Euro-Gewitter (EurAmS)
War’s das schon wieder mit der Börsen-Hausse? Der Anstieg des Euro und der Absturz des Dollar rief die Angsthasen an den Märkten auf den Plan. Warum es an der Währungsfront turbulent bleiben wird, Anleger aber dennoch nicht verzagen sollten
von Stephan Bauer, Ralf Rockenmaier und Joachim Spiering
Euro am Sonntag 39/03
Es war ein Sturm, den die G7-Runde bei ihrem Treffen im prunkvollen Dubai auslöste. „Mehr Flexibilität der Wechselkurse“, forderten die Finanzminister der sieben größten Industrienationen. Die wichtigsten Währungen der Welt reagierten wie die Kellner in den Hotels des Emirates: Dienstbeflissen kletterte der Euro in der Spitze auf über 1,15 Dollar, der Yen stieg flink auf ein Drei-Jahres-Hoch zum Dollar.
An den Weltbörsen gab es heftige Turbulenzen: Der Nikkei sackte in der vergangenen Woche um 5,7 Prozent, der größte Wochenverlust seit Juli 2002. Der deutsche Leitindex DAX hatte am Ende dieser Gewitterwoche über 7 Prozent eingebüßt.
Dabei zielt die G7-Forderung, die US-Finanzminister John Snow auf den Weg gebracht hatte, in Richtung Asien: Den Währungshütern in Tokio und Peking wollte Snow beibringen, dass zu einer Marktwirtschaft auch eine flexible Währung gehört. Bislang aber verhalten sich die Asiaten ganz anders: Allein in diesem Jahr hat die japanische Zentralbank Yen für rekordverdächtige 80 Milliarden Dollar verkauft. Der Zweck: Die US-Währung soll stark bleiben, damit die exportstarke japanische Industrie weiter den beginnenden Konjunkturaufschwung in Nippon stützt.
Die Chinesen haben ihren Yuan sogar fest an den US-Dollar gekoppelt. Eine Freigabe des Wechselkurses käme einer längst fälligen YuanAufwertung gleich. Die Folgen der asiatischen Wechselkurspolitik für die USA: Eigene Exporte werden verteuert, asiatische Importe gefördert. Allein China erzielte im vergangenen Jahr im Handelsverkehr mit den USA einen Überschuss von 103 Milliarden Dollar. Und das US-Handelsbilanzdefizit steigt weiter.
Die Angst der Märkte: ein freier Fall des Dollar. „Das doppelte Defizit in Handelsbilanz und Staatshaushalt ist eines der größten Risiken für die Weltwirtschaft, weil es einen unkontrollierbaren Kursrutsch des Dollar auslösen könnte“, warnte Bundesfinanzminister Hans Eichel seinen US-Kollegen Snow in Dubai. Ein altes Krisenszenario wird wieder aktuell: Yen und Euro steigen, weil der Dollar wegen defizitärer US-Handelsbilanz und steigender Staatsschulden schwächelt.
Dann am Mittwoch der nächste Dämpfer: Das Opec-Kartell senkte überraschend seine Förderquoten. Der Ölpreis stieg, die Konjunkturängste verstärkten sich noch mehr.
Verunsichert fragen sich Anleger: Ist die seit März 2003 laufende Börsenerholung jetzt beendet? Zumindest beim Thema Opec bleiben die Profis gelassen. „Die Ölpreiserhöhung sehe ich entspannt, zuvor fiel der Preis ja auch einige Wochen lang“, meint Gerhard Schwarz, Aktienstratege bei der HypoVereinsbank. Tatsächlich kostet ein Fass Brent-Rohöl derzeit nur 27 Dollar. Anfang August waren es mehr als 30 Dollar.
Dass der Euro gegenüber dem Dollar seit Anfang September um rund zehn Prozent angestiegen ist, beunruhigt die Experten mehr. Nicht wenige rechnen damit, dass der Trend anhält. „Im nächsten halben Jahr dürfte der Euro seine bisherigen Höchststände von 1,19 Dollar nochmal testen“, sagt etwa Michael Rottmann, Leiter Zins und Währungsstrategie bei der HypoVereinsbank. Michael Mussa, Ex-Chefökonom des Internationalen Währungsfonds (IWF), rechnet wegen des US-Handelsbilanzdefizits langfristig mit Euro-Kursen von 1,25 bis 1,35 Dollar.
Die Gefahr: Der noch zarte Aufschwung der deutschen Wirtschaft könnte durch eine neue Euro-Stärke abgewürgt werden. Rund 35 Prozent der deutschen Wirtschaftsleistung kommen aus dem Export. Zwar stammen nur elf Prozent davon aus Exporten in den Dollarraum – dennoch ist ein starker Euro Gift für diesen Konjunkturmotor.
Auch Aktienstratege Schwarz sieht Gefahren für die Konjunktur, falls der Euro rasch und dauerhaft in Richtung der 1,20-Dollar-Marke oder gar darüber hinaus ginge: „Wir haben in Deutschland nur eine schwache Binnennachfrage. Vieles hängt damit von einem florierenden Export ab“, sagt Schwarz.
Vor allem Auto- und Industriewerte trifft die Euro-Bedrohung. Bernd Gottschalk, Präsident des Verbands der Automobilindustrie (VDA), sieht bei einem schnellen Anstieg der Euro-Kurse Ungemach für die Auto-Branche: „Ein Euro von zeitweise 1,20 Dollar hat sich für deutsche Unternehmen bereits als erschwerend erwiesen.“ Fällt der Dollar zum Euro, müssen deutsche Auto-Produzenten im wichtigen Absatzmarkt USA die Preise nach unten anpassen. Da aber die Herstellungskosten der Wagen, die in Euroland gefertigt werden, kurzfristig kaum beeinflussbar sind, sinken die Gewinne der Produzenten.
Beispiel Volkswagen: In den ersten beiden Quartalen 2003 minderte der steigende Euro den Gewinn der Wolfsburger jeweils um etwa 400 Millionen Euro. „Übers Jahr gerechnet, dürften sich die Einbußen auf über eine Milliarde Euro summieren“, schätzt Tim Schuldt, Analyst bei der DZ Bank.
Neu sind Währungsturbulenzen indes nicht. VDA-Präsident Gottschalk: „Wechselkurse sind Realitäten, auf die sich jeder einstellen muss.“ DaimlerChrysler und Co fahren zwei Strategien: Am Terminmarkt sichern sich die Unternehmen einen fixen Wechselkurs und dämpfen dadurch Währungseinflüsse. Zudem verlagern sie Teile ihrer Produktion in den Dollarraum. Bei einer Dollarschwäche fallen damit auch die Kosten. Was bleibt, ist der Umrechnungsschwund beim Ausweis der US-Gewinne in der Euro-Bilanz.
Aber die Reaktion der Unternehmen braucht Zeit. Die Vergangenheit hat denn auch gezeigt, dass langsame Wechselkursveränderungen kein Horror sind: Von 1995 bis ins Jahr 2000 stieg die Deutsche Mark gegenüber dem Dollar um mehr als 60 Prozent – ohne dass die deutschen Exporte einbrachen. Im Gegenteil: Von Ende 1996 bis Ende 2000 kletterte der Anteil der Lieferungen in die USA am Gesamtexport von 7,5 auf über zehn Prozent. „Gefährlich sind kurzfristige und unkontrollierte Wechselkursschwankungen“, bestätigt Roland Ziegler, Aktienexperte der BHF-Bank. Und HVB-Stratege Schwarz beruhigt: „Eine rapide Dollar-Abwertung könnte drohen, wenn Japan und China plötzlich ihre Währungsstrategie änderten. Doch das ist sehr unwahrscheinlich.“
Erst Konsolidierung, dann Teil2 der Hausse? „Die Dollarschwäche war der Auslöser für die lang erwartete Konsolidierung“, sagt Georg Elsaesser, Aktienstratege bei der Düsseldorfer HSBC Trinkaus, stellvertretend für zahlreiche von EURO befragte Experten. Elsaesser bleibt zwar bei seinem im Vergleich zu anderen Aktienexperten sehr pessimistischen DAX-Szenario von 3200 Punkten zum Jahresende, bestätigt andererseits aber auch: „Wir sind unstrittig auf dem Weg einer konjunkturellen Erholung.“
Klar, es schockt, wenn der DAX in einer Woche mehrere Marken nach unten durchschlägt. „Die 3000er-Marke sollte aber halten, auch wenn der DAX der volatilste Index in Europa ist“, sagt BHF-Experte Ziegler. Neben Sicherheitsinvestments wie Gold und Absicherungsstrategien sollten Anleger die Börse weiter im Visier behalten. Denn es gibt DAX-Titel, die von den aktuellen Turbulenzen profitieren – wie etwa Adidas-Salomon. Aber auch für den DAX insgesamt ist Ziegler optimistisch. Seine Begründung: „Die Bewertungen sind immer noch günstig.“ DAX 4000 – das ist auch nach dem Euro-Schock mittelfristig noch eine echte Chance.
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Sicheres Gold
Gold, da sind sich die Experten einig, gehört zur Absicherung für Krisenzeiten in jedes Depot. Das zeigte sich wieder mal in der vergangenen Woche: Während die Aktienmärkte auf Grund des schwachen Dollars unter Druck kamen, schaffte der Preis für die Feinunze Gold am Donnerstag ein neues Sieben-Jahres-Hoch. Nun warten Branchenkenner darauf, dass die Marke von 400 Dollar erstmals seit 1996 geknackt wird.
Gründe für die Rally gibt es genug, und die haben auch mit der Schwäche des Greenback zu tun. Denn je billiger dieser wird, desto günstiger werden Goldinvestments für Anleger außerhalb des Dollarraums. Spätestens seit dem 11. September spielt Gold auch in den Depots der institutionellen Anleger wieder eine größere Rolle. Die Nachfrage zieht entsprechend an.
Die einfachste Art für Privatanleger, auf Gold zu setzen, ist ein Goldpreis-Zertifikat. Diese Papiere können wie Aktien an der Börse geordert werden und spiegeln den Verlauf des Goldpreises 1:1 wider. Doch Vorsicht: Viele Zertifikate sind nicht währungsgesichert, die Wechselkursmechanismen zwischen Euro und Dollar schlagen also voll durch. Risikoärmer sind deshalb so genannte Quanto-Zertifikate. Sie sind währungsgesichert, dafür aber etwas teurer.
Wen der Euro froh macht
Yen im Aufwind. Die deutliche Warnung der G7-Finanzminister vor den Ungleichgewichten in der Weltwirtschaft war vor allem an die japanische Notenbank gerichtet, die bisher mit Interventionen eine Yen-Aufwertung verhindert hat. Der zunehmende Druck könnte dazu führen, dass Japan die Stützungsaktionen zumindest verringern wird. „Der Yen wird gegenüber dem Dollar stärker steigen als der Euro“, mutmaßt Michael Rottmann, Währungsexperte der HVB Group. Auch der Chart spricht für ein weiteres Fallen des Dollar. Nachdem die Unterstützung bei 118 Yen durchbrochen wurde, eröffnet sich ein Abwärtspotenzial bis 104 Yen. Risikofreudige Anleger legen sich deshalb Put-Optionsscheine auf den Dollar/Yen-Wechselkurs ins Depot.
Des einen Freud’, des anderen Leid. Während die europäischen und asiatischen Konzerne unter dem schwachen Dollar stöhnen, kommt er US-Unternehmen wie McDonald’s oder Coca-Cola durchaus nicht ungelegen. Die Wettbewerbsfähigkeit ihrer Produkte im Ausland verbessert sich erheblich. Dies dürfte sich positiv auf die Unternehmensgewinne auswirken. Vor diesem Hintergrund werden sich die amerikanischen Börsen kurzfristig besser entwickeln als die Märkte in Tokio und Frankfurt. Das Problem: Kauft ein deutscher Anleger US-Aktien, werden etwaige Kursgewinne durch die Währungsverluste wieder aufgezehrt. Nicht so bei währungsgesicherten Zertifikaten auf US-Indizes. „Der Index-Stand wird bei den so genannten Quanto-Zertifikaten in Euro ausgedrückt. So entstehen keine Währungsverluste“, erklärt Derivate-Experte Stefan Gresse von ABN Amro. Das Zertifikat steigt 1:1 mit dem Index.
Bei der Auswahl der US-Indizes sollten Anleger den S&P 500 bevorzugen. Der breit gefächerte Index enthält die wichtigsten Titel aus dem Technologie- und Old-Economy-Sektor und wird bei Fondsmanagern mehr geschätzt als der nur 30 Titel umfassende Dow-Jones-Index. Das Quanto-Zertifikat sowie die zuvor vorgestellten Währungs-Optionsscheine können täglich an den Börsen in Stuttgart und Frankfurt oder außerbörslich bei den Emittenten gehandelt werden.
War’s das schon wieder mit der Börsen-Hausse? Der Anstieg des Euro und der Absturz des Dollar rief die Angsthasen an den Märkten auf den Plan. Warum es an der Währungsfront turbulent bleiben wird, Anleger aber dennoch nicht verzagen sollten
von Stephan Bauer, Ralf Rockenmaier und Joachim Spiering
Euro am Sonntag 39/03
Es war ein Sturm, den die G7-Runde bei ihrem Treffen im prunkvollen Dubai auslöste. „Mehr Flexibilität der Wechselkurse“, forderten die Finanzminister der sieben größten Industrienationen. Die wichtigsten Währungen der Welt reagierten wie die Kellner in den Hotels des Emirates: Dienstbeflissen kletterte der Euro in der Spitze auf über 1,15 Dollar, der Yen stieg flink auf ein Drei-Jahres-Hoch zum Dollar.
An den Weltbörsen gab es heftige Turbulenzen: Der Nikkei sackte in der vergangenen Woche um 5,7 Prozent, der größte Wochenverlust seit Juli 2002. Der deutsche Leitindex DAX hatte am Ende dieser Gewitterwoche über 7 Prozent eingebüßt.
Dabei zielt die G7-Forderung, die US-Finanzminister John Snow auf den Weg gebracht hatte, in Richtung Asien: Den Währungshütern in Tokio und Peking wollte Snow beibringen, dass zu einer Marktwirtschaft auch eine flexible Währung gehört. Bislang aber verhalten sich die Asiaten ganz anders: Allein in diesem Jahr hat die japanische Zentralbank Yen für rekordverdächtige 80 Milliarden Dollar verkauft. Der Zweck: Die US-Währung soll stark bleiben, damit die exportstarke japanische Industrie weiter den beginnenden Konjunkturaufschwung in Nippon stützt.
Die Chinesen haben ihren Yuan sogar fest an den US-Dollar gekoppelt. Eine Freigabe des Wechselkurses käme einer längst fälligen YuanAufwertung gleich. Die Folgen der asiatischen Wechselkurspolitik für die USA: Eigene Exporte werden verteuert, asiatische Importe gefördert. Allein China erzielte im vergangenen Jahr im Handelsverkehr mit den USA einen Überschuss von 103 Milliarden Dollar. Und das US-Handelsbilanzdefizit steigt weiter.
Die Angst der Märkte: ein freier Fall des Dollar. „Das doppelte Defizit in Handelsbilanz und Staatshaushalt ist eines der größten Risiken für die Weltwirtschaft, weil es einen unkontrollierbaren Kursrutsch des Dollar auslösen könnte“, warnte Bundesfinanzminister Hans Eichel seinen US-Kollegen Snow in Dubai. Ein altes Krisenszenario wird wieder aktuell: Yen und Euro steigen, weil der Dollar wegen defizitärer US-Handelsbilanz und steigender Staatsschulden schwächelt.
Dann am Mittwoch der nächste Dämpfer: Das Opec-Kartell senkte überraschend seine Förderquoten. Der Ölpreis stieg, die Konjunkturängste verstärkten sich noch mehr.
Verunsichert fragen sich Anleger: Ist die seit März 2003 laufende Börsenerholung jetzt beendet? Zumindest beim Thema Opec bleiben die Profis gelassen. „Die Ölpreiserhöhung sehe ich entspannt, zuvor fiel der Preis ja auch einige Wochen lang“, meint Gerhard Schwarz, Aktienstratege bei der HypoVereinsbank. Tatsächlich kostet ein Fass Brent-Rohöl derzeit nur 27 Dollar. Anfang August waren es mehr als 30 Dollar.
Dass der Euro gegenüber dem Dollar seit Anfang September um rund zehn Prozent angestiegen ist, beunruhigt die Experten mehr. Nicht wenige rechnen damit, dass der Trend anhält. „Im nächsten halben Jahr dürfte der Euro seine bisherigen Höchststände von 1,19 Dollar nochmal testen“, sagt etwa Michael Rottmann, Leiter Zins und Währungsstrategie bei der HypoVereinsbank. Michael Mussa, Ex-Chefökonom des Internationalen Währungsfonds (IWF), rechnet wegen des US-Handelsbilanzdefizits langfristig mit Euro-Kursen von 1,25 bis 1,35 Dollar.
Die Gefahr: Der noch zarte Aufschwung der deutschen Wirtschaft könnte durch eine neue Euro-Stärke abgewürgt werden. Rund 35 Prozent der deutschen Wirtschaftsleistung kommen aus dem Export. Zwar stammen nur elf Prozent davon aus Exporten in den Dollarraum – dennoch ist ein starker Euro Gift für diesen Konjunkturmotor.
Auch Aktienstratege Schwarz sieht Gefahren für die Konjunktur, falls der Euro rasch und dauerhaft in Richtung der 1,20-Dollar-Marke oder gar darüber hinaus ginge: „Wir haben in Deutschland nur eine schwache Binnennachfrage. Vieles hängt damit von einem florierenden Export ab“, sagt Schwarz.
Vor allem Auto- und Industriewerte trifft die Euro-Bedrohung. Bernd Gottschalk, Präsident des Verbands der Automobilindustrie (VDA), sieht bei einem schnellen Anstieg der Euro-Kurse Ungemach für die Auto-Branche: „Ein Euro von zeitweise 1,20 Dollar hat sich für deutsche Unternehmen bereits als erschwerend erwiesen.“ Fällt der Dollar zum Euro, müssen deutsche Auto-Produzenten im wichtigen Absatzmarkt USA die Preise nach unten anpassen. Da aber die Herstellungskosten der Wagen, die in Euroland gefertigt werden, kurzfristig kaum beeinflussbar sind, sinken die Gewinne der Produzenten.
Beispiel Volkswagen: In den ersten beiden Quartalen 2003 minderte der steigende Euro den Gewinn der Wolfsburger jeweils um etwa 400 Millionen Euro. „Übers Jahr gerechnet, dürften sich die Einbußen auf über eine Milliarde Euro summieren“, schätzt Tim Schuldt, Analyst bei der DZ Bank.
Neu sind Währungsturbulenzen indes nicht. VDA-Präsident Gottschalk: „Wechselkurse sind Realitäten, auf die sich jeder einstellen muss.“ DaimlerChrysler und Co fahren zwei Strategien: Am Terminmarkt sichern sich die Unternehmen einen fixen Wechselkurs und dämpfen dadurch Währungseinflüsse. Zudem verlagern sie Teile ihrer Produktion in den Dollarraum. Bei einer Dollarschwäche fallen damit auch die Kosten. Was bleibt, ist der Umrechnungsschwund beim Ausweis der US-Gewinne in der Euro-Bilanz.
Aber die Reaktion der Unternehmen braucht Zeit. Die Vergangenheit hat denn auch gezeigt, dass langsame Wechselkursveränderungen kein Horror sind: Von 1995 bis ins Jahr 2000 stieg die Deutsche Mark gegenüber dem Dollar um mehr als 60 Prozent – ohne dass die deutschen Exporte einbrachen. Im Gegenteil: Von Ende 1996 bis Ende 2000 kletterte der Anteil der Lieferungen in die USA am Gesamtexport von 7,5 auf über zehn Prozent. „Gefährlich sind kurzfristige und unkontrollierte Wechselkursschwankungen“, bestätigt Roland Ziegler, Aktienexperte der BHF-Bank. Und HVB-Stratege Schwarz beruhigt: „Eine rapide Dollar-Abwertung könnte drohen, wenn Japan und China plötzlich ihre Währungsstrategie änderten. Doch das ist sehr unwahrscheinlich.“
Erst Konsolidierung, dann Teil2 der Hausse? „Die Dollarschwäche war der Auslöser für die lang erwartete Konsolidierung“, sagt Georg Elsaesser, Aktienstratege bei der Düsseldorfer HSBC Trinkaus, stellvertretend für zahlreiche von EURO befragte Experten. Elsaesser bleibt zwar bei seinem im Vergleich zu anderen Aktienexperten sehr pessimistischen DAX-Szenario von 3200 Punkten zum Jahresende, bestätigt andererseits aber auch: „Wir sind unstrittig auf dem Weg einer konjunkturellen Erholung.“
Klar, es schockt, wenn der DAX in einer Woche mehrere Marken nach unten durchschlägt. „Die 3000er-Marke sollte aber halten, auch wenn der DAX der volatilste Index in Europa ist“, sagt BHF-Experte Ziegler. Neben Sicherheitsinvestments wie Gold und Absicherungsstrategien sollten Anleger die Börse weiter im Visier behalten. Denn es gibt DAX-Titel, die von den aktuellen Turbulenzen profitieren – wie etwa Adidas-Salomon. Aber auch für den DAX insgesamt ist Ziegler optimistisch. Seine Begründung: „Die Bewertungen sind immer noch günstig.“ DAX 4000 – das ist auch nach dem Euro-Schock mittelfristig noch eine echte Chance.
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Sicheres Gold
Gold, da sind sich die Experten einig, gehört zur Absicherung für Krisenzeiten in jedes Depot. Das zeigte sich wieder mal in der vergangenen Woche: Während die Aktienmärkte auf Grund des schwachen Dollars unter Druck kamen, schaffte der Preis für die Feinunze Gold am Donnerstag ein neues Sieben-Jahres-Hoch. Nun warten Branchenkenner darauf, dass die Marke von 400 Dollar erstmals seit 1996 geknackt wird.
Gründe für die Rally gibt es genug, und die haben auch mit der Schwäche des Greenback zu tun. Denn je billiger dieser wird, desto günstiger werden Goldinvestments für Anleger außerhalb des Dollarraums. Spätestens seit dem 11. September spielt Gold auch in den Depots der institutionellen Anleger wieder eine größere Rolle. Die Nachfrage zieht entsprechend an.
Die einfachste Art für Privatanleger, auf Gold zu setzen, ist ein Goldpreis-Zertifikat. Diese Papiere können wie Aktien an der Börse geordert werden und spiegeln den Verlauf des Goldpreises 1:1 wider. Doch Vorsicht: Viele Zertifikate sind nicht währungsgesichert, die Wechselkursmechanismen zwischen Euro und Dollar schlagen also voll durch. Risikoärmer sind deshalb so genannte Quanto-Zertifikate. Sie sind währungsgesichert, dafür aber etwas teurer.
Wen der Euro froh macht
Yen im Aufwind. Die deutliche Warnung der G7-Finanzminister vor den Ungleichgewichten in der Weltwirtschaft war vor allem an die japanische Notenbank gerichtet, die bisher mit Interventionen eine Yen-Aufwertung verhindert hat. Der zunehmende Druck könnte dazu führen, dass Japan die Stützungsaktionen zumindest verringern wird. „Der Yen wird gegenüber dem Dollar stärker steigen als der Euro“, mutmaßt Michael Rottmann, Währungsexperte der HVB Group. Auch der Chart spricht für ein weiteres Fallen des Dollar. Nachdem die Unterstützung bei 118 Yen durchbrochen wurde, eröffnet sich ein Abwärtspotenzial bis 104 Yen. Risikofreudige Anleger legen sich deshalb Put-Optionsscheine auf den Dollar/Yen-Wechselkurs ins Depot.
Des einen Freud’, des anderen Leid. Während die europäischen und asiatischen Konzerne unter dem schwachen Dollar stöhnen, kommt er US-Unternehmen wie McDonald’s oder Coca-Cola durchaus nicht ungelegen. Die Wettbewerbsfähigkeit ihrer Produkte im Ausland verbessert sich erheblich. Dies dürfte sich positiv auf die Unternehmensgewinne auswirken. Vor diesem Hintergrund werden sich die amerikanischen Börsen kurzfristig besser entwickeln als die Märkte in Tokio und Frankfurt. Das Problem: Kauft ein deutscher Anleger US-Aktien, werden etwaige Kursgewinne durch die Währungsverluste wieder aufgezehrt. Nicht so bei währungsgesicherten Zertifikaten auf US-Indizes. „Der Index-Stand wird bei den so genannten Quanto-Zertifikaten in Euro ausgedrückt. So entstehen keine Währungsverluste“, erklärt Derivate-Experte Stefan Gresse von ABN Amro. Das Zertifikat steigt 1:1 mit dem Index.
Bei der Auswahl der US-Indizes sollten Anleger den S&P 500 bevorzugen. Der breit gefächerte Index enthält die wichtigsten Titel aus dem Technologie- und Old-Economy-Sektor und wird bei Fondsmanagern mehr geschätzt als der nur 30 Titel umfassende Dow-Jones-Index. Das Quanto-Zertifikat sowie die zuvor vorgestellten Währungs-Optionsscheine können täglich an den Börsen in Stuttgart und Frankfurt oder außerbörslich bei den Emittenten gehandelt werden.