Was haltet Ihr vom BVerG Urteil zum Unterhalt

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furby:

Was haltet Ihr vom BVerG Urteil zum Unterhalt

 
07.02.01 17:44
Sorry hat zwar absolut kaum bis nichts mit der Börse zu tun, würde es aber dennoch mir Euch gerne diskutieren.

Eine damals bereits Schangere Frau schließt einen Ehevertrag mit Anerkennung von teilweisem Unterhaltsverzicht. Nun wurde die Ehe geschieden und das Bundesverfassunggericht hat den Ehevertrag für sittebwidrig erklärt.

Hier der Artikel aus der Südeutschen Zeitung als informative Kurzfassung:

www.sueddeutsche.de/aktuell/...81490308.29043&myTime=981564127


              SZ vom 07.02.2001 Panorama

              Karlsruhe setzt Klauseln im
              Ehevertrag Grenzen
              Ehemann darf sich nicht zu Lasten von Frau und Kind vom Unterhalt
              entbinden lassen, Schwangere bedürften besonderen Schutzes / Von
              Helmut Kerscher

              Karlsruhe – Mutter und Sohn zufrieden, Vater verzweifelt: Das
              dürften die Folgen eines späten Urteils des
              Bundesverfassungsgerichts zu den Grenzen der Ehevertragsfreiheit
              sein. Danach ist ein Vertrag aus dem Jahr 1976 verfassungswidrig,
              den die damals schwangere Frau und der zunächst nicht heiratswillige
              Mann vor der Ehe geschlossen hatten. Der werdende Vater wollte
              sein finanzielles Risiko für den Fall einer Scheidung gleich durch zwei
              Klauseln überschaubar gestalten: durch einen wechselseitigen
              Unterhaltsverzicht und durch eine Begrenzung seiner
              Unterhaltszahlungen für das Kind auf 150 Mark monatlich; von den
              übrigen Ansprüchen ließ er sich zu Lasten der Frau „freistellen“. Nach
              der Scheidung im Jahr 1989 kam es zum Streit über den
              Kindesunterhalt.

              Jetzt erklärte Karlsruhe die „erkennbar einseitige Lastenverteilung“
              zum Nachteil der Schwangeren für verfassungswidrig. Der Staat
              müsse jedenfalls dann eingreifen, wenn ein Vertrag auf ungleichen
              Verhandlungspositionen basiere und die „einseitige Dominanz eines
              Ehepartners widerspiegelt“, meinte der Erste Senat. Er bejahte dies
              im vorliegenden Fall, hob ein anderslautendes Urteil des
              Oberlandesgerichts Stuttgart auf und verwies die Sache dorthin
              zurück.

              Die Stuttgarter Richter hatten den Ehevertrag als wirksam akzeptiert.
              Der Mann habe die Heirat von einer solchen Vereinbarung abhängig
              machen dürfen, weil jedem die Eheschließung frei stehe. Das
              Verfassungsgericht verlangte demgegenüber für Verträge, die vor
              der Ehe und im Zusammenhang mit einer Schwangerschaft
              geschlossen werden, eine „besondere richterliche Inhaltskontrolle“.
              Der im Grundgesetz garantierte Anspruch der werdenden Mutter auf
              Schutz und Fürsorge verlange von den Gerichten, die Frau vor Druck
              und Bedrängung zu schützen. Dazu zähle der Schutz vor
              vertraglichen Vereinbarungen, die ihren Interessen massiv
              zuwiderlaufen.

              Ausführlich setzte sich Karlsruhe an dieser Stelle mit der Situation
              nicht verheirateter Schwangerer auseinander. Für jede Frau bedeute
              Schwangerschaft einen existenziellen Umbruch in ihrem Leben.
              Unweigerlich kämen auf sie eine Umstellung ihrer Lebensführung und
              -planung sowie neue Aufgaben und Pflichten zu. Gerade bei
              unverheirateten Schwangeren scheitere in dieser Phase häufig die
              Beziehung zum Vater des Kindes. Darüber hinaus bestünden „auch
              heute noch gesellschaftliche und soziale Zwänge, auf Grund derer
              sich eine werdende Mutter – nicht zuletzt auch gegenüber dem Kind –
              für ihre Nichtheirat unter Rechtfertigungsdruck fühlen kann“. Sei der
              Vater zur gemeinsamen Sorge nicht bereit, bleibe sie alleine für das
              Kind verantwortlich.

              Die wirtschaftliche Perspektive von Müttern nichtehelicher Kinder ist
              nach den vom Verfassungsgericht zitierten Untersuchungen düster:
              Nach der Geburt sinkt deren Einkommen meist auf weniger als die
              Hälfte des vorherigen. Das führt dazu, dass etwa ein Drittel von ihnen
              mit ihren Kindern unter oder auf Sozialhilfenivau leben.
              Demgegenüber müssten nur rund 15 Prozent der ehelichen Kinder in
              ebenso finanziell beengten Verhältnissen leben, hieß es im Urteil.
              Hinzu komme auch eine deutlich schlechtere Zahlungsmoral von
              Vätern nichtehelicher Kinder.

              So kam das Verfassungsgericht zu dem Schluss, dass die besonders
              schwierige Situation nicht verheirateter Schwangerer mit der von
              anderen Frauen nicht zu vergleichen sei. Deshalb müssten auch
              Eheverträge jeweils anders beurteilt werden. Freilich sei
              Schwangerschaft „nur ein Indiz für eine vertragliche Disparität“. Im
              Einzelfall komme es auf die geplante familiäre Konstellation und auf
              die jeweilige Beruftstätigkeit an.

              Karlsruhe kritisierte außer dem fehlenden besonderen Schutz von
              Schwangeren auch die „verantwortungslose Ausübung des
              Elternrechts zu Lasten des Kindeswohls“. Die vertragliche Begrenzung
              der Unterhaltspflicht des Vaters gegenüber dem Kind hatte zwar
              schon das Amtsgericht für ungültig erklärt.

              Karlsruhe verneinte nun auch die Frage, ob die Frau zu ihren eigenen
              Lasten den Vater von den über 150 Mark hinaus gehenden
              Ansprüchen „freistellen“ durfte.

              (Aktenzeichen: 1 BvR 12/92)

Und hier der Link zur Pressemitteilung des Bundesverfassungsgerichts:

www.bverfg.de/cgi-bin/link.pl?entscheidungen

Und das ist der Link zum Urteil:

www.bverfg.de/entscheidungen/rs20010206_1bvr001292

Ich werde erst mal nachlesen...

Gruß furby
Bronco:

Zunächstmal ist die Gesetzeslage eindeutig:

 
07.02.01 19:12
Das Ehevertragsrecht unterliegt nicht der unbegrenzten Vertragsfreiheit, sondern hat ihre Grenzen im Familienrecht und im allgemeinen Sittenrecht. Insbesondere kann das Unterhaltsrecht von Kindern niemals vertraglich ausgeschlossen werden (wohl aber durch Einmalzahlung abgegolten werden, was nicht vor Nachforderungen schützt, wenn sich die Einkommensverhältnisse des Unterhaltspflichtigen deutlich gegenüber der Bemessung der Einmalzahlung verbessern).

Meiner Meinung nach ist das auch gut so. Schließlich hat das Kind keinen Einfluß auf den Vertrag - da ist ein gesetzlicher Schutz wie auch in anderen Fragen des Jugendschutzes unabdingbar.

Bezüglich des Risikos des Abhängigkeitsverhältnisses von Partnern aufgrund von Kindern vertrete ich sicher einen Minderheitsstandpunkt: Ich würde die Zahlung eines staatlichen (Steuer-finanzierten) Erziehungsgehaltes (in zu diskutierender aber auf jeden Fall existenzsichernder Höhe deutlich oberhalb des Sozialhilfesatzes und einschließlich Sozialversicherung) für die Familie oder den sorgeberechtigten Alleinerziehenden befürworten. Die Kosten dafür wären weit geringer als das auf den ersten Blick aussieht: Viele Paare, die heute Doppelverdiener sind wegen des damit verbundenen sozialen Risikos, könnten sich anders entscheiden - Arbeitsmarktentlastung. Erziehungsleistungen Dritter müßten nicht mehr subventioniert werden (die Familie kann sich entscheiden, ob beide berufstätig sein wollen und das Erziehungsgehalt voll für z.B. einen Erzieher oder Erzieherin ausgeben wollen. Erzieher oder Erzieherin wäre wieder ein materiell interessanter Beruf). Die Rentenbeiträge der Berufstätigen würden spürbar sinken, weil aus dem Erziehungsgehalt ein eigener Rentenanspruch resultiert. Der gesamte Rechtsapparat würde deutlich entlastet, weil die Abhängigkeitsverhältnisse nicht mehr so extrem wären. Sonderregelungen, die heute die Benachteiligungen von Familien mit Kindern oder von Alleinerziehenden mehr schlecht als recht ausgleichen sollen und nebst der Auszahlungen einen gigantischen Verwaltungsaufwand erfordern, könnten weitestgehend entfallen.
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