Der Staat braucht dringend Geld, und so bittet Finanzminister Hans Eichel die Bürger zur Kasse. 3,6 Milliarden Euro sollen sie allein im kommenden Jahr zusätzlich zahlen. Kleiner Schönheitsfehler: Die Zeit ist zu knapp, um alle Gesetze rechtzeitig zu verabschieden. Erst am 21. Februar 2003 wird das Steuerpaket endgültig zugeschnürt – knapp drei Wochen nach den Landtagswahlen in Hessen und Niedersachen.
Die neuen Belastungen für Privatpersonen
Eigenheimzulage: Bereits gewährte Zulagen werden weitergezahlt, ebenso gilt die alte Regelung für alle, die bis zum 31. 12. 2002 einen Bauantrag stellen oder – beim Kauf einer gebrauchten Immobilie – den Notarvertrag unterschreiben. Ab 1. 1. 2003 werden kinderlose Ehepaare nicht mehr gefördert. Bekommen sie allerdings in den ersten vier Jahren nach Bauantrag oder Immobilienerwerb ihr erstes Kind, können sie die Zulagen noch voll in Anspruch nehmen. Familien erhalten für jeweils acht Jahre einen Familiengrundbetrag in Höhe von 1000 Euro plus Kinderzulage von jeweils 800 Euro jährlich. Die Einkommensgrenzen werden auf 70 000 Euro für Alleinerziehende und 140 000 Euro für Verheiratete gesenkt; gemeint ist dabei das Gesamteinkommen aus dem Jahr der Antragstellung und dem Jahr zuvor. Für Kinder kommen noch einmal 20 000 Euro hinzu.
Mehr zur Eigenheimzulage
Mehrwertsteuer:
Ab 1. April soll für einige Produkte der verminderte Mehrwertsteuersatz von sieben Prozent auf 16 Prozent erhöht werden.
Das gilt für Blumen, Zierpflanzen, lebende Tiere, Flugtickets im grenzüberschreitenden Luftverkehr, Zahnersatz und einzelne Leistungen von Zahnärzten.
Elektronische Dienstleistungen wie Software, Filme, Musik und digitale Bücher aus dem Web werden umsatzsteuerpflichtig (16 Prozent), ebenso TV-Angebote aus Nicht-EU-Staaten.
Rabatte: Sachprämien aus Kundenbindungsprogrammen wie Bonus-Flugmeilen oder Payback-Karten werden künftig nicht mit zwei Prozent, sondern mit 15 Prozent besteuert. Fluggäste bleiben davon verschont, sofern die Fluggesellschaft als Service an der Eigenbesteuerung der „Miles & More“-Prämie festhält. Der Freibetrag von jährlich 1224 Euro entfällt. Wer dienstlich erflogene Bonus-Meilen privat nutzt, wird nicht besteuert.
Dienstwagen: Die Pauschalbesteuerung für privat genutzte Dienstwagen wird von monatlich einem Prozent des Listenpreises auf 1,5 Prozent erhöht. Zusätzlich schlägt die Entfernung zwischen Wohnung und Unternehmen monatlich mit 0,03 Prozent des Listenpreises zu Buche. Achtung: Bei geringer privater Nutzung kann es günstiger sein, die privat gefahrenen Kilometer einzeln abzurechnen. Dazu müssen Sie allerdings ein Fahrtenbuch führen (Sehen Sie hierzu: „Elektronische Fahrtenbücher, bei denen der Fiskus nicht mault“).
Geschenke
Weihnachten 2002 werden wohl zum letzten Mal Weinflaschen und andere Präsente im gewohnten Umfang eintrudeln: Künftig können Unternehmen solche Präsente nicht mehr wie bisher (bis zu 40 Euro) absetzbar.
Die neuen Belastungen für Anleger
Vermietete Immobilie: Der volle Werbungskostenabzug für Aufwendungen an der Wohnung und Abschreibungen werden nur noch gewährt, wenn die vermietete Wohnung mindestens 75 Prozent der ortsüblichen Vergleichsmiete (siehe Mietspiegel) einbringt (bisher 50 Prozent). Wer eine Wohnung günstig an Kinder oder Eltern vermietet hat, muss deshalb unter Umständen deutlich die Miete erhöhen.
Veräußerungsgewinne: Wertpapiere und Immobilien werden mit einem pauschalen Steuersatz von 15 Prozent besteuert (selbst genutzter Wohnraum ist hiervon ausgenommen). Für Aktien halbiert sich diese Steuerbelastung wegen des so genannten Halbeinkünfteverfahrens, bei dem der jeweils volle Steuersatz auf den halben Gewinn erhoben wird.
Dividenden: Die Ausschüttungen werden dem persönlichen Einkommen zugeschlagen und entsprechend versteuert. Wie für Aktien gilt aber auch hier das Halbeinkünfteverfahren. Anleihen: Kursgewinne werden mit 15 Prozent pauschal besteuert, Zinsen nach dem persönlichen Steuersatz.
Aktienanleihen: Kursgewinne werden mit 15 Prozent versteuert (kein Halbeinkünfteverfahren!), Zinsen nach dem persönlichen Steuersatz.
Optionsscheine und Zertifikate: Kursgewinne werden mit 15 Prozent versteuert (Stichtag ist voraussichtlich der 21. Februar 2003).
Altfälle: Nach dem voraussichtlichen Stichtag 21. Februar 2003 unterstellt der Fiskus für alle vorher gekauften Wertpapiere einen pauschale Wertsteigerung von zehn Prozent, die versteuert wird. Nur wer exakt nachweist, dass er einen geringeren Gewinn hatte, zahlt weniger. Verluste: Lassen sich mit Gewinnen verrechnen, allerdings nur bis zur Hälfte des Gewinns im Folgejahr.
Kein Verrechnen: Spekulationsgewinne können nicht mit Verlusten aus anderen Einkunftsarten verrechnet werden. Mit einer Ausnahme: Verluste aus Finanzinnovationen (hierzu zählen auch Aktienanleihen) können mit allen anderen Einkunftsarten verrechnet werden.
Niedrigerer Freibetrag: Der Freibetrag für Spekulationsgeschäfte wird von 512 Euro auf 500 Euro gesenkt (angeblich aus „Vereinfachungsgründen“!)
Fonds: Ob hier schon das letzte Wort gesprochen ist, bleibt abzuwarten. Fondssparer müssen nämlich zum einen die vom Fonds jährlich realisierten Gewinne versteuern und die bei der Veräußerung erzielten Gewinne – sie werden also doppelt besteuert. Das passt natürlich nicht zum (staatlich geförderten) Fondssparen als private Altersvorsorge.
Aktienfonds: Der Verkaufsgewinn unterliegt der 15-prozentigen Pauschalsteuer, die nach dem Halbeinkünfteverfahren erhoben wird.
Immobilien- und Rentenfonds: Verkaufsgewinne werden mit 15 Prozent versteuert.
Ausländische Fonds: Ist der Fonds in Deutschland zum Verkauf zugelassen, wird er wie ein inländischer Fonds besteuert. Ausnahme: Bei Aktienfonds gilt das Halbeinkünfteverfahren vorläufig noch nicht (frühestens ab 1. 1. 2004). Ist der Fonds hier nicht zum Handel zugelassen, gilt der persönliche Steuersatz.
Bankgeheimnis/Kontrollmitteilungen: Um Steuersündern auf die Spur zu kommen, sollen die Kreditinstitute ab 2004 jeweils zum 31. Mai sämtliche Zins- und Dividendenzahlungen des Vorjahres an die Finanzbehörden melden. Zudem fällt das Bankgeheimnis. Jeder Steuerzahler erhält zur Identifikation künftig eine lebenslange Steuernummer.
Achtung
2004 erfährt der Fiskus Ihre Zins- und Dividendeneinkünfte des Jahres 2003. Haben Sie bisher keine oder weit geringere Einkünfte angegeben, könnte es peinliche Nachfragen geben. Lesen Sie hierzu:(„Tipps für reuige Steuersünder“)