Was Anleger von Haushaltsdefiziten lernen können

Beitrag: 1
Zugriffe: 227 / Heute: 1
das Zentrum d.:

Was Anleger von Haushaltsdefiziten lernen können

 
26.05.03 11:07

Von Chet Currier, Nachrichtenkolumnist bei Bloomberg

26. Mai 2003 Wann immer über das Haushaltsdefizit der amerikanischen Regierung gesprochen wird, sollten langfristig orientierte Anleger nicht zu genau hinhören. Wie gesund oder auch nicht die Staatsfinanzen sind, gibt Investoren wenig Aufschluß über die richtige Anlagestrategie. Das zeigt eine einfache Untersuchung, die ich durchgeführt habe.

Immer wenn eine größer werdende Lücke zwischen Einnahmen und Ausgaben das Finanzministerium zwingt, seine Kreditaufnahme zu erhöhen, heißt es, die Märkte müßten nun wieder unweigerlich leiden. Den größten Schaden werde wahrscheinlich der Rentenmarkt davontragen, wo die Regierung andere Kreditnehmer verdrängt, die Zinsen nach oben treibt und die Anleihekurse drückt.

Um herauszufinden, ob dies wirklich so ist, habe ich die Entwicklung des Haushaltsdefizits seit 1974 genauer verfolgt. Zudem habe ich mir angeschaut, wie sich ein repräsentativer Rentenfonds, der Vanguard Long Term Corporate Bond Fund, und der Aktienindex Standard & Poor's 500, in diesem Zeitraum verhalten haben.

Falls es tatsächlich einen Zusammenhang  zwischen steigenden Defiziten und sinkenden Anleihen- und Aktienkursen geben sollte, konnte ich ihn nicht entdecken. Der Rentenfonds wies selbst dann Gewinne auf, wenn das Defizit stieg. Der S&P 500 reagierte stärker, als er theoretisch sollte, und zudem noch auf eine wenig systematische Weise.

Unterschiedliche Reaktionen bei wachsendem Defizit


Das Haushaltsdefizit vergrößerte sich von sechs Milliarden Dollar 1974 auf 290 Milliarden Dollar im Jahr 1992. Die kommenden acht Jahre wurde das Haushaltsloch immer kleiner. 1998 gab es erstmals einen Haushaltsüberschuß, der im Jahr 2000 mit 237 Milliarden Dollar seinen Höhepunkt erreichte. Seitdem hat sich der Haushaltssaldo radikal verschlechtert und ist erneut ins Defizit gefallen.

Der Vanguard-Rentenfonds erzielte in den defizitären Haushaltsjahren von 1974 bis 1992 eine Rendite von 9,1 Prozent. Zwischen 1992 und 2000 waren es 7,4 Prozent, bis Ende April 2003 jährlich 11,7 Prozent. Der S&P 500 kletterte in den fiskalisch starken neunziger Jahren um 17 Prozent. Von 1974 bis 1992 entwickelte er sich allerdings mit einem durchschnittlichen Anstieg von 15,3 Prozent im Jahr fast ebenso gut. Seit Ende 2000 fiel der Aktienindex um 13,1 Prozent jährlich.

Der Einfachheit halber habe ich bei meinen Berechnungen Kalenderjahre zugrunde gelegt, obwohl das amerikanische Fiskaljahr im September endet. Eine Verschiebung der Datenreihen um ein paar Monate würde am Gesamtbild allerdings nur wenig ändern. Auch wechseln die Investoren ihre Meinung zur Entwicklung des Haushalts nicht von einem Tag auf den anderen.

Veränderte Vorzeichen

Während der kostspielige Irak-Krieg und die Vorschläge zu Steuerkürzungen in diesem Jahr die Besorgnis über das Haushaltsloch erhöht haben, sind die Kurse am Anleihe- und Aktienmarkt gestiegen. Einige Zinssätze sind mittlerweile auf einem Vierzig-Jahres-Tief. Soweit ich dies beurteilen kann, enthalten Nachrichten über die Haushaltslage für Investoren aber keinen Hinweis, wann sie Wertpapiere kaufen oder verkaufen sollten. In den vergangenen zwölf Jahren ist der Haushalt sogar eher der Entwicklung des Aktienmarkts gefolgt als umgekehrt.

Die Finanzen der Regierung sind keine Lappalie. Ob Kredite oder Steuern, es ist unser Geld, das Washington ausgibt - und das in einer enormen Größenordnung. „Die Finanzierung der Staatsschulden ist ein Zugriff auf die nationale Ersparnis“, sagt Alan Levenson, Chefvolkswirt der Investmentgesellschaft T. Rowe Price Group. „Private Investitionen, vor allem in Anlagen und Ausrüstungen, sind dagegen der Schlüssel zu langfristigem Produktivitätswachstum. Die wachsende Produktivität erhöht wiederum den Lebensstandard.“

Die Zukunft bleibt unklar

Schwierig bleibt, Trendwenden in der Haushaltsentwicklung von all den anderen Einflüßen zu unterscheiden, die auf Finanzmärkte und Wirtschaft einwirken. Das Bild wird auch von der Tatsache getrübt, daß die Märkte nach vorn blicken, statt die augenblicklichen Geschehnisse widerzuspiegeln. „Langfristige Budgetprognosen sind immer ungenau. Sie sind abhängig von unvorhersehbaren Entwicklungen wie dem Wirtschaftswachstum und den damit verbundenen Steuereinnahmen sowie Änderungen im Steuerrecht und beim Konsumverhalten“, sagt Levenson.

Bei den meisten politischen Wortgefechten zu diesem Thema geht es ohnehin nicht um das Defizit selbst. Vielmehr dreht es sich um unterschiedliche Ideologien und anders geartete Philosophien des Regierens. Welche Position auch in der Debatte eingenommen wird, halten Sie Ihr Geld da raus. Zusammenhänge zu unterstellen, wo keine bestehen, ist ganz sicher ein schlechter Rat für Ihr eigenes finanzielles Wohlergehen.



es grüßt

 € $ ¥  das Zentrum der Macht


Es gibt keine neuen Beiträge.


Börsen-Forum - Gesamtforum - Antwort einfügen - zum ersten Beitrag springen
--button_text--