WALLSTREET: Die Milliarden-Mogelpackung

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WALLSTREET: Die Milliarden-Mogelpackung

 
30.06.03 08:55
An der Wall Street lahmt momentan der Handel. Die aufregendste Nachricht stammt deshalb aus der Vergangenheit: Hunderte Firmen sollen die Anleger beim letzten IPO-Boom um mehrere Milliarden Dollar betrogen haben.

New York - Eine der dramatischsten, folgenschwersten Börsennachrichten dieser Tage ist fast untergegangen. Dabei wirft sie bei genauerem Hinsehen ein grelles Schlaglicht auf die Wall Street - oder besser gesagt: auf die betrügerische Mogelpackung, zu der die Wall Street nach Ansicht mancher verkommen ist.

Die Rede ist von jenem "Memorandum of Understanding", einer vorgerichtlichen Einigung, auf die sich in New York die Beteiligten der riesigen strafrechtlichen Verfahrenswelle wegen Börsenbetrugs verständigt haben. Angeklagt sind da, in insgesamt 309 separaten Sammelklagen, mehrere hundert Konzerne, die auf dem Höhepunkt des letzten Wall-Street-Booms mit Getöse an die Börse gegangen sind.

In einer wegen des Nationalfeiertags am 4. Juli verkürzten Börsenwoche, in der sich die Investoren weiter vergeblich nach den Bullen von 1999 sehnen, lohnt sich ein Blick zurück auf die Zeiten, die Notenbankchef Alan Greenspan als "irrationaler Überschwang" betitelte.

21 Seiten mit den Namen der Beklagten

Erinnern wir uns: "Initial Public Offering" (IPO) war damals das Wort der Stunde. Jede Klitsche, die etwas auf sich hielt, inszenierte plötzlich den US-Börsengang. Angelockt von (vermeintlich) astronomischen Kursgewinnen, reisten selbst die Chefs der Deutschen Telekom  über den Atlantik, ließen lila Werbekübel auf die Wall Street stellen und sich stolzgeschwellt am Big Board eintragen. "Echtes Parkett!" staunte ein Telekom-Manager, als er an jenem Morgen die heiligen Hallen betrat.

Doch sowohl die Ausländer wie auch die US-Investoren saßen offenbar einem Riesenschwindel auf. Der Tatbestand, inzwischen zusammengefasst unter dem Aktenzeichen 21-MC-92 beim Bezirksgericht New York Süd: Mit ihren endlosen, bewusst überbewerteten IPO's hätten über 300 US-Unternehmen, in Komplizenschaft mit 55 Investmenthäusern, die treuherzigen Anleger um mindestens eine Milliarde Dollar abgezockt.

So hoch ist jedenfalls die "minimale Schadensersatzsumme", die die inkriminierten Firmen in Geheimverhandlungen mit den Anwälten schon jetzt vorab garantiert haben. Eine endgültige Kompensation, erklärte Investorenvertreter Melvyn Weiss, könne die Fünf-Milliarden-Marke übersteigen.

Das Schockierende an dieser Nachricht sind jedoch nicht die Dimensionen. Sondern - für den, der sich die Mühe des Nachlesens macht - die Namen der Beklagten. 21 eng betippte Seiten lang ist allein die reine Auflistung.

Mit Zynismus in die Börsenwoche

Dort findet sich fast jeder klangvolle US-Börsennovize des Internet- und Wall-Street-Booms. Etwa: AskJeeves, Buy.com, DoubleClick, Etoys, Expedia, Global Crossing, Handspring, Hoover's, Juniper, Marketwatch.com, Mcafee, MP3.com, Nextel, Palm, Priceline.com, Quest, Razorfish, TheStreet.com, WebMD.

Außerdem zahllose Firmen mit dem feschen Bestandteil "Internet", "Digital", "Media" oder "Net" im Namen. Sowie, wohl noch nicht genug verklagt, der Konzern der unseligen Haushalts-Queen Martha Stewart, die den Brokern bei ihrem Börsengang Kanapees serviert hatte.

Da fällt es schwer, ohne Zynismus auf die neue Börsenwoche zu blicken. Denn deren beachtlichstes Ereignis sind diesmal - Tusch! - IPO's. Ausgerechnet: Nach langer Flaute gibt es auf einmal gleich zehn neue Börsen-Premieren in einer kurzen Woche. Das sind zwei mehr als im gesamten Monat Mai.

Der Dow in der Grube

Als hätten die Börsianer die schmerzhaft-teuren Erfahrungen der letzten IPO-Hysterie vergessen. Schon sieht IPO-Experte Brad Hintz von Bernstein Research "Licht am Ende des Tunnels" auf dem malträtierten IPO-Markt. "Ist dies ein Zeichen des lang erwarteten Aufschwungs?" fragt er in einem Memo an seine Kunden.

Der Mann hat Nerven. So ähnlich hatte der letzte IPO-Boom Ende der 90er Jahre auch begonnen - jener Boom, der jetzt in 309 Milliardenklagen zu seinem ruhmlosen Abschluss findet.

Dem Dow, am Freitag erstmals seit Anfang Juni wieder unter 9000 gerutscht, dürfte es da schwer fallen, in den nur dreieinhalb Handelstagen dieser Woche zumindest zufrieden stellend aus der Grube zu klettern.

Hofieren in Paris

"Wir sind in einer Konsolidierungsphase", sagt Analyst Peter Boockvar von der Investmentfirma Miller Tabak. Da sind sich die Experten ausnahmsweise mal weitgehend einig: Die Anleger warten ab. Und zwar erstens bis nach dem langen Wochenende, und zweitens bis zur nächsten Bilanzrunde.

Die "nur" 0,25-prozentige Leitzinssenkung, mit der die Federal Reserve die Erwartungen der Wall Street enttäuschte, und der im Juni aufgrund anhaltend schlechter Arbeitsmarkt- und Industriezahlen wieder leicht geschwundene Verbraucher-Optimismus taten das ihre, um die Börsianer erst mal innehalten zu lassen.

Während die gesamten USA also, privat wie finanziell, in Kurzurlaub gehen, fliegt auch Jeffrey Immelt, der CEO von General Electric, von New York nach Paris - doch weitgehend dienstlich. Auf dem Arbeitsprogramm steht an der Seine auch ein Treffen mit Jean-René Fourtou, Immelts Gegenpart beim Medienmulti Vivendi.

Denn Vivendi, das seine Entertainment-Filiale Universal abstoßen will, wird von diversen Firmen umworben. Darunter: Viacom (CBS, MTV), Metro-Goldwyn-Mayer, der Investor Marvon Davis, John Malones Liberty Media und der frühere Chef von Universal, Edgar Bronfman.

Nun drängt sich ein neuer Interessent hinzu: Das TV-Network NBC, eine GE-Tochter. Immelt will Fourtou in Paris persönlich hofieren und ihm, so ein Insider, "die Farben von NBC" zeigen.

Das ist das Mindeste, was Fourtou erwarten kann. Der Gesamtwert von Universal wird auf 15 Milliarden Dollar geschätzt.

Wer weiß: Vielleicht gibt's am Ende dieser trüben Börsenwoche, außer dem traditionellen Fourth-of-July-Feuerwerk über dem abendlichen East River, auch an der Wall Street dann doch noch ein paar unverhoffte, laute Böller.

spiegel.de
mob1:

Klagewelle rollt auf Wall Street zu

 
30.06.03 17:17
Anlegeranwälte fordern Milliarden von Investmentbanken


Klagewelle rollt auf Wall Street zu


Von Tobias Moerschen


Seit dieser Woche ermittelt die US-Börsenaufsicht SEC auch gegen Morgan Stanley wegen unfairer Praktiken bei Börsengängen. Es dürfte eines der letzten Verfahren sein, das neu eröffnet wird. Die US-Behörden haben ihre Untersuchungen gegen Wall-Street-Banken weitgehend abgeschlossen. Die meisten Institute haben erwartete Strafen und Ausgleichszahlungen bereits abgeschrieben.
NEW YORK. Doch aufatmen können die Banken noch lange nicht. Denn als nächstes droht ihnen eine Klagewelle enttäuschter Anleger – und die dürfte teuer werden. „Allein unser Verfahren könnte die Banken viele Milliarden Dollar kosten“, sagt Melvin Weiss von der Milberg, Weiss, Bershad, Hynes & Lerach LLP, der führenden US-Kanzlei für Anlegerklagen. Weiss betreibt federführend eine Sammelklage gegen 55 Banken und über 300 Unternehmen. Darin geht es um unsaubere Praktiken bei Börsengängen. Vergangene Woche lehnte Richterin Shira Scheindlin den Antrag der beklagten Banken ab, das Verfahren niederzuschlagen. Nach US-Recht dürfen die Anlegeranwälte jetzt alle möglichen Dokumente von den Banken anfordern, um ihre Vorwürfe zu beweisen.

Weiss und seine Anwaltskollegen haben bereits mehr als 1 000 Personen befragt. Heerscharen von Anwälten werden in den nächsten Monaten die E-Mail-Verzeichnisse und Archive bei Investmentbanken durchstöbern, um Hinweise auf mögliche Gesetzesverstöße zu finden. Neben der von Weiss betreuten Sammelklage sind weitere Verfahren anhängig, die sich auf den Bilanzbetrug beim bankrotten Energiehändler Enron beziehen. Außerdem hat der Skandal um den Telekomkonzern Worldcom zu mehreren Anlegerklagen geführt.

Die Wall-Street-Häuser haben bereits hohe Kosten einkalkuliert. So legte die weltgrößte Bank Citigroup mit der Investmenttochter Salomon Smith Barney 1,3 Mrd. $ für Entschädigungszahlungen an Anleger zurück. JP Morgan Chase nahm eine Rückstellung von 900 Mill. $ vor. Die Investmentbank Credit Suisse First Boston, Tochter der Schweizer Credit Suisse, legte 450 Mill. $ zur Seite. Alles in allem haben die Institute laut Experten rund drei Milliarden Dollar zurückgestellt.

Ob das reichen wird, können selbst Experten schwer abschätzen. Zum einen ist die Situation von Bank zu Bank sehr verschieden. Zum anderen sind die Entscheidungen der Laienjuries, die in den USA Gerichtsurteile fällen, traditionell kaum vorhersehbar. „Es ist unmöglich, die Belastung im Einzelfall vorherzusagen, geschweige denn das Gesamtvolumen abzuschätzen“, sagt Tom Foley, der für die Ratingagentur Standard & Poor’s die Kreditwürdigkeit der großen Wall- Street-Häuser beurteilt. Er erwartet allerdings in keinem Fall so hohe Zahlungen, dass das das Kreditrating einer Bank gefährdet wird.

Die Experten haben die Skandale um geschönte Aktienanalysen und Kurstreiberei jedoch schon mehrfach unterschätzt. So galt die Summe von 100 Mill. $ zunächst als hoch, mit der Merrill Lynch eine Untersuchung des New Yorker Generalstaatsanwalts Eliot Spitzer beilegte. Spitzer hatte interne E-Mails veröffentlicht, in denen ein Merrill-Analyst Unternehmen als „Schrott“ bezeichnete, deren Aktien er offiziell zum Kauf empfahl.
Doch 100 Mill. erscheinen niedrig gegenüber den 1,5 Mrd. $, die führende Wall-Street-Häuser jetzt im Rahmen einer übergreifenden Einigung an verschiedene US-Regulierungseinrichtungen zahlen. Allein Citigroup zahlt 400 Mill. $. Die Banken wollen damit eine ganze Reihe von Untersuchungen beilegen – von Spitzer, der SEC und der Aufsicht der New Yorker Börse sowie der Händlerorganisation National Association of Securities Dealers.

Die anlaufenden Anlegerklagen könnten die Banken weitere Milliarden kosten. Ein Vorteil für die Anwälte ist, dass sie auf die Vorarbeit der Behörden zurückgreifen können. So legte die SEC Hinweise vor, wonach die CSFB von Anlegern überhöhte Handelsgebühren verlangte als Gegenleistung dafür, dass sie bei Börsengängen heiß begehrte Aktien zugeteilt bekamen.

Außerdem mussten Investoren sich verpflichten, am ersten Handelstag weitere Aktien nachzukaufen. „Damit wurden die Kurse künstlich nach oben getrieben und die Anleger geschädigt, die zu diesen überhöhten Preisen gekauft haben“, sagt Anwalt Weiss. Die Untersuchungen von Staatsanwalt Spitzer trugen nach seinen Angaben wesentlich dazu bei, dass das Gericht die Argumente der Kläger ernst nahm.


HANDELSBLATT, Freitag, 28. Februar 2003, 11:08 Uhr




UND




Der heimliche Betrug

Von Dirk Harbecke
Voller Unglauben habe ich am Wochenende gelesen: Milliardenvergleich an Wall Street! Mehr als 300 Firmen, die Anleger beim Neuemissions-Boom von 1997 bis 2000 um mehrere Milliarden US-Dollar betrogen haben sollen, haben sich nun mit den Sammelklägern in einer vorgerichtlichen Einigung auf die Zahlung von mindestens einer Milliarde Dollar verständigt – vorausgesetzt, die 55 beteiligten Investmentbanken stimmen ebenfalls einem Vergleich zu. Dafür werden die Heerscharen von Anwälten in den kommenden Monaten schon sorgen, mit Hilfe der neuen Informationen und Dokumente der kooperationswilligen Unternehmen.

Was mich an dieser Nachricht so entsetzt, ist nicht die Höhe der Kompensation, die nach Informationen von „Spiegel-Online“ gar die 5 Milliarden-Marke übersteigen könnte. Schockierend sind die Anzahl und die klangvollen Namen der Sünder. Warum sollten 309 Unternehmen einem Vergleich zustimmen, wenn sie sich nicht schuldig fühlen, zu hohe Emissionspreise aufgerufen und Hand in Hand mit Banken Anleger geschädigt zu haben? An die Ärgernisse eines Gerichtsverfahrens ist jeder von ihnen gewöhnt und mit einer erfahrenen Rechtsabteilung gewappnet. Zu den Beklagten zählen einstige Börsenstars und heutige Branchenführer wie DoubleClick, Expedia, Juniper, Palm und Priceline. Sogar Finanzmedien wie Marketwatch.com und TheStreet.com stehen auf der Liste.

Noch überraschender als der Vergleich war für mich, dass diese Meldung trotz des eher langweiligen Wochenausklangs an den US-Börsen kaum Beachtung in den Medien fand. Halten es Journalisten inzwischen für so selbstverständlich, dass nicht nur die Banken, sondern auch Hunderte Unternehmen während des zurückliegenden Börsenbooms Privatanleger prellten? Ich vermute eher, dass derzeit der eine oder andere Rücksicht auf die wieder erstarkende Psyche der Aktionäre nimmt und neue Hiobsbotschaften nur zaghaft verkündet werden, auch wenn es sich um eine der größten Sammelklagen in der Geschichte der Wall Street handelt.

Investoren sind derzeit mit einem gesunden Misstrauen gegenüber Aktien noch gut bedient. Schließlich bleiben auch die Banken bei ihren bewährten Praktiken: Nachdem die Börsen in den vergangenen drei Monaten den höchsten Quartalsanstieg seit fünf Jahren verzeichnet haben, halten sie nun die Zeit für reif, wieder Neuemissionen zu plazieren. Allein in dieser verkürzten Handelswoche gibt es in den USA zehn Börsen-Premieren – mehr als im gesamten Monat Mai. Im deutschsprachigen Raum wird der Börsengang der Bank Austria am 9. Juli der erste Härtetest.


Dirk Harbecke ist Börsenexperte und Finanzkolumnist.


brokergold:

Klagewelle ist welt weit

 
30.06.03 17:34
und das wird auch noch eine weile dauern
dennoch sehe ich einnen Dax ende des jahres auf 4000punkten
koniungtur noch sehr schwach und braucht noch zeit.
hir helfen auch keine zinssenkung da muß was anderres geschehen.
dann kommen noch die schweren zeiten auf uns zu .
arbeits losen zahlen die dürften langsam auf die 5 millionen kommen.
einschätzungen der marktlage in Deutschland
das alles wird den weltmarkt nochmal runderdrücken.
das ist meine einschätzung
gruß brokergoldWALLSTREET: Die Milliarden-Mogelpackung 1079432
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