Stimmungen sind keine Fakten

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jack303:

Stimmungen sind keine Fakten

 
04.06.02 11:00
 

Hans Bernecker: Stimmungen sind keine Fakten
Mails/Nachrichten vom 04.06.2002, Bernecker & Cie.

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Guten Morgen, meine Damen und Herren,
das hätte nicht passieren dürfen. Aber der Rücktritt eines dubiosen Chefs (TYCO) und der Selbstmord des Finanzchef einer anderen Adresse (EL PASO) haben eine ähnliche Wirkung wie „New York“ im Miniformat. Das sind natürlich keine schönen Nachrichten, aber Stimmungen sind etwas anderes als Fakten, und deshalb ist dies keine Tröstung für Sie, sondern eine unverändert objektive Analyse der augenblicklichen Lage.

Bis hierher und nicht weiter, lautet mein Ansatz sowohl für Dow Jones als auch Nasdaq. Im Dow Jones wäre dies das Niveau vom Januar/Februar bei rd. 9.700 und im Nasdaq orientiere ich mich an dem Tief des letzten September, wie schon früher begründet. Ausgedrückt im NASDAQ 100, der gestern bei 28,87 $ landete und damit das Tief vom September bis auf ganz wenige Cents erreicht hat. Beide müssen nun halten.

Die Technik dazu: Die bekannten Relationen liegen weitgehend im Minus. Das tatsächliche Umsatzvolumen zeigt aber keine wesentliche Ausweitung. Das bedeutet, daß es keinen massiven Verkaufsdruck gibt. Kursabschläge von 20 % und mehr für die oben bezeichneten Titel liefen zudem bei relativ mäßigen Umsätzen. Natürlich bin ich froh, daß ich nach ENRON auch bei TYCO nicht dabei bin. Ich prognostiziere Ihnen gleichwohl: Alle, die in den letzten Jahren massiv extern gewachsen sind, sind zu überprüfen. Gleichgültig, wo die Probleme liegen: Entweder in der Bilanz oder den damit zusammenhängenden steuerlichen Folgen. Meiden Sie alle Titel, hinter denen eine derartige Strategie gestanden hat. Dazu gehören auch so illustre Adressen wie GE, die ich nach wie vor mit größtem Mißtrauen beäuge. Wehe, wenn hier etwas Derartiges passiert. Damit sind die vier Haupttitel im Dow angesprochen, die sich meinem vermutlichen Tief weiter annähern: MICROSOFT gestern bis 49,17 $, IBM bei 78 $, GE bei 29,95 $ und INTEL bei 26,44 $. Bevor diese vier Aktien nicht einen einwandfreien Boden gefunden haben, findet auch der Gesamtmarkt keinen zuverlässigen Ausgangspunkt.

Die Konjunktur läuft unterdessen weiter warm. Wie gestern avisiert, gibt es heute schon 5-Spalter zum US-Aufschwung. Der US-Einkaufsmanager-Index dürfte übrigens im Juni den bisherigen Gipfel vom November 1998 überschreiten. Das ist meine Prognose für Ende dieses Monats. Die Schätzung für das Wirtschaftswachstum der Amerikaner sprang gestern auf wiederum 4,7 %. Vergleichen Sie diese Zahl bitte mit den Vermutungen der „Experten“ vor weniger als 14 Tagen. Ergo:

Eine Börse ist mittelfristig so gut, wie sie von soliden Wirtschaftsdaten getragen wird. Allein daran können Sie sich orientieren. Meine Konjunktur-Titel liegen alle im Plus, kein einziger zeigt eine Schwäche, und dabei bleibt es. Bei COCA-COLA bitte aufpassen, weil ein Patentstreit mit PROCTER & GAMBLE entstanden ist, den ich nicht bewerten kann. Ergo: COCA-COLA glattstellen und abwarten. Neue Kaufbasis 48 $. Dagegen wiederhole ich meine Kaufempfehlung für PHILIP MORRIS mit gestern knapp 58 $ und den weiteren Gründen in der nächsten AB. Ich nenne auch zwei weitere Titel dieser Art für neue Investments.

Schaffen die Amerikaner den Einstieg bei HDW direkt? Heute morgen gerüchtet, daß NORTHROP 20 % an HDW erwerben will oder wird. Das wäre ein neuer Kaufgrund für NORTHROP nach inzwischen gut 60 % Kursgewinn gegenüber meinen Empfehlungen. Alles natürlich unter dem Vorbehalt der Genehmigung, aber ich bin sicher, daß die Amerikaner sich HDW unter den Nagel reißen. HDW ist übrigens im Sektor konventioneller U-Boote Weltmarktführer mit einem Anteil von knapp 60 %.

Frankfurt wird heute morgen versuchen, New York nachzuzeichnen. Ich bin aber nicht sicher, daß man dies durchhält. Am Ende gibt es eher ein Plus als ein Minus. Denn TYCO u. a. stehen nicht für den mittelfristigen Trend. Unverändert weise ich darauf hin: Die Achillesferse im DAX ist jetzt weniger die TELEKOM-Aktie als die drei Technologietitel, die die schlechteste Markttechnik von allen zeigen. Ihr Gewicht im DAX liegt aber immerhin bei 15 bzw. 20 %, je nachdem, ob man SIEMENS mit einbezieht. Dennoch als Leitlinie: Bezogen auf die Gewinnschätzungen aller DAX-Aktien per 2003 ergibt sich zur Zeit nur noch ein KGV von weniger als 16. Im MDAX übrigens 13. Das ist eine der tiefsten Bewertungen der letzten Jahre. Warum sage ich das?

Unterscheiden Sie zwischen Einmalergebnissen und einem Trend. Als kürzlich eine Aktie wie LOEWE von einem Analystenteam heruntergestuft wurde, sackte die Aktie von beinahe 10 E. in wenigen Tagen bei hohen Umsätzen ab. Inzwischen steigt sie wieder, aber bei Umsätzen von nur 4.000 Stück. Bei RHÖN-KLINIK lief es ähnlich, wie ich in der AB kommentiert hatte. Gleiches bei TECHEM vor 10 Tagen. Also:

Solche Gelegenheiten zu nutzen, halte ich weiter für attraktiv. Das ist klassisches Stock picking mit guten Daten und einem am Ende erfreulichen Ergebnis. Technologie-Freaks haben damit ihr Problem, wie ich zugebe, sie verlieren damit jedoch Geld, statt zu verdienen. Achten Sie auch darauf: Seit drei Tagen versucht ein größerer Fonds, die ALTANA-Position zu verringern. Also gibt es Druck auf den Titel mit Risiko bis 52/53 E. Die Spitze lag bei 65 E. Mit neuen Zahlen hat das nichts zu tun, aber mit dem, was einzelne Marktteilnehmer gerade unternehmen. Die neue WELLA-Akquisition in USA ist noch nicht ganz im Kurs berücksichtigt. Ich wiederhole daher meine kürzliche Empfehlung mit aktuellem Kursziel bis 72 E.

Die Gold-Spekulation ist noch nicht zu Ende. Machen Sie sich keine falschen Vorstellungen. Das längerfristige Kursziel reicht bis 400 $ je Unze und darüber. Kürzerfristig gibt es jedoch größere Schwankungen, die sich aus der Markttechnik des Goldpreises erklären. Mindestens eine Goldaktie sollten Sie im Depot führen. Einen gewissen Mittelweg erläutere ich in der nächsten AB und bitte, dies zu beachten.

Den Dollar sehen Sie bitte so, wie gestern beschrieben. Wenn alle auf dem Trip sind, daß der Dollar kollabieren soll, gehen Sie auf die Gegenseite. Warum der Dollar schwach werden würde, hatte Greenspan im März avisiert und ich habe dies ernst genommen. Die sich daraus ergebenden Folgen skizzierte ich im Brief Nr. 13. Das war bei rd. 84 Cents. Ab 94/95 Cents wird Kasse gemacht.

Grundtendenz für heute: Das beste Fundament Ihrer Entscheidungen sind die Konjunkturdaten. Halten Sie sich bitte allein daran.

Herzlichst Ihr

Hans A. Bernecker
 




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