Steuerreform: Anleger unter Zugzwang

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Nassie:

Steuerreform: Anleger unter Zugzwang

 
18.12.03 10:39

Verlustvorträge nur noch dieses Jahr voll anrechenbar - Niedrigerer Sparerfreibetrag verärgert
von Thomas Exner und Holger Zschäpitz

Berlin -  Einer Berufsgruppe hat die Bundesregierung mit dem Hickhack um ihre Steuerreform besonders die vorweihnachtliche Ruhe geraubt: den Bankberatern. "Unsere Kunden sind verunsichert. Statt Weihnachtsgeschenke zu kaufen, müssen wir Überstunden machen. Denn es war selten so lukrativ wie heute, das Depot steuerlich noch einmal durchchecken zu lassen", stellt Helmut Matz, Privatkundenstratege bei der Hypo-Vereinsbank, fest.


Selbst in den letzten Tagen vor dem Fest bleiben die Anleger in diesem Jahr von Überraschungen nicht verschont. So wurde jetzt publik, dass im Zuge der vorgezogenen Steuerreform auch der Sparerfreibetrag um zwölf Prozent gekürzt werden soll. Wahrlich keine frohe Botschaft für Sparer.


"Erst jetzt lichten sich allmählich die Nebel über die im Januar bevorstehenden Änderungen", so Joachim Krämer, Steuerexperte bei der Kanzlei Cleary, Gottlieb, Steen und Hamilton. "Nun heißt es, innerhalb weniger Tage zu agieren."


Aktueller Handlungsdruck besteht vor allem bei möglichen Verlustvorträgen. Denn ab 2004 gilt auch für Anleger die so genannte Mindestbesteuerung, wonach Verluste aus Vorjahren nur noch maximal zu 60 Prozent auf Spekulationsgewinne in späteren Jahren angerechnet werden können. Die Zeiten einer steuerlichen Nullrechnung sind damit auch für wagemutige Investoren vorbei. "Wer über Verlustvorträge verfügt und ohnehin innerhalb der Spekulationsfrist noch Gewinne realisieren muss oder will, sollte dies deshalb in diesem Jahr tun", empfiehlt Krämer. Ein Beispiel: Ein dem Spitzensteuersatz unterliegender Investor, der über einen Verlustvortrag, etwa aus Spekulationsgeschäften von 5000 Euro verfügt, kann in diesem Jahr bei entsprechender Gegenrechnung gegen Gewinne immerhin noch rund 2600 Euro an Steuern sparen. 2004 wären es dagegen auf Grund des ermäßigten Spitzensteuersatzes und der Mindestbesteuerung nur noch maximal 1460 Euro.


In Sachen Sparerfreibetrag ist der Handlungsspielraum allerdings begrenzt - zumindest dann, wenn man nicht bereit ist, höhere Risiken bei der Anlage einzugehen. Denn das Standardrezept, sich gegen den verstärkten staatlichen Zugriff auf Zinseinnahmen zu wehren, lautet: umschichten in Dividendenpapiere. "Bei diesen Ausschüttungen gilt nämlich auch in Zukunft das Halbeinkünfteverfahren - das heißt, dass man doppelt soviel Erträge steuerfrei vereinnahmen kann wie bei Zinsanlagen", sagt Krämer. Der Preis dafür ist allerdings eine deutlich höhere Schwankungsfälligkeit des Investments. Dividenden und der Kurs der Aktien sind eben alles andere als sicher. Für viele dürfte es daher attraktiver sein, dem verstärkten Abgabendruck durch die akribischere Gegenrechnung von Werbungskosten auszuweichen (siehe Text unten).


Auch bei derivativen Produkten wie Investmentzertifikaten sollten Anleger in Zukunft aus steuerlichen Gründen noch genauer hinschauen. Denn bei vielen dieser derzeit sehr gefragten Anlagevehikel fallen die Erträge auch in die Zinskategorie - deshalb schlägt der Fiskus hier ab 2004 ebenfalls schneller zu. Abgabenmäßig attraktiver sind Konstruktionen, bei denen nur Gewinne entstehen, die der Spekulationssteuer unterliegen und damit nach einem Jahr steuerfrei vereinnahmt werden können. Für Privatanleger ist es allerdings oft schwer zu erkennen, ob Zins- oder Kurserträge generiert werden. Selbst Profis müssen bei jedem einzelnen Produkt genau hinschauen. "Als Daumenregel lässt sich aber sagen, dass jegliche Kapitalgarantie für eine Zinssteuerpflicht auf die gesamten Einkünfte aus einem Investmentzertifikat spricht", konstatiert Sylvianne Heinemann, Zertifikatespezialistin bei Merrill Lynch.


Immerhin in einer Hinsicht bringt das Jahr 2004 für Anleger aber auch steuerliche Vorteile. Wer ausländische Investmentfonds besitzt oder kauft, braucht ab Januar keine steuerliche Diskriminierung mehr zu befürchten. Ein in Luxemburg ansässiger Fonds wird dann vom Fiskus genauso behandelt wie sein in Frankfurt beheimatetes Pendant. Das bedeutet: Auch bei ihnen kommt das Halbeinkünfteverfahren zum Zuge, während bislang die Veräußerungsgewinne innerhalb der Spekulationsfrist voll versteuert werden mussten.


Auf jeden Fall heißt es für Sparer aber auch im kommenden Jahr, die Diskussion der Steuerpolitiker nicht aus den Augen zu verlieren. Denn mit dem Jahreswechsel 2004/2005 könnte die Spekulationsfrist abgeschafft und durch eine Abgeltungssteuer auf sämtliche Ertragsformen abgelöst werden. Dies dürfte für manch ein Portfolio noch gravierendere Änderungen als die aktuelle Steuerreform bedeuten. Wer sich frühzeitig darauf einstellt, kann dem nächsten Weihnachtsfest gelassener entgegen sehen - vorausgesetzt, die Politik schafft auch rechtzeitig genug klare Verhältnisse.


Welt.de
Nassie:

Entlastung soll rechtzeitig ankommen

 
18.12.03 19:25
Finanzministerium: Steuerentlastungen kommen rechtzeitig bei Bürgern an
 
BERLIN (dpa-AFX) - Die für 2004 geplanten Steuerentlastungen in Höhe von rund 15 Milliarden Euro werden nach Angaben des Bundesfinanzministeriums rechtzeitig bei den Steuerzahlern ankommen.

Nach dem Reformkompromiss würden alle Arbeitgeber"jetzt schnellstmöglich in die Lage versetzt", mit den neuen Lohnsteuertabellen zu arbeiten und die ab Januar geltenden niedrigeren Steuersätze anzuwenden. Sollte es in Einzelfällen zu"rein technisch bedingten Verzögerungen kommen", würden die zu viel einbehaltenen Steuern automatisch rückwirkend ausgezahlt, erklärte das Ministerium am Donnerstag in Berlin.

Zeitliche Verzögerungen könnten sich lediglich bei Beamten ergeben, da die Januar-Gehälter bereits Ende Dezember ausgezahlt würden. Auch bei kleineren Unternehmen könnte es Verzögerungen geben. Das Ministerium verwies darauf, dass die mit der zweiten Reformstufe beschlossenen Steuersenkungen seit langem im Gesetzblatt stehen und daher von allen Arbeitgebern berücksichtigt werden konnten. Auch für die kürzlich im Vermittlungsausschuss beschlossene zusätzliche Steuersenkung sei genügend Vorsorge getroffen worden.

Das Ministerium werde zeitnah einen Programmablauf für die maschinelle Ermittlung der Lohnsteuer für 2004 herausgeben. Anbieter entsprechender Computersoftware seien damit in der Lage, ihren Kunden in kürzester Zeit aktualisierte Programme bereitzustellen. Da Arbeitnehmergehälter für Januar 2004 häufig Mitte oder Ende Januar ausgezahlt würden, hätten Arbeitgeber Zeit für Programmierarbeiten./DP/sbi


Nassie:

Mogelpackung Steuerentlastung

 
18.12.03 21:10
2004 rund 636 Millionen Euro Steuerentlastung


Nach der Entlastung kommt die Belastung


Um insgesamt 636 Millionen Euro sollen Arbeitnehmer und Unternehmen in Deutschland durch die Steuerbeschlüsse des Vermittlungsausschusses im kommenden Jahr entlastet werden, so Berechnungen des Finanzministeriums, die der Nachrichtenagentur Reuters am Donnerstag in Berlin vorlagen.


HB BERLIN. Nach der Aufstellung steigen die Belastungen schon im Folgejahr auf rund acht Mrd. € an und erreichen 2007 mit rund 10,3 Mrd. € ihre Spitze. Trotz der deutlichen Mehreinnahmen des Staates durch Subventionsabbau und Steuerrechtsänderungen im Unternehmensbereich bleibt die Lage der Haushalt weiterhin angespannt. Zwar soll das Staatsdefizit nach dem Zahlentableau 2004 um rund 0,23 %punkte von derzeit 3,5 % des Bruttoinlandproduktes sinken. 2005 geht es über den bislang angenommenen Wert von rund 2,5 % um etwa 0,22 %punkte hinaus.

Die geringe Entlastung im Jahr 2004 und die Mehrbelastung in den Folgejahren ergibt sich durch das komplette Volumen der Beschlüsse des Vermittlungsausschusses zwischen Bundestag und Bundesrat. Dabei wird die einmalige Steuersenkungen von rund neun Mrd. € im kommenden Jahr etwa mit einer dauerhaften Kürzung der Entfernungspauschale, der Pendlerpauschale und der höheren Tabaksteuer verrechnet. Auch fallen die Senkung etwa des Arbeitnehmerpauschbetrages (220 Mill. € Mehreinnahmen im Jahr 2004) und des Sparerfreibetrags (100 Mill. € Mehreinnahmen 2004) ins Gewicht. Für Unternehmen führt die Einschränkung des Verlustvortrages, die geänderten Abschreibungsregeln und die Reform der Gesellschafterfremdfinanzierung zu zusätzlichen Belastungen im kommenden Jahr und in den Folgejahren.



Trotz der deutlich geringer als geplant ausfallenden Steuersenkung 2004 wird Deutschland nach der Aufstellung die europäisch vereinbarte Defizitobergrenze von drei Prozent des Bruttoinlandproduktes zum dritten Mal in Folge reißen. Auch 2005 kommt es wieder deutlich der Obergrenze nahe. Die Europäische Union hatte Deutschland noch erlaubt, 2004 die Defizitregel zu verletzten. Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) hatte sich jedoch nach heftigem Streit mit der Europäischen Kommission dazu verpflichtet, den Maastrichter Vertrag 2005 wieder einzuhalten.

Durch das nur teilweise Vorziehen der Steuerreform stehen Bund, Länder und Gemeinden im Vergleich zu den Plänen der Bundesregierung im kommenden Jahr rund fünf Mrd. € mehr zur Verfügung. Alleine beim Bund sind es 2,174 Mrd. €. Nach Angaben des Finanzministeriums wird dies jedoch nicht dazu führen, die für 2004 im Bundesetat vorgesehene Nettokreditaufnahme zu senken. Es werde voraussichtlich bei einer Neuverschuldung von 29,3 Mrd. € bleiben.

Weil der Vermittlungsausschuss jedoch auch den von Eichel geplanten Abbau von Subventionen deutlich zusammengekürzt hat, wird sich nach den Berechnungen die Lage der öffentlichen Haushalte im Jahr 2005 wieder verschlechtern. Alleine für die Jahre 2005 und 2006 müssen Bund, Länder und Gemeinden jeweils mit rund fünf Mrd. € weniger rechnen als Eichel dies vorgesehen hatte. 2007 sind es bereits rund sechs Mrd. und 2008 etwa 6,4 Mrd. €.

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