Sicherheit treibt die Kurse

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Sicherheit treibt die Kurse

 
28.10.01 16:20
Sicherheit treibt die Kurse

Die Angst vor Terroranschlägen löst bei Videokonferenz-Systemen, Internet-Ausrüstungen und Datenspeichern einen Boom aus    

Wenn PR-Agenturen anfragen, lassen sich Journalisten normalerweise Zeit. Vergangene Woche war das anders. Da schickte die Firma PR Newswire per Fax und E-Mail ein Rundschreiben an 30.000 Journalisten. "Bevorzugen Sie, unsere Informationen künftig per E-Mail oder Fax anstatt auf herkömmlichem Postweg zu erhalten?", fragte die amerikanische PR-Agentur. Innerhalb von 25 Minuten hatten bereits 1000 Empfänger reagiert, nach zwei Stunden waren es 2000. Einhellige Antwort: keine normalen Briefe mehr!
Die Furcht vor neuen Milzbrandanschlägen beschleunigt den Trend weg von der Briefpost zur E-Mail. Ein typisches Muster: "An den Ereignissen seit dem 11. September fällt besonders auf, dass sich bereits vorhandene Tendenzen deutlich verstärken", erläutert Matthias Horx, Gründer des Zukunftsinstituts und Autor mehrerer Bücher zum Thema Trends und Zukunft. Bereits gezeigt hat sich dieses Phänomen unmittelbar nach den Anschlägen auf die USA. Die neue Flugangst wirkte wie ein Turbo auf die Nachfrage nach Videokonferenz-Systemen. Dem Kurs des weltweit führenden Anbieters Polycom fehlten lange Zeit die Impulse, nach der Wiedereröffnung der US-Börsen legte er binnen einer Woche 37 Prozent zu. Polycom hat gerade die Firma PictureTel, weltweit größter Anbieter von PC-basierten Konferenz-Systemen, übernommen. Die Analysten sehen nach dem Abklingen der ersten Euphorie offenbar weiteres Potenzial: Von den Experten, die der Finanzdienstleister Bloomberg seit den Anschlägen befragte, raten acht zum Kauf der Aktie, nur einer stuft Polycom mit "reduzieren" ein.

Das Ausweichen auf die E-Mail aus Angst vor dem "Tod in der Post" scheint der nächste Trendverstärker zu sein. Das US-Marktforschungsinstitut IDC schätzt, dass sich die Zahl der verschickten E-Mails bis 2005 auf rund 17 Milliarden täglich verdoppeln wird. Und gleichzeitig werden die Daten, die auf elektronischem Wege verschickt werden, immer umfangreicher.
Beispiel ChevronTexaco: Auf der Suche nach Öl produziert die US-Gesellschaft Bilder von seismischen Strukturen in aller Welt. "50 bis 60 Gigabyte umfasst ein solches Bild", sagt Farkhanda Khan, IT-Managerin bei dem Unternehmen. Schon mit der Hälfte dieser Datenmenge wäre die Festplatte eines handelsüblichen PC voll belegt. "Diese Daten werden zwischen unseren Niederlassungen in aller Welt, von Angola über Nigeria bis nach Texas, abgeschickt, bearbeitet und wieder weitergeschickt."
Zwei Branchen werden vom Trend zum Datenwachstum besonders profitieren. Einerseits die Hersteller und Ausrüster für die Datenübertragungswege. Zum anderen jedoch auch die Hersteller von Speichermedien und -software. Denn je mehr Daten verschickt werden, desto mehr muss gespeichert werden und umso schwieriger wird es, die Daten auf den Festplatten wieder zu finden.
Dieser Bedarf an zusätzlicher Kapazität ist ein Silberstreif am Horizont der Netzwerkausrüster, die mit Produkten wie Glasfaserkabeln und Routern, den "Internet-Kreuzungen", die Voraussetzungen für schnellen und problemlosen Datentransfer schaffen. Sie hatten den Internet-Boom falsch eingeschätzt und standen plötzlich mit Lagerbeständen da, die keiner mehr brauchte. Zuerst geriet Lucent ins Trudeln, dann folgte Nortel, und schließlich erwischte es auch Branchenprimus Cisco Systems. "Zumindest Cisco scheint aber das Schlimmste hinter sich zu haben", sagt Analyst Ken Leon von ABN Amro, der den Netzwerkausrüster als "Top Pick" zum Kauf empfiehlt. Auch den kleineren, aber flexibleren Konkurrenten Juniper Networks hat Leon auf seiner Empfehlungsliste. "Die jüngsten Zahlen waren überraschend gut", sagt er. "Nur das Umsatzwachstum lässt zurzeit noch zu wünschen übrig."
Wachstum garantiert ist dagegen im Markt für Datenspeicher und Speichersoftware, auch Storage genannt. Er gehört zu den am schnellsten wachsenden Segmenten der IT-Branche. "Während vor fünf Jahren ungefähr 75 Prozent der IT-Investitionen in Server flossen und nur 25 Prozent in Storage, sind es heute ungefähr jeweils 50 Prozent", sagt William Lewis, Analyst bei JP Morgan Chase. "In zwei Jahren wird das Verhältnis 75 zu 25 Prozent zu Gunsten von Storage betragen", glaubt er.
Gleichzeitig verfallen die Preise. "Seit 1996 sanken die Kosten für ein Megabyte Speicherplatz auf ein Zehntel", sagt Dan Warmenhoven, Chef des US-Storage-Herstellers Network Appliance. "Jeder will für immer weniger Geld immer mehr Daten speichern", berichtet er.
Daneben tobt derzeit jedoch auch ein Kampf der Systeme. Er rankt sich um die Begriffe SAN und NAS. Einfach ausgedrückt, bietet SAN den schnelleren Übertragungsweg der Daten, die Verwaltung ist aber komplexer. Bei NAS-Speichern ist dagegen die Datenübertragung etwas langsamer, das System lässt sich dafür leichter handhaben.
Insgesamt gibt es mehrere Dutzend Unternehmen in diesem Markt. Es schälen sich jedoch immer mehr zwei Hauptkontrahenten heraus. Bei NAS ist Network Appliance derzeit weltweit führend. Bei SAN-Systemen dagegen liegt EMC unangefochten vorne. Und SAN-Systeme führen außerdem mit großem Abstand vor den NAS-Systemen. Noch, muss man allerdings hinzufügen. Denn EMC kämpft zurzeit mit großen Problemen. Kunden sind unzufrieden und das Unternehmen hat auch zu spät auf die nachlassende Konjunktur reagiert. Network Appliance hat dagegen schon im Sommer seine Belegschaft um ein Zehntel abgebaut und schreibt - wenn auch bescheidene - Gewinne.
Dennoch ist das Rennen offen. Analyst Lewis sieht beide Unternehmen in den nächsten Jahren führend im Markt. Und er sieht auch für beide Systeme genug Platz: "In den nächsten zwei Jahren werden die Menschen mehr neue Informationen schaffen als in der gesamten Zeit davor."
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