Schweizer Flugsicherung räumt Pannen ein
Bei der Suche nach Ursachen viele Unklarheiten und widersprüchliche Angaben - Unterschiedlichen Aussagen über Vorschriftsmäßigkeit von Pause des Lotsen
Die Tupolew-154 der Bashkirian Airlines war mit 45 Schülern an Bord am Montag über dem Bodenseeufer mit einer Fracht-Boeing des Paketdienstes DHL zusammengestoßen.
Skyguide-Leiter Toni Maag gestand schwere Fehler seiner Fluglotsen ein.
Überlingen - Für die tragische Flugzeugkollision über dem Bodensee mit 71 Todesopfern ist offensichtlich eine Reihe von Pannen verantwortlich. Bei der Suche nach den Ursachen gab es am Mittwoch jedoch Unklarheiten und widersprüchliche Angaben. Der Leiter der Schweizer Flugsicherung skyguide, Toni Maag, räumte Pannen ein. So hatte der Lotse in der Unglücksnacht die russische Tupolew- Maschine nur 50 Sekunden vor der Kollision mit der Fracht-Boeing zum Ausweich-Sinkflug aufgefordert. Der zweite Fluglotse habe vorschriftswidrig eine Pause gemacht, obwohl das Kollisions- Alarmsystem wegen Wartungsarbeiten für einige Stunden ausgefallen war. Die Behörde selbst widersprach später allerdings dieser Darstellung.
Kein Verstoß
Die beiden Dienst habenden Fluglotsen hätten in der Nacht des Unglücks nicht gegen eine interne Weisung verstoßen - in der Nacht sei eine Pause für Lotsen zulässig, heißt es in einer Erklärung von skyguide. Danach darf ein Fluglotse nach Absprache mit seinem Kollegen in die Pause. Die Weisung, von der bisher die Rede war, werde nach dem Gewohnheitsrecht und im Einverständnis mit der Betriebsleitung im Nachtdienst nicht angewendet. Zuvor hatte Maag dem Schweizer Rundfunksender DRS gesagt, dass dies mit ein Grund für die Tragödie sein könnte.
Zudem kam die Warnung an den Tupolew-Piloten nach Einschätzung der Deutschen Flugsicherung (DFS) offenbar zu spät. "Die Frage ist jetzt, warum", sagte der DFS-Sprecher Axel Raab. Der zunehmende Flugverkehr über Europa könne kein Grund für das Unglück sein, sagte Raab.
Fünf Flugzeuge zu betreuen
Wegen der Wartung des Kurz-Zeit-Kollisionsgerätes im Kontrollraum von skyguide hätte der zweite Lotse nach Angaben von Maag keine Pause machen dürfen. Für den Dienst habenden Lotsen habe es keine Möglichkeit gegeben, seinen Kollegen zurückzurufen. Unklar ist weiter, warum der Lotse die Fracht-Boeing nicht informierte.
Ebenfalls noch nicht geklärt ist, warum der Pilot zunächst nicht reagiert habe und nochmals zum Sinkflug aufgefordert werden musste. Dieser zweiten Anweisung habe er Folge geleistet, etwa 25 Sekunden vor dem Zusammenstoß, erklärte die Braunschweiger Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung (BFU). Zur Zeit des Unglücks gegen 23.30 Uhr hatte der Lotse neben den beiden Unglücksmaschinen drei weitere Maschinen zu betreuen.
Suche nach Opfern fortgesetzt
Am Mittwoch wurde am Bodensee die Suche nach den Opfern fortgesetzt. Die Arbeiten gestalteten sich schwierig. Bis zum späten Nachmittag waren 37 Tote geborgen worden. Identifiziert werden konnten zunächst nur die zwei Insassen der Frachtmaschine, der britische Pilot und sein kanadischer Co-Pilot. Außerdem wurden die Stimmenrekorder und Flugdatenschreiber beider Maschinen gefunden. Sie sollten am späten Nachmittag in der Braunschweiger Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung eintreffen. Ergebnisse werden frühestens in einigen Tagen erwartet.
Entschädigungen an Familien der Opfer
Unterdessen wurden die ersten Toten ins Krankenhaus nach Friedrichshafen gebracht. Dort wollten Experten mit der Identifizierung beginnen, Krankenakte der 69 russischen Opfer sollen dabei helfen. Gemeinsam mit voraussichtlich 130 Angehörigen sollen die Dokumente bis spätestens Freitag nach Deutschland geflogen werden, kündigte die Regierung der russischen Teilrepublik Baschkirien an. Erste Angehörige der Opfer trafen schon am Mittwoch am Bodensee ein.
Russische Versicherungen haben in der baschkirischen Hauptstadt Ufa erste Entschädigungen an Familien der Opfer gezahlt. Für jedes Opfer würden als erste Teilentschädigung 100.000 Rubel (3.234 Euro) für dringende Ausgaben gezahlt, teilte die Versicherung Awikos in Moskau mit. (APA/dpa)
Bei der Suche nach Ursachen viele Unklarheiten und widersprüchliche Angaben - Unterschiedlichen Aussagen über Vorschriftsmäßigkeit von Pause des Lotsen
Die Tupolew-154 der Bashkirian Airlines war mit 45 Schülern an Bord am Montag über dem Bodenseeufer mit einer Fracht-Boeing des Paketdienstes DHL zusammengestoßen.
Skyguide-Leiter Toni Maag gestand schwere Fehler seiner Fluglotsen ein.
Überlingen - Für die tragische Flugzeugkollision über dem Bodensee mit 71 Todesopfern ist offensichtlich eine Reihe von Pannen verantwortlich. Bei der Suche nach den Ursachen gab es am Mittwoch jedoch Unklarheiten und widersprüchliche Angaben. Der Leiter der Schweizer Flugsicherung skyguide, Toni Maag, räumte Pannen ein. So hatte der Lotse in der Unglücksnacht die russische Tupolew- Maschine nur 50 Sekunden vor der Kollision mit der Fracht-Boeing zum Ausweich-Sinkflug aufgefordert. Der zweite Fluglotse habe vorschriftswidrig eine Pause gemacht, obwohl das Kollisions- Alarmsystem wegen Wartungsarbeiten für einige Stunden ausgefallen war. Die Behörde selbst widersprach später allerdings dieser Darstellung.
Kein Verstoß
Die beiden Dienst habenden Fluglotsen hätten in der Nacht des Unglücks nicht gegen eine interne Weisung verstoßen - in der Nacht sei eine Pause für Lotsen zulässig, heißt es in einer Erklärung von skyguide. Danach darf ein Fluglotse nach Absprache mit seinem Kollegen in die Pause. Die Weisung, von der bisher die Rede war, werde nach dem Gewohnheitsrecht und im Einverständnis mit der Betriebsleitung im Nachtdienst nicht angewendet. Zuvor hatte Maag dem Schweizer Rundfunksender DRS gesagt, dass dies mit ein Grund für die Tragödie sein könnte.
Zudem kam die Warnung an den Tupolew-Piloten nach Einschätzung der Deutschen Flugsicherung (DFS) offenbar zu spät. "Die Frage ist jetzt, warum", sagte der DFS-Sprecher Axel Raab. Der zunehmende Flugverkehr über Europa könne kein Grund für das Unglück sein, sagte Raab.
Fünf Flugzeuge zu betreuen
Wegen der Wartung des Kurz-Zeit-Kollisionsgerätes im Kontrollraum von skyguide hätte der zweite Lotse nach Angaben von Maag keine Pause machen dürfen. Für den Dienst habenden Lotsen habe es keine Möglichkeit gegeben, seinen Kollegen zurückzurufen. Unklar ist weiter, warum der Lotse die Fracht-Boeing nicht informierte.
Ebenfalls noch nicht geklärt ist, warum der Pilot zunächst nicht reagiert habe und nochmals zum Sinkflug aufgefordert werden musste. Dieser zweiten Anweisung habe er Folge geleistet, etwa 25 Sekunden vor dem Zusammenstoß, erklärte die Braunschweiger Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung (BFU). Zur Zeit des Unglücks gegen 23.30 Uhr hatte der Lotse neben den beiden Unglücksmaschinen drei weitere Maschinen zu betreuen.
Suche nach Opfern fortgesetzt
Am Mittwoch wurde am Bodensee die Suche nach den Opfern fortgesetzt. Die Arbeiten gestalteten sich schwierig. Bis zum späten Nachmittag waren 37 Tote geborgen worden. Identifiziert werden konnten zunächst nur die zwei Insassen der Frachtmaschine, der britische Pilot und sein kanadischer Co-Pilot. Außerdem wurden die Stimmenrekorder und Flugdatenschreiber beider Maschinen gefunden. Sie sollten am späten Nachmittag in der Braunschweiger Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung eintreffen. Ergebnisse werden frühestens in einigen Tagen erwartet.
Entschädigungen an Familien der Opfer
Unterdessen wurden die ersten Toten ins Krankenhaus nach Friedrichshafen gebracht. Dort wollten Experten mit der Identifizierung beginnen, Krankenakte der 69 russischen Opfer sollen dabei helfen. Gemeinsam mit voraussichtlich 130 Angehörigen sollen die Dokumente bis spätestens Freitag nach Deutschland geflogen werden, kündigte die Regierung der russischen Teilrepublik Baschkirien an. Erste Angehörige der Opfer trafen schon am Mittwoch am Bodensee ein.
Russische Versicherungen haben in der baschkirischen Hauptstadt Ufa erste Entschädigungen an Familien der Opfer gezahlt. Für jedes Opfer würden als erste Teilentschädigung 100.000 Rubel (3.234 Euro) für dringende Ausgaben gezahlt, teilte die Versicherung Awikos in Moskau mit. (APA/dpa)