Die deutsche Automobilindustrie ist ausgesprochen schlecht in das neue Jahr gestartet. Der Auftragseingang für Personenwagen aus dem Inland sei im Januar um neun Prozent schwächer ausgefallen als vor einem Jahr, berichtete der Verband der Automobilindustrie (VDA) am Dienstag in Frankfurt.
Trotz neuer Modelle und erheblicher Kaufanreize sei es den Herstellern nicht gelungen, die seit drei Jahren dauernde Negativtendenz aufzuhalten. Die Neuzulassungen in Deutschland lagen im Januar um rund drei Prozent unter dem Wert des Vorjahresmonats.
Katastrophale Entwicklung
Die offiziellen Zulassungszahlen veröffentlicht das Kraftfahrtbundesamt erst in einigen Tagen, doch schon jetzt zeichnet sich für einige Hersteller eine katastrophale Entwicklung ab. Wie aus der Branche verlautet, hat Ford im Januar rund 25 Prozent weniger Autos verkauft. Dagegen hat Opel, vor allem dank umfangreicher Kaufanreize, offenbar deutlich zugelegt. Bei den Importeuren leiden angeblich Fiat mit mehr als 30 Prozent Minus und Toyota mit fast 20 Prozent Minus am stärksten.
Insgesamt konnten die deutschen Hersteller nur dank des unverändert guten Auslandsgeschäftes die Produktion auf hohem Niveau halten. Der Export, der sich schon seit langer Zeit als Stütze erweist, konnte abermals leicht zulegen. Allerdings scheint diese Stütze zu wackeln: Auch der westeuropäische Markt zeigt erhebliche Schwächen. Branchenbeobachter gehen für den Januar von einem Zulassungsminus von 7 bis 8 Prozent aus, manche sagen sogar ein Minus von 10 Prozent voraus.
Der europäische Automobilverband ACEA wird seine Zahlen am Donnerstag veröffentlichen. Einen Schreck verursachte am Dienstag die Prognose des großen französischen Automobilzulieferers Valeo, der den westeuropäischen Markt im Jahresverlauf um 4 bis 5 Prozent schwächer sieht - das liegt deutlich unter den Vorhersagen der meisten Fachleute.
Aufträge werden storniert oder verschoben
Für Deutschland macht der VDA diverse Gründe für die Nachfrageflaute aus: Die gesamtwirtschaftliche Schwäche, weiter steigende Arbeitslosigkeit sowie erheblich höhere Belastungen durch gestiegene Sozialversicherungsbeiträge und die hohen Benzinpreise bremsten die Konsumnachfrage der Haushalte. Als besonderes Hindernis macht der VDA auch die ungeklärte Firmenwagenbesteuerung aus: „Die Kunden stornieren Aufträge und verschieben Bestellungen von Neuwagen“, sagte VDA-Präsident Bernd Gottschalk dieser Zeitung.
Von seiner schon reduzierten Prognose von rund 3,25 Millionen neu zugelassenen Personenwagen bis zum Jahresende will der Verband aber nicht abrücken. „Die Tendenz im Auftragseingang bereitet mir Sorge. Dennoch darf man das Monatsergebnis nicht überbewerten“, sagte Gottschalk. Er fordert von der Bundesregierung ein positives Signal: „Ein schneller Verzicht auf die Firmenwagensteuer könnte die Kaufzurückhaltung teilweise auflösen“.
In der als wirtschaftlicher Frühindikator angesehenen Produktion von Nutzfahrzeugen gab es zwar einen deutlichen Anstieg. Allerdings waren vor einem Jahr sehr wenige Lastwagen und Busse gefertigt worden. Eine durchgreifende Erholung sei nicht in Sicht, konstatiert der VDA. Und auch hier erwies sich allein der Export als Stütze. (hap.)
Text: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 12.02.2003, Nr. 36 / Seite 11
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