Die amerikanische Börsenaufsicht SEC will das Spekulieren auf fallende Kurse, das so genannte "short selling" einschränken. Zunächst will sie nur die arg gebeutelten Finanzaktien schützen, später vielleicht den gesamten Aktienmarkt.
Die Behörde kündigte am Dienstag eine Übergangsregel an, die Leerverkäufe von Aktien großer Finanzkonzerne wie der Deutschen Bank und Allianz begrenzt. Sie soll am 21. Juli in Kraft treten und für die Wertpapiere von insgesamt 19 Geldinstituten gelten. Dazu zählen neben den deutschen Unternehmen auch die angeschlagenen Hypothekenfinanzierer Fannie Mae und Freddie Mac sowie große US-Banken wie Lehman Brothers, Goldman Sachs und Merrill Lynch.
Vom Shorten und Nackt-Shorten
Leerverkäufer leihen sich Aktien anderer Marktteilnehmer, die sie als überwertet ansehen. Sie verkaufen sie in der Hoffnung, sie später bei gefallenen Kursen billiger kaufen zu können und an den Verleiher zurückzugeben. Man spricht auch vom so genannten "shorten" oder "short selling". (Mehr dazu in unserem Hintergrund: Shorten wie die Profis boerse.ard.de/content.jsp?key=dokument_112488)
Die SEC will allerdings nicht generell das shorten verbieten, sondern das "naked short selling" - in einem solchen Fall verkauft der Spekulant Aktien, ohne sie überhaut geliehen zu haben oder sie zu besitzen. Bisher durften sich mehrere Investoren sogar zeitgleich dieselben Aktien ausleihen, was die SEC eben nun unterbinden will.
Die Übergangsregel soll bis 29. Juli gelten, kann aber um bis zu 30 Tage verlängert werden. Die SEC erwägt zudem, für den gesamten Aktienmarkt Regeln für Leerverkäufe aufzustellen. Dadurch soll der Umfang der Leerverkäufe sinken.
Kursverluste begrenzen
US-Bankenaktien waren am Dienstag auf den tiefsten Stand seit 1996 gefallen. Belastet wurden die Märkte von Sorgen vor weiteren Bankenpleiten und Äußerungen von US-Notenbankchef Ben Bernanke. Demnach steht der gesamte Finanzsektor weiterhin unter immensem Druck und die US-Wirtschaft sieht sich nach wie vor einer ganzen Reihe von Schwierigkeiten gegenüber.
Der Vertrauensverlust am Markt könne zu Panikverkäufen führen, die sich durch bestimmte Arten von Leerverkäufen möglicherweise noch verschlimmerten. Mögliche Folge sei ein künstlicher und unnötig deutlicher Rückgang der Wertpapierpreise, begründete die SEC ihre Entscheidung.
Deutsche Bank im Visier der SEC?
Die Börsenpolizei untersucht derzeit, ob die massiven Kurseinbrüche etwa bei der inzwischen an JP Morgan verkauften Investmentbank Bear Stearns und zuletzt bei Lehman Brothers durch missbräuchliche Handelspraktiken beschleunigt wurden. Ins Visier der SEC sind einem Agenturbericht zufolge die Deutsche Bank sowie die US-Großbanken Goldman Sachs und Merrill Lynch geraten.
Quelle: boerse.ard.de/content.jsp?key=dokument_301292