Rohstoffe am Beginn einer 20 Jahre langen Hausse?

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EinsamerSam.:

Rohstoffe am Beginn einer 20 Jahre langen Hausse?

 
04.09.06 14:46
Empfehlenswerte Rohstoffanlagen

Stehen Rohstoffe am Beginn einer 20 Jahre langen Superhausse?

Oder mehren sich die Anzeichen einer Blase? Wie Anleger jetzt investieren sollten.

Sie kamen in der Nacht, und sie leisteten ganze Arbeit: Von 18 Leitungsmasten entlang der Strecke Rummelsburg-Wuhlheide in Berlin ließen Kupferdiebe die Erdungskabel mitgehen. 44 Züge mussten umgeleitet, die Strecke für Stunden gesperrt werden. Ein dummer Streich? Ein verwirrter Einzeltäter? Mitnichten: In Polen stehen täglich Züge still, weil Räuber meterweise Schienen abflexen; viele ostdeutsche Kommunen schweißen schon ihre Gullydeckel fest.

Die Zahl der Metalldiebstähle hat sich allein in Brandenburg seit 2001 verachtfacht. Dass sich die Raubzüge entlang der Bahngleise lohnen, liegt vor allem an der riesigen Nachfrage in China und Indien. Der Rohstoffhunger Asiens trieb die Preise der Industriemetalle seit Anfang 2004 im Schnitt um 130 Prozent nach oben. Auch Anleger konnten prächtig mitverdienen. Seit den ersten Empfehlungen der WirtschaftsWoche im Jahr 2003 haben viele der Minenaktien um mehrere hundert Prozent zugelegt.

Doch sollen Investoren nach fast vier Jahren Boom noch auf den fahrenden Zug springen? Liegen die Rohstoffbullen richtig, die sich - wie ihr Guru Jim Rogers im Interview auf Seite 107 - in einem Superzyklus glauben, der noch 10, vielleicht gar 20 Jahre anhält?

Oder behalten doch die Mahner recht? Auch in ihrem Lager mangelt es nicht an prominenten Namen. Stephen Roach, Chefvolkswirt von Morgan Stanley, und Investmentlegende Warren Buffett warnten in diesem Jahr eindringlich vor einer Blase. Und tatsächlich: Im vergangenen Mai brachen einige Metallpreise erstmals seit vielen Jahren heftig ein. Ist das eine Kaufgelegenheit, oder ist es der Anfang vom Ende?

Es kommt darauf an. "Rohstoffe sind keine homogene Anlageklasse", erklärt Eugen Weinberg, Analyst der DZ Bank. Der Einstieg bei Industriemetallen wie Kupfer, Nickel und Zink erfordert mit Blick auf deren zuletzt steilen Preisanstieg schon Mut. Weniger riskant sind Energielieferanten wie Öl, Gas, Kohle, Biomasse und Uran. Rogers setzt vor allem auf nachwachsende Rohstoffe aus dem Agrarsektor. Sie haben gegenüber den Metallen Nachholbedarf. Rogers: "Ich kaufe ungern etwas, das sich schon verdreifacht hat" - auch für Privatanleger kein schlechter Rat.

Industriemetalle

Auch der aktuelle Metallboom wird - wie alle Haussemärkte - in einem spekulativen Exzess enden. Doch dieses Szenario dürfte noch auf sich warten lassen; eine Angebotsschwemme jedenfalls ist nicht in Sicht. Zwar haben Kupfer, Nickel und einige andere Buntmetalle Preise erreicht, bei denen sich fast alle bekannten Vorkommen wirtschaftlich ausbeuten lassen. "Doch von der Planung bis zum Produktionsstart eines neuen Bergwerkes vergehen Jahre", sagt Evy Hambro, Fondsmanager des Merrill Lynch World Mining Fonds. Aktuell werden weniger Aluminium, Nickel und Kupfer produziert als nachgefragt. Die Lagerbestände an den Rohstoffbörsen decken nur noch wenige Wochen einer Jahresnachfrage ab, so wenig wie noch nie.

Streiks in großen Minen verschärfen die Versorgungslage. Seit drei Wochen legen unzufriedene Arbeiter die weltgrößte Kupfermine Escondida in Chile lahm. Unter den globalen Bergbaukonzernen läuft zudem eine Übernahmewelle, welche die Verhandlungsmacht der Erzanbieter und damit die Preise stützen wird. Spekulationen, die Branchenriesen CVRD, Xstrata und Rio Tinto bereiteten eine 80 Milliarden Dollar schwere Übernahme des weltweit drittgrößten Minenkonzerns Anglo American vor, sorgten in der vergangenen Woche für Schlagzeilen. Nachdem die Preise für Kupfer, Nickel und Zink wegen der akuten Knappheit noch eine Weile heißlaufen dürften, droht die Korrektur. Rohstoff-Fondsberater Uwe Bergold rechnet damit in etwa 12 bis 18 Monaten.

Auslöser dürfte ein Nachfrageknick sein. "Ein von den USA ausgehender Konjunkturabschwung brächte eine Pause der Metallhausse", so Bergold. Die Zinserhöhungen der US-Notenbank zeigen Wirkung; das Geldmengenwachstum verlangsamt sich, der US-Immobilienmarkt ist angeschlagen. "Fed-Chef Ben Bernanke muss aufpassen, dass er den Konsum nicht abwürgt", warnt Sandra Bachofer, Portfoliomanagerin der auf Rohstoffe spezialisierten Tiberius Asset Management aus dem Schweizer Zug. Sonst würde auch der Export-Boom Chinas einen Dämpfer bekommen; die USA sind Hauptabnehmer chinesischer Produkte.

Energierohstoffe

Weniger anfällig scheinen die Preise der wichtigsten Energielieferanten wie Öl, Gas und Kohle. Zwar verdanken auch sie ihren Aufwind der Nachfrage aus Asien, aber vor allem heizt das knappe Angebot die Preise an. "Solange die Weltwirtschaft nicht in eine furchtbare Rezession abgleitet, bleibt Tanken teuer", sagt Stefan Weiser, Leiter Rohstoffhandel bei Goldman Sachs in Singapur. Und die Ölpreise stiegen langfristig noch. Weiser und seine Kollegen sorgten vor zwei Jahren mit ihrer Prognose von 100 Dollar je Barrel (159 Liter) Rohöl weltweit für Aufruhr. Aktuell notiert das Fass der Sorte Brent bei rund 74 US-Dollar; noch vor drei Jahren war es für weniger als die Hälfte zu haben.

Neben der Endlichkeit der Ressourcen - seit Mitte der Siebzigerjahre wurde kein größeres Ölfeld entdeckt - sorgen mangelhafte Infrastruktur und politische Risiken für Preisauftrieb. "Wir wollen uns gar nicht vorstellen, was passiert, wenn der Iran die Straße von Hormus zumacht", sagen John Coyle und Craig Pennington. Die Manager des Global Energy Fund von Schroders sind davon überzeugt, dass der Iran im Falle eines Angriffs der USA nicht zögert, genau das zu tun. Die Folge wäre eine Preisexplosion. Ein Drittel der globalen Öllieferungen muss durch das Nadelöhr am Persischen Golf. Nirgendwo auf der Welt stehen genügend freie Produktionskapazitäten zur Verfügung, um die Versorgung im Ernstfall zu sichern.

Das Thema Versorgungssicherheit entwickelt sich zum Preistreiber.

Russlands Präsident Wladimir Putin zeigte mit der Yukos-Affäre und den Stopps der Gaslieferungen an die Ukraine, dass er die Waffe Energie jederzeit einsetzen kann. Mit ihr fuchtelt auch Venezuelas Präsident Hugo Chávez gern herum; er droht mit dem Stopp von Öllieferungen in die USA.

Venezuela ist der fünftgrößte Ölexporteur der Welt. Weitere Wackelkandidaten: Nigeria, Irak und Saudi-Arabien.

Selbst dort, wo der Öltransport allenfalls auf Problem-Bären treffen könnte, hakt es. Etwa in Alaska, wo dem Ölmulti BP eine Pipeline durchrostet und die Förderung auf dem Ölfeld Prudhoe Bay, der größten Reserve der USA, lahmlegt. Auch Raffinerien gibt es nicht genug - es hat in den vergangenen Jahren niemand welche gebaut. Diesel, Heizöl und Benzin sind daher notorisch knapp, ihre Preise sogar noch nervöser als der des Rohöls. "Es rächt sich, dass die Ölkonzerne mehr als 25 Jahre lang viel zu wenig in ihre Infrastruktur und in die Suche nach neuen Vorkommen investiert haben", sagt Weiser. Vor allem für ihre Kunden.

Meiden müssen Anleger die Ölaktien deshalb nicht. Die europäischen Ölmultis Total und Royal Dutch etwa gab es selten so preiswert wie jetzt an der Börse. Beide verfügen immer noch über ausreichend Reserven, um weiterhin hohe Dividenden an ihre Aktionäre ausschütten zu können. Total hat vergleichsweise wenig mit dem wachsenden Rohstoffnationalismus in wichtigen Ölförderländern zu kämpfen. Die Franzosen wollen ihre Förderung bis 2010 um vier Prozent pro Jahr ausweiten.

Auch alternative Energiequellen werden mit dem steigenden Ölpreis lukrativer. Aus Teersanden in Kanada ließen sich 175 Milliarden Barrel Öl gewinnen. Der Canadian Oil Sands Trust (siehe Tabelle) besitzt 35,5 Prozent am Joint Venture Syncrude, das in Alberta Öl aus Teersanden gewinnt. Eine Renaissance erlebt auch Kohle. Die Aktie des größten US-Produzenten Peabody Energy gehörte in den vergangenen Jahren zu den besten Anlagen überhaupt, verzehnfachte ihren Wert. Doch Kohle hat große Nachteile im Kampf gegen den Klimawandel; erneuerbare Energien wie Sonne und Wind reichen nicht aus, um Öl und Gas zu ersetzen.

Einen Ausweg könnte ausgerechnet die schon totgesagte Kernenergie bieten. "Die einzige realisierbare Alternative zum Rohöl", sagt Schroders-Fondsmanger Pennington. Atomstrom verursacht keine Treibhausgase und reduziert die Abhängigkeit von den fossilen Energieträgern. Obwohl die Frage der Endlagerung verbrauchter Brennstäbe nicht gelöst ist, könnte sie sich angesichts der schnellen Erderwärmung als das kleinere Übel erweisen. Die Renaissance des Atomstroms hat jedenfalls eingesetzt.

Allein China, Indien und Russland wollen bis 2020 zusammen 75 neue Atommeiler bauen. Der Spotpreis für Uran kletterte seit 2001 von sieben auf 48 Dollar je Pound (454 Gramm). In Australien lagert ein Drittel der bekannten Uranvorkommen der Welt. Spätestens seit das Land mit China im Frühjahr ein Abkommen über Uranlieferungen abschloss, zählen Aktien von Uransuchern zu den heißesten Spekulationen überhaupt. Aber Vorsicht: Von den etwa 80 Unternehmen, die an der Börse Sydney notieren, werden die wenigsten ihre Projekte zu Ende bringen. Relativ sicher sind die Aktien von etablierten Förderern wie Energy Resources of Australia.

Agrarrohstoffe sind zwar im Prinzip erneuerbar, aber auch das nicht in ausreichender Menge. Gleich mehrere Abnehmer kämpfen um die Soft Commodities wie Weizen, Mais, Soja oder Zucker. Zum einen wächst die Weltbevölkerung. Die UN » rechnen bis 2030 mit 8,3 Milliarden Menschen, heute sind es 6,6 Milliarden. Um die Versorgung der knapp zwei Milliarden neuen Erdenbürger zu sichern, müsste das Angebot an Agrarrohstoffen um rund ein Drittel steigen. Fraglich, ob dies gelingt.

Die Anbaufläche bleibt begrenzt, Klimaforscher prognostizieren mehr Ernteausfälle durch Dürre und Stürme, das Wasser wird in vielen Anbaugebieten knapp. Zum anderen wird immer mehr Zucker und Mais zu Benzinersatz verarbeitet, umso mehr, je teurer das Öl wird. Brasilien verarbeitet bereits die Hälfte seiner Zuckerrohrernte zu Bioethanol. Auch hinken fast alle Agrargüter gegenüber den restlichen Rohstoffen seit Beginn des Booms noch weit hinterher. Zucker etwa ist derzeit noch um 80 Prozent billiger als zum Höchstkurs. Rohstoffexperte Jim Rogers rät deshalb zu Anlagen in Weizen, Soja, Zucker und Mais.

Umso ärgerlicher, dass für private Anleger Agrarinvestments trotz des inzwischen vielfältigen Angebots der Banken schwierig bleiben. Zum einen gibt es nur wenige Agrar-Aktien. Und die Zertifikate für Privatanleger laufen oft schlechter als der Preis des eigentlichen Rohstoffes, weil Teile der Kursgewinne durch Reibungsverluste an den Terminmärkten verloren gehen. Aber es gibt Alternativen: breit streuende Indexinvestments mit hohem Agraranteil - siehe Tabelle. An Rohstoffen können Anleger immer noch verdienen. Sie müssen nur viel genauer hinschauen.


Quelle: Wirtschaftswoche

Euer

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