Produzenten wollen Ölmarkt beruhigen
«Aggressiv» nennt selbst das «Wall Street Journal» die jüngsten Äußerungen aus den Chefetagen wichtigen Ölkonzerne: Reichlich Rohöl schlummere noch in den Tiefen der Erdkruste, meint etwa der Vorstandschef der staatlichen saudischen Ölgesellschaft Aramco, Abdallah Jumah. Noch mehr als ein Jahrhundert reichten die Reserven. Bislang sei nicht einmal ein Fünftel der vorhandenen Menge gefördert worden - vom weltweit nutzbaren Potenzial von 5,7 Billionen Barrel (je 159 Liter) lägen noch 4,7 Billionen Barrel im Boden, rechnet der Ölmanager vor. Nein, eine Koordinierung der Aussagen habe es nicht gegeben, weist eine Sprecherin des US-Ölkonzerns Exxon Mobil den Verdacht des Wirtschaftsblattes zurück: Dass sich der Chef das Exxon-Geschäfts in Australien, Mark Nolan, vor wenigen Tagen in dieselbe Richtung geäußert hatte, sei Zufall. Das Ende der Ölproduktion sei «nirgendwo in Sicht», hatte Nolan gesagt. Dennoch lässt sich der Eindruck nicht einfach vom Tisch wischen: Die Großen der globalen Ölindustrie versuchen augenscheinlich Befürchtungen zu zerstreuen, angesichts des Ölhungers der schnell wachsenden asiatischen Volkswirtschaften könnte die Welt bald ohne ihren bislang wichtigsten Rohstoff dastehen.
Experten senken Preisprognosen
Nachdem die Preise an den internationalen Märkten jahrelang nur die Richtung aufwärts kannten, gab es zuletzt eine scharfe Preiskorrektur: Nach einer Rekordnotierung im Juli von mehr als 78 Dollar für das Barrel werden derzeit an der New Yorker Warenterminbörse noch nicht einmal mehr 64 Dollar je Fass bezahlt. Hintergrund ist nach Einschätzung von Experten die weltpolitische Lage: Weder der Atomstreit mit dem Iran noch der Nahost-Konflikt sind bislang in einer Weise eskaliert, die die Produktion ernsthaft gefährdet. Kurz gesagt: Die so genannte Spekulationsprämie, auch Gefahrenzulage genannt, ist deutlich geringer geworden. Das jüngste Treffen des Opec-Kartells in Wien hat daher einige Analysten bewegt, ihre Schätzungen für die künftige Preisentwicklung deutlich zurückzunehmen. Das «Handelsblatt» zitierte einen Experten, für den der Ölpreis «auf sich von vier bis fünf Jahren seinen Höhepunkt überschritten» habe. Zwar könnten die Notierungen im Winter noch einmal anziehen. Vom kommenden Frühjahr an sei dann aber für die kommenden zwei Jahre mit sinkenden Preisen zu rechnen, zitiert die Wirtschaftszeitung mehrere Analysten: Für 2008 etwa legt sich ein Experte auf einen Durchschnittspreis von 55 Dollar für das Fass fest, der in bis 2010 seiner Ansicht nach noch einmal um bis zu zehn Dollar fallen könnte.
Neue Technik vergrößert Reserven
Als Grund werden die jüngsten Investitionen in Erkundung und Förderung sowie der Aufschluss neuer Fördergebiete genannt. Auf Basis ihrer jüngsten Rekordgewinne steckten die Konzern mehr Geld in künftige Produktion als erwartet, führen die Experten an. Auch wachse die Weltwirtschaft - insbesondere in Asien - nicht mehr so rasant wie zuletzt, die Ölnachfrage aus dieser Region lege daher auch nicht mehr so schnell zu wie zuletzt. Über diesen eher kurzfristigen Horizont hinaus bestreiten die Vertreter der Ölbranche vor allem aber eins: Die These vom so genannte Peak Oil. Sie besagt, dass der Höhepunkt der weltweiten Förderungen bald erreicht wird, wenn er nicht sogar schon überschritten wurde. Unsinn, meint Aramco-Chef Jumah: Wird das gegenwärtige Förderniveau zugrunde gelegt, könne noch 140 Jahre lang Öl gefördert werden, argumentiert er - ohne dass dabei der Aufschluss neuer Quellen, der durch technische Neuentwicklungen ermöglicht wird, eingerechnet sei. Allerdings muss er einräumen, dass in den von ihm genannten 4,7 Billionen Barrel möglichen Reserven allein 3,5 Billionen Barrel einbezogen sind, an die die Branche ohne technische Fortschritte überhaupt gar nicht herankommt. Auch lasse Jumah außer Acht, dass die Ausbeutung vieler neuer Quellen - etwa die Nutzung kanadischen Ölschieferbestände oder Tiefseelagerstätten - weitaus teurer sei als die derzeitige Ölproduktion, wie das «WSJ» bemerkt.
«Voreilige» Suche nach Alternativen
Schließlich habe Saudi-Arabien als größter Exporteur, der über ein Viertel der weltweit nachgewiesenen Reserven verfügt, durchaus Interesse daran, den Ölpreis nicht zu hoch werden zu lassen. Nicht nur die strategische Partnerschaft mit den USA steckt dahinter: Auch wenn die Saudis noch vom hohen Preis profitieren, löst er doch auch die Suche nach Einsparmöglichkeiten oder gar Alternativen aus. Sein Land schere sich zwar nicht um die Entwicklung alternativer Energiequellen wie Bioethanol, betont Ölmanager Jumah. Dennoch nennt er die Suche danach «voreilig». Andere Experten sind das skeptischer. Durch Einsatz derzeit verfügbarer Fördertechnologien sei eine weltweite Tagesproduktion von 100 Millionen Barrel möglich, schätzt die Beratungsfirma PCF Energy laut «Wall Street Journal». Der tägliche Verbrauch könnte schon 2015 dieses Niveau erreichen, warnen die Experten. Selbst die US-Amerikaner sorgen sich inzwischen um den Nachschub des mit Abstand wichtigsten Rohstoffes - so wichtig ist das Öl, dass selbst Präsident George W. Bush von «Abhängigkeit» wie bei Drogen spricht, die beendet werden muss.
«Vielleicht kann ich etwas lernen»
Die Politik in Washington hat zumindest zu handeln begonnen. Auf Bitten des Energieministeriums hat die Branchenvereinigung National Petroleum Council begonnen, der These vom Peak Oil nachzuspüren. Es sollten keine eigenen Forschungen angestellt werden, sondern nur verfügbare Daten aus anderen Quellen abgeglichen werden, um zu klären, weswegen die Vorhersagen der Experten so weit auseinander liegen und welche Lösungen sich für das Problem ergeben. Chef der Untersuchungen ist ein ausgewiesener Kenner der Branche: Lee Raymond, vormals Vorstandschef von Exxon Mobil. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Raymond betont laut «WSJ», er werde die Ergebnisse der Untersuchung nicht diktieren. «Vielleicht kann ich sogar etwas dabei lernen», zitiert ihn das Blatt.
Quelle: (nz)
Euer
Einsamer Samariter
«Aggressiv» nennt selbst das «Wall Street Journal» die jüngsten Äußerungen aus den Chefetagen wichtigen Ölkonzerne: Reichlich Rohöl schlummere noch in den Tiefen der Erdkruste, meint etwa der Vorstandschef der staatlichen saudischen Ölgesellschaft Aramco, Abdallah Jumah. Noch mehr als ein Jahrhundert reichten die Reserven. Bislang sei nicht einmal ein Fünftel der vorhandenen Menge gefördert worden - vom weltweit nutzbaren Potenzial von 5,7 Billionen Barrel (je 159 Liter) lägen noch 4,7 Billionen Barrel im Boden, rechnet der Ölmanager vor. Nein, eine Koordinierung der Aussagen habe es nicht gegeben, weist eine Sprecherin des US-Ölkonzerns Exxon Mobil den Verdacht des Wirtschaftsblattes zurück: Dass sich der Chef das Exxon-Geschäfts in Australien, Mark Nolan, vor wenigen Tagen in dieselbe Richtung geäußert hatte, sei Zufall. Das Ende der Ölproduktion sei «nirgendwo in Sicht», hatte Nolan gesagt. Dennoch lässt sich der Eindruck nicht einfach vom Tisch wischen: Die Großen der globalen Ölindustrie versuchen augenscheinlich Befürchtungen zu zerstreuen, angesichts des Ölhungers der schnell wachsenden asiatischen Volkswirtschaften könnte die Welt bald ohne ihren bislang wichtigsten Rohstoff dastehen.
Experten senken Preisprognosen
Nachdem die Preise an den internationalen Märkten jahrelang nur die Richtung aufwärts kannten, gab es zuletzt eine scharfe Preiskorrektur: Nach einer Rekordnotierung im Juli von mehr als 78 Dollar für das Barrel werden derzeit an der New Yorker Warenterminbörse noch nicht einmal mehr 64 Dollar je Fass bezahlt. Hintergrund ist nach Einschätzung von Experten die weltpolitische Lage: Weder der Atomstreit mit dem Iran noch der Nahost-Konflikt sind bislang in einer Weise eskaliert, die die Produktion ernsthaft gefährdet. Kurz gesagt: Die so genannte Spekulationsprämie, auch Gefahrenzulage genannt, ist deutlich geringer geworden. Das jüngste Treffen des Opec-Kartells in Wien hat daher einige Analysten bewegt, ihre Schätzungen für die künftige Preisentwicklung deutlich zurückzunehmen. Das «Handelsblatt» zitierte einen Experten, für den der Ölpreis «auf sich von vier bis fünf Jahren seinen Höhepunkt überschritten» habe. Zwar könnten die Notierungen im Winter noch einmal anziehen. Vom kommenden Frühjahr an sei dann aber für die kommenden zwei Jahre mit sinkenden Preisen zu rechnen, zitiert die Wirtschaftszeitung mehrere Analysten: Für 2008 etwa legt sich ein Experte auf einen Durchschnittspreis von 55 Dollar für das Fass fest, der in bis 2010 seiner Ansicht nach noch einmal um bis zu zehn Dollar fallen könnte.
Neue Technik vergrößert Reserven
Als Grund werden die jüngsten Investitionen in Erkundung und Förderung sowie der Aufschluss neuer Fördergebiete genannt. Auf Basis ihrer jüngsten Rekordgewinne steckten die Konzern mehr Geld in künftige Produktion als erwartet, führen die Experten an. Auch wachse die Weltwirtschaft - insbesondere in Asien - nicht mehr so rasant wie zuletzt, die Ölnachfrage aus dieser Region lege daher auch nicht mehr so schnell zu wie zuletzt. Über diesen eher kurzfristigen Horizont hinaus bestreiten die Vertreter der Ölbranche vor allem aber eins: Die These vom so genannte Peak Oil. Sie besagt, dass der Höhepunkt der weltweiten Förderungen bald erreicht wird, wenn er nicht sogar schon überschritten wurde. Unsinn, meint Aramco-Chef Jumah: Wird das gegenwärtige Förderniveau zugrunde gelegt, könne noch 140 Jahre lang Öl gefördert werden, argumentiert er - ohne dass dabei der Aufschluss neuer Quellen, der durch technische Neuentwicklungen ermöglicht wird, eingerechnet sei. Allerdings muss er einräumen, dass in den von ihm genannten 4,7 Billionen Barrel möglichen Reserven allein 3,5 Billionen Barrel einbezogen sind, an die die Branche ohne technische Fortschritte überhaupt gar nicht herankommt. Auch lasse Jumah außer Acht, dass die Ausbeutung vieler neuer Quellen - etwa die Nutzung kanadischen Ölschieferbestände oder Tiefseelagerstätten - weitaus teurer sei als die derzeitige Ölproduktion, wie das «WSJ» bemerkt.
«Voreilige» Suche nach Alternativen
Schließlich habe Saudi-Arabien als größter Exporteur, der über ein Viertel der weltweit nachgewiesenen Reserven verfügt, durchaus Interesse daran, den Ölpreis nicht zu hoch werden zu lassen. Nicht nur die strategische Partnerschaft mit den USA steckt dahinter: Auch wenn die Saudis noch vom hohen Preis profitieren, löst er doch auch die Suche nach Einsparmöglichkeiten oder gar Alternativen aus. Sein Land schere sich zwar nicht um die Entwicklung alternativer Energiequellen wie Bioethanol, betont Ölmanager Jumah. Dennoch nennt er die Suche danach «voreilig». Andere Experten sind das skeptischer. Durch Einsatz derzeit verfügbarer Fördertechnologien sei eine weltweite Tagesproduktion von 100 Millionen Barrel möglich, schätzt die Beratungsfirma PCF Energy laut «Wall Street Journal». Der tägliche Verbrauch könnte schon 2015 dieses Niveau erreichen, warnen die Experten. Selbst die US-Amerikaner sorgen sich inzwischen um den Nachschub des mit Abstand wichtigsten Rohstoffes - so wichtig ist das Öl, dass selbst Präsident George W. Bush von «Abhängigkeit» wie bei Drogen spricht, die beendet werden muss.
«Vielleicht kann ich etwas lernen»
Die Politik in Washington hat zumindest zu handeln begonnen. Auf Bitten des Energieministeriums hat die Branchenvereinigung National Petroleum Council begonnen, der These vom Peak Oil nachzuspüren. Es sollten keine eigenen Forschungen angestellt werden, sondern nur verfügbare Daten aus anderen Quellen abgeglichen werden, um zu klären, weswegen die Vorhersagen der Experten so weit auseinander liegen und welche Lösungen sich für das Problem ergeben. Chef der Untersuchungen ist ein ausgewiesener Kenner der Branche: Lee Raymond, vormals Vorstandschef von Exxon Mobil. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Raymond betont laut «WSJ», er werde die Ergebnisse der Untersuchung nicht diktieren. «Vielleicht kann ich sogar etwas dabei lernen», zitiert ihn das Blatt.
Quelle: (nz)
Euer
Einsamer Samariter