One Year After

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Tyler Durdan:

One Year After

 
21.08.01 10:16
Hallo,

folgenden Artikel aus der FTD fand ich ganz lesenswert:

Aus der FTD vom 21.8.2001  
Höhenflieger versuchen Neustart
Von Gabriele Albers, Hamburg

Vor einem knappen Jahr stellte die Financial Times Deutschland die 101 Köpfe der New Economy vor. Was machen die entscheidenden Köpfe von damals heute, im Jahr 1 nach dem Ende der Euphorie.

Wenn ich nicht mehr ans Internet als Vertriebsform glaube, höre ich auf." Die starken Worte sagte André Rettberg im vorigen März. Rettberg hat aufgehört, zwangsweise. Denn Rettberg war der Chef des österreichischen Buchhändlers Libro, und der musste Insolvenz anmelden.

Das Geschäftsmodell Internet birgt große Schwierigkeiten und kann - siehe Libro - sogar etablierte Firmen ins Straucheln bringen. Die Onlinehändler, die die Financial Times Deutschland vor einiger Zeit besuchte, strotzten nur so vor Selbstbewusstsein. Heute sind die Köpfe der New Economy zurückhaltender - viele haben ihre Geschäftspläne überdacht und verändert.


Rettbergs Misserfolg gründet unter anderem auf der Internettochter Lion.cc. Mit Kampfpreisen ging er gegen die Buchpreisbindung an - was für einen langwierigen Streit auf europäischer Ebene und hohe Verluste sorgte. Hinzu kam eine teure Expansion nach Deutschland. Und dann waren da noch die Schwierigkeiten im Finanzwesen: Das Controlling lief nicht einwandfrei, die Finanzvorstände reichten sich die Klinke in die Hand. Eine Rettberg nahe stehende Person sieht ihn als tragische Figur: "Er ist so ein kreativer Kopf, aber er hätte jemanden gebraucht, der ihn im Zaum gehalten hätte." Jede einzelne seiner Ideen sei gut gewesen - abgesehen vielleicht von der, nach Deutschland zu expandieren. Aber das Programm und Tempo, die er dem Buchhändler auferlegt hatte, hätten für die nächsten Jahre gereicht.



Insolvenz war keine Überraschung


Schwierigkeiten im Onlinegeschäft hatte auch der Flugticketverkäufer Flights.com. Die Geldreserven waren im Mai dieses Jahres aufgebraucht. Die Firma musste Insolvenz anmelden, nachdem die Investoren Star Venture und die Telekom-Tochter T-Venture eine bereits zugesagte Finanzierung nicht gezahlt hatten.


Für den damaligen Vorstandsvorsitzenden Michael Jung kam der Rückzug der Investoren nicht überraschend: "Uns allen war klar gewesen, dass im jetzigen Umfeld ein Börsengang mittelfristig nicht mehr absehbar war." Damit fehlte der Firma das Geld für eine weitere Expansion und den Risikokapitalgebern die Möglichkeit, ihre Anteile an Flights.com gewinnbringend an der Börse zu verkaufen. "Dann kam die Idee auf, T-Online als strategischen Partner zu gewinnen, der Flights.com komplett aufnimmt", erzählt Jung. Der Ticketverkäufer wäre damit nicht länger abhängig vom Venture-Geld, sondern Teil eines Internetkonzerns. An diesem Punkt beschloss Jung, der Firma den Rücken zuzukehren: "Die Attraktivität eines Amtes, in dem man für die Tochter einer Tochter der Telekom arbeitet, war nicht mehr groß - das Managementteam ist gegangen", sagt Jung.


Größtenteils ging es zurück in die Old Economy. Jung arbeitet seit Juli als Investmentbanker bei Rothschild in Frankfurt. Pikantes Detail am Rande: Nachdem Flights.com Insolvenz angemeldet hatte, interessierten sich 26 namhafte Unternehmen aus der Reiseindustrie für die Firma. T-Online kam nicht zum Zug. In der vergangenen Woche erhielt die britische World Travel Holding den Zuschlag. Flights.com kommentierte diesen Umstand nicht. Aus Unternehmenskreisen war aber zu hören, dass die Verhandlungen mit T-Online sich schwierig gestaltet hatten. Offensichtlich zu schwierig, als dass sie innerhalb der für die vorläufige Insolvenz geltenden Frist von drei Monaten hätten abgeschlossen werden können.



Rettung durch Strategiewechsel


Dass Stefan Tewes, Gründer von Farmpartner.com noch nicht pleite ist, hat er einem radikalen Strategiewechsel zu verdanken. Seine ursprüngliche Idee war es gewesen, einen Onlinemarktplatz für die Landwirtschaft aufzubauen. Von Dünger bis Trecker wollte er sämtliche Landwirtschaftsprodukte über das Internet versteigern und an den Provisionen verdienen. Statt Marktplatz heißt das Geschäftsmodell heute Infoportal. Bei Farmpartner.com informiert sich der Landwirt über Produkte, und der Hersteller zahlt dafür, möglichst gut positioniert zu sein.


Für die nötige Glaubwürdigkeit werden Tests und Bewertungsergebnisse veröffentlicht. Das zweite Standbein nennt sich AG-Solution und bietet agrarspezifische IT-Lösungen für die Großindustrie an. Die ursprüngliche Umsatzprognose ist nicht mehr gültig: 40 Mio. DM werde man weder in diesem noch im nächsten Jahr erwirtschaften, sagt Tewes. Genauere Zahlen nennt er nicht. "Wir haben die Kosten reduziert und können so schon bei deutlich weniger Umsatz die Gewinnschwelle schaffen", meint er. Die Gewinnzone strebt er für das erste Halbjahr 2002 an. Die Cash-Reserven reichen dank einer zweiten Finanzierungsrunde bis Ende 2002.


Auch die Gründer von Raba.tt haben ihr Geschäftsmodell verändert und erweitert. Die Firma vertreibt Gutscheine über das Internet. Über die Gewinnzone machen sich die Gründer dabei wenig Gedanken. "Man muss viel vorschießen, wenn man wachsen will", erklärt Michael Timmermann, Geschäftsführender Gesellschafter.



Nebenrolle für das Internet


In der Frühzeit der New Economy sorgten solche Sätze für offene Portemonnaies bei den Investoren - ebenso wie das immer noch bestehende strategische Ziel des Unternehmers: "Wir wollen der Coupon-Dienstleister Nummer eins in Deutschland sein und so lange wie möglich von unserem First-Mover-Status profitieren", so Timmermann vor einigen Tagen. Der Börsengang in "etwa drei bis fünf Jahren" ist nicht ausgeschlossen. Das Internet soll dann nur eine Nebenrolle spielen.


Denn Timmermann setzt vermehrt auf die Offline-Welt. Anfang August erschien die Rabatt-Zeitung als Beilage der "Berliner Zeitung" und der "BZ". Das Prinzip ist das gleiche wie im Internet - der Verbraucher bekommt Coupons zum Ausschneiden und kann damit etwa beim Kauf eines VW Golfs 4000 DM sparen. Der Autohändler bezahlt diesen Coupon wie eine Anzeige. Diese Idee ist zwar von den Anzeigenabteilungen der großen Verlagshäuser sehr einfach zu kopieren. Timmermann lässt trotzdem "wegen der starken Entwicklung" die Sektkorken knallen. Die Pläne für das weitere Wachstum sind schon geschmiedet: "Wir möchten nicht beim Internet oder bei den Zeitungen stehen bleiben, sondern auch andere Trägermedien gewinnen", sagt Timmermann, ohne Details zu nennen. Klar ist: Das neue Projekt wird groß.


Der erfolgreichste Onlinehändler hat nie viel Aufheben um seine Person oder sein Unternehmen gemacht. Der Erfolg von Michael Otto, Chef des gleichnamigen Versandhandels, zeigt, dass im Onlinehandel durchaus Geld zu verdienen ist. Waren im Wert von 1,5 Mrd. DM hat Otto im vorigen Geschäftsjahr über das Internet verkauft, und die Geschäfte laufen weiter gut. Für den Versandhändler ist das Internetgeschäft nur eine weitere Variante des Distanzhandels - und den betreibt Otto seit Jahren mit Erfolg. Einer seiner Grundsätze: "Mich interessieren Projekte, die in drei bis fünf Jahren zu Ergebnissen führen." Das hatte Otto im letzten Herbst im Interview der FTD gesagt. Sein Onlinehandel hat diese Ergebnisse geliefert. Das nächste große Projekt ist in Vorbereitung: Als Olympiabeauftragter der Hamburger Wirtschaft wirbt er dafür, dass die Spiele 2012 nach Hamburg kommen. Denn auch damit lässt sich, wenn man es richtig macht, gutes Geld verdienen.

Grüsse,
Tyler Durdan
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