Die Billigpreise von Rainbow Tours locken besonders Jugendliche an. Verbraucherschützer warnen, mitunter seien schon die Busreisen unfreiwillige Abenteuer.Die Skiurlauber blickten in einen Abgrund - jedoch nicht auf der Piste, sondern am Busfenster. Auf der Rückfahrt aus dem französischen Doucy verlor ihr Busfahrer im Januar auf einer Serpentinenstraße plötzlich die Kontrolle. Den Absturz den Hang hinunter verhinderte nur ein Baum. "Nie wieder Urlaub mit Rainbow Tours", habe sie während des Restes der Fahrt gedacht, sagt eine Schülerin.
Kaum ein Reiseunternehmen hat in der Branche einen derart schlechten Ruf und provoziert so harsche Beschwerden von Verbraucherschützern wie der Billig-Reiseveranstalter aus Hamburg.
Das Einzige, was bei Rainbow Tours bunt zu schillern scheint, ist die Palette abenteuerlicher Randerlebnisse. Vor allem die Bustouren des Unternehmens seien "berühmt-berüchtigt", so die Juristin Beate Wagner von der Verbraucher-Zentrale Nordrhein-Westfalen.
Technisch veraltete Busse, die unterwegs den Dienst quittierten, und Fahrer, bei deren ruppigem Fahrstil den Gästen angst und bange wurde - seit Jahren bezeichnen viele Kunden ihre unversehrte Ankunft am Zielort als den eigentlichen Glücksfall ihres Urlaubstrips. Zudem klagen viele über organisatorische Mängel wie Verspätungen, überbuchte Busse, fehlende Hotelzimmer und mitunter inkompetentes Personal.
Verbraucherschützerin Wagner warnt vor allem deshalb, weil die Rainbow-Billigpreise viele Jugendliche anlocken, deren Unerfahrenheit leicht ausgenutzt werden kann. 16 Stunden chauffierte ein Busfahrer im vergangenen Sommer Heike Manthey und ihre Tochter aus dem Ungarn-Urlaub in Siófok nach Haus. Damit lag er sechs Stunden über der gesetzlich erlaubten Höchstfahrzeit.
"Der war fertig, der Mensch", erinnert sich Manthey. "Und ich hatte eine Mordsangst." Mehrmals sei man fast in die Leitplanke geschlittert. Für sie steht fest: "Ich würde meine Tochter niemals allein mit diesem Verein verreisen lassen."
"Die Reiseleiter waren nie da", erinnert sich die Schülerin Anne Huch an ihren eigenen Siófok-Urlaub mit Rainbow Tours in den vergangenen Sommerferien. Das wurde spätestens dann zum Problem, als ein Junge im Hotel ohnmächtig geprügelt wurde. Bei der vermeintlichen "24-Stunden-Hotline" des Unternehmens meldete sich lange Zeit niemand.
Manthey hatte die Reiseleiter, wenn überhaupt, "immer nur mit Bierpulle und Wasserpistole" erlebt. Sie seien auch nicht eingeschritten, als betrunkene Halbstarke nächtelang Möbel von den Hotelbalkonen warfen. "Da war Randale", erinnert sich ein Reiseveranstalter, der zur selben Zeit in Siófok war.
Ziemlich aufdringlich sollen sich die Rainbow-Leute hingegen dann gezeigt haben, wenn sie ihre Eintrittskarten für abendliche Partys verkaufen wollten. Manchen der Jugendlichen sei auf der Suche nach Geld sogar das Gepäck durchwühlt worden.
Rainbow Tours, mit einem Umsatz von rund 20 Millionen Euro ohnehin einer der Kleinen der deutschen Tourismusbranche, firmiere nicht als Jugendreiseanbieter, definiere sich aber als solcher durch seine günstigen Preise, meint Monika Dombrowsky vom ReiseNetz, der Bundesarbeitsgemeinschaft der Jugendreisebranche. Dass die Qualität der Trips "jenseits von gut und böse" sei, ärgert sie daher besonders.
Die rund 70 Unternehmen in ihrem Verbund haben gemeinsame Qualitätsstandards festgelegt - vor allem in der Ausbildung ihres Personals. Doch Klagen über die Reiseleiter finden sich in vielen Beschwerden über Rainbow Tours. "Offensichtlich legt das Unternehmen auf die Meinung seiner Kunden nicht so viel Wert", meint Verbraucherschützerin Wagner angesichts der immer wiederkehrenden Vorwürfe.
Rainbow-Tours-Geschäftsführer Mathias Kampmann kennt die Klagen, spricht von Einzelfällen und versichert, man zahle den Busunternehmen marktgerechte Preise. "Unser Margenspiel ist eben gering."
Allerdings gibt er zu: "Wir haben mit nicht optimalen Busunternehmen zusammengearbeitet." Das sei "eine Schwachstelle in der Vergangenheit gewesen". Im Januar hat er sich in das bis dahin 20 Jahre vom Firmengründer geführte Unternehmen eingekauft und als sein persönliches Credo nun ein klares "Qualitätsmanagement" ausgerufen. Auf die bisher niedrigen Preise werde sich das jedoch kaum auswirken.
Sein Personal schule Rainbow Tours intensiv, so Kampmann: "Die Reiseleiter unterliegen einer ganz harten Auswahl und Beurteilung" - gemanagt vor Ort von Chefkoordinatoren. Doch die seien, so klagen die Siófok-Urlauber, mitunter genauso betrunken gewesen wie die Reiseleiter.
Kampmann will sich der Reklamationen nun persönlich annehmen. Früher sprach Rainbow Tours gern von "entschädigungslos hinzunehmenden Unzulänglichkeiten", wenn Urlauber ihr Geld zurückforderten. Die meisten gaben klein bei. Und Anwälte winken ab: Der Streitwert ist meist zu gering.