Neues Grundgesetz für die Finanzwelt

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Neues Grundgesetz für die Finanzwelt

 
01.11.07 23:04
Die neue EU-Richtlinie für Märkte in Finanzinstrumenten, kurz "Mifid", tritt heute in Kraft. Von Finanzdienstleistern verlangt sie mehr Offenheit und soll Anlegern mehr Transparenz und Sicherheit bringen.  

Vielen Bankkunden sind in den vergangenen Wochen schon darüber aufgeklärt worden, dass sich etwas tut im Verhältnis zu ihrem Institut. Vielfach dürfte die "Änderung der AGB" oder die angeblich erhöhte "Transparenz für Ihre Investmententscheidungen" aber als schlichte Kundenwerbung oder Marketing-Gag abgetan und im Papierkorb verschwunden sein.

Dabei ändert sich vom 1. November an tatsächlich einiges durch Mifid. Die neue Richtlinie ersetzt die 1993 in Kraft getretene Investment Services Directive (ISD) und soll zu einem besseren Anlegerschutz über nationale Grenzen in der EU hinweg und gleichzeitig zu einem durchlässigeren Kapitalmarkt in den Grenzen der Gemeinschaft führen.  

Jetzt auch offiziell: "Privatanleger"  
Der Anlegerschutz soll vor allem mit drei Änderungen voran getrieben werden: Zunächst werden Privatanleger erstmals auch offiziell als solche klassifiziert. Der Informationsaustausch zwischen Bank, Fondsgesellschaft oder Broker auf der einen und dem Anleger auf der anderen Seite soll damit schon einmal spezieller auf dessen Wissensstand und Bedürfnisse ausgerichtet werden können.

Konsequenzen daraus kann ein Anleger schon dann erfahren, wenn er neben dem Kauf herkömmlicher Aktien oder Fonds einmal ein Hebel-Zertifikat oder Mini-Future erwerben will, die als riskanter eingestuft werden. Die Bank wird ihn nun genauer nach seinem Wissensstand, seinen Vorkenntnissen und seinen bisherigen Erfahrungen zu einem solchen Finanzprodukt fragen. Zur Abfrage gehören unter Umständen auch Erkundigungen nach seinem Beruf und seinem finanziellen Hintergrund. Ziel ist es dabei, unbedarfte Anleger vom Spekulieren mit hochriskanten Papieren abzuhalten oder ihnen deren Risiko zumindest bewusster zu machen.

"Kick-Back" für Finanzvermittler?
Die spannendste Neuerung betrifft allerdings die neue und ungewohnte Offenheit, die Finanzdienstleister nun beim Thema Gebühren an den Tag legen sollen. So genannte "Kick-backs", also Rückvergütungen für Vermittler, müssen künftig offen gelegt werden. Grundsätzlich soll nach dem Geist von Mifid gar keine "Zuwendung von Dritten" also etwa der Fondsgesellschaft, entgegen genommen werden, wenn ein Finanzprodukt einem Kunden empfohlen wird. Diese Vorgabe wird allerdings gleich wieder eingeschränkt. Denn Kick-Backs sind erlaubt, wenn sie "die Qualität der für den Kunden erbrachten Dienstleistung verbessern". Zudem müssen die dem Kunden "in verständlicher Weise" deutlich offen gelegt werden.

In der Praxis, nach der Einführung von Mifid, dürfte es also spannend werden, wie dieser Spagat von Fondsvermittlern, Finanzberatern und Vermögensverwaltern gelöst wird: Denn klar ist, dass Kick-Backs einen großen Teil der Einkünfte in dieser Branche ausmachen. Ein großer Teil der Verwaltungsgebühren – ein Drittel bis zur Hälfte – geht etwa bei Fondsprodukten regelmäßig an die Vertriebspartner.
Aus Sicht der Verbraucher besteht also zumindest die Chance, Abhängigkeiten und Interessenskonflikte ihres Beraters oder Vermittlers frühzeitig zu erkennen. Auch über dessen Honorierung wird er nun prinzipiell besser informiert.

Schlupflöcher noch nicht gestopft
Dennoch wird durch Mifid nicht alles besser. Während die Mifid von Beratern und Vermittlern nun eine Berufshaftpflichtversicherung einfordert, kommen freie Fondsvermittler weiterhin auch ohne diese aus. Und bei geschlossenen Fonds, mit denen Anleger in der Vergangenheit oft im Wortsinn "Schiffbruch" erlitten haben, wird auch Mifid nicht zu einer erhöhten Transparenz führen.

Am Tag seiner Einführung darf man also geteilter Meinung über das neue Grundgesetz für den Kapitalmarkt sein. Während vielen Anlegerschützern die Regelungen nicht weit genug gehen, ist verspürt die Finanzbranche inzwischen eine gewisse Erleichterung. "Die Angst war wohl übertrieben", ließ kürzlich ein mit der Umsetzung der Mifid-Richtlinien beauftragter Manager der Deutschen Bank zitieren.  
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Transparenz für den Privatanleger

 
01.11.07 23:09
mal schauen, inwieweit dies umgesetzt wird.
Top1:

lückenlos??

 
02.11.07 08:02
Die Vorboten trudelten bereits in den vergangenen
Wochen per Brief bei Bankkunden ein. Aber wohl nicht alle Anleger,
die ihr Geld in Aktien, Fonds oder Zertifikate investieren, dürften
die langen Schreiben ihrer Bank oder Sparkasse auch wirklich gelesen
haben. Zumal das Stichwort «MiFID» («Markets in Financial Instruments
Directive») und die dann folgenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen
(AGB) der jeweiligen Geldhäuser wenig zum Weiterlesen verlocken.
Dabei geht es um die neue EU-Finanzmarktrichtlinie, die an diesem
Donnerstag auch in Deutschland in nationales Recht umgesetzt wird.
Die Politik feiert die Vorschriften gar als «neues Grundgesetz für
den Wertpapierhandel». Schließlich geht es um mehr Anlegerschutz und
Transparenz, was einigen Bankberatern und Filialleitern Kummer
bereitet haben dürfte. Müssen sie doch ehrlich und professionell im
besten Interesse eines Kunden handeln. Die praktischen Folgen für
Privatanleger der am 1. November in Kraft tretenden neuen Richtlinie
indes sind relativ überschaubar.
In vielen Banken-Schreiben an die Kunden wird gleich zu Beginn
beschwichtigt. «Für Sie als Privatanleger das Wichtigste vorab: es
wird sich insgesamt für Sie nicht viel ändern», heißt es etwa beim
Fondsanbieter ebase. Nach solchen Sätzen dürften die AGB im
Kleingedruckten gleich zur Seite gelegt worden sein. Kunden wissen
aber nun, in welche Kundenklasse und damit welches Sicherheitsniveau
sie beim Anlegerschutz von ihren Beratern eingestuft werden.
Finanzdienstleister und Banken sind nämlich künftig verpflichtet,
Privatanleger ausführlich über eventuelle Risiken aufzuklären. Sie
müssen auch sicherstellen, dass nur solche Anlagemöglichkeiten

empfohlen werden, die tatsächlich den Bedürfnissen des Kunden
entsprechen. Deshalb sollen Kunden im Gegenzug detaillierter als
bisher Auskunft über finanzielle und persönliche Hintergründe geben.
Es geht darum, Kenntnisse und Erfahrungen des Kunden zu ermitteln.
Haftungsansprüche bei Falschberatung sind somit leichter nachweisbar.
Die Beweislast liegt hier aber weiterhin beim Anleger.
Gegenüber Kunden sind Anbieter wiederum verpflichtet,
Interessenkonflikte, Gebühren und vor allem Provisionen der
Vermittler offen zu legen. Kunden sollen so besser vergleichen
können. Allerdings empfehlen Verbraucherschützer, auch gezielt danach
zu fragen. Verpflichtet sind Bankberater auch, Wertpapieraufträge zu
den für die Kunden günstigsten Bedingungen auszuführen. Mit der
bestmöglichen Orderausführung («best execution») soll praktisch auch
der Wettbewerb zwischen Banken und Börsen angekurbelt werden.
Aber nicht nur Verbraucherschützer sehen Lücken und teils
schwammigen Formulierungen. Finanziellen Schiffbruch bei einer
Geldanlage wird auch die neue Richtlinie nicht verhindern können -
allen guten Absichten und hehren Zielen des Gesetzgebers zum Trotz.
Zumal nicht alle Berater und Produkte den neuen Vorschriften
unterliegen. Und vor Anlagebetrug und dubiosen Anbietern schützt
schließlich auch «MiFID» nicht.
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