Konsumwerte: Muskelspiele mit Meister Proper (EuramS)
Wenn die Börsen schwächeln und die Zinsen steigen, sollten Anleger auf Dauerläufer setzen. Einer der besten ist Procter&Gamble. Der Markenweltmeister aus den USA lehrt seinen Konkurrenten aus Europa das Fürchten.
von Klaus Schachinger
Top-Manager bei Procter &Gamble stehen unter permanenter Beobachtung. Alan G. Lafley (57), Chef des größten US-Konsumgüterkonzerns trifft sich am Sonntagabend regelmäßig mit Personalchef Richard Antoine, meistens im Haus der Lafleys im Zentrum von Cincinnatti. Gemeinsame Abendlektüre: Leistungsberichte über die Arbeit der obersten zweihundert Führungskräfte bei P&G.
Die Fleißarbeit der Manager macht sich inzwischen bezahlt. Gut vier Jahre nachdem Konzern-Insider Lafley das Steuer beim damals angeschlagenen Dickschiff im Dow Jones übernahm, hat P&G wieder volle Fahrt aufgenommen. Damals steuerten nur zehn der insgesamt 350 Marken des Portfolios jeweils mehr als eine Milliarde Dollar zum Umsatz von mehr als 50 Milliarden Dollar bei. Vorige Woche, als P&G die 2003/2004er Bilanz präsentierte, wurde die Zahl der Milliarden-Marken mit dem Shampoo Head & Schoulders und dem Knochenaufbau-Mittel Actonel auf 16 erhöht.
Für die Konkurrenz auf dem alten Kontinent ist das besonders bitter. Denn während Unilever (Dove, Calvin Klein), Henkel (Persil, Uhu) und L’Oréal (Lancome, Vichy) über schleppende Nachfrage klagen, glänzt P&G auch im wachstumsschwachen Europa mit fünf Prozent Umsatzplus im abgelaufenen Quartal.
Alle wichtigen europäischen Marken von P & G haben ihren Marktanteil ausgebaut und sollen weiter gestärkt werden. Der Verkauf des neuen Ariel Color & Style wird in den kommenden Monaten im deutschsprachigem Raum mit einer 10-Millionen-Dollar Kampagne angekurbelt. Ariel gehört mit weltweit elf Prozent Umsatzwachstum im vierten Quartal zu den starken Marken im Waschmittel-Segment.
Bei Lafleys europäischen Kollegen indes macht sich allmählich Frust breit. Beispiel Unilever: Antony Burgmans vom britisch-niederländischen Unilever -Konzern versucht derzeit, das mit 1200 Marken immer noch völlig überladene Portfolio zusammenzustreichen. Mit mäßigem Erfolg.
Denn bislang konnte Unilever den dadurch verursachten Einbruch bei Umsatz und Gewinn nicht kompensieren. Die Dynamik der 400 stärksten Marken, die 90 Prozent des Umsatzes von rund 43 Milliarden Euro bringen, reicht dafür nicht aus. Noch hält Burgmans an seinem Versprechen fest, den Gewinn auf Jahressicht um mehr als zehn Prozent zu steigern. Doch glauben tut ihm das angesichts 13 Prozent weniger Nettogewinn im zweiten Quartal an der Börse derzeit niemand. Die Aktie ist im freien Fall.
Und auch der gut geführte L’Oréal-Konzern bleibt in Europa derzeit hinter den Erwartungen zurück. Vor allem die sparwütigen Deutschen verweigern derzeit die Hochpreisprodukte aus Frankreich. Ergebnis: auf dem alten Kontinent nur 1,8 Prozent Umsatzwachstum. Der Erfolg der Amerikaner in konkurrenzstarken, reifen Märkten wie Europa zeigt, dass Konzernchef Lafley dem Ziel seiner sonntäglichen Arbeit inzwischen näher gekommen ist. "Die Manager müssen den heißen Atem der Kunden spüren. Das ist noch nicht auf allen Ebenen angekommen", räsonierte er vor noch einem Jahr. Inzwischen haben auch die Leiter der kleineren Marken gemerkt, woher der neue Wind weht. So imponiert Meister Proper, die Reiniger-Marke, die in angelsächsischen Ländern als Mr. Clean firmiert, inzwischen wieder mit weltweit 27 Prozent Wachstum im Quartal. Auch die Umsätze der zehn Marken mit mindestens 500 Millionen Dollar unterhalb der Milliarden-Dollar-Umsatz-Schwelle wachsen wieder genau so schnell wie die Top 16.
Lafley hat aus den Fehlern seines Vorgängers gelernt. Der war mit dem Umbau des schwerfällig gewordenen Riesen noch gescheitert, weil er das Management in Gut und Böse unterteilte und damit den Burgfrieden gefährdete. Lafley hingegen gelang es, die aufmüpfigen Markenfürsten wieder einzubinden: "Ich gebe die Richtung vor, die Manager treffen die strategischen Entscheidungen", erklärt er den neuen Stil bei P&G. So gestärkt, konnte er den radikalen Umbau, der mehr als 9000 Mitarbeiter den Job kostete, erfolgreich beenden. Ergebnis: Unter Lafleys Führung gelingt es dem 50-Milliarden-Riesen P&G, den Profit wieder kontinuierlich zweistellig zu steigern.
Anders als früher wagt P & G zudem jerzt auch große Akquisitionen. Die Übernahmen von Clariol und Wella im Geschäft mit Friseurartikeln – die bislang größten Zukäufe in der 167-jährigen Firmengeschichte – sind erst der Anfang. Lafley hat die erhabene Firmenkultur, wonach alles schlecht war, was nicht im eigenen Hause entwickelt wurde, der Schnelligkeit des Marktes angepasst. Und noch eine Neuerung geht auf Lafleys Konto: Was nicht mit Markenpflege und Vertrieb gekoppelt ist, Produktion und EDV zum Beispiel, wird ausgelagert. Das hilft in neuen Wachstumsmärkten wie China. "P&G investiert in China und steigert Marktanteil und Profitabilität damit deutlich", so Credit-Suisse-Analystin Lauren Liebermann. Im Gegensatz zur Konkurrenz, die 25 bis 45 Prozent des Umsatzes in den neuen Märkten macht, kommt P&G erst auf 20 Prozent. Raum für mehr Wachstum gibt es also genug. Die Aktie ist während der vergangenen 25 Jahre meistens besser gelaufen als der S&P-500-Index der größten US-Unternehmen. "Eine Aktie für das Kopfkissen. Man kann sich darauf verlassen, dass der Konzern Erfolg hat", lobt Banc-of-America Analyst William Steele überschwenglich.
-red- / -red-
Euro am Sonntag
Wenn die Börsen schwächeln und die Zinsen steigen, sollten Anleger auf Dauerläufer setzen. Einer der besten ist Procter&Gamble. Der Markenweltmeister aus den USA lehrt seinen Konkurrenten aus Europa das Fürchten.
von Klaus Schachinger
Top-Manager bei Procter &Gamble stehen unter permanenter Beobachtung. Alan G. Lafley (57), Chef des größten US-Konsumgüterkonzerns trifft sich am Sonntagabend regelmäßig mit Personalchef Richard Antoine, meistens im Haus der Lafleys im Zentrum von Cincinnatti. Gemeinsame Abendlektüre: Leistungsberichte über die Arbeit der obersten zweihundert Führungskräfte bei P&G.
Die Fleißarbeit der Manager macht sich inzwischen bezahlt. Gut vier Jahre nachdem Konzern-Insider Lafley das Steuer beim damals angeschlagenen Dickschiff im Dow Jones übernahm, hat P&G wieder volle Fahrt aufgenommen. Damals steuerten nur zehn der insgesamt 350 Marken des Portfolios jeweils mehr als eine Milliarde Dollar zum Umsatz von mehr als 50 Milliarden Dollar bei. Vorige Woche, als P&G die 2003/2004er Bilanz präsentierte, wurde die Zahl der Milliarden-Marken mit dem Shampoo Head & Schoulders und dem Knochenaufbau-Mittel Actonel auf 16 erhöht.
Für die Konkurrenz auf dem alten Kontinent ist das besonders bitter. Denn während Unilever (Dove, Calvin Klein), Henkel (Persil, Uhu) und L’Oréal (Lancome, Vichy) über schleppende Nachfrage klagen, glänzt P&G auch im wachstumsschwachen Europa mit fünf Prozent Umsatzplus im abgelaufenen Quartal.
Alle wichtigen europäischen Marken von P & G haben ihren Marktanteil ausgebaut und sollen weiter gestärkt werden. Der Verkauf des neuen Ariel Color & Style wird in den kommenden Monaten im deutschsprachigem Raum mit einer 10-Millionen-Dollar Kampagne angekurbelt. Ariel gehört mit weltweit elf Prozent Umsatzwachstum im vierten Quartal zu den starken Marken im Waschmittel-Segment.
Bei Lafleys europäischen Kollegen indes macht sich allmählich Frust breit. Beispiel Unilever: Antony Burgmans vom britisch-niederländischen Unilever -Konzern versucht derzeit, das mit 1200 Marken immer noch völlig überladene Portfolio zusammenzustreichen. Mit mäßigem Erfolg.
Denn bislang konnte Unilever den dadurch verursachten Einbruch bei Umsatz und Gewinn nicht kompensieren. Die Dynamik der 400 stärksten Marken, die 90 Prozent des Umsatzes von rund 43 Milliarden Euro bringen, reicht dafür nicht aus. Noch hält Burgmans an seinem Versprechen fest, den Gewinn auf Jahressicht um mehr als zehn Prozent zu steigern. Doch glauben tut ihm das angesichts 13 Prozent weniger Nettogewinn im zweiten Quartal an der Börse derzeit niemand. Die Aktie ist im freien Fall.
Und auch der gut geführte L’Oréal-Konzern bleibt in Europa derzeit hinter den Erwartungen zurück. Vor allem die sparwütigen Deutschen verweigern derzeit die Hochpreisprodukte aus Frankreich. Ergebnis: auf dem alten Kontinent nur 1,8 Prozent Umsatzwachstum. Der Erfolg der Amerikaner in konkurrenzstarken, reifen Märkten wie Europa zeigt, dass Konzernchef Lafley dem Ziel seiner sonntäglichen Arbeit inzwischen näher gekommen ist. "Die Manager müssen den heißen Atem der Kunden spüren. Das ist noch nicht auf allen Ebenen angekommen", räsonierte er vor noch einem Jahr. Inzwischen haben auch die Leiter der kleineren Marken gemerkt, woher der neue Wind weht. So imponiert Meister Proper, die Reiniger-Marke, die in angelsächsischen Ländern als Mr. Clean firmiert, inzwischen wieder mit weltweit 27 Prozent Wachstum im Quartal. Auch die Umsätze der zehn Marken mit mindestens 500 Millionen Dollar unterhalb der Milliarden-Dollar-Umsatz-Schwelle wachsen wieder genau so schnell wie die Top 16.
Lafley hat aus den Fehlern seines Vorgängers gelernt. Der war mit dem Umbau des schwerfällig gewordenen Riesen noch gescheitert, weil er das Management in Gut und Böse unterteilte und damit den Burgfrieden gefährdete. Lafley hingegen gelang es, die aufmüpfigen Markenfürsten wieder einzubinden: "Ich gebe die Richtung vor, die Manager treffen die strategischen Entscheidungen", erklärt er den neuen Stil bei P&G. So gestärkt, konnte er den radikalen Umbau, der mehr als 9000 Mitarbeiter den Job kostete, erfolgreich beenden. Ergebnis: Unter Lafleys Führung gelingt es dem 50-Milliarden-Riesen P&G, den Profit wieder kontinuierlich zweistellig zu steigern.
Anders als früher wagt P & G zudem jerzt auch große Akquisitionen. Die Übernahmen von Clariol und Wella im Geschäft mit Friseurartikeln – die bislang größten Zukäufe in der 167-jährigen Firmengeschichte – sind erst der Anfang. Lafley hat die erhabene Firmenkultur, wonach alles schlecht war, was nicht im eigenen Hause entwickelt wurde, der Schnelligkeit des Marktes angepasst. Und noch eine Neuerung geht auf Lafleys Konto: Was nicht mit Markenpflege und Vertrieb gekoppelt ist, Produktion und EDV zum Beispiel, wird ausgelagert. Das hilft in neuen Wachstumsmärkten wie China. "P&G investiert in China und steigert Marktanteil und Profitabilität damit deutlich", so Credit-Suisse-Analystin Lauren Liebermann. Im Gegensatz zur Konkurrenz, die 25 bis 45 Prozent des Umsatzes in den neuen Märkten macht, kommt P&G erst auf 20 Prozent. Raum für mehr Wachstum gibt es also genug. Die Aktie ist während der vergangenen 25 Jahre meistens besser gelaufen als der S&P-500-Index der größten US-Unternehmen. "Eine Aktie für das Kopfkissen. Man kann sich darauf verlassen, dass der Konzern Erfolg hat", lobt Banc-of-America Analyst William Steele überschwenglich.
-red- / -red-
Euro am Sonntag