...denn sie kommt nicht!
Die halbe Welt diskutiert über das "bahnbrechende" Merz-Konzept für eine grundlegende Steuerreform. Doch der 15 Seiten umfassende CDU-Plan für ein modernes Einkommensteuerrecht wird seinem Anspruch nicht gerecht.
Hamburg - Unter "www.cdu.de" wird es präsentiert, das Konzept des Finanzexperten Friedrich Merz, mit dem angeblich ein großer Befreiungsschlag gelingen soll.
"Schau'n 'mer mal", sagt Beckenbauer. Auf den ersten Blick scheint das Papier "Ein modernes Einkommensteuerrecht für Deutschland" mit 15 Seiten etwas mager, aber schließlich soll ja alles einfacher werden - in der Kürze liegt die Würze. Eine telefonische Nachfrage bei der Partei ergibt: Das ist es. Vielleicht gibt es zum Parteivortrag Anfang Dezember etwas mehr - vielleicht auch nicht. Also gut.
Seite 1: Deckblatt, Seite 2: Inhaltsverzeichnis, Seite 3 - 5 Einleitung; darin das übliche Lamento über ein chaotisches Steuersystem, Steuervermeidungsstrategien, Steuerflucht, "der kleine steuerzahlende Bürger".
CDU "verzichtet bewusst" auf Formulierung von Gesetzen
Wir brauchen ein "klares, ordnungspolitisch fundiertes Sanierungskonzept", gute Steuerpolitik tut Not, Familien brauchen finanzielle Spielräume, der Staat darf nicht zuviel besteuern etc. etc. Das alles kann man seit vielen, vielen Jahren in den Wahlprogrammen aller politischen Parteien Deutschlands lesen .... ein bisschen Liebe, ein bisschen Frieden.
Misstrauisch stimmt der Satz "der Vorschlag verzichtet bewusst auf die Ausformulierung von Gesetzesvorschriften" - hat ja auch keiner erwartet, aber alles so ex ventro - aus dem Bauch? Als Beobachter der öffentlichen Steuerdiskussion ist man jedoch hart im Nehmen; also weiter auf Seite 6 zu "den Leitsätzen für ein modernes Einkommensteuerrecht".
Leitsatz 1 - die fundamentalstmögliche Erneuerung
"Das gegenwärtige Einkommensteuergesetz ist nicht mehr reformfähig" - da ist was Wahres dran, also weg damit. Deswegen wird ein "vollständig neu formuliertes Einkommensteuergesetz" gefordert, das "Fundamentalprinzipien" - hallo, jetzt geht es ans Eingemachte - der "Verständlichkeit unter Besteuerung nach Leistungsfähigkeit entsprechend" Geltung verschafft - standing ovations im Ortsverein.
Besteuert werden soll das "Markteinkommen", dass heißt "jedes realisierte, durch Betätigung am Markt erworbene Einkommen" - was auch immer das sein mag, das VWL Seminar tobt. Und dann - hoppla - die Rolle rückwärts der fundamentalstmöglichen Erneuerer: "Die Neufassung erfolgt in fortführender bekannter Systematik und Terminologie des Einkommensteuerrechts ...". Na gut, es ist halt nur ein Leitsatz. Schließlich will man ja "die radikale Vereinfachung der Steuererklärung und der Steuerveranlagung".
Leitsatz 2 - Spam-Mails vom Finanzamt
Online-Steuererklärungen und Datenübertragungen zwischen Steuerpflichtigen und Finanzamt sollen kommen. Das ist eine feine Sache; die Finanzämter arbeiten aller Orten bereits daran. Vielleicht dauert es etwas länger. Nach der Maut-Erfahrung sollte man aber getrost sagen: Jungs, nehmt Euch ausreichend Zeit.
"Die Steuererhebung wird durch ein umfassendes Quellenabzugsverfahren ausgebaut", und zwar bei Lohnsteuer - gibt es ja schon, Kapitalertragsteuer - gibt es auch schon und Besteuerung von Alterseinkommen - das ist neu. Mehr solcher Abzugsverfahren bedeuten immer, dass andere - Arbeitgeber, Banken, Rentenversicherungen - dem Steuerpflichtigen geschuldete Gelder teilweise einbehalten und daraus für ihn Steuervorauszahlungen leisten.
Der Steuerpflichtige kann dann über seine Steuererklärung Erstattungen bekommen, vielleicht muss er nachzahlen. Ein Ausbauen dieses Systems soll zur Steuervereinfachung führen? Wenn andere meine Steuervorauszahlungen leisten und ich mich dann um die Verrechnung kümmern muss, wird das Durcheinander doch eher größer? Wenn etwas schief geht, stellt sich die Frage wer nun haftet, sehr kompliziert und mit immer wieder überraschenden Ergebnissen - alles bekannt.
Genörgel von Datenschützern einfach aussitzen
Wenn es dann bei der CDU noch heißt, dass die jährliche Einkommensteuererklärung durch einen elektronischen Steuererklärungsentwurfs des Finanzamts unmittelbar nach Ablauf des Kalenderjahres ersetzt werden soll, wird es ein wenig gruselig. Wenn man schon nicht versteht, was auf der Lohnsteuerkarte steht und was der Steuerberater in diese Formulare mit diesen komischen grünen Flächen reinmalt, so hat die Vorstellung, dass fortan das Finanzamt die Steuererklärung macht, nur wenig Tröstliches.
Andererseits, wenn das Steuersystem ohnehin eine "black box" ist, dann kann das Finanzamt vielleicht doch besser gleich die Steuererklärung machen, am besten auch gleich die Steuern zahlen. Kleinliches Genörgel von Datenschützern kann man aussitzen. Die Verfolgung von Steuerhinterziehern könnte dabei auch gleich vereinfacht werden. Wenn die Mail vom Finanzamt kommt, die Steuererklärung darin einen Fehler enthält, und man den nicht binnen 30 Minuten per Mausklick korrigiert, ist die Straftat vollendet. Fraglich nur, ob Steuererklärungs-Mails vom Finanzamt nicht als Spam-Mail verboten sind.
Leitsatz 3 - aus sieben mach drei
Beim "dritten Leitsatz" wird es interessant. Aus sieben Einkommensarten werden in Zukunft nur noch drei. Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, aus Gewerbebetrieb, selbständiger Arbeit und Vermietung werden zu "Einkünften aus unternehmerischer Tätigkeit" zusammengefasst.
Bad News für Bauern, aber denen ist bisher immer noch irgendwas eingefallen; Heulen und Zähneklappern bei den Vermietern - die tatsächlich unsystematische Regelung, dass bei Veräußerung von privat vermieteten Immobilien Gewinne steuerbefreit bleiben und zuvor steuermindern geltend gemachte Abschreibungen bei Veräußerungsgewinnen gar nicht ins Gewicht fallen sollen, dürfte danach wohl wegfallen.
Steuersystematisch sicherlich ein Schritt nach vorne, aber man legt gleichzeitig die Axt an so manche private Altersversorgung. Das bestehende steuerliche "Vermieterprivileg" beim Verkauf von Immobilien könnte man als "Steuerschlupfloch par excellence" von der Größe eines Boeing-747-Hangar-Tores bezeichnen, wäre dieser Steuervorteil der Vermieter nicht bereits über (im Verhältnis zur Immobilieninvestition) niedrige deutschen Mieten im wesentlichen an die Mieter weitergegeben.
Das lässt sich aber ändern - was geht das Finanzamt die private Miethöhe an? Und was ist mit der Gewerbesteuer ? Abwarten - kommt etwas später.
Leitsatz 4 - Endlich: Eine Bilanz fürs Amt, eine für die Bank
Erst mal zum Leitsatz 4: Ein Menschheitstraum wird wahr! Die CDU will Handelsbilanz und Steuerbilanz völlig voneinander trennen. Unternehmer haben dann eine Bilanz, die sie dem Finanzamt zeigen und eine andere Bilanz, die sie der Bank zeigen. Welcher Unternehmer hätte sich nicht schon immer danach gesehnt!
Das Ganze wird natürlich deutlich komplizierter, als es heute sowieso schon ist, und vielleicht ist es auch nicht so gemeint, wie man es sich wünscht. Aber dies ist nicht nur ein Schritt, nein dies ist ein gewaltiger Sprung ins Durcheinander - das wird schwierig aber lustig, vor allem für Wirtschaftsprüfer, Steuerberater und Anwälte; no risk, no fun.
Steuerbefreiungen, Freibeträge, Abzugsbeträge und Ermäßigungen werden aufgehoben. Es gibt einen einheitlichen Arbeitnehmerfreibetrag von 1.000,00 Euro. Wieso eigentlich nur für Arbeitnehmer? Sollten nicht die verschiedenen Einkünfte gleich behandelt werden ? Fängt das mit den Extrawürsten jetzt schon an, bevor es eigentlich losgeht?
Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen werden irgendwie neu geordnet und reduziert. Spenden an Gemeinnützige sollen weiter abzugsfähig bleiben, allerdings nicht bei Geselligkeitsvereinen. Was im Einzelnen gemeint ist, wird zwar nur ansatzweise erkennbar. Das ganze geht aber in die richtige Richtung, sieht allerdings bislang nicht anders aus als das ohnehin alljährlich übliche Rumschrauben an Detailregelungen.
Leitsatz 5 - Gewerbesteuer ja, besser auch noch für Fahrtenschwimmer
Im fünften Leitsatz kommt der berühmte einheitliche Freibetrag von 8.000 Euro pro Nase - statt heute 7.235 Euro pro Erwachsenem und 2.904 Euro pro Kind bisher - und der phänomenale Stufentarif. Statt linear ansteigender Steuerlast nun drei Steuerklassen: 12 Prozent für das Einkommen bis 18.000 Euro, 24 Prozent für das Einkommen bis 40.000 Euro und 36 Prozent für alles, was darüber liegt.
Der Vorschlag bleibt deutlich unter dem derzeit für 2004 diskutierten Höchststeuersatz von 42 Prozent . Die Einkommensstufen werden jedes zweite Jahr inflationsbereinigt. Gute Idee; das wird aber die schönen glatten Beträge im Laufe der Zeit wieder ordentlich krumm machen. Stufen oder linear? Dieser Glaubenskrieg wird uns noch lange beschäftigen, geht aber an den wichtigen Steuerproblemen vorbei. Der progressiv linear steigende Steuertarif hat zumindest den Vorteil, dass mit minimalen Gesetzeskorrekturen eine Einkommensteuerbelastung von 100 Prozent und mehr installiert werden kann.
Unternehmerische Einkünfte werden höchstens mit 24 Prozent belastet, wenn sie mit Gewerbesteuer belegt sind. Aha! Die Gewerbesteuer - unsere Strafsteuer auf unternehmerische Betätigung - soll es offenbar noch weiter geben.
Wer definiert Sondersteuern? Und warum?
Die Gewerbesteuer ist eine Sondersteuer auf Gewinne, die derzeit nur von Unternehmen bezahlt wird; vom nächsten Jahr an soll es auch Freiberuflern an den Kragen gehen. Wenn Unternehmen Gewerbesteuer zahlen, gibt es auch keinen Grund, dass Freiberufler sie nicht zahlen sollten. Der Witz ist nur: Es gibt überhaupt keinen vernünftigen Grund für eine Sondersteuer auf Einkünfte bestimmter Personengruppen.
Die Gewerbesteuer ist überdies kompliziert und führt ein vertracktes Eigenleben. Meint man Steuervereinfachung ernst, gehört die Gewerbesteuer als erstes auf den Müll. Wenn man eine besondere Gemeindesteuer braucht, gibt es genügend einfache Konzepte in der Schublade, die eine Gleichbehandlung aller Steuerpflichtigen ermöglichen.
So etwas hätte auch den Vorteil, dass sich auch Arbeitnehmer oder Bezieher von Zinsen und Renten mit einem druckfrischen Gewerbesteuerbescheid in den Händen, einmal Gedanken darüber machen, was die Gemeinden so mit den Steuergeldern anstellen.
Landwirte und Vermieter ließen sich herausdividieren
Wenn man den Vorwurf, dass die Gewerbesteuer eine Bestrafung von unternehmerischer Initiative ist, entkräften will, könnte man vielleicht auch Fahrtenschwimmer und alle Menschen, deren Nachnamen mit "ö" aufhört, der Gewerbesteuer unterwerfen. Das lässt sich genauso plausibel begründen, wie die jetzige Zielgruppe dieser Steuer.
Das Tolle an der Gewerbesteuer im Merz-Konzept ist, dass vorne beim Leitsatz Nr. 3 gewerbliche, freiberufliche, landwirtschaftliche und Vermietungseinkünfte zu einer Gruppe von "unternehmerischen Einkünften" zusammengefaßt werden. Wenn die CDU nicht auch Landwirte und Vermieter mit Gewerbesteuer belegen will, kann man diese Einkunftsarten bei der Steuer wieder irgendwie herausdividieren - soviel zur Steuervereinfachung beim Leitsatz 3.
Leitsatz 6 - Family Values
Beim sechsten Leitsatz zur Ehe und Familie nicht viel Neues. Die Grundfreibeträge werden addiert. Das Ehegattensplitting soll weiterbestehen. Kindergeld soll allerdings nur noch "im Bedarfsfall" gewährt werden - viel Spaß bei Definition und Ermittlung dieses Bedarfs. Notwendige Aufwendungen für Kinderbetreuung sollen steuerlich abzugsfähig werden. Offenbar bei allen Einkünften und nicht nur bei Einkünften aus beruflicher Tätigkeit - darf man dann Kinderbetreuungskosten auch abziehen, wenn man nur Zinseinkünfte oder Mieteinkünfte erzielt?
7/8/9 - dies und das und typisierter Aufwand
Laut Leitsatz sieben soll die Besteuerung der Kapitaleinkünfte vereinheitlicht und vereinfacht werden. Es ist eine Kapitalertragsteuer auf Zinsen von 24 Prozent vorgesehen, die dann wieder mit der Einkommensteuer verrechnet wird - nichts Neues.
Laut Leitsatz acht werden Veräußerungsgewinne bei Grundstücken, vermieteten Immobilien, Wertpapiere oder ähnlichem versteuert. Keine Spekulationsfrist mehr; wobei "der Aufwand aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung typisiert" werden soll. Da kann man gespannt sein, " ... kam da doch neulich so'n Typ vom Finanzamt und wollte meinen Aufwand typisieren; also dem hab ich gesagt, wenn hier was typisiert wird, ..."
Im neunten Leitsatz geht es um die "nachgelagerte Besteuerung der Alterseinkünfte", will heißen: Renten werden steuerpflichtig. Zahlungen für die Altersversorgung sind steuerlich abzugsfähig, wenn es dabei um spätere Renten geht. Der Abzugsfähigkeit der Leistungen in die Kapitallebensversicherung geht es an den Kragen. Steuersystematisch ist dies richtig; einfacher wird dadurch aber nichts. Übergangsregelungen soweit das Auge reicht.
Leitsatz 10 - Unternehmensbesteuerung: CDU wagt Salto
Tolle Schlagzeile für Leitsatz 10 zur Unternehmensbesteuerung. Hier soll wirklich der doppelte Salto rückwärts stattfinden. Körperschaftsteuersatz 24 Prozent statt 25 Prozent ab 2004, macht zuzüglich Gewerbesteuer meist ca. 40 Prozent - bis hierhin nichts wesentlich Neues.
Werden Gewinne von GmbHs und AGs ausgeschüttet, so soll das derzeit geltende Halbeinkünfteverfahren (weil die Gewinne bei der GmbH/AG schon einmal besteuert wurden, unterliegen sie beim Gesellschafter, der die Dividende bekommt, nur zur Hälfte der Einkommensteuer) entfallen.
Das gute alte Anrechnungsverfahren soll wiederkommen. Danach kriegt der Gesellschafter bei der Gewinnausschüttung die von der GmbH oder AG gezahlte Körperschaftsteuer wieder - eigentlich komisch, dass man Steuer, die jemand anders auf seine Gewinne bezahlt hat, erhält, aber das hatten wir hier ja bis 2000/2001.
Anrechnungsverfahren, die nervtötende Alternative
Man hatte es schon verdrängt, weil es so schrecklich kompliziert und nervtötend war. Die Umstellung hat uns dann Übergangsregelungen bis zum Jahr 2016 beschert. Nun soll es wieder kommen und natürlich vereinfacht werden - wer eine Steuerberatungsgesellschaft hat, sollte jetzt den Börsengang vorbereiten; eine Kursexplosion ist gewiss.
Das Körperschaftsteueranrechnungsverfahren ist aus vielen guten Gründen abgeschafft worden. Da es nur inländische Gesellschafter von inländischen GmbHs und AGs betrifft, schafft es eine krasse Benachteiligung von grenzüberschreitenden Unternehmensbeteiligungen - das fängt schon bei einer Auslandsaktie im Depot an.
Will sich die CDU jetzt bei den Globalisierungsgegnern ranschmeißen ? So eine Regelung widerspricht natürlich EU- Recht, es sei denn, der deutsche Fiskus will beispielsweise französischen oder portugiesischen Gesellschaftern deutscher GmbHs oder AGs die Steuern, die diese Gesellschaften hier auf deutsche Gewinne gezahlt haben, mit den Dividenden auszahlen. Das will ernsthaft sicher niemand.
Gebot der Stunde: Anreize, Unternehmen Geld zu entziehen
Da ein solches Anrechnungsverfahren bei niedriger persönlicher Steuerlast überdies den Effekt hat, dass ausgeschüttete Gewinne steuerlich niedriger belastet werden als im Unternehmen belassene Gewinne, führt dies zu einem Anreiz, Unternehmen Geld zu entziehen. Das ist genau das, was einem jetzt gerade fehlt. Hiermit hatte die rot-grüne Unternehmensteuerreform endlich aufgeräumt. Warum dieser Vorschlag nunmehr wieder aus der Mottenkiste geholt wird, wird hoffentlich ein Geheimnis bleiben.
Ganz zum Schluß dann aber doch noch ein Highlight: Steuerliche Verlustvorträge sollen uneingeschränkt gewährt werden. Die Regierung hat mit einem aktuellen Gesetzesentwurf eine erhebliche Beschränkung der Verlustvorträge vor. Man kann Wetten darauf abschließen, dass das der steuerliche Killer Nummer 1 für Unternehmensneugründungen und unternehmerische Investitionen wird.
Das ist außerdem eine Sauerei. Die Verluste sind nämlich aus Eigenkapital finanziert; das heißt, hier wurde bereits versteuertes Geld verloren. Wenn man nun - wie derzeit geplant - auf spätere Gewinne Steuern zahlen soll, bevor die Verluste wieder aufgeholt sind, führt dies zu harten steuerlichen Doppelbelastungen.
Alle Mann in Deckung vor dem Stoiber-Entwurf
Gut, dass die CDU dies offenbar nicht will. Erstaunlich nur, dass diese wirklich schlimme geplante Neuregelung auf einer Empfehlung des Vermittlungsausschusses von Bundestag und Bundesrat beruht, damit auch von CDU/CSU gestützt wird und letztlich unter dem skurrilen Begriff "Mindestgewinnbesteuerung" ein besonderes Highlight des Steuerprogramms von CDU/CSU im letzten Bundestagswahlkampf war - soviel zu den Geistern, die man rief. Wollte Herr Stoiber nicht auch noch ein Steuerreformprogramm vorlegen? Das wird bestimmt ein großer Wurf, also: Alle Mann in Deckung !
Fazit: Dieser CDU-Vorschlag ist kein "Konzept". Er ist eine steuerliche Nebel- und Blendgranate, wie man sie aus Wahlkampfzeiten gewohnt ist. Mit konstruktiver Oppositionsarbeit am Steuersystem hat das nichts zu tun. Es gibt viele gute Gründe, aktuelle Steueränderungsvorhaben der Regierung zu kritisieren, im Bundesrat aufzuhalten, im Vermittlungsausschuss nachzubessern oder gar völlig zu blockieren. Der Hinweis auf dieses CDU-Steuerpapier gehört aber nicht dazu.
Es bleibt nur zu hoffen, dass diese ganze Geschichte schnell wieder aus der öffentlichen Steuerdiskussion verschwindet. Es verlassen zwar sehr viel weniger Menschen aus steuerlichen Gründen dieses Land, als Presseberichte über Rennfahrer oder andere Millionäre Glauben machen.
Wenn unsere Politiker aber in der öffentlichen Steuerdiskussion in diesem Stil weitermachen, steht zu befürchten, dass viele Bürger sich aus dem Staub machen, weil sie diese Debatten nicht länger ertragen können. Vielleicht ist dies im Ausland aber ähnlich - am Besten, man zieht in ein Land, wo man die Sprache nicht versteht.
www.manager-magazin.de/unternehmen/artikel/...8,272719,00.html
Die halbe Welt diskutiert über das "bahnbrechende" Merz-Konzept für eine grundlegende Steuerreform. Doch der 15 Seiten umfassende CDU-Plan für ein modernes Einkommensteuerrecht wird seinem Anspruch nicht gerecht.
Hamburg - Unter "www.cdu.de" wird es präsentiert, das Konzept des Finanzexperten Friedrich Merz, mit dem angeblich ein großer Befreiungsschlag gelingen soll.
"Schau'n 'mer mal", sagt Beckenbauer. Auf den ersten Blick scheint das Papier "Ein modernes Einkommensteuerrecht für Deutschland" mit 15 Seiten etwas mager, aber schließlich soll ja alles einfacher werden - in der Kürze liegt die Würze. Eine telefonische Nachfrage bei der Partei ergibt: Das ist es. Vielleicht gibt es zum Parteivortrag Anfang Dezember etwas mehr - vielleicht auch nicht. Also gut.
Seite 1: Deckblatt, Seite 2: Inhaltsverzeichnis, Seite 3 - 5 Einleitung; darin das übliche Lamento über ein chaotisches Steuersystem, Steuervermeidungsstrategien, Steuerflucht, "der kleine steuerzahlende Bürger".
CDU "verzichtet bewusst" auf Formulierung von Gesetzen
Wir brauchen ein "klares, ordnungspolitisch fundiertes Sanierungskonzept", gute Steuerpolitik tut Not, Familien brauchen finanzielle Spielräume, der Staat darf nicht zuviel besteuern etc. etc. Das alles kann man seit vielen, vielen Jahren in den Wahlprogrammen aller politischen Parteien Deutschlands lesen .... ein bisschen Liebe, ein bisschen Frieden.
Misstrauisch stimmt der Satz "der Vorschlag verzichtet bewusst auf die Ausformulierung von Gesetzesvorschriften" - hat ja auch keiner erwartet, aber alles so ex ventro - aus dem Bauch? Als Beobachter der öffentlichen Steuerdiskussion ist man jedoch hart im Nehmen; also weiter auf Seite 6 zu "den Leitsätzen für ein modernes Einkommensteuerrecht".
Leitsatz 1 - die fundamentalstmögliche Erneuerung
"Das gegenwärtige Einkommensteuergesetz ist nicht mehr reformfähig" - da ist was Wahres dran, also weg damit. Deswegen wird ein "vollständig neu formuliertes Einkommensteuergesetz" gefordert, das "Fundamentalprinzipien" - hallo, jetzt geht es ans Eingemachte - der "Verständlichkeit unter Besteuerung nach Leistungsfähigkeit entsprechend" Geltung verschafft - standing ovations im Ortsverein.
Besteuert werden soll das "Markteinkommen", dass heißt "jedes realisierte, durch Betätigung am Markt erworbene Einkommen" - was auch immer das sein mag, das VWL Seminar tobt. Und dann - hoppla - die Rolle rückwärts der fundamentalstmöglichen Erneuerer: "Die Neufassung erfolgt in fortführender bekannter Systematik und Terminologie des Einkommensteuerrechts ...". Na gut, es ist halt nur ein Leitsatz. Schließlich will man ja "die radikale Vereinfachung der Steuererklärung und der Steuerveranlagung".
Leitsatz 2 - Spam-Mails vom Finanzamt
Online-Steuererklärungen und Datenübertragungen zwischen Steuerpflichtigen und Finanzamt sollen kommen. Das ist eine feine Sache; die Finanzämter arbeiten aller Orten bereits daran. Vielleicht dauert es etwas länger. Nach der Maut-Erfahrung sollte man aber getrost sagen: Jungs, nehmt Euch ausreichend Zeit.
"Die Steuererhebung wird durch ein umfassendes Quellenabzugsverfahren ausgebaut", und zwar bei Lohnsteuer - gibt es ja schon, Kapitalertragsteuer - gibt es auch schon und Besteuerung von Alterseinkommen - das ist neu. Mehr solcher Abzugsverfahren bedeuten immer, dass andere - Arbeitgeber, Banken, Rentenversicherungen - dem Steuerpflichtigen geschuldete Gelder teilweise einbehalten und daraus für ihn Steuervorauszahlungen leisten.
Der Steuerpflichtige kann dann über seine Steuererklärung Erstattungen bekommen, vielleicht muss er nachzahlen. Ein Ausbauen dieses Systems soll zur Steuervereinfachung führen? Wenn andere meine Steuervorauszahlungen leisten und ich mich dann um die Verrechnung kümmern muss, wird das Durcheinander doch eher größer? Wenn etwas schief geht, stellt sich die Frage wer nun haftet, sehr kompliziert und mit immer wieder überraschenden Ergebnissen - alles bekannt.
Genörgel von Datenschützern einfach aussitzen
Wenn es dann bei der CDU noch heißt, dass die jährliche Einkommensteuererklärung durch einen elektronischen Steuererklärungsentwurfs des Finanzamts unmittelbar nach Ablauf des Kalenderjahres ersetzt werden soll, wird es ein wenig gruselig. Wenn man schon nicht versteht, was auf der Lohnsteuerkarte steht und was der Steuerberater in diese Formulare mit diesen komischen grünen Flächen reinmalt, so hat die Vorstellung, dass fortan das Finanzamt die Steuererklärung macht, nur wenig Tröstliches.
Andererseits, wenn das Steuersystem ohnehin eine "black box" ist, dann kann das Finanzamt vielleicht doch besser gleich die Steuererklärung machen, am besten auch gleich die Steuern zahlen. Kleinliches Genörgel von Datenschützern kann man aussitzen. Die Verfolgung von Steuerhinterziehern könnte dabei auch gleich vereinfacht werden. Wenn die Mail vom Finanzamt kommt, die Steuererklärung darin einen Fehler enthält, und man den nicht binnen 30 Minuten per Mausklick korrigiert, ist die Straftat vollendet. Fraglich nur, ob Steuererklärungs-Mails vom Finanzamt nicht als Spam-Mail verboten sind.
Leitsatz 3 - aus sieben mach drei
Beim "dritten Leitsatz" wird es interessant. Aus sieben Einkommensarten werden in Zukunft nur noch drei. Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, aus Gewerbebetrieb, selbständiger Arbeit und Vermietung werden zu "Einkünften aus unternehmerischer Tätigkeit" zusammengefasst.
Bad News für Bauern, aber denen ist bisher immer noch irgendwas eingefallen; Heulen und Zähneklappern bei den Vermietern - die tatsächlich unsystematische Regelung, dass bei Veräußerung von privat vermieteten Immobilien Gewinne steuerbefreit bleiben und zuvor steuermindern geltend gemachte Abschreibungen bei Veräußerungsgewinnen gar nicht ins Gewicht fallen sollen, dürfte danach wohl wegfallen.
Steuersystematisch sicherlich ein Schritt nach vorne, aber man legt gleichzeitig die Axt an so manche private Altersversorgung. Das bestehende steuerliche "Vermieterprivileg" beim Verkauf von Immobilien könnte man als "Steuerschlupfloch par excellence" von der Größe eines Boeing-747-Hangar-Tores bezeichnen, wäre dieser Steuervorteil der Vermieter nicht bereits über (im Verhältnis zur Immobilieninvestition) niedrige deutschen Mieten im wesentlichen an die Mieter weitergegeben.
Das lässt sich aber ändern - was geht das Finanzamt die private Miethöhe an? Und was ist mit der Gewerbesteuer ? Abwarten - kommt etwas später.
Leitsatz 4 - Endlich: Eine Bilanz fürs Amt, eine für die Bank
Erst mal zum Leitsatz 4: Ein Menschheitstraum wird wahr! Die CDU will Handelsbilanz und Steuerbilanz völlig voneinander trennen. Unternehmer haben dann eine Bilanz, die sie dem Finanzamt zeigen und eine andere Bilanz, die sie der Bank zeigen. Welcher Unternehmer hätte sich nicht schon immer danach gesehnt!
Das Ganze wird natürlich deutlich komplizierter, als es heute sowieso schon ist, und vielleicht ist es auch nicht so gemeint, wie man es sich wünscht. Aber dies ist nicht nur ein Schritt, nein dies ist ein gewaltiger Sprung ins Durcheinander - das wird schwierig aber lustig, vor allem für Wirtschaftsprüfer, Steuerberater und Anwälte; no risk, no fun.
Steuerbefreiungen, Freibeträge, Abzugsbeträge und Ermäßigungen werden aufgehoben. Es gibt einen einheitlichen Arbeitnehmerfreibetrag von 1.000,00 Euro. Wieso eigentlich nur für Arbeitnehmer? Sollten nicht die verschiedenen Einkünfte gleich behandelt werden ? Fängt das mit den Extrawürsten jetzt schon an, bevor es eigentlich losgeht?
Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen werden irgendwie neu geordnet und reduziert. Spenden an Gemeinnützige sollen weiter abzugsfähig bleiben, allerdings nicht bei Geselligkeitsvereinen. Was im Einzelnen gemeint ist, wird zwar nur ansatzweise erkennbar. Das ganze geht aber in die richtige Richtung, sieht allerdings bislang nicht anders aus als das ohnehin alljährlich übliche Rumschrauben an Detailregelungen.
Leitsatz 5 - Gewerbesteuer ja, besser auch noch für Fahrtenschwimmer
Im fünften Leitsatz kommt der berühmte einheitliche Freibetrag von 8.000 Euro pro Nase - statt heute 7.235 Euro pro Erwachsenem und 2.904 Euro pro Kind bisher - und der phänomenale Stufentarif. Statt linear ansteigender Steuerlast nun drei Steuerklassen: 12 Prozent für das Einkommen bis 18.000 Euro, 24 Prozent für das Einkommen bis 40.000 Euro und 36 Prozent für alles, was darüber liegt.
Der Vorschlag bleibt deutlich unter dem derzeit für 2004 diskutierten Höchststeuersatz von 42 Prozent . Die Einkommensstufen werden jedes zweite Jahr inflationsbereinigt. Gute Idee; das wird aber die schönen glatten Beträge im Laufe der Zeit wieder ordentlich krumm machen. Stufen oder linear? Dieser Glaubenskrieg wird uns noch lange beschäftigen, geht aber an den wichtigen Steuerproblemen vorbei. Der progressiv linear steigende Steuertarif hat zumindest den Vorteil, dass mit minimalen Gesetzeskorrekturen eine Einkommensteuerbelastung von 100 Prozent und mehr installiert werden kann.
Unternehmerische Einkünfte werden höchstens mit 24 Prozent belastet, wenn sie mit Gewerbesteuer belegt sind. Aha! Die Gewerbesteuer - unsere Strafsteuer auf unternehmerische Betätigung - soll es offenbar noch weiter geben.
Wer definiert Sondersteuern? Und warum?
Die Gewerbesteuer ist eine Sondersteuer auf Gewinne, die derzeit nur von Unternehmen bezahlt wird; vom nächsten Jahr an soll es auch Freiberuflern an den Kragen gehen. Wenn Unternehmen Gewerbesteuer zahlen, gibt es auch keinen Grund, dass Freiberufler sie nicht zahlen sollten. Der Witz ist nur: Es gibt überhaupt keinen vernünftigen Grund für eine Sondersteuer auf Einkünfte bestimmter Personengruppen.
Die Gewerbesteuer ist überdies kompliziert und führt ein vertracktes Eigenleben. Meint man Steuervereinfachung ernst, gehört die Gewerbesteuer als erstes auf den Müll. Wenn man eine besondere Gemeindesteuer braucht, gibt es genügend einfache Konzepte in der Schublade, die eine Gleichbehandlung aller Steuerpflichtigen ermöglichen.
So etwas hätte auch den Vorteil, dass sich auch Arbeitnehmer oder Bezieher von Zinsen und Renten mit einem druckfrischen Gewerbesteuerbescheid in den Händen, einmal Gedanken darüber machen, was die Gemeinden so mit den Steuergeldern anstellen.
Landwirte und Vermieter ließen sich herausdividieren
Wenn man den Vorwurf, dass die Gewerbesteuer eine Bestrafung von unternehmerischer Initiative ist, entkräften will, könnte man vielleicht auch Fahrtenschwimmer und alle Menschen, deren Nachnamen mit "ö" aufhört, der Gewerbesteuer unterwerfen. Das lässt sich genauso plausibel begründen, wie die jetzige Zielgruppe dieser Steuer.
Das Tolle an der Gewerbesteuer im Merz-Konzept ist, dass vorne beim Leitsatz Nr. 3 gewerbliche, freiberufliche, landwirtschaftliche und Vermietungseinkünfte zu einer Gruppe von "unternehmerischen Einkünften" zusammengefaßt werden. Wenn die CDU nicht auch Landwirte und Vermieter mit Gewerbesteuer belegen will, kann man diese Einkunftsarten bei der Steuer wieder irgendwie herausdividieren - soviel zur Steuervereinfachung beim Leitsatz 3.
Leitsatz 6 - Family Values
Beim sechsten Leitsatz zur Ehe und Familie nicht viel Neues. Die Grundfreibeträge werden addiert. Das Ehegattensplitting soll weiterbestehen. Kindergeld soll allerdings nur noch "im Bedarfsfall" gewährt werden - viel Spaß bei Definition und Ermittlung dieses Bedarfs. Notwendige Aufwendungen für Kinderbetreuung sollen steuerlich abzugsfähig werden. Offenbar bei allen Einkünften und nicht nur bei Einkünften aus beruflicher Tätigkeit - darf man dann Kinderbetreuungskosten auch abziehen, wenn man nur Zinseinkünfte oder Mieteinkünfte erzielt?
7/8/9 - dies und das und typisierter Aufwand
Laut Leitsatz sieben soll die Besteuerung der Kapitaleinkünfte vereinheitlicht und vereinfacht werden. Es ist eine Kapitalertragsteuer auf Zinsen von 24 Prozent vorgesehen, die dann wieder mit der Einkommensteuer verrechnet wird - nichts Neues.
Laut Leitsatz acht werden Veräußerungsgewinne bei Grundstücken, vermieteten Immobilien, Wertpapiere oder ähnlichem versteuert. Keine Spekulationsfrist mehr; wobei "der Aufwand aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung typisiert" werden soll. Da kann man gespannt sein, " ... kam da doch neulich so'n Typ vom Finanzamt und wollte meinen Aufwand typisieren; also dem hab ich gesagt, wenn hier was typisiert wird, ..."
Im neunten Leitsatz geht es um die "nachgelagerte Besteuerung der Alterseinkünfte", will heißen: Renten werden steuerpflichtig. Zahlungen für die Altersversorgung sind steuerlich abzugsfähig, wenn es dabei um spätere Renten geht. Der Abzugsfähigkeit der Leistungen in die Kapitallebensversicherung geht es an den Kragen. Steuersystematisch ist dies richtig; einfacher wird dadurch aber nichts. Übergangsregelungen soweit das Auge reicht.
Leitsatz 10 - Unternehmensbesteuerung: CDU wagt Salto
Tolle Schlagzeile für Leitsatz 10 zur Unternehmensbesteuerung. Hier soll wirklich der doppelte Salto rückwärts stattfinden. Körperschaftsteuersatz 24 Prozent statt 25 Prozent ab 2004, macht zuzüglich Gewerbesteuer meist ca. 40 Prozent - bis hierhin nichts wesentlich Neues.
Werden Gewinne von GmbHs und AGs ausgeschüttet, so soll das derzeit geltende Halbeinkünfteverfahren (weil die Gewinne bei der GmbH/AG schon einmal besteuert wurden, unterliegen sie beim Gesellschafter, der die Dividende bekommt, nur zur Hälfte der Einkommensteuer) entfallen.
Das gute alte Anrechnungsverfahren soll wiederkommen. Danach kriegt der Gesellschafter bei der Gewinnausschüttung die von der GmbH oder AG gezahlte Körperschaftsteuer wieder - eigentlich komisch, dass man Steuer, die jemand anders auf seine Gewinne bezahlt hat, erhält, aber das hatten wir hier ja bis 2000/2001.
Anrechnungsverfahren, die nervtötende Alternative
Man hatte es schon verdrängt, weil es so schrecklich kompliziert und nervtötend war. Die Umstellung hat uns dann Übergangsregelungen bis zum Jahr 2016 beschert. Nun soll es wieder kommen und natürlich vereinfacht werden - wer eine Steuerberatungsgesellschaft hat, sollte jetzt den Börsengang vorbereiten; eine Kursexplosion ist gewiss.
Das Körperschaftsteueranrechnungsverfahren ist aus vielen guten Gründen abgeschafft worden. Da es nur inländische Gesellschafter von inländischen GmbHs und AGs betrifft, schafft es eine krasse Benachteiligung von grenzüberschreitenden Unternehmensbeteiligungen - das fängt schon bei einer Auslandsaktie im Depot an.
Will sich die CDU jetzt bei den Globalisierungsgegnern ranschmeißen ? So eine Regelung widerspricht natürlich EU- Recht, es sei denn, der deutsche Fiskus will beispielsweise französischen oder portugiesischen Gesellschaftern deutscher GmbHs oder AGs die Steuern, die diese Gesellschaften hier auf deutsche Gewinne gezahlt haben, mit den Dividenden auszahlen. Das will ernsthaft sicher niemand.
Gebot der Stunde: Anreize, Unternehmen Geld zu entziehen
Da ein solches Anrechnungsverfahren bei niedriger persönlicher Steuerlast überdies den Effekt hat, dass ausgeschüttete Gewinne steuerlich niedriger belastet werden als im Unternehmen belassene Gewinne, führt dies zu einem Anreiz, Unternehmen Geld zu entziehen. Das ist genau das, was einem jetzt gerade fehlt. Hiermit hatte die rot-grüne Unternehmensteuerreform endlich aufgeräumt. Warum dieser Vorschlag nunmehr wieder aus der Mottenkiste geholt wird, wird hoffentlich ein Geheimnis bleiben.
Ganz zum Schluß dann aber doch noch ein Highlight: Steuerliche Verlustvorträge sollen uneingeschränkt gewährt werden. Die Regierung hat mit einem aktuellen Gesetzesentwurf eine erhebliche Beschränkung der Verlustvorträge vor. Man kann Wetten darauf abschließen, dass das der steuerliche Killer Nummer 1 für Unternehmensneugründungen und unternehmerische Investitionen wird.
Das ist außerdem eine Sauerei. Die Verluste sind nämlich aus Eigenkapital finanziert; das heißt, hier wurde bereits versteuertes Geld verloren. Wenn man nun - wie derzeit geplant - auf spätere Gewinne Steuern zahlen soll, bevor die Verluste wieder aufgeholt sind, führt dies zu harten steuerlichen Doppelbelastungen.
Alle Mann in Deckung vor dem Stoiber-Entwurf
Gut, dass die CDU dies offenbar nicht will. Erstaunlich nur, dass diese wirklich schlimme geplante Neuregelung auf einer Empfehlung des Vermittlungsausschusses von Bundestag und Bundesrat beruht, damit auch von CDU/CSU gestützt wird und letztlich unter dem skurrilen Begriff "Mindestgewinnbesteuerung" ein besonderes Highlight des Steuerprogramms von CDU/CSU im letzten Bundestagswahlkampf war - soviel zu den Geistern, die man rief. Wollte Herr Stoiber nicht auch noch ein Steuerreformprogramm vorlegen? Das wird bestimmt ein großer Wurf, also: Alle Mann in Deckung !
Fazit: Dieser CDU-Vorschlag ist kein "Konzept". Er ist eine steuerliche Nebel- und Blendgranate, wie man sie aus Wahlkampfzeiten gewohnt ist. Mit konstruktiver Oppositionsarbeit am Steuersystem hat das nichts zu tun. Es gibt viele gute Gründe, aktuelle Steueränderungsvorhaben der Regierung zu kritisieren, im Bundesrat aufzuhalten, im Vermittlungsausschuss nachzubessern oder gar völlig zu blockieren. Der Hinweis auf dieses CDU-Steuerpapier gehört aber nicht dazu.
Es bleibt nur zu hoffen, dass diese ganze Geschichte schnell wieder aus der öffentlichen Steuerdiskussion verschwindet. Es verlassen zwar sehr viel weniger Menschen aus steuerlichen Gründen dieses Land, als Presseberichte über Rennfahrer oder andere Millionäre Glauben machen.
Wenn unsere Politiker aber in der öffentlichen Steuerdiskussion in diesem Stil weitermachen, steht zu befürchten, dass viele Bürger sich aus dem Staub machen, weil sie diese Debatten nicht länger ertragen können. Vielleicht ist dies im Ausland aber ähnlich - am Besten, man zieht in ein Land, wo man die Sprache nicht versteht.
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