Steigende Umsätze sorgen für neue Gewinndynamik
Dax-Firmen rechnen mit Rekordjahr
Deutschlands 30 größte börsennotierte Unternehmen stehen bei den Erträgen vor ihrem zweiten Rekordjahr in Folge. Im abgelaufenen dritten Quartal legten die Unternehmen im Deutschen Aktienindex (Dax) beim Gewinn um mehr als 50 Prozent zu. Das zeichnet sich kurz vor Ende der Berichtssaison ab.
DÜSSELDORF. Nach einer langen Phase, die von höheren Gewinnen auf Grund erfolgreicher Kostensenkungen geprägt war, ziehen jetzt die Umsätze wieder deutlich an. Sie steigen im dritten Quartal um fast neun Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Das ist das stärkste Plus seit der Boomzeit zur Jahrtausendwende. „Unternehmen mit einem starken Auslandsgeschäft, und dazu zählen alle Dax-Firmen, profitieren von der robusten Weltkonjunktur und der steigenden Nachfrage im Ausland“, sagt Christian Jasperneite, Volkswirt bei der Privatbank M.M. Warburg.
Den höchsten Gewinn und gleichzeitig das stärkste Gewinnwachstum verbucht Eon. Der Versorger verdiente mit 3,3 Mrd. Euro fast doppelt soviel wie im Vorjahreszeitraum. Zu dem dicken Plus trugen allerdings auch die Verkäufe der Tochterfirmen Viterra und Ruhrgas bei.
„Mit BMW und Siemens gab es nur zwei Enttäuschungen“, sagt Christian Kahler von der DZ Bank. Der Automobilkonzern verdiente weniger und verfehlte die Erwartungen der Analysten deutlich. Siemens musste wegen der Sanierung von Problemsparten und der teuren Trennung vom defizitären Handygeschäft ebenfalls einen Gewinneinbruch hinnehmen.
Ansonsten überwogen aber die positiven Überraschungen. Dazu gehörte der 1,3-Mrd-Euro-Gewinn der Deutschen Post ebenso wie die guten Zahlen von Tui, die erneut angehobene Jahresprognose bei Bayer und die Ertragswende bei der einst angeschlagenen Hypo-Vereinsbank.
Im Gesamtjahr dürften die Dax-Unternehmen zwischen 25 und 30 Prozent gegenüber dem Vorjahr zulegen. Das ergibt sich aus den Neunmonatszahlen der Konzerne, ihren Ausblicken und den Schätzungen aller großer Investmentbanken, die beim französischen Finanzdatenanbieter JCF zusammenlaufen.
Rasant steigende Unternehmensgewinne haben für die Börsen einen angenehmen Effekt: Trotz steigender Kurse werden die Firmen und damit die Anteilsscheine immer preiswerter. Denn während die großen Unternehmen im Deutschen Aktienindex (Dax) im laufenden Quartal beim Gewinn um rund 50 und im Gesamtjahr zwischen 25 und 30 Prozent zulegen werden, sind die Kurse bislang „nur“ um rund 15 Prozent gestiegen. Gemessen am Gewinn werden die Firmen also billiger.
Die hohen Gewinne und Schätzungen für das Gesamtjahr ergeben sich aus den Daten kurz vor Ende der Berichtssaison zum dritten Quartal. Mit Ausnahme von RWE und den beiden geringer kapitalisierten Unternehmen Infineon und Thyssen-Krupp haben die Unternehmen ihre Zahlen präsentiert. Dabei erzielten alle Dax-Firmen Gewinne. Ebenso wie der Versicherungsriese Allianz, der am Freitag ein Plus von 70 Prozent meldete, machten die meisten Unternehmen große Sprünge nach oben. Einzig der Chiphersteller Infineon dürfte am kommenden Freitag Verluste von schätzungsweise 60 Mill. Euro präsentieren.
Derzeit bezahlen Investoren die 30 Dax-Titel durchschnittlich mit dem Zwölffachen des erwarteten Jahresgewinns. Üblich und bezogen auf die letzten fünf Jahrzehnte sind Werte von 14 bis 15. Um darauf zu kommen, müssten die Aktien um 20 Prozent steigen. „Nach unseren Berechnungen ist der Dax um 17 Prozent unterbewertet. Mit 5 800 Punkten wäre der Dax im nächsten Jahr fair bewertet“, sagt Christian Jasperneite von M.M. Warburg.
Auffällig sei, so der Volkswirt Jasperneite, dass sich bei hoch kapitalisierten Unternehmen viele unterbewertete Aktien finden ließen. Umgekehrt gelte: Je geringer Unternehmen kapitalisiert seien, desto häufiger gebe es Überbewertungen.
Das gilt besonders für den MDax, der mittelgroße Aktiengesellschaften abbildet. Hier sind die Aktien nach Meinung Jasperneites um 30 Prozent überbewertet. Aktien der zweiten Reihe boomen seit Jahren. Der MDax legte nach einem 50-prozentigen Zuwachs 2003, ein Jahr später 25 Prozent und im laufenden Jahr neuerlich um 30 Prozent zu. Der Index eilt von einem Rekordstand zum nächsten.
Auf solche Zuwachsraten kommt der Dax nicht, obwohl die Unternehmen gerade in der ersten Börsenliga von der guten Weltkonjunktur und der starken Auslandspräsenz profitieren. Stellvertretend für viele Firmen steht die Deutsche Post: Sie steigerte ihr Neunmonatsergebnis um 51 Prozent auf 1,3 Mrd. Euro. Grund ist ein drastisches Sparprogramm, aber auch steigende Umsätze vor allem im Ausland.
Während die meisten Unternehmen konsequent auf Restrukturierung und Sparmaßnahmen setzen, auf diese Weise ihre Gewinne steigern und damit ihre Schulden reduzieren, kündigte die Deutsche Telekom einen Schwenk in ihrer Politik an. Nach einem Quartalsgewinn von 1,5 Mrd. Euro will der ehemalige Monopolist im kommenden Jahr 1,2 Mrd. Euro in Werbung, neue Tarife und Produkte stecken. Ziel ist es, Wettbewerber anzugreifen und die Marktposition auszubauen.
Eine Strategie, die bis vor fünf Jahren viele beeindruckt hatte, stößt nach dem Platzen der Börsenblase auf Skepsis. Viele Anteilseigner des Telekommunikationskonzerns überzeugt das Ende der Zurückhaltung nach Reduzierung der Schulden von knapp 70 auf 40 Mrd. Euro nicht: Die Aktie der Deutschen Telekom verlor nach der Ankündigung in der vergangenen Woche drastisch. Sie ist im laufenden Jahr größter Dax-Verlierer.
Angesichts der robusten Weltkonjunktur, eines intakten Konjunkturzyklus und vieler positiver Wirtschaftsdaten in Deutschland „wird auch 2006 definitiv wieder ein Rekordjahr“, ist M.M. Warburg-Volkswirt Jasperneite überzeugt. Die Unternehmensgewinne stiegen künftig zwar weniger rasant, weil das Restrukturierungspotenzial zunehmend erschöpft sei. Doch Umsätze und Nachfrage legten weiter zu.
Der Finanzdatenspezialist JCF geht davon aus, dass die Dax-Unternehmen ihre Gewinne im kommenden Jahr abermals zwischen 14 und 15 Prozent erhöhen. Das wäre dann das dritte Rekordjahr in Folge.
Quelle: HANDELSBLATT, Montag, 14. November 2005, 10:00 Uhr
...be invested
Der Einsame Samariter
Dax-Firmen rechnen mit Rekordjahr
Deutschlands 30 größte börsennotierte Unternehmen stehen bei den Erträgen vor ihrem zweiten Rekordjahr in Folge. Im abgelaufenen dritten Quartal legten die Unternehmen im Deutschen Aktienindex (Dax) beim Gewinn um mehr als 50 Prozent zu. Das zeichnet sich kurz vor Ende der Berichtssaison ab.
DÜSSELDORF. Nach einer langen Phase, die von höheren Gewinnen auf Grund erfolgreicher Kostensenkungen geprägt war, ziehen jetzt die Umsätze wieder deutlich an. Sie steigen im dritten Quartal um fast neun Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Das ist das stärkste Plus seit der Boomzeit zur Jahrtausendwende. „Unternehmen mit einem starken Auslandsgeschäft, und dazu zählen alle Dax-Firmen, profitieren von der robusten Weltkonjunktur und der steigenden Nachfrage im Ausland“, sagt Christian Jasperneite, Volkswirt bei der Privatbank M.M. Warburg.
Den höchsten Gewinn und gleichzeitig das stärkste Gewinnwachstum verbucht Eon. Der Versorger verdiente mit 3,3 Mrd. Euro fast doppelt soviel wie im Vorjahreszeitraum. Zu dem dicken Plus trugen allerdings auch die Verkäufe der Tochterfirmen Viterra und Ruhrgas bei.
„Mit BMW und Siemens gab es nur zwei Enttäuschungen“, sagt Christian Kahler von der DZ Bank. Der Automobilkonzern verdiente weniger und verfehlte die Erwartungen der Analysten deutlich. Siemens musste wegen der Sanierung von Problemsparten und der teuren Trennung vom defizitären Handygeschäft ebenfalls einen Gewinneinbruch hinnehmen.
Ansonsten überwogen aber die positiven Überraschungen. Dazu gehörte der 1,3-Mrd-Euro-Gewinn der Deutschen Post ebenso wie die guten Zahlen von Tui, die erneut angehobene Jahresprognose bei Bayer und die Ertragswende bei der einst angeschlagenen Hypo-Vereinsbank.
Im Gesamtjahr dürften die Dax-Unternehmen zwischen 25 und 30 Prozent gegenüber dem Vorjahr zulegen. Das ergibt sich aus den Neunmonatszahlen der Konzerne, ihren Ausblicken und den Schätzungen aller großer Investmentbanken, die beim französischen Finanzdatenanbieter JCF zusammenlaufen.
Rasant steigende Unternehmensgewinne haben für die Börsen einen angenehmen Effekt: Trotz steigender Kurse werden die Firmen und damit die Anteilsscheine immer preiswerter. Denn während die großen Unternehmen im Deutschen Aktienindex (Dax) im laufenden Quartal beim Gewinn um rund 50 und im Gesamtjahr zwischen 25 und 30 Prozent zulegen werden, sind die Kurse bislang „nur“ um rund 15 Prozent gestiegen. Gemessen am Gewinn werden die Firmen also billiger.
Die hohen Gewinne und Schätzungen für das Gesamtjahr ergeben sich aus den Daten kurz vor Ende der Berichtssaison zum dritten Quartal. Mit Ausnahme von RWE und den beiden geringer kapitalisierten Unternehmen Infineon und Thyssen-Krupp haben die Unternehmen ihre Zahlen präsentiert. Dabei erzielten alle Dax-Firmen Gewinne. Ebenso wie der Versicherungsriese Allianz, der am Freitag ein Plus von 70 Prozent meldete, machten die meisten Unternehmen große Sprünge nach oben. Einzig der Chiphersteller Infineon dürfte am kommenden Freitag Verluste von schätzungsweise 60 Mill. Euro präsentieren.
Auffällig sei, so der Volkswirt Jasperneite, dass sich bei hoch kapitalisierten Unternehmen viele unterbewertete Aktien finden ließen. Umgekehrt gelte: Je geringer Unternehmen kapitalisiert seien, desto häufiger gebe es Überbewertungen.
Das gilt besonders für den MDax, der mittelgroße Aktiengesellschaften abbildet. Hier sind die Aktien nach Meinung Jasperneites um 30 Prozent überbewertet. Aktien der zweiten Reihe boomen seit Jahren. Der MDax legte nach einem 50-prozentigen Zuwachs 2003, ein Jahr später 25 Prozent und im laufenden Jahr neuerlich um 30 Prozent zu. Der Index eilt von einem Rekordstand zum nächsten.
Auf solche Zuwachsraten kommt der Dax nicht, obwohl die Unternehmen gerade in der ersten Börsenliga von der guten Weltkonjunktur und der starken Auslandspräsenz profitieren. Stellvertretend für viele Firmen steht die Deutsche Post: Sie steigerte ihr Neunmonatsergebnis um 51 Prozent auf 1,3 Mrd. Euro. Grund ist ein drastisches Sparprogramm, aber auch steigende Umsätze vor allem im Ausland.
Während die meisten Unternehmen konsequent auf Restrukturierung und Sparmaßnahmen setzen, auf diese Weise ihre Gewinne steigern und damit ihre Schulden reduzieren, kündigte die Deutsche Telekom einen Schwenk in ihrer Politik an. Nach einem Quartalsgewinn von 1,5 Mrd. Euro will der ehemalige Monopolist im kommenden Jahr 1,2 Mrd. Euro in Werbung, neue Tarife und Produkte stecken. Ziel ist es, Wettbewerber anzugreifen und die Marktposition auszubauen.
Eine Strategie, die bis vor fünf Jahren viele beeindruckt hatte, stößt nach dem Platzen der Börsenblase auf Skepsis. Viele Anteilseigner des Telekommunikationskonzerns überzeugt das Ende der Zurückhaltung nach Reduzierung der Schulden von knapp 70 auf 40 Mrd. Euro nicht: Die Aktie der Deutschen Telekom verlor nach der Ankündigung in der vergangenen Woche drastisch. Sie ist im laufenden Jahr größter Dax-Verlierer.
Angesichts der robusten Weltkonjunktur, eines intakten Konjunkturzyklus und vieler positiver Wirtschaftsdaten in Deutschland „wird auch 2006 definitiv wieder ein Rekordjahr“, ist M.M. Warburg-Volkswirt Jasperneite überzeugt. Die Unternehmensgewinne stiegen künftig zwar weniger rasant, weil das Restrukturierungspotenzial zunehmend erschöpft sei. Doch Umsätze und Nachfrage legten weiter zu.
Der Finanzdatenspezialist JCF geht davon aus, dass die Dax-Unternehmen ihre Gewinne im kommenden Jahr abermals zwischen 14 und 15 Prozent erhöhen. Das wäre dann das dritte Rekordjahr in Folge.
Quelle: HANDELSBLATT, Montag, 14. November 2005, 10:00 Uhr
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Der Einsame Samariter
