FRANKFURT/DÜSSELDORF. Industriekonzern Thyssen-Krupp will den anstehenden Preisanstieg bei Kohle und Eisenerz an seine Kunden weitergeben. Je stärker sich die Rohstoffe verteuerten, desto stärker würden die Stahlpreise erhöht, sagte Finanzvorstand Alan Hippe bei einer Telefonkonferenz. Auch Weltmarktführer Arcelor-Mittal hatte zuletzt angekündigt, an der Preisschraube drehen zu wollen. Die von der Krise gebeutelten Kunden aus der Fahrzeug- und Maschinenbauindustrie müssen sich also auf deutliche Mehrkosten beim Stahleinkauf einstellen.
Bei den laufenden Gesprächen zwischen Stahlproduzenten und Minenbetreibern über die Jahresverträge drohen massive Preisanhebungen. Bei Eisenerz rechnen Analysten mit einem Aufschlag von bis zu 40 Prozent auf ein neues Rekordniveau. Da Thyssen-Krupp mit den Folgen der Wirtschaftskrise ringt, bleibt dem Konzern keine Wahl, als die Kosten an die Kunden weiterzugeben. Anders als in den Schwellenländern liegt die Stahlnachfrage noch immer unter dem Niveau von 2007 und 2008.
Im vergangenen Quartal klarte sich die Lage etwas auf: Die Stahlsparte schrieb wieder Gewinne, der Auftragseingang stieg. Finanzvorstand Hippe erwartet eine weitere Erholung der Nachfrage, womit bereits im April Platz für Preisanhebungen entsteht. Weitere Schritte sollen im Jahresverlauf folgen. "Im ungünstigen Fall werden wir die Erhöhungen bei den Rohstoffpreisen bei den Stahlpreisen ausgleichen", sagte Hippe.
Zufrieden zeigte sich der Konzern mit dem ersten Quartal des bis Ende September laufenden Geschäftsjahres 2009/10. Nach drei Quartalen mit tiefroten Zahlen schaffte der Ruhrkonzern die Rückkehr in die Gewinnzone und konnte gegenüber der Konkurrenz aufholen.
Auf den ersten Blick konnte Arcelor-Mittal im vergangenen Quartal zwar gegenüber dem Konkurrenten aus Düsseldorf immer noch glänzen. Während die Umsätze bei den Luxemburgern um 17 Prozent auf 13 Mrd. Euro kletterten, schrumpften sie bei Thyssen-Krupp um 5,3 Prozent auf 9,4 Mrd. Euro. So klar ist der Vorsprung des Stahlriesens aber nicht mehr. Denn das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) von 1,5 Mrd. Euro und die Ebitda-Marge von 11,4 Prozent lagen am unteren Ende der Analystenschätzungen. Thyssen-Krupp hingegen übertraf mit einem Ebitda von 808 Mio. Euro und einer Marge von 8,6 Prozent die Erwartungen deutlich. "Die Zahlen zeigen, dass die Sparmaßnahmen greifen", sagte LBBW-Analyst Gerhard Wolf. Der Quartalsgewinn stärkte die Eigenkapitalbasis, der Verschuldungsgrad reduzierte sich auf 21,3 Prozent. Mit ihren geringen Schulden heben sich die Düsseldorfer von jeher positiv vom größeren Wettbewerber ab.
Doch auch Arcelor-Mittal senkte den Verschuldungsgrad von 45,5 auf 40,2 Prozent. Das Geld dafür kam vor allem durch die effizientere Steuerung des Nettoumlaufvermögens in die Kasse. Diesen Trumpf kann Arcelor-Mittal künftig nicht mehr ausspielen: Da nun die Lager wieder aufgefüllt werden müssen, steigen auch die Schulden wieder. Thyssen-Krupp hatte seine Bestände frühzeitig gesenkt, weitere Anpassungen waren von Oktober bis Dezember nicht mehr möglich. Stattdessen musste der Ruhrkonzern in die Vorräte investieren, der operative Cash-Flow rutschte ins Minus. Den Abstand zum Marktführer konnte Thyssen dank seines soliden Quartals dennoch verringern. Beide Stahlkonzerne müssen nun zeigen, wer sich mit den höheren Kosten im sich abzeichnenden Aufschwung besser schlägt.
Quelle: Handelsblatt
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