Globale Aktie bleibt Randerscheinung
Auch das US-Listing der Deutschen Bank per GRS bringt keinen Durchbruch - Kostenersparnis nur bei Brokern
Von Stefan Ruhkamp, Frankfurt
Börsen-Zeitung, 25.8.2001
Noch hält sich die Deutsche Bank mit konkreten Äußerungen zu Details ihres US-Listings zurück, das im September oder Oktober auf der Tagesordnung stehen dürfte. Aber in Marktkreisen und im Umfeld des Unternehmens gilt es als wahrscheinlich, dass die Deutsche bei der Notierung in den USA auf die Globale Aktie setzt.
Damit würde sie ein Konzept aufgreifen, bei dem sie selbst als Geburtshelfer beteiligt war. Doch daran, dass Global Registered Shares (GRS) auf den internationalen Märkten nur eine Randerscheinung sind, wird die Entscheidung der Deutschen Bank nichts ändern. Der einfachste und in den meisten Fällen angemessene Weg an eine Börse in den USA bleibt für europäische Unternehmen das Konzept der American Depositary Receipts (ADR).
ADR seit 80 Jahren bewährt
American Depositary Receipts verbriefen gegenüber der Depositärbank einen Anspruch auf Bezug der zugrunde liegenden Aktien, etwa Deutsche Telekom, Nokia oder Ericsson. Depositärbanken wie die Bank of New oder die Citibank hinterlegen die auf dem jeweiligen Heimatmarkt gekauften Titel in einem Depot und emittieren die ADR-Zertifikate. Diese Art, ausländische Aktien auf den US-Markt zu bringen, gibt es seit mehr als 80 Jahren. Derzeit werden mehr als 500 ADR an Börsen in den USA gehandelt.
Dagegen haben erst drei ausländische Unternehmen ihren Gang an die New Yorker Börse über GRS organisiert. Globale Aktien sind Wertpapiere, die unmittelbare und gleichwertige Eigentumsrechte verbriefen. Sie können grenzüberschreitend gehandelt werde, ohne dass sie umgewandelt werden müssten.
Premiere mit Daimler
DaimlerChrysler war im November 1998 die erste Gesellschaft, die GRS schuf. Später folgten Celanese und im vergangenen Jahr UBS Warburg. Bei DaimlerChrysler wird die Schaffung der Globalen Aktien immer noch als erfolgreich und sinnvoll bezeichnet. Man habe bei der Fusion mit Chrysler den US-Investoren die selbe Art von Aktien anbieten wollen, die sie schon gewohnt waren, sagt ein Unternehmenssprecher im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Dadurch habe man den Charakter des Mergers of Equals betonen wollen. Ziel sei der einheitliche Handel an allen Börsen in einer Gattung der DaimlerChrysler gewesen. Einziger Unterschied sollten die jeweiligen Währungen sein.
Dieser Punkt ist erreicht worden, doch das positive Resumee ist dennoch nicht selbstverständlich. Denn die Vorteile der Globalen Aktie sind wesentlich geringer, als es in ihrem Geburtsjahr noch erwartet worden war.
DaimlerChrysler schaffte den Einzug in den S & P-500 nicht, weil die Gesellschaft in den USA als deutsches Unternehmen gilt. Damit war ein wichtiger Faktor, der Liquidität auf dem US-Markt hätte halten können, nicht mehr vorhanden. Ein Großteil des Umsatzes wanderte auf den Heimatmarkt nach Frankfurt zurück.
Derzeit werden in New York weniger Titel von DaimlerChrysler umgesetzt, als Aktien der Deutschen Telekom, die bei ihrem Listing ein ADR-Programm gewählt hat. Im ersten Halbjahr dieses Jahres wurden an der Nyse (New York Stock Exchange) 70 Mill. Stück DaimlerChrysler gehandelt. Das sind knapp 15 % der Menge, die auf Xetra umgesetzt wurde. Im selben Zeitraum wurden 578 Mill. Deutsche Telekom in den USA gehandelt, was etwa 20 % der Xetra-Menge entsprach.
Pluspunkte auch für ADR
Als Argumente für die Globale Aktie werden häufig die hohe Fungibilität, die Nutzung als weltweit akzeptierte Akquisitionswährung oder für Mitarbeiteroptionsprogramme genannt sowie die Verbreiterung der Investorenbasis. Doch all diese Funktionen erfüllen auch ADR-Programme. Mit dieser Begründung entschieden sich jedenfalls unter anderem Siemens, Novartis und BASF gegen die Globale Aktie und für ADR.
Die Depositär-Programme werden vor allem deshalb von den meisten Emittenten vorgezogen, weil sie mit wesentlich geringerem Aufwand verwirklicht werden können. Globale Aktien müssen die Voraussetzungen zweier Rechtssysteme erfüllen. Das ist mit erheblicher Anpassung verbunden. Immerhin, die Deutsche Bank kann auf die Erfahrungen beim Listing von DaimlerChrysler zurückgreifen und hat es deshalb leichter als die Vorgänger.
Ein Blick auf die Kosten
Da sich der Wert einer Reihe von Vorteilen inzwischen relativiert hat, bleibt den Befürwortern der GRS zumindest noch das Kostenargument. Zusätzliche finanzielle Belastungen entstehen den Brokern, die sie unter Umständen auf die Aktionäre überwälzen. Können sie eine ADR-Order nicht auf dem US-Markt ausführen, müssen sie auf dem Heimatmarkt kaufen bzw. verkaufen. Für die dabei erforderliche Löschung oder Emission der ADR wird eine Gebühr von bis zu 5 Cent erhoben.
Bei einer größeren Order sinkt die Gebühr pro Zertifikat. Da ADR-Zertifikate häufig ein Bruchteil einer Aktie repräsentieren, kann es teuer werden. Die Transaktionskosten sind bei GRS in der Regel deutlich niedriger. Sie kosten pro transatlantischer Bewegung etwa 5 US-Dollar, egal wie viele Aktien den Besitzer wechseln.
Doch der Kostenvorteil fällt nicht allzu sehr ins Gewicht. Denn etwa 9 von 10 Transaktionen mit ADR können auf dem US-Markt ausgeführt werden. In diesen Fällen kostet die Ausführung genauso viel wie bei jedem anderem Wertpapier. Außerdem muss der Aufwand für die rechtliche Gestaltung des GRS-Programms sowie für die Gewährleistung des Clearing und Settlement bei transatlantischen Transaktionen mit Globalen Aktien berücksichtigt werden, der beim Emittenten anfällt.
Immer öfter nach Übersee
Die Frage welcher Weg nach New York gewählt werden soll, dürfte sich indes immer öfter stellen. Denn die Investitionen von US-Anlegern in ausländische Aktien ist nach Angaben der Citibank seit 1990 mit jährlichen Wachstumsraten von durchschnittlich 25 % gewachsen. Im kommenden Jahr werde die Grenze von 2 000 Mrd. Dollar durchbrochen. Im gleichen Zeitraum sei die Anlage in ADR-Programme mit einer jährlichen Durchschnittsrate von 36 % auf 644 Mrd. Dollar gestiegen. Die restlichen knapp 1 200 Mrd. Dollar waren unmittelbar in ausländische Aktien investiert. Michael Chafkin, von Citibank Depositary Receipts Services (DRC) erwartet zwar, dass die US-Investitionen in ADR in diesem Jahr um 5 % fallen werden. Im kommenden Jahr werde das ADR-Volumen aber um 31 % auf 842 Mill. Euro wachsen, während die restlichen US-Anlagen in ausländische Aktien voraussichtlich etwa gleich bleiben werden, erwartet Chafkin.
Im ersten Halbjahr dieses Jahres spielten ADR-Programme bei der Kapitalaufnahme in den USA für ausländische Unternehmen zwar eine geringere Rolle. Nach der Rekordmarke von gut 28 Mrd. Dollar, wurden bisher nur neue Titel im Wert von 2,1 Mrd. Dollar emittiert. Aber eine Erholung wird von den meisten Marktteilnehmern für das kommende Jahr erwartet.
Mehr Komfort verlangt
Die wachsende Nutzung von ADR-Programmen verdeutlicht, dass diese Art von Wertpapieren bei US-Investoren gut eingeführt ist. Broker und Anleger seien seit Jahrzehnten mit dem Konzept vertraut, argumentiert Kurt Schneiber, Global Managing Director von Citibank DRC. Die Umsätze seien hoch. Das Segment sei über einen langen Zeitraum getestet. Das gelte auch für rechtlich Details wie zum Beispiel die Stimmabgabe per Proxy Voting. Das Konzept der Globalen Aktie werde nur dann ähnlichen Erfolg haben, wenn es ebenso bequem zu handhaben sei wie ADR.
Hauptmanko der Globalen Aktie bleibt die aufwendige Angleichung an unterschiedliche Rechtssysteme. Dieser Aufwand wird erst dann in einem gesunden Verhältnis zum Nutzen stehen, wenn die Regeln und Gesetze auf den internationalen Kapitalmärkten erheblich stärker als bisher aneinander angeglichen sind. Bis dahin dürften ADR-Programme von der Mehrzahl der Emittenten bevorzugt werden.
Börsen-Zeitung, 25.8.2001
Auch das US-Listing der Deutschen Bank per GRS bringt keinen Durchbruch - Kostenersparnis nur bei Brokern
Von Stefan Ruhkamp, Frankfurt
Börsen-Zeitung, 25.8.2001
Noch hält sich die Deutsche Bank mit konkreten Äußerungen zu Details ihres US-Listings zurück, das im September oder Oktober auf der Tagesordnung stehen dürfte. Aber in Marktkreisen und im Umfeld des Unternehmens gilt es als wahrscheinlich, dass die Deutsche bei der Notierung in den USA auf die Globale Aktie setzt.
Damit würde sie ein Konzept aufgreifen, bei dem sie selbst als Geburtshelfer beteiligt war. Doch daran, dass Global Registered Shares (GRS) auf den internationalen Märkten nur eine Randerscheinung sind, wird die Entscheidung der Deutschen Bank nichts ändern. Der einfachste und in den meisten Fällen angemessene Weg an eine Börse in den USA bleibt für europäische Unternehmen das Konzept der American Depositary Receipts (ADR).
ADR seit 80 Jahren bewährt
American Depositary Receipts verbriefen gegenüber der Depositärbank einen Anspruch auf Bezug der zugrunde liegenden Aktien, etwa Deutsche Telekom, Nokia oder Ericsson. Depositärbanken wie die Bank of New oder die Citibank hinterlegen die auf dem jeweiligen Heimatmarkt gekauften Titel in einem Depot und emittieren die ADR-Zertifikate. Diese Art, ausländische Aktien auf den US-Markt zu bringen, gibt es seit mehr als 80 Jahren. Derzeit werden mehr als 500 ADR an Börsen in den USA gehandelt.
Dagegen haben erst drei ausländische Unternehmen ihren Gang an die New Yorker Börse über GRS organisiert. Globale Aktien sind Wertpapiere, die unmittelbare und gleichwertige Eigentumsrechte verbriefen. Sie können grenzüberschreitend gehandelt werde, ohne dass sie umgewandelt werden müssten.
Premiere mit Daimler
DaimlerChrysler war im November 1998 die erste Gesellschaft, die GRS schuf. Später folgten Celanese und im vergangenen Jahr UBS Warburg. Bei DaimlerChrysler wird die Schaffung der Globalen Aktien immer noch als erfolgreich und sinnvoll bezeichnet. Man habe bei der Fusion mit Chrysler den US-Investoren die selbe Art von Aktien anbieten wollen, die sie schon gewohnt waren, sagt ein Unternehmenssprecher im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Dadurch habe man den Charakter des Mergers of Equals betonen wollen. Ziel sei der einheitliche Handel an allen Börsen in einer Gattung der DaimlerChrysler gewesen. Einziger Unterschied sollten die jeweiligen Währungen sein.
Dieser Punkt ist erreicht worden, doch das positive Resumee ist dennoch nicht selbstverständlich. Denn die Vorteile der Globalen Aktie sind wesentlich geringer, als es in ihrem Geburtsjahr noch erwartet worden war.
DaimlerChrysler schaffte den Einzug in den S & P-500 nicht, weil die Gesellschaft in den USA als deutsches Unternehmen gilt. Damit war ein wichtiger Faktor, der Liquidität auf dem US-Markt hätte halten können, nicht mehr vorhanden. Ein Großteil des Umsatzes wanderte auf den Heimatmarkt nach Frankfurt zurück.
Derzeit werden in New York weniger Titel von DaimlerChrysler umgesetzt, als Aktien der Deutschen Telekom, die bei ihrem Listing ein ADR-Programm gewählt hat. Im ersten Halbjahr dieses Jahres wurden an der Nyse (New York Stock Exchange) 70 Mill. Stück DaimlerChrysler gehandelt. Das sind knapp 15 % der Menge, die auf Xetra umgesetzt wurde. Im selben Zeitraum wurden 578 Mill. Deutsche Telekom in den USA gehandelt, was etwa 20 % der Xetra-Menge entsprach.
Pluspunkte auch für ADR
Als Argumente für die Globale Aktie werden häufig die hohe Fungibilität, die Nutzung als weltweit akzeptierte Akquisitionswährung oder für Mitarbeiteroptionsprogramme genannt sowie die Verbreiterung der Investorenbasis. Doch all diese Funktionen erfüllen auch ADR-Programme. Mit dieser Begründung entschieden sich jedenfalls unter anderem Siemens, Novartis und BASF gegen die Globale Aktie und für ADR.
Die Depositär-Programme werden vor allem deshalb von den meisten Emittenten vorgezogen, weil sie mit wesentlich geringerem Aufwand verwirklicht werden können. Globale Aktien müssen die Voraussetzungen zweier Rechtssysteme erfüllen. Das ist mit erheblicher Anpassung verbunden. Immerhin, die Deutsche Bank kann auf die Erfahrungen beim Listing von DaimlerChrysler zurückgreifen und hat es deshalb leichter als die Vorgänger.
Ein Blick auf die Kosten
Da sich der Wert einer Reihe von Vorteilen inzwischen relativiert hat, bleibt den Befürwortern der GRS zumindest noch das Kostenargument. Zusätzliche finanzielle Belastungen entstehen den Brokern, die sie unter Umständen auf die Aktionäre überwälzen. Können sie eine ADR-Order nicht auf dem US-Markt ausführen, müssen sie auf dem Heimatmarkt kaufen bzw. verkaufen. Für die dabei erforderliche Löschung oder Emission der ADR wird eine Gebühr von bis zu 5 Cent erhoben.
Bei einer größeren Order sinkt die Gebühr pro Zertifikat. Da ADR-Zertifikate häufig ein Bruchteil einer Aktie repräsentieren, kann es teuer werden. Die Transaktionskosten sind bei GRS in der Regel deutlich niedriger. Sie kosten pro transatlantischer Bewegung etwa 5 US-Dollar, egal wie viele Aktien den Besitzer wechseln.
Doch der Kostenvorteil fällt nicht allzu sehr ins Gewicht. Denn etwa 9 von 10 Transaktionen mit ADR können auf dem US-Markt ausgeführt werden. In diesen Fällen kostet die Ausführung genauso viel wie bei jedem anderem Wertpapier. Außerdem muss der Aufwand für die rechtliche Gestaltung des GRS-Programms sowie für die Gewährleistung des Clearing und Settlement bei transatlantischen Transaktionen mit Globalen Aktien berücksichtigt werden, der beim Emittenten anfällt.
Immer öfter nach Übersee
Die Frage welcher Weg nach New York gewählt werden soll, dürfte sich indes immer öfter stellen. Denn die Investitionen von US-Anlegern in ausländische Aktien ist nach Angaben der Citibank seit 1990 mit jährlichen Wachstumsraten von durchschnittlich 25 % gewachsen. Im kommenden Jahr werde die Grenze von 2 000 Mrd. Dollar durchbrochen. Im gleichen Zeitraum sei die Anlage in ADR-Programme mit einer jährlichen Durchschnittsrate von 36 % auf 644 Mrd. Dollar gestiegen. Die restlichen knapp 1 200 Mrd. Dollar waren unmittelbar in ausländische Aktien investiert. Michael Chafkin, von Citibank Depositary Receipts Services (DRC) erwartet zwar, dass die US-Investitionen in ADR in diesem Jahr um 5 % fallen werden. Im kommenden Jahr werde das ADR-Volumen aber um 31 % auf 842 Mill. Euro wachsen, während die restlichen US-Anlagen in ausländische Aktien voraussichtlich etwa gleich bleiben werden, erwartet Chafkin.
Im ersten Halbjahr dieses Jahres spielten ADR-Programme bei der Kapitalaufnahme in den USA für ausländische Unternehmen zwar eine geringere Rolle. Nach der Rekordmarke von gut 28 Mrd. Dollar, wurden bisher nur neue Titel im Wert von 2,1 Mrd. Dollar emittiert. Aber eine Erholung wird von den meisten Marktteilnehmern für das kommende Jahr erwartet.
Mehr Komfort verlangt
Die wachsende Nutzung von ADR-Programmen verdeutlicht, dass diese Art von Wertpapieren bei US-Investoren gut eingeführt ist. Broker und Anleger seien seit Jahrzehnten mit dem Konzept vertraut, argumentiert Kurt Schneiber, Global Managing Director von Citibank DRC. Die Umsätze seien hoch. Das Segment sei über einen langen Zeitraum getestet. Das gelte auch für rechtlich Details wie zum Beispiel die Stimmabgabe per Proxy Voting. Das Konzept der Globalen Aktie werde nur dann ähnlichen Erfolg haben, wenn es ebenso bequem zu handhaben sei wie ADR.
Hauptmanko der Globalen Aktie bleibt die aufwendige Angleichung an unterschiedliche Rechtssysteme. Dieser Aufwand wird erst dann in einem gesunden Verhältnis zum Nutzen stehen, wenn die Regeln und Gesetze auf den internationalen Kapitalmärkten erheblich stärker als bisher aneinander angeglichen sind. Bis dahin dürften ADR-Programme von der Mehrzahl der Emittenten bevorzugt werden.
Börsen-Zeitung, 25.8.2001