Indien läuft China den Rang ab
Immer mehr Experten entdecken den Subkontinent - Auto- und Pharmatitel favorisiert
von Daniel Eckert und Holger Zschäpitz
Berlin - Im alten Kampf um die wirtschaftliche Vorherrschaft in Asien hat Indien gegenüber China jetzt wieder einen Schritt aufgeholt. Seit Donnerstagabend gehört der Subkontinent laut Rating-Agentur Moody's auch zum Kreis der Nationen mit einer guten Bonität ("Investment Grade"). Die Aufstufung verfehlte ihre Wirkung nicht. Der indische Aktienindex Sensex schoss zu Wochenschluss rund vier Prozent in die Höhe.
Damit verschiebt sich das Kräfteverhältnis zwischen den asiatischen Rivalen weiter zu Gunsten Indiens. Schließlich gelten beide Staaten als Wirtschaftsmächte der Zukunft, die um das globale Kapital kämpfen. China kann für sich verbuchen, 2003 mit 53 Mrd. Dollar die meisten ausländischen Direktinvestitionen angezogen zu haben. Kärglich nehmen sich da die 3,5 Mrd. Dollar für Indien aus. Keine Kunst, keift Indien, fielen chinesische Statistiken doch notorisch positiv aus. Man selbst nenne als Demokratie reelle Zahlen. Das Demokratieargument bekommen Investoren auch immer wieder zu hören, wenn sie wissen wollen, warum das Reformtempo in Indien dem chinesischen hinterherhinkt. Wer ohne politische Opposition und ohne Rücksichtnahme auf Minderheitenrechte Staudämme oder Brücken bauen könne, wachse eben schneller.
In den Streit schalten sich jetzt auch die Investmentbanken ein. Unverhohlen spielt etwa die Citigroup in einer aktuellen Studie die beiden Nationen gegeneinander aus. Ergebnis: Die größeren Chancen liegen momentan in Indien. Dies ist der Tenor bei fast allen großen Geldhäusern. Massenweise laufen bullische Indien-Studien vom Stapel, während China zunehmend kritischer beäugt wird. Die Argumente sind stets die gleichen. Indien habe gegenüber China großes Aufholpotenzial: Das indische Pro-Kopf-Einkommen - vor zehn Jahren noch in etwa gleich - liege jetzt gerade einmal halb so hoch wie beim Nachbarn. Außerdem könnten die Investoren auf eine Beschleunigung des Reformtempos in diesem Jahr hoffen. So stehen wichtige Wahlen auf der Agenda, bei der die marktfreundliche indische BJP nach aktuellen Umfragen die Nase vorn hat. Sollte dann noch das Wetter mitspielen und der Monsun die Landwirtschaft beleben - immerhin ein Viertel des indischen Bruttoinlandsproduktes kommt aus dem Agrarsektor -, könnte die Lücke zum Reich der Mitte weiter geschlossen werden.
Die Börse hat bereits im vergangenen Jahr China abgehängt. Und dies könnte auch 2004 so sein. Die Experten überbieten sich mit optimistischen Kurszielen. JP Morgan erwartet den Sensex am Jahresende bei 6700 Punkten ganze 15 Prozent höher als heute. UBS sieht das Kursbarometer sogar bei 7240 Punkten und damit einen Anstieg um 25 Prozent. Den Vogel schießen jedoch ABN Amro und Merrill Lynch ab. Die Profis beider Häuser prognostizieren den Sprung über die 10 000-Punkte-Marke - Merrill bereits 2006, ABN erst 2008. Dazu müsse der Index jährlich lediglich um zwölf bis 15 Prozent zulegen. "Das ist der durchschnittliche Trend seit 1991", sagt Sanjeev Mohta bei ABN Amro in Mumbai.
Sämtliche Experten machen klar, dass Indien nichts für kurzfristig agierende Anleger, sondern nur für Investoren mit langem Atem ist. Denn nach der Kursverdoppelung im vergangenen Jahr könnte es kurzfristig durchaus zu Rückschlägen kommen. Doch auf längere Sicht sollten Anleger beim Boom dabei sein.
Die Profis setzen vor allem auf Werte, die vom kommenden Konsumboom und den Infrastrukturmaßnahmen profitieren werden. Dazu zählen die Autowerte Tata Motor, M&M sowie Maruti. Das gleiche Argument wird auch für den zweitgrößten Zweiradhersteller Hero Honda ins Feld geführt. Die Infrastrukturkarte können Anleger mit Zementhersteller Grasim spielen. Ebenfalls hoch in der Gunst stehen Rohstoffkonzerne wie Hindolco, der Telekomtitel Reliance oder die Tech-Werte Infosys, Satayam. Auch Pharma ist ein Zukunftsfeld, in dem Experten Dr. Reddy's empfehlen.
Doch wer in großen Dimensionen denkt und dementsprechend anlegt, darf China nicht ganz vernachlässigen. Schließlich wird das Reich der Mitte nach Berechnungen von Goldman Sachs bereits 2007 Deutschland bei der Wirtschaftsleistung abhängen. Spätestens 2040 wird es dann den Wirtschaftsolymp erklommen haben.
Welt.de
Immer mehr Experten entdecken den Subkontinent - Auto- und Pharmatitel favorisiert
von Daniel Eckert und Holger Zschäpitz
Berlin - Im alten Kampf um die wirtschaftliche Vorherrschaft in Asien hat Indien gegenüber China jetzt wieder einen Schritt aufgeholt. Seit Donnerstagabend gehört der Subkontinent laut Rating-Agentur Moody's auch zum Kreis der Nationen mit einer guten Bonität ("Investment Grade"). Die Aufstufung verfehlte ihre Wirkung nicht. Der indische Aktienindex Sensex schoss zu Wochenschluss rund vier Prozent in die Höhe.
Damit verschiebt sich das Kräfteverhältnis zwischen den asiatischen Rivalen weiter zu Gunsten Indiens. Schließlich gelten beide Staaten als Wirtschaftsmächte der Zukunft, die um das globale Kapital kämpfen. China kann für sich verbuchen, 2003 mit 53 Mrd. Dollar die meisten ausländischen Direktinvestitionen angezogen zu haben. Kärglich nehmen sich da die 3,5 Mrd. Dollar für Indien aus. Keine Kunst, keift Indien, fielen chinesische Statistiken doch notorisch positiv aus. Man selbst nenne als Demokratie reelle Zahlen. Das Demokratieargument bekommen Investoren auch immer wieder zu hören, wenn sie wissen wollen, warum das Reformtempo in Indien dem chinesischen hinterherhinkt. Wer ohne politische Opposition und ohne Rücksichtnahme auf Minderheitenrechte Staudämme oder Brücken bauen könne, wachse eben schneller.
In den Streit schalten sich jetzt auch die Investmentbanken ein. Unverhohlen spielt etwa die Citigroup in einer aktuellen Studie die beiden Nationen gegeneinander aus. Ergebnis: Die größeren Chancen liegen momentan in Indien. Dies ist der Tenor bei fast allen großen Geldhäusern. Massenweise laufen bullische Indien-Studien vom Stapel, während China zunehmend kritischer beäugt wird. Die Argumente sind stets die gleichen. Indien habe gegenüber China großes Aufholpotenzial: Das indische Pro-Kopf-Einkommen - vor zehn Jahren noch in etwa gleich - liege jetzt gerade einmal halb so hoch wie beim Nachbarn. Außerdem könnten die Investoren auf eine Beschleunigung des Reformtempos in diesem Jahr hoffen. So stehen wichtige Wahlen auf der Agenda, bei der die marktfreundliche indische BJP nach aktuellen Umfragen die Nase vorn hat. Sollte dann noch das Wetter mitspielen und der Monsun die Landwirtschaft beleben - immerhin ein Viertel des indischen Bruttoinlandsproduktes kommt aus dem Agrarsektor -, könnte die Lücke zum Reich der Mitte weiter geschlossen werden.
Die Börse hat bereits im vergangenen Jahr China abgehängt. Und dies könnte auch 2004 so sein. Die Experten überbieten sich mit optimistischen Kurszielen. JP Morgan erwartet den Sensex am Jahresende bei 6700 Punkten ganze 15 Prozent höher als heute. UBS sieht das Kursbarometer sogar bei 7240 Punkten und damit einen Anstieg um 25 Prozent. Den Vogel schießen jedoch ABN Amro und Merrill Lynch ab. Die Profis beider Häuser prognostizieren den Sprung über die 10 000-Punkte-Marke - Merrill bereits 2006, ABN erst 2008. Dazu müsse der Index jährlich lediglich um zwölf bis 15 Prozent zulegen. "Das ist der durchschnittliche Trend seit 1991", sagt Sanjeev Mohta bei ABN Amro in Mumbai.
Sämtliche Experten machen klar, dass Indien nichts für kurzfristig agierende Anleger, sondern nur für Investoren mit langem Atem ist. Denn nach der Kursverdoppelung im vergangenen Jahr könnte es kurzfristig durchaus zu Rückschlägen kommen. Doch auf längere Sicht sollten Anleger beim Boom dabei sein.
Die Profis setzen vor allem auf Werte, die vom kommenden Konsumboom und den Infrastrukturmaßnahmen profitieren werden. Dazu zählen die Autowerte Tata Motor, M&M sowie Maruti. Das gleiche Argument wird auch für den zweitgrößten Zweiradhersteller Hero Honda ins Feld geführt. Die Infrastrukturkarte können Anleger mit Zementhersteller Grasim spielen. Ebenfalls hoch in der Gunst stehen Rohstoffkonzerne wie Hindolco, der Telekomtitel Reliance oder die Tech-Werte Infosys, Satayam. Auch Pharma ist ein Zukunftsfeld, in dem Experten Dr. Reddy's empfehlen.
Doch wer in großen Dimensionen denkt und dementsprechend anlegt, darf China nicht ganz vernachlässigen. Schließlich wird das Reich der Mitte nach Berechnungen von Goldman Sachs bereits 2007 Deutschland bei der Wirtschaftsleistung abhängen. Spätestens 2040 wird es dann den Wirtschaftsolymp erklommen haben.
Welt.de